Gemeinderat diskutierte über mehr direkte Demokratie

Politische Arbeitsgruppe dazu kommt – Beschluss Kuglhof-Gründe erneut verschoben
12.05.2021

Der Gemeinderat der Stadt Salzburg diskutierte am Mittwoch, 12. Mai 2021, auf Antrag der FPÖ das aktuelle Thema „Mehr Bürgerbeteiligung und direkte Demokratie im Salzburger Stadtrecht“. Am Beginn der Sitzung stand eine Schweigeminute für die kürzlich ermordeten Frauen.

Bürgermeister Harald Preuner (ÖVP) sagte: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Jede getötete Frau ist eine zu viel, jeder Frauenmord ist einer zu viel.“ Es habe drei ermordete Frauen in einer Woche und elf im Jahr gegeben. Der Gemeinderat müsse sich verstärkt dafür einsetzen, dass professionelle Hilfe in Anspruch genommen werden könne. Man müsse mehr mit Männern und Frauen reden.

Zum Thema „Direkte Demokratie“ meinte Klubomann Andreas Reindl (FPÖ), dass mehr Bürgerbeteiligung höchst an der Zeit sei. Es gehe darum, nach dem zu komplizierten „Salzburger Modell“ ein neues zu erarbeiten und in dieser Funktionsperiode umzusetzen. „Demokratischer Stützpfeiler sind ordentlich ins Wanken gekommen. Ich bin für bindende Bürgerabstimmungen. Die Latte mit 30%-Beteiligung liegt freilich zu hoch“, so Reindl.

Markus Grüner-Musil(Bürgerliste) wies darauf hin, dass die Stadt Salzburg ohne Bürgerinitiativen nicht so aussehen würde, wie sie es tut. Seine Fraktion – die daraus als erste Grüne Partei Österreichs hervorgegangen sei – habe großes Interesse an mehr Mitspracherechten der Bürger*innen. Als Positiv-Beispiel nannte er das deutsche Bonn. Dort würden politische „Leitlinien“ gemeinsam mit einem ständigem Bürgerrat als zweiter Kammer mit Initiativrecht entwickelt. Grüner-Musil sprach sich zudem für den Ausbau von Kinder- und Jugendbeteiligung und die Einrichtung entsprechender Servicestellen aus. Ein neuer Anlauf zu mehr direkter Demokratie müsse dringend erfolgen.

Wolfgang Gallei (SPÖ) betonte, man brauche sowohl repräsentative als auch direkte Demokratie. Es gebe im Stadtrecht direktdemokratische Elemente: nämlich die „Bürgerabstimmung“ zu Entscheidungen des Gemeinderates und das „Bürgerbegehren“ dafür, dass etwas beschlossen werden soll (mindestens 2.000 Unterschriften). Die SPÖ sei „offen für Weiterentwicklungen“. Als Erfolg wertet Gallei die Festschreibung der Grünlanddeklaration im Stadtrecht. Das seinerzeitige „Salzburger Modell“ sei viel zu schwierig gewesen. Es müsse künftig sichergestellt werden, dass auch diejenigen zu Wort kommen, die nicht auf die Butterseite des Lebens gefallen sind. Direkte Demokratie sei aber kein Allheilmittel, es brauche das Zusammenspiel mit der repräsentativen Form.

In ein ähnliches Horn stieß Christoph Ferch (SALZ): „Der Gemeinderat kann nicht seine politische Tätigkeit auslagern.“ Wichtig sei zu klären, „ab wann stechen die Bürger den Gemeinderat aus?“ Ein ständiger Bürgerrat wäre vernünftig, Ähnliches laufe zum Teil bei der Stadtplanung schon. Und Ferch meinte, die gut 3.000 Unterschriften gegen den Ausbau der Mönchsberggarage repräsentierten nicht die Mehrheit der Salzburger*innen. Das sei auch beim Rehrlplatz nicht der Fall gewesen, so der Gemeinderat selbstkritisch.

