Ausweitung Gewaltschutz: 4. StoP-Standort eröffnet in Itzling

25.09.2024
Stadt investiert 100.000 Euro in Vorzeigeprojekt
Nie wieder Femizid!
Abteilungsvorstand Soziales Patrick Pfeifenberger, Susanne Imhof (BWS Liefering), Antje Kindler-Koch, Doris Wlczek-Spanring (SToP-Koordination Stadt Salzburg), Eva Keyser (BWS Salzburg Süd), Maria Rösslhumer, Birgit Radwanovsky und Stadträtin Andrea Brandner (v.l.n.r.) haben eine klare Botschaft.

Das Projekt „StoP – Stadtteile ohne Partnergewalt“ wird in Salzburg um einen weiteren Standort erweitert: Nach den Bewohnerservice-Stellen Lehen/Taxham, Salzburg-Süd und Liefering wird nun auch Itzling als vierter Stadtteil in die Gewaltprävention einbezogen. „StoP“ setzt sich dafür ein, Partnergewalt in der Gesellschaft sichtbar zu machen, Betroffene zu unterstützen und die Zivilgesellschaft zu befähigen, aktiv gegen häusliche Gewalt vorzugehen. Die Erweiterung auf Itzling markiert einen bedeutenden Schritt im Engagement der Stadt und ihrer Partner:innen-Organisationen im Kampf gegen häusliche Gewalt.

Über „StoP – Stadtteile ohne Partnergewalt“ 

Das urheberrechtlich geschützte Konzept „StoP“ wurde vor über zehn Jahren von der Hamburger Hochschulprofessorin Sabine Stövesand von der HAW Hamburg entwickelt und in Deutschland in vielen Stadtteilen bereits erfolgreich umgesetzt. In Österreich gibt es derzeit 30 Standorte, die das Projekt umsetzen. Maria Rösslhumer, Expertin im Gewaltschutzbereich, initiierte das Projekt „StoP“ österreichweit.

„StoP“ ist ein innovatives und niederschwelliges Präventionsprojekt gegen Partnergewalt, das in Salzburg – als erste Gemeinde in Österreich – im Jahr 2022 als Pilotprojekt im Stadtteil Lehen gestartet wurde. Durch die enge Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft zielt „StoP“ darauf ab, das Bewusstsein für häusliche Gewalt zu schärfen, Handlungsoptionen aufzuzeigen und den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken. Das Handlungskonzept für „StoP“ wird im Rahmen einer Fortbildung vermittelt.

Ziele von „StoP“:

  • Ein gewaltfreies Umfeld schaffen
  • Zivilcourage in den Stadtteilen stärken
  • Betroffene unterstützen und schützen
  • Nachbar:innen in die Gewaltprävention einbinden
  • Geschlechterstereotypen, Sexismus und patriarchalische Haltungen abbauen

Andrea Brandner, Stadträtin für Soziales und Frauenangelegenheiten, betont die Dringlichkeit und Bedeutung des Projekts: „Monatlich werden in Österreich etwa drei Frauen ermordet. Im Jahr 2023 gab es einen neuen Höchststand von 42 Morden an Frauen. Und die Zahlen zeigen auch, dass die Morde zumeist im privaten Umfeld, innerhalb einer Partnerschaft passieren. Das Projekt „Stadtteile ohne Partnergewalt“ ist daher so wichtig, weil es klar macht: Gewalt ist niemals Privatsache! Es setzt an, wo sich Leute begegnen: In der Nachbarschaft“, so Stadträtin Andrea Brandner. Und weiter: „Uns als Stadt ist es ein Anliegen, das Projekt auszubauen und ich bin stolz, dass wir heute nun den 4. Standort eröffnen können. Auch der Bund hat die Effizienz des Projekts erkannt und gab unlängst den Ausbau in ganz Österreich bekannt“.

100.000 Euro für Vorzeigeprojekt

Mit der Eröffnung von „StoP“ Itzling werden drei „StoP“-Standorte Salzburg Süd und Liefering und Itzling von Diakoniewerk betreut, der „StoP“-Standort in Lehen wird von der Stadt Salzburg betrieben. Die Stadt Salzburg nimmt dieses Jahr insgesamt 100.000 Euro in die Hand, um das Projekt an den drei externen Standorten zu finanzieren, während das Diakoniewerk Salzburg als Projektpartner fungiert.

„Als Diakoniewerk freuen wir uns, dass wir das Vertrauen der Stadt Salzburg haben, dieses so wichtige Projekt in den von uns geführten Bewohnerservicestellen umzusetzen. Immer wieder kommen Stadtteilbewohner:innen zu uns, die vor dem Dilemma Privatsphäre versus Zivilcourage stehen: ‚Ich mache mir Sorgen, habe etwas gehört, gesehen, mitbekommen – aber geht mich das etwas an? Soll ich mich einmischen, oder halte ich mich besser raus?‘ „StoP“-Koordinator:innen klären auf, ermutigen, hören zu und schauen hin, ganz im Sinne des Selbstverständnisses des Diakoniewerks, wo seit 150 Jahren hin- statt weggeschaut wird“, erklärt Antje Kindler-Koch, Leiterin der Stadtteil- und Quartiersarbeit im Diakoniewerk in Salzburg, ihre Motivation.

