Theophrast von Hohenheim, genannt Paracelsus
Paracelsus und Salzburg
Am 24. September 1541 fand am Friedhof St. Sebastian an der Linzer Gasse, der berühmte Arzt, Naturforscher, Philosoph und Laientheologe Theophrast von Hohenheim seine letzte Ruhestätte. Der geniale und eigenwillige Einzelgänger hat unter dem Namen Paracelsus Weltgeltung erlangt. Er hat mit mehr als 200 Schriften ein umfangreiches, kaum überschaubares Gesamtwerk hinterlassen und gilt als Wegbereiter verschiedenster Wissenschaftszweige. Ihm kommen generelle Leistungen in der Medizin und Einzelgebieten, wie der Gewerbemedizin und dem Bäderwesen, zu. Er gilt als Begründer der pharmazeutischen Chemie. Mit Paracelsus beginnt die philosophische Anthropologie und mit seinen rund 100 theologischen Schriften ist er auch ein namhafter Laientheologe.
Der vielseitige Gelehrte ist auch durch sein Nachwirken, seine Rezeptionsgeschichte, von großer Bedeutung. Diese steht im Widerspruch zum gesicherten Wissen über den Hohenheimer. Über sein Leben sind viele bloße Mutmaßungen angestellt worden, die heute Fixpunkte seiner Biografie sind.
Mit der Stadt Salzburg steht der Gelehrte in mehrfacher Beziehung. Hier tritt er im Jahr 1524 erstmals aus der Anonymität der Quellen hervor. Damals war er bereits promovierter Arzt und stand am Beginn seines vierten Lebensjahrzehnts. Zuvor ist er in keiner europäischen Stadt, in keiner Universitätsmatrikel gesichert nachweisbar.
17 Jahre später, am 21. September 1541, diktierte er dann im Gasthaus zum Weißen Roß an der Salzburger Kaigasse seinen letzten Willen. Drei Tage später verstarb er und fand am Friedhof St. Sebastian seine letzte Ruhestätte. In Salzburg bildete sich eine lebendige Paracelsus-Tradition heraus. Und sein Grab wurde sehr früh zu einem Anziehungspunkt für die Besucher der Stadt.
Theophrast von Hohenheim wurde vermutlich Ende 1493 in Einsiedeln in der Schweiz geboren. Zwei Porträts aus den Jahren 1538 und 1540 ermöglichen auch den Rückschluss auf sein Geburtsjahr.
Er war der Sohn des Lizentiaten der Arznei Wilhelm Bombast, eines illegitimen Abkömmlings des Adelsgeschlechts der Bombaste von Hohenheim bei Stuttgart. Als Hochzeitsbild des Vaters und auch Darstellung seines Sohnes galt lange Zeit ein Gemälde im Salzburg Museum. Allerdings wurde das Hohenheimer Wappen erst nachträglich am Bild angebracht. Alle Schlussfolgerungen zu seiner Familie sind daher unzulässig. Die Mutter entstammte einer der führenden einheimischen Familien Einsiedelns, war aber dennoch eine Klosterhörige, eine Leibeigene des Abtes von Einsiedeln. Nach mittelalterlichem Rechtsgrundsatz blieb daher auch ihr Sohn zeitlebens Leibeigener des Abtes. Dies bedeutete eine geminderte Rechtsstellung. Die persönliche Freiheit war für den Erwerb des Bürgerrechtes oder die Aufnahme in eine Zunft Bedingung. Auch in Salzburg war dies lange Zeit bis in die Frühe Neuzeit der Fall. Dies war wohl mit ein Grund dafür, dass er zeitlebens fahrender Arzt ohne festen Wohnsitz blieb. Er zählte als Vagierender zu den Randgruppen der Gesellschaft. Paracelsus hat sich sein ganzes Leben gegen den Makel der Hörigkeit gewehrt, wie auch sein lateinischer Wahlspruch belegt.
Es ist unbekannt, wie lange die Familie in der Schweiz geblieben ist. Ab 1502 lebte der Vater als „Inwohner“ in Villach in Kärnten, er war aber nicht, wie immer wieder zu lesen ist, Stadtarzt. Er war auch nicht Lehrer an einer Fuggerschen Bergschule: Diese gab es damals gar nicht.