Lukas Paul Rößlhuber (NEOS) will beim S-LINK die Bürger*innen direkt abstimmen lassen. Ansonsten kritisierte er „die Sonntagsreden“ aller Parteien zu diesem Thema, betonte aber: „Wir müssen auf die Demokratie aufpassen!“

Klubobmann Christoph Fuchs (ÖVP) sagte, der Verfassungsgerichtshof habe mit seiner Entscheidung zu Vorarlberg den verbindlichen Rahmen festgelegt. Zum Bürgerbegehren Mönchsberggarage meinte er: „Mir wär lieber, es findet statt!“ Neue Instrumente, die die Stadt schafft, seien jedenfalls für die Bürger*innen da – und „nicht für Abstimmungsniederlagen innerhalb der repräsentativen Demokratie.“

Kay-Michael Dankl (KPÖplus) hob hervor, dass vier von sieben Salzurger*innen nicht wählen gehen. Auch dieWahlbeteiligung der verschiedenen Stadtteile „unterscheidet sich brutal“. Besserverdiener gingen häufiger zur Wahl als Geringverdiener. Hier drohe eine gefährliche Spaltung. Dankl: „Das demokratisch System war und ist nicht sowieso immer da. Wichtigstes Gut ist Vertrauen. Das muss man sich hart erarbeiten.“ Bürgerräte sollten per Los bestimmt werden, verlangt er. Verbindliche Bürgerabstimmungen seien jedenfalls vorzusehen. Es gelte insbesondere, junge Menschen einzubinden und lebendige Stadtteile zu fördern.

Für Klubchefin Inge Haller (BL) ist „der demokratischer Aufbruch gut, aber noch nicht zu spüren“. Das „Salzburger Modell“ ist, ihrer Meinung nach, nach wie vor eine gute Grundlage: „Wir wollen, dass Bürgerabstimmungen auch bindend sind. Für Scheinverbesserungen sind wir nicht zu haben. Die Politikverdrossenheit soll abnehmen.“

Als Fazit hielt Bürgermeister Harald Preuner (ÖVP) fest, dass die Politik eine Arbeitsgruppe einrichtet, die „Visionen zur Direkten Demokratie“ erarbeitet. Die Magistratsdirektion bereitet dafür bereits einen Erfahrungsbericht vor. Im Juni soll sich die Arbeitsgruppe konstituieren (einstimmig beschlossen).

Noch kein Beschluss zu Kuglhof-Gründen

Vom Bürgermeister von der Tagesordnung abgesetzt wurde der vom Senat an den Gemeinderat delegierte Beschluss zu den Kuglhof-Gründen. Hier gebe es „noch Klärungsbedarf“, sagte Preuner.

Ein Scharmützel gab es zwischen ÖVP und Bürgerliste in Sachen Rot-Kreuz-Parkplatz. Renaturiere man die gesamte Fläche – je nach Lesart ein „Zusatzantrag“ (BL) oder „Gegenantrag“ (VP) der Bürgerliste zum Amtsvorschlag – wären 770.00 Euro an Entschädigung fürs Rote Kreuz fällig geworden. Dafür, so Bgm. Preuner, gebe es keine Budgetvorsorge. Er würde „einen derartigen Beschluss sofort aussetzen“. Wie im Senat wurden schließlich 60.500 Euro für die Abtretung von Flächen für den neuen Kreisverkehr mehrheitlich gegen BL, NEOS und KPÖplus beschlossen.

Die touristische Besucherlenkung fand im Gemeinderat ebenfalls eine breite Mehrheit gegen BL, FPÖ und NEOS. Die neuen Wohnungsvergaberichtlinien wurden gegen BL und KPÖplus endgültig beschlossen. Knapp her ging es zunächst beim Beschluss des Bebauungsplans Maxglan-Leopoldskron: 19 von 40 Gemeinderäten (SPÖ 10 (1 GR entschuldigt), BL 6, NEOS 2, KPÖplus 1) stimmten zunächst für einen Zusatzantrag der SPÖ. Der Hauptantrag wurde dann jedoch mit großer Mehrheit (gegen 1 SALZ und 1 KPÖplus) angenommen.

Karl Schupfer