Um „StoP“ am neuen Standort auch gleich sichtbar zu machen, wurde heute eine Bank mit dem „StoP“-Logo eingeweiht. Dies soll symbolisieren, dass in diesem Stadtteil kein Platz für Gewalt ist. Als Ansprechpartnerin für den Stadtteil fungiert Birgit Radwanovsky vom Bewohnerservice Itzling. Dort kann auf eine über 20-jährige Erfahrung in der Stadtteilarbeit zurückgegriffen werden.

„Als Gründerin von „StoP“ in Österreich freue ich mich über jeden Ausbau der Gemeinwesenarbeit gegen Partnergewalt und bedanke ich mich herzlich bei der Stadt Salzburg für das große Engagement. „StoP“ verfolgt einen niederschwelligen und aufsuchenden Ansatz indem die Zivilgesellschaft in die Gewaltprävention eingezogen wird und alle Bürger:innen die Möglichkeit haben, einen Beitrag zur Veränderung der Gesellschaft leisten können, nach dem Motto: Was sagen. Was tun.“, zeigt sich Maria Rösslhumer erfreut über den weiteren Standort. „StoP ist nicht nur innovativ, sondern vor allem nachhaltig und unterstützt die Forderungen vom kürzlich erschienenen GREVIO Bericht des Europarates, der Österreich auffordert weitläufige Maßnahmen der Primärprävention zu forcieren, um Vorurteile, Geschlechterstereotypen, Sexismus und patriarchalischen Haltungen in der österreichischen Gesellschaft gegen Gewalt gegen Frauen zu beseitigen. Darüber hinaus wird Österreich aufgefordert, Bewusstseinsbildungskampagnen und -programmen in Bezug auf die verschiedenen Erscheinungsformen aller Formen von Gewalt gegen Frauen und Mädchen auszubauen. „StoP“ ist eine der größten Bewusstseinskampagnen in Österreich“.

„StoP“ setzt sich durch Veranstaltungen, Türgespräche und Aktionen für ein gewaltfreies Umfeld ein. Der Fokus liegt darauf, die Nachbarschaft einzubinden, Verantwortungsgefühl zu stärken und Zivilcourage zu fördern. Kernaufgaben sind der Aufbau von Aktionsgruppen vor Ort, die Planung von Aktivitäten und kontinuierliche Öffentlichkeitsarbeit. 

„Alle Itzlinger:innen und auch Vereine und Institutionen sollen über Partnergewalt informiert sein und wissen, wohin man sich wenden kann, wenn Partnergewalt in der Nachbarschaft vorkommt“, erklärt Birgit Radwanovsky vom Bewohnerservice Itzling das wichtige Anliegen. Zudem steht Informationsmaterial in verschiedenen Sprachen zur Verfügung, welches unter anderem bei Infoständen in Parks und an stark frequentierten Orten verteilt wird, um das Bewusstsein für das Thema häusliche Gewalt und Unterstützungsangebote zu schärfen. Ziel ist es, den Zusammenhalt und die Zivilcourage in der Gesellschaft zu stärken und Gewalt früh zu erkennen und zu unterbinden.

Das Herzstück des Projekts sind Formate wie Nachbarschaftstische, Frauentische und Männertische, an denen interessierte Anwohner:innen gemeinsam Ideen zur Gewaltprävention entwickeln. Interessierte können sich jederzeit melden, denn eines ist klar: Jede:r kann etwas sagen und etwas tun! Frauen und Männer können sich aktiv gegen Gewalt einbringen und beispielsweise bei gemeinsamen Aktionen auf eine gewaltfreie Partnerschaft hinwirken.

Mit der Eröffnung des vierten „StoP“-Standorts in Itzling wird ein weiterer Schritt in Richtung einer gewaltfreien Gesellschaft gesetzt. Das Projekt zeigt bereits in mehreren Stadtteilen in Salzburg positive Wirkung und trägt dazu bei, die Nachbarschaft zu sensibilisieren und Zivilcourage zu fördern. Die Stadt und ihre Partner:innen, allen voran das Diakoniewerk, welches das BWS Itzling betreibt, stehen geschlossen hinter dem Ziel, häusliche Gewalt aktiv zu bekämpfen.

Zahlen und Daten zu Gewalt an Frauen in Österreich (Stand Mitte September 2024)

  • In Österreich ist jede dritte Frau von körperlicher und/oder sexueller Gewalt innerhalb oder außerhalb von intimen Beziehungen (erlebt ab dem Alter von 15 Jahren) betroffen – laut Statistik sind es nahezu 35% der weiblichen Bevölkerung. 
    (Quelle: Statistik Austria, 2021)
  • Mehr als jede vierte Frau musste bereits eine Form von sexueller Belästigung am Arbeitsplatz erfahren (26,59%).
  • Mehr als jede fünfte Frau ist von Stalking betroffen (21,88%).
  • Mutmaßliche Femizide und Mordversuche bzw. Fälle schwerer Gewalt an Frauen 2024 laut Medienberichten (ganz Österreich):
    • 20 Femizide (Tötung von Frauen oder Mädchen als extreme Form geschlechtsbezogener Gewalt, die im Kontext patriarchaler Geschlechterdifferenzen verübt wird; kein Fall in Salzburg)
    • 33 Mordversuche/schwere Gewalt

Tobias Neugebauer