Unser Wissen über die Jugendjahre basiert auf autobiografischen Nachrichten. Diesen zufolge verdanke Paracelsus seine Grundausbildung vorrangig seinem Vater. Die Kenntnis theologischer Werke wurde ihm von mehreren Kirchenfürsten, darunter Bischof Matthias Scheit von Seckau, vermittelt. Er könnte die Klosterschule von St. Paul im Lavant besucht haben.
Als Lehrer nennt er auch den Gurker Weihbischof Nikolaus Kaps, der ab 1505 in der Stadt Salzburg lebte. Der Gurker Hof befand sich im Salzburger Kaiviertel, wo wir später auch Paracelsus antreffen werden. Möglicherweise lernte er durch Kaps bereits damals die Stadt Salzburg kennen. Nikolaus Kaps war vom Geist des Humanismus geprägt und innerkirchlichen Reformbestrebungen verpflichtet. Er scheint damit den jungen Hohenheimer geprägt zu haben. Auch dieser wandte sich sehr früh theologischen Fragen zu.
Über das Studium und die angenommenen „Großen Wanderjahre“ des Paracelsus durch Europa existieren die verschiedensten, meist völlig unhaltbaren Hypothesen. Der Erwerb eines Grades des Bakkalaureus der Medizin an der Universität Wien 1510 ist nicht belegt.
Wir wissen letztendlich nur, wenn wir Paracelsus glauben wollen, dass er in Ferrara sein Studium abschloss. Er wurde zum Doktor beider Arzneien, also der inneren Medizin und der Chirurgie, promoviert. Dies wurde allerdings von bedeutenden Medizinhistorikern in Frage gestellt.
Chirurgische Fähigkeiten und das Wissen um die Wundarznei eignete sich Paracelsus nach eigenen Angaben als Feldarzt in mehreren europäischen Kriegen an. Dies wird für die Zeit seiner großen Wanderungen durch Europa von 1516 bis 1524 angenommen. Aufgrund von Erwähnungen in seinen Werken hat man versucht, Reisen bis nach Ägypten zu rekonstruieren. Diese gehören allerdings in das Reich der Legenden. Paracelsus bewegte sich vor allem im mitteleuropäischen Raum.
Jedenfalls entstanden bereits um 1520 die ersten medizinischen Schriften des Hohenheimers. Sie zeigen auch bereits ein theologisches Profil und Konzepte späterer theologischer Werke. Er verstand sich damals nicht nur als Arzt, sondern auch bereits als Theologe. Sein theologischer Kerngedanke war eine unlösbare Einheit von ärztlicher und theologischer Praxis.
Möglicherweise ist in die frühen 20er Jahre auch seine Schrift über die Bergsucht, die Berufskrankheiten der Bergleute, zu datieren. Sie steht vermutlich mit einem Aufenthalt des Hohenheimers in Schwaz in Tirol in Zusammenhang.
Danach scheint ihn der Weg in das Bergbaugebiet Gastein und Rauris im Salzburger Land geführt zu haben. Dabei kam er mit Salzburger Gewerken in Kontakt. Und er lernte auch das Heilbad Gastein kennen. Um 1525 entstand sein „Baderbüchlein“, in dem er 17 europäische Wildbäder und Sauerbrunnen abhandelte. Hier zeigt er sich mit der Heilwirkung des Gasteiner Wassers und auch den lokalen Gegebenheiten im Bergbau sehr gut vertraut. Daher wird an seinem Aufenthalt in Gastein nicht gezweifelt.
Durch einen abschriftlich überlieferten Brief vom 15. August 1524 ist Hohenheim bereits in der bischöflichen Residenzstadt Salzburg belegt. Es ist dies der erste quellenmäßig gesicherte Fixpunkt in seinem Lebenslauf.
Er wohnte damals im Haus Pfeifergasse 11 im Salzburger Kaiviertel. Das Haus stand in unmittelbarer Nachbarschaft des Rapplbades, des bedeutendsten aller Salzburger Bäder. Hier fand er als Arzt sein berufliches Auskommen. Dieser frühe Aufenthaltsort des Hohenheimers in Salzburg wurde erst 1918 mit der Entdeckung einer Abschrift des Protokolls seiner Habe aus dem Jahr 1526 bekannt.
Das Haus Pfeifergasse 11 trägt seit 1937 eine Gedenktafel, die an den Aufenthalt erinnert.
Auch sein persönlicher Freundeskreis rekrutierte sich aus dem Umfeld des Bades bzw. aus dem Salzburger Kaiviertel. Er war mit Hans Rappl, dem Besitzer des Rapplbades, befreundet, den er noch in seinem Testament bedachte.
