Heinrich Kiener

Biografie als PDF mit Quellen und Literatur:

Eigentümer der Stiegl-Brauerei

* 2. August 1870 in Bachmanning

† 20. Juni 1950 in Salzburg

Straßenbenennung: Heinrich-Kiener-Straße, beschlossen am 10. Oktober 1901

Lage: Maxglan; von der Maxglaner Hauptstraße zur Franz-Huemer-Straße.

 

Heinrich Kiener wurde am 2. August 1870 in Bachmanning (Gerichtsbezirk Lambach in Oberösterreich) als Sohn von Franz und Josefa Kiener, Gasthaus- und Ökonomiebesitzer geboren. Kiener besuchte in Salzburg die Schule, wurde von seinem Onkel, dem Direktor der Stieglbrauerei Franz Huemer 1889 (nach anderen Quellen: 1887) als Verwalter in den Betrieb aufgenommen und bereits ein Jahr später mit der Betriebsleitung betraut. Kiener modernisierte die Brauerei und baute sie aus. 1910 erbte er von Franz Huemer dessen Anteil an der Brauerei.

Kiener war im gesellschaftlichen Leben Maxglans und Salzburgs als Förderer verschiedener Vereine aktiv. Er war Gründungsmitglied des Salzburger Automobil Clubs und 1923 auch dessen Präsident, „Protektor“ und Ehrenpräsident des SAK 1914, Ehrenmitglied des Salzburger Fußballverbandes, Förderer des Maxglaner Schachklubs, der sein Turnier nach ihm benannte, sowie Ehrenpräsident des Salzburger Traberzucht- und Rennvereines, dessen Rennbahn in Kieners Besitz war und der regelmäßig ein Rennen um den „Heinrich-Kiener-Preis“ veranstaltete. Am 25. April 1937 kam es dabei zu einem bemerkenswerten Zwischenfall, da zu „Ehren“ des „bayrischen Rekordtrabers Bandito (…) diesmal auch die Hakenkreuz-Flagge gehißt war“. Kiener war auch Gönner und Förderer des 1. Österreichischen Reichsverbandes für Alpine Volks- und Gebirgs-Trachten-Erhaltungs-Vereine.

Kiener gehörte in der Zwischenkriegszeit laut eigenen Angaben der Großdeutschen Volkspartei an und wirkte zwei Jahrzehnte lang als Gemeinderat in Maxglan, wobei er sich um den Ausbau der Wasserleitung und der Gemeindestraßen verdient machte. Zudem trat er in der Gemeinde durch wohltätige Spenden hervor. Landeshauptmann Dr. Franz Rehrl würdigte ihn als einen der „tüchtigsten und verdientesten Männer des Landes Salzburg“. Bundespräsident Wilhelm Miklas verlieh ihm 1930 das Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich.

Im wirtschaftlichen Leben war Kiener neben seiner Tätigkeit für die Stieglbrauerei Vizepräsident des Verwaltungsrates der 1921 von ihm mitgegründeten Braubank AG, war im Vorstand der Salzburger Kredit- und Wechselbank „Bayernbank“ sowie Aufsichtsrat der Österreichischen Brau-AG, die sich nach dem „Anschluß“ in „Ostmärkische Brau-AG“ umbenannte. Außerdem war er einer der Proponenten der kurzlebigen „Salzburger Kunstfilm-Industrie-AG“. 1923 erhielt Kiener auf Vorschlag der Salzburger Kammer für Handel und Gewerbe den Titel Kommerzialrat verliehen.

 

NS-Zeit

Kiener wurde mit 1. Mai 1938 in die NSDAP (Ortsgruppe Maxglan) aufgenommen und erhielt die Nummer 6.297.173 zugesprochen, was als Anerkennung illegaler Verdienste gilt. Hierfür führte er im „Personalfragebogen“ an: „Geldliche Unterstützungen während der illegalen Zeit, Winterhilfsspenden. Duldung illegaler Tätigkeit im Betrieb.“ Auch den Deutschen Turnerbund habe er mit Spenden bedacht. Zudem habe Sicherheitsdirektor Ludwig Bechinie eine Geldstrafe über 2.000,- Schilling gegen ihn verhängt. Der Maxglaner Ortsgruppenleiter Josef Kain bestätigte die Angaben und empfahl die Aufnahme trotz Kieners Mitgliedschaft in der Vaterländischen Front und im Rotary Club. Das Mitgliedschaftsamt der NSDAP bestätigte den Antrag zunächst nicht, sondern bemühte – auch weil Kiener bisher nicht bei der Reichsleitung verzeichnet gewesen war – das Kreisgericht Salzburg der NSDAP um Abklärung, ob die Mitgliedschaft Kieners beim Rotary Club einer Aufnahme in die NSDAP entgegenstehen könnte. Das Kreisgericht sah darin keinen Hinderungsgrund, da der Rotary Club in Salzburg gewissermaßen eine Bastion der illegalen Nationalsozialisten gewesen sei: „Der ehemalige Präsident dieses Rotaryclubs in Salzburg SS-Oberführer, Regierungspräsident und Gauhauptmann Dr. Albert Reitter hatte vom damaligen Landesleiter Hauptmann Leopold ausdrücklich die Zustimmung, diesen Club zu führen und die Mitglieder, die sich als Nationalsozialisten bekannten, aus dem Verbande nicht zu entlassen, um nicht diese einmal bestehende Einrichtung den Systemanhängern zu überlassen.“ Was Kiener betrifft, so hielt das Kreisgericht fest, dass die „aufrechte Gesinnung und das Eintreten des V. (sic) Kiener in der Verbotszeit für die NSDAP allgemein bekannt“ seien. Daraufhin bestätigte auch das Mitgliedschaftsamt Kiener und führte die Aufnahme per 1. Mai 1938 rückwirkend durch. Zu seinem 70. Geburtstag 1940 wurde Heinrich Kiener im „Salzburger Volksblatt“ nicht nur als Unternehmer gewürdigt: „Das nationale Leben Salzburgs fand in Heinrich Kiener stets einen tatkräftigen Förderer.“ Ihm wurde aus diesem Anlass auch eine vom Bildhauer Sepp Piffrader geschaffene Medaille gewidmet, wobei der Auftraggeber unklar ist. Unter dem Sinnspruch „Was Du Tust – Tue Ganz!“ waren auf der Vorderseite die Brauerei und der Reichsadler mit Hakenkreuz abgebildet, die Rückseite schmückte ein Bildnis von Heinrich Kiener.

