Quelle: Stadtarchiv Salzburg, Fotoarchiv Franz Krieger

Fotoarchiv Franz Krieger

Der 'Anschluß'

In der Früh des 12. März 1938 überschritten Soldaten der deutschen Wehrmacht die Staatsgrenze und setzten damit auch militärisch den ersten Schritt zur Beseitigung der Selbstständigkeit Österreichs. Die Machtergreifung der Nationalsozialisten in Salzburg war bereits am Vorabend erfolgt, mit der nunmehrigen Besetzung von außen war der „Anschluß“ vollzogen.

Am frühen Vormittag des 12. März trafen die ersten Panzerspitzen in der Stadt Salzburg ein. Um 10 Uhr 30 und 11 Uhr warfen Flugzeuge der deutschen Luftwaffe Flugzettel mit Grußbotschaft Hitlers über der Stadt ab. Die deutschen Truppen rückten unter dem brausenden Jubel der Bevölkerung in Salzburg ein. Große Mengen von NS-Fahnen und Armbinden waren mit Lastautos angeliefert worden und wurden an die Bevölkerung ausgegeben. Die Pressebilder Franz Kriegers, die am Nachmittag des 12. März aufgenommen wurden, zeigen die deutschen Truppen auf der Staatsbrücke und am Platzl, neuralgischen Punkten, an denen besonders viele Menschen zusammengeströmt waren.

Es gab aber in der Bevölkerung nicht nur Jubel! Außer der großen Zahl an Begeisterten und jener, die sich darüber freuten, dass es kein Blutvergießen gegeben hatte, gab es Neugierige, die sich vom Jubel anstecken ließen. Andere wollten einfach sehen, wer – auch ihrer Verwandten und Nachbarn – nun als Nationalsozialisten mitmarschierten und wieder andere, wie Sozialisten und Kommunisten, verhielten sich zunächst ruhig. Die Anhänger und insbesondere Funktionäre des Ständestaates saßen betroffen zu Hause oder wanderten ins Gefängnis. Und den Mitgliedern der kleinen jüdischen Gemeinde drohten sofortige „Schutzhaft“, Beschlagnahme des Vermögens, Entlassung und Entzug der Erwerbsmöglichkeiten.

Über den "Anschluß", seine Vorgeschichte und die Auswirkungen informiert der erste Band der Reihe "Die Stadt Salzburg im Nationalsozialismus", der im Haus der Stadtgeschichte und im Buchhandel erhältlich ist.

Boykott jüdischer Geschäfte

Am 21. März 1938 fand in Salzburg und Hallein eine erste Kampagne gegen jüdische Geschäfte statt. In Hallein war das Geschäft „Fritz Kral“ betroffen und ein Transparent forderte die Bevölkerung auf: „Kauft nicht bei Juden“. Am 23. April 1938 waren die 19 jüdischen Gewerbetreibenden in der Stadt Salzburg Opfer eines „Boykottes“. Geschäfte, wie jene von Viktor Weinstein an der Rainerstraße, Oswald Löwy am Mirabellplatz, Pasch-Schuhe in der Dreifaltigkeitsgasse, das Kaufhaus Ornstein in der Getreidegasse und das Kaufhaus S. L. Schwarz am Alten Markt und Kranzlmarkt - damals das größte jüdische Geschäft der Stadt - wurden an den Schaufenstern als „Judengeschäfte“ stigmatisiert und SA-Posten verhinderten das Betreten der Geschäfte.

Bücherverbrennung am Residenzplatz

Am 30. April 1938 fand auf einem Holzstoß vor dem Salzburger Residenzbrunnen eine Bücherverbrennung statt. 1200 Werke jüdischer Schriftsteller und Künstler sowie vor allem auch Schriften katholischer Autoren und Politiker des „Ständestaates“ wurden von der Hitlerjugend am Residenzplatz verbrannt. Die Bücher entstammten Leihbüchereien, Buchhandlungen und privaten Haushalten. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten in Deutschland hatten von März bis Oktober 1933 auf Initiative der Deutschen Studentenschaft und in Zusammenarbeit mit der Hitlerjugend in 70 Städten 93 Bücherverbrennungen stattgefunden. Höhepunkt waren die öffentlichen Bücherverbrennungen am 10. Mai 1933. Die Salzburger Bücherverbrennung des Jahres 1938 fand am 120. Jahrestag des großen Stadtbrandes von 1818 statt.

Ausstellung „Entartete Kunst“

Am 4. September 1938 wurde im Salzburger Festspielhaus durch Gauleiter Dr. Friedrich Rainer die Ausstellung „Entartete Kunst“ eröffnet. Diese im Auftrag des Propagandaministeriums durchgeführte Wanderausstellung war zuvor in München, Berlin, Leipzig und Düsseldorf gezeigt worden. Laut „Salzburger Volksblatt“ war es Ziel, „die jüdisch-bolschewistische Zersetzungsarbeit auf den einzelnen Gebieten des kulturellen und politischen Lebens in Wort und Bild zu zeigen“. Angeprangert wurden Künstler wie Paul Klee und Marc Chagall sowie jüdische Kunsthändler. Das Titelblatt des Ausstellungskataloges zeigte die Plastik „Der neue Mensch“ von Otto Freundlich, der 1943 im KZ Lublin-Majdanek ermordet wurde.

Beschlagnahme des Franziskanerklosters

Das Franziskanerkloster wurde Hauptquartier der Salzburger Gestapo und im Keller des Klosters wurden Gefangene verhört und misshandelt. Die Räumung des Klostergebäudes durch Beamte der Staatspolizei erfolgte am 12. Oktober 1938. Dabei wurden Einrichtungsgegenstände in den Hof geworfen. 16 Franziskaner wurden bereits eine Woche später wegen ihrer „Protestaktion“ zu Arreststrafen verurteilt.

„Reichskristallnacht“ 1938

In der Nacht vom 9. auf 10. November 1938, der so genannten „Reichskristallnacht“, wurden in einer von der NS-Führung gelenkten Aktion fast sämtliche Synagogen und jüdischen Geschäfte im Deutschen Reich zerstört. In der Stadt Salzburg verwüsteten 40 bis 50 SA-Männer die Synagoge an der Lasserstraße und die sieben, noch nicht „arisierten“ jüdischen Geschäfte der Stadt. Die Gestapo verhaftete 41 jüdische Männer, die nach Dachau deportiert wurden. Die Bilder der Verwüstung stammen vom Morgen des 10. November und zeigen neben der zerstörten Synagoge das Schuhhaus „Del-Ka“ an der Dreifaltigkeitsgasse, das Kleiderhaus „Zum Touristen“ und die Geschäfte von Rudolf Fürst und Martha Stein an der Linzer Gasse. Die Jüdinnen Anna Pollak (Wäsche- und Wirkwarenhandlung, Rainerstraße 4) und Therese Spiegel (Antiquitätenhandel, Getreidegasse 34) wurden am Tag nach der „Reichskristallnacht“ bei Aufräumarbeiten vor ihren Geschäften fotografiert. Anna Pollak lebte seit ihrer Geburt 1873 in Salzburg  und Therese Spiegel betrieb mit ihrem Gatten seit 1906 in Salzburg einen Antiquitätenhandel. Beide wurden 1942 nach Theresienstadt deportiert und nach der Überstellung im Vernichtungslager Treblinka ermordet.