Belegt ist zudem, dass Hohenheim im Gasthof des Christoph Riß am heutigen Mozartplatz verkehrte. Dieses Gasthaus wurde im Zuge der Umbauten Salzburgs zur Residenzstadt durch Erzbischof Wolf Dietrich abgerissen. Riß war kein einfacher Wirt. Er hatte in Ingolstadt studiert, war Mitbesitzer eines Bergwerks und Ratsherr. 1541, im Todesjahr des Paracelsus, war er Salzburger Bürgermeister.
Die Freunde des Paracelsus rekrutierten sich aus dem gehobenen, teils studierten Salzburger Bürgertum. Sicher nicht, wie früher angenommen wurde, aus dem einfachen Volk.
Die Freunde aus dem Bürgertum boten Paracelsus auch das Forum für die Diskussion aktueller kirchlicher Fragen, die damals die Zeitgenossen ereiferten. 1520 hatte Martin Luther endgültig mit der römischen Kirche gebrochen. Sein ehemaliger Ordensoberer Johann von Staupitz trat zu den Benediktinern über und war 1522 bis zu seinem Tod 1524 Abt des Klosters St. Peter in Salzburg. Er tadelte Luther zwar, lud ihn aber nach Salzburg ein, um hier mit ihm zu leben und zu sterben.
Auch das Salzburger Bürgertum und vor allem die reichen Bergwerksunternehmer hatten frühe Kontakte zu Luther und mehrere Salzburger studierten in Wittenberg.
Der junge Arzt Paracelsus hatte sich bereits zu Beginn der 1520er Jahre, wir wissen nicht wo, theologischen Themen zugewandt. Er verfasste polemische, kirchenkritische Werke. Seine ersten datierten frühen theologischen Schriften sind bereits in Salzburg entstanden. So eine Marienschrift, deren Begleitschreiben vom 15. August 1524 ihn in Salzburg ausweist. Sie erwähnt die Vorladung zur Fortführung einer theologischen Disputation mit drei befreundeten Doktoren. Paracelsus entschuldigte sein Fernbleiben von der Disputation mit seinem Sprachfehler. Und er hatte Angst bei Streitgesprächen die geistige Selbstbeherrschung zu verlieren.
In einer drei Wochen später abgefassten Trinitätsschrift verteidigte er sich gegen die Anschuldigung, ein Ketzer, ja Erzketzer, zu sein.
In einer dritten, zu Beginn 1525 entstandenen Schrift kritisierte er scharf die „7 Punkte des christlichen Götzendienstes“. Er verteidigte sich gegenüber zwei italienischen Theologen. Sie hatten seine in Gasthäusern gemachten Äußerungen als Produkt der Trunkenheit hingestellt. Er galt damals als Arzt und nicht als Theologe. Daher wurde Paracelsus verdächtigt, ein „Winkelprediger“ zu sein und die Bauern widerspenstig gemacht zu haben.
Von Ende März 1525 existiert letztlich ein Brief des Paracelsus an das Wittenberger Dreigestirn Martin Luther, Johannes Bugenhagen und Philipp Melanchthon. Die Echtheit dieses Briefes wird von der modernen Forschung nicht mehr in Frage gestellt. Er übersandte ihnen von Salzburg aus seine Auslegung der ersten 5 Kapitel des Matthäus-Evangeliums. Eine Reaktion darauf ist nicht bekannt.
In Salzburg hatte Paracelsus also seine innere Abkehr von der römischen Kirche vollzogen. Er sah damals seine Position noch mit jener der Wittenberger vereinbar. Später profilierte er sich als eigenwilliger religiöser Denker. Er ließ sich in keine Richtung mehr einordnen. Er wetterte nun gleichermaßen gegen die Anhänger des Papstes, Luthers und Zwinglis.
Er zählte damit zu den „radikalen Reformatoren“, die sich in Opposition zu den lutherischen und zwinglianischen Reformationsbewegungen entwickelten. So wie etwa Thomas Münzer, die Wiedertäufer und die sogenannten „Schwärmer“.
Er hat als radikaler Reformator eine eigenständige Theologie entwickelt, die auf den Grundgedanken der frühen Reformation aufbaute. Er bevorzugte die Geistkirche gegenüber einer institutionellen Kirche und wird zu den Spiritualisten gezählt. Paracelsus verblieb aber formal in der römischen Kirche. Möglicherweise spielte er die Zugehörigkeit zum Katholizismus bzw. der Amtskirche auch nur vor.