Die Verbindungen der Familie Kiener zur NSDAP in Salzburg waren offensichtlich nicht von Abneigung geprägt. Kiener, der schon in der Zwischenkriegszeit Pächter der Maxglaner Gemeindejagd war, erhielt auch in der NS-Zeit einen der Jagdkreise der Stadt. Bei Mitarbeiterehrungen der Stiegelbrauerei wurden Exemplare von „Mein Kampf“ ausgegeben. 1941 trat die Stadt mit Kiener in Verhandlungen über den Erwerb des Trabrennbahnplatzes.

Der gleichnamige Neffe und Adoptivsohn von Heinrich Kiener, Diplombraumeister Ing. Heinrich Kiener, erwarb 1940 gemeinsam mit weiteren Gesellschaftern die Klosterbrauerei Mülln und das Bräustübl und wurde 1944 Ausschussmitglied der Abteilung Industrie der Gauwirtschaftskammer. Im gleichen Jahr wurde Kommerzialrat Kiener als einer von 14 „Salzburger Kunst-Fachmännern und Kunstfreunden“ dem neu ernannten Direktor des „Salzburger Museums“, Dr. Bruno Grimschitz, als „Ehrenbeamter“ beigegeben.

 

Entnazifizierung

Im Rahmen der NS-Registrierung nach 1945 bezeichnete sich Heinrich Kiener fälschlich als Parteimitglied ab 1. Mai 1940. Er sei erst nach mehrmaliger Aufforderung durch den Ortsgruppenleiter und wegen einer angeblichen Intrige des Gauwirtschaftsberaters Erich Gebert, der ihn als Betriebsführer der Stieglbrauerei habe absetzen wollen, auf Anraten seines Rechtsanwaltes der Partei beigetreten, „weil im anderen Falle nach den damaligen Verhältnissen kaum ein Zweifel bestand, dass ich aus meinem Betrieb entfernt worden wäre“. Da Kiener seinen Aufnahmeantrag bereits am 12. Mai 1938 gestellt hatte und ihm eine Nummer aus dem „illegalen Block“ verliehen worden war, erscheint diese Darstellung höchst unglaubwürdig. In seinem Entregistrierungsgesuch behauptete Kiener des Weiteren, er habe sich „um Politik niemals gekümmert“. Zudem führte er angebliche widerständige Handlungen an: „In meinem Hause verkehrten während der ganzen Nazizeit als meine besten Freunde erbitterte Gegner des Regimes. Sie alle werden bezeugen können, dass sie bei mir oft und oft den ausländischen Sender gehört haben und dass wir die Nachrichten im österreichischen Sinne besprachen. Ich kann insbesonders auch darauf verweisen, dass ich mich schon in der Umbruchszeit Juden gegenüber immer hilfsbereit erwiesen habe.“ Als Beleg legte er eine Erklärung des Betriebsrates der Stieglbrauerei bei, wonach er „sich während der Nazizeit nie politisch hervorgetan hat und auch nie persönlich für die Nazi eingetreten ist“. Heinrich Kiener wurde rechtskräftig als minderbelastet registriert. Seinen Falschangaben wurde nicht nachgegangen.

Der bereits erwähnte gleichnamige Neffe, Ing. Heinrich Kiener, Brauingenieur der Stieglbrauerei, wurde 1946 von den US-amerikanischen Besatzungsbehörden verhaftet. Die USFA-Mitteilung bezeichnete diesen irrtümlich als „Direktor“ und führte aus, dass er „einer der ältesten Nazi in diesem Gebiet“ sei. „Es wird darauf hingewiesen, daß unter seiner Leitung die Stiegl-Brauerei das Zentrum illegaler Naziarbeit in Salzburg wurde und anschließend daran ein ‚NS-Musterbetrieb’.“ Im Zuge der Registrierung gab Heinrich Kiener jun. an, von 1. Oktober 1938 bis Kriegsende Mitglied der NSDAP gewesen zu sein, laut einer Zuschrift des Innenministeriums erhielt er wie sein Adoptivvater das Beitrittsdatum 1. Mai 1938 zugesprochen, seine Mitgliedsnummer lautete 6.319.422. Weitere Unterlagen, die eine Betätigung im NS-Sinne belegen würden, liegen dem Akt nicht bei. Neben Ing. Kiener wurden auch weitere leitende „Persönlichkeiten der Stieglbrauerei festgenommen“.

Kommerzialrat Heinrich Kiener leitete die Stieglbrauerei bis zu seinem Tod am 20. Juni 1950.

 

Straßenbenennung

Die Benennung der „Heinrich-Kiener-Straße“ wurde in der Sitzung des Gemeinderates der damals selbständigen Gemeinde Maxglan am 10. Oktober 1901 beschlossen. Weiterführende Unterlagen über den Vorgang liegen nicht vor.