Seine frühen theologischen Schriften bedeuten für die Salzburger Lokalgeschichte viele offene Fragen. Bei Paracelsus genannte Theologen als Briefpartner können in Salzburg nicht belegt werden. Es sind auch keinerlei Kontakte mit Staupitz, dem Mentor Luthers, oder dem erzbischöflichen Hof und den lokalen Klöstern belegt.
Sein angeblich so massives theologisches Engagement hat in den Quellen keinerlei Niederschlag gefunden. Paracelsus mag daher, wie viele Zeitgenossen auch, massive Kritik an der Kirche und ihren Vertretern geübt haben. Er ist aber sicher nicht wortgewaltig als Laienprediger durch das Land gezogen und dadurch in heftige Kontroversen mit der Obrigkeit gekommen. Auch der mehrfach angenommene massive Gegensatz zwischen Hohenheim und dem absolutistisch herrschenden Landesherrn, Kardinal Matthäus Lang, ist inzwischen wiederlegt. Wir wissen gar nicht, ob sich die beiden überhaupt kannten.
Auch eine mögliche Beteiligung des Paracelsus am Salzburger Bauernkrieg des Jahres 1525 ist nicht nachweisbar.
Seine autobiografischen Angaben über das Aufwiegeln von Bauern wurden bisweilen als Hinweis auf eine tragende Rolle bei der Erhebung der Gewerken, Bergleute und Bauern interpretiert. Dafür gibt es keine Belege. Auch die Vermutung, er sei im Auftrag des Kardinals inhaftiert und verhört worden und habe dann Salzburg endgültig verlassen, gehört in das Reich der Legenden.
Durch ein abschriftlich erhaltenes Protokoll des Jahres 1526 wissen wir lediglich, dass Paracelsus die Stadt Salzburg zu Beginn des Bauernkrieges Ende Mai 1525 fluchtartig verlassen hatte. Seine Habe und auch Schulden ließ er beim Wirt Christoph Riß zurück. Auf Initiative seines Freundes Michael Setznagel, der ab 1510 an der Universität Wien studiert hatte, wurde die Habe des Hohenheimers in einem Inventar verzeichnet.
Lange hat man vermutet, dass Paracelsus aufgrund seiner Verstrickungen in den Bauernkrieg zu Lebzeiten Langs nicht mehr nach Salzburg zurückkehren konnte. Man sprach von einer „Salzburger Katastrophe“ im Leben des Hohenheimers. Lokalpatriotisch wurde vermutet, die Salzachstadt sei quasi das Ziel seiner Träume gewesen, in die er zurückkehren wollte. Wir dürfen dabei aber nicht vergessen, dass die damalige Residenzstadt weder über eine medizinische Schule, noch eine Universität, geschweige denn eine Druckerei verfügte. Große Hoffnungen, die die Humanisten am Hof des Kardinals Matthäus Lang hatten, erfüllten sich zudem nicht. Die Bürgerschaft wurde unterdrückt, religiöse Selbstbestimmung gab es nicht. Ab 1524 durften keine Salzburger mehr in Wittenberg studieren.
Paracelsus hielt sich aber in den nächsten eineinhalb Dezennien vor allem immer wieder in großen städtischen Zentren, in Universitätsstädten und Reichsstädten mit bedeutenden Buchdruckereien auf!
Nachdem er Salzburg 1525 verlassen hatte, reiste er in den deutschen Südwesten und wurde Bürger in Straßburg (1526). 1527 wurde er zum Stadtarzt von Basel ernannt und unterrichtete an der dortigen Universität, musste aber nach Auseinandersetzungen mit der Kollegenschaft der Medizinischen Fakultät die Stadt wieder fluchtartig verlassen. Über Colmar und Esslingen führte sein Weg in in die Reichsstadt Nürnberg, wo unter dem Namen „Paracelsus“ seine ersten Schriften verlegt wurden. Ab 1531 ist er wieder in der Schweiz (St. Gallen, Bad Pfäfers), danach führte ihn sein Wanderweg nach Ulm und Augsburg, wo 1536 mit der „Großen Wundarznei“ Hohenheims erstes großes Medizinisches Werk erschien. Es folgten Aufenthalte in Mährisch-Kromau, Preßburg und Wien.
1538 kehrte Paracelsus nach Kärnten, seinem – wie er es nannte –zweiten Vaterland zurück. Seine Reiserouten der letzten Lebensjahre lassen sich größtenteils gut rekonstruieren.
An seinem Lebensabend scheint Paracelsus sein Augenmerk nochmals auf Salzburg gerichtet zu haben. Hier zeichnete sich der baldige Tod des seit längerer Zeit an zunehmenden Altersschwachsinn leidenden Kardinals Matthaus Lang ab. Auch sein Nachfolger stand bereits fest: Herzog Ernst von Bayern, ein fanatischer Büchersammler, der besonderes Interesse an Innovationen im Bergbau und Hüttenwesen und der Alchemie besaß.
Im März 1540 schlug Paracelsus einen Arztbesuch in Pettau ab, da er ein Schreiben erwarte, dass ihn abberufe. Ob nach Salzburg, wissen wir nicht, es wurde mehrfach vermutet.
Am 15. April 1541 weilte Paracelsus jedenfalls nachweislich einige Zeit am Schober, dem heutigen Strobl am Wolfgangsee in der Nähe von Salzburg. Im Sommer 1541 ist Paracelsus gesichert in Salzburg nachgewiesen. Er findet sich wieder im selben Bekanntenkreis wie 1526, im Umfeld der Salzburger Bader und von befreundeten Salzburger Bürgern. Er wurde auch von einem Diener, Klaus Frachmaier, begleitet. Immer wieder angenommene Kontakte mit Herzog Ernst von Bayern fehlen allerdings.
Auch wo Paracelsus damals gewohnt hat, entzieht sich unserer Kenntnis. Das angebliche Wohnhaus Platzl Nr. 3 wurde erst relativ spät mit dem berühmten Gast in Verbindung gebracht. Vieles spricht aber trotzdem dafür, dass er dort 1540 oder erst 1541 Quartier genommen hat. Ab dem 18. Jahrhundert befand sich hier ein Portrait des Hohenheimers mit der Aufschrift, dass er in diesem Hause verstorben sei. Ein Gemälde des Paracelsus mit Blick von diesem Haus auf die Stadtbrücke kann aber erst nach 1600 entstanden sein. Die im Bild zu sehende Brücke über die Salzach wurde erst damals an dieser Stelle errichtet.
Die Anwesenheit des Hohenheimers am Platzl stand auch für seinen Biographen, den großen Paracelsus-Forscher Karl Sudhoff, fest. Er ließ daher 1912 eine entsprechende Gedenktafel anbringen, die es als sein Wohnhaus ausweist.
Aufgrund des erhalten gebliebenen Testaments und der neuesten chemischen Analysen der Hohenheimschen Gebeine sind wir über seine letzten Lebenstage, sein Ableben und seine Todeskrankheit ausgezeichnet unterrichtet. Endgültig können damit alle in diesem Zusammenhang erfolgten Spekulationen über eine Ermordung widerlegt werden.
Der hochgelehrte Herr Dr. Theophrastus diktierte am 21. September 1541 in einer Stube im Gasthaus zum Weißen Roß in der Kaigasse seinen letzten Willen. Er bedachte seine Verwandten in Einsiedeln, seine Salzburger Freunde und die Testamentsvollstrecker. Den restlichen Besitz vermachte er den Armen der Stadt. Sein Testament wurde 1574 in Straßburg von Michael Toxites gedruckt und ist nicht im Original erhalten.
Drei Tage später, am 24. September 1541, verstarb Paracelsus. Er hatte eine Entzündung mit Quecksilber behandelt und starb schließlich an einer Quecksilbervergiftung. Seinem letzten Wunsch entsprechend wurde er auf dem Armenfriedhof des Bruderhauses St. Sebastian, damals noch in der Vorstadt, beigesetzt. Das Bruderhaus erhielt 1542 zehn Gulden aus dem Nachlass des Paracelsus. Der entsprechende Rechnungseintrag hat sich im Stadtarchiv erhalten. Auch seine Freunde und der ihn behandelnde Wundarzt wurden im Testament bedacht. Paracelsus Freund Michael Setznagel, ein salzburgischer Beamter, stiftete eine Grabplatte, die Theophrastus Wirken in der Heilkunde würdigte.
Bereits 1554 erschien als eines der frühesten Erzeugnisse der ersten in Salzburg gegründeten Druckerei ein Paracelsus zugeschriebenes Buch über die Pest. Herausgeber war der damalige Prior der Abtei St. Peter Egidius Karl.
Das Grab des Paracelsus wurde schon um 1600 von Reisenden aufgesucht. Es überdauerte die Neugestaltung des Sebastianfriedhofs. 1752 wurde dann im Auftrag des Salzburger Erzbischofs Andreas Jakob Graf Dietrichstein durch seinen Hofarchitekten Franz Anton Danreiter ein prunkvolles Grabmal in der Kirchenvorhalle errichtet. Es war Salzburgs erstes Denkmal für eine weltliche Persönlichkeit. In einer Hohlkammer des Denkmals sind die Gebeine des Hohenheimers gleich Reliquien aufbewahrt. Auch Wallfahrten, wie bei der Cholera-Epidemie des Jahres 1831, erfolgten zu seinem Grab.
Im 19. Jahrhundert begann auch in Salzburg die wissenschaftliche Erforschung des Paracelsus. Der Berliner Arzt Michael Lessing wurde bereits 1839 für seine Paracelsus-Biografie zum Ehrenbürger der Stadt Salzburg ernannt. Nun wurden auch die Wirkungsstätten des Hohenheimers in der Stadt erforscht.
Im „Dritten Reich“ wurde Paracelsus von den Nationalsozialisten als deutscher Arzt vereinnahmt. Rund um das Jubiläumsjahr 1941 entstand eine Unzahl an Publikationen, die lange nachgewirkt haben. Jüngere Wissenschafter wandten sich in der Folge von seiner Person ab. Auch in Salzburg feierten die Nationalsozialisten das Paracelsus-Jahr 1941 mit einer großen Ausstellung. Eine erste Paracelsus-Gesellschaft wurde gegründet. Ein Paracelsus-Museum, ein Paracelsus-Spital und eine Paracelsus-Universität waren geplant. 1943 schuf der heute umstrittene Bildhauer Josef Thorak eine Paracelsus-Statue, die nun im Kurgarten steht.
Die NS-Paracelsus-Gesellschaft wurde erst nach dem Krieg aufgelöst und ihr Vermögen der 1951 neu gegründeten Internationalen Paracelsus-Gesellschaft übertragen. Auch personelle Kontinuitäten bestanden fort. Dennoch gingen von der Internationalen Paracelsus-Gesellschaft wichtige Impulse aus. Die Salzburger Beiträge zur Paracelsusforschung waren ein wichtiges Fachorgan.
1993 beging das Land Salzburg den 500. Geburtstag des Hohenheimers mit Kongressen und wichtigen Publikationen, danach erlosch das Interesse an seiner Person. Es entstand das falsche Bild, es sei alles erforscht, die Rezeptionsgeschichte trat in den Vordergrund.
2015 mussten wir schließlich die Internationale Paracelsus-Gesellschaft Salzburg wegen Mitgliedermangel als eigenen Verein auflösen. Die Kollegen Ulrich Fellmeth, Peter Marty und Peter F. Kramml richteten zeitgleich eine Internationale Paracelsus-Plattform am Server der Universität Hohenheim ein. Ziel war es, die internationale Vernetzung aufrecht zu erhalten.
Um die Paracelsus-Tradition in Salzburg aber nicht völlig zu vernachlässigen, wurde gleichzeitig mit der Auflösung der Internationalen Paracelsus Gesellschaft eine neue lokale Paracelsus-Gesellschaft Salzburg als Sektion der Freunde der Salzburger Geschichte eingerichtet. Wir wollen damit auch den Namen Paracelsus vor Vermarktung schützen. Denn seit dem 19. Jahrhundert wird der Name Paracelsus auch intensiv vermarktet. Es gibt Gaststätten mit seinem Namen, Arzneimittel und seit 1893 auch ein Paracelsus-Bier.
Erfreulicher ist es, dass seine wissenschaftlichen Leistungen aber auch durch Benennungen von Straßen, Apotheken und Kliniken geehrt wurden. In Salzburg erinnert das Paracelsus-Kurhaus ebenso an ihn, wie die 2002 gegründete Paracelsus Medizinische Privatuniversität. Vor dieser Universität wurde im Dezember 2015 eine Bronzeguss-Statue des Paracelsus von Josef Zenzmaier aufgestellt. Und die höchste wissenschaftliche Ehrung, die die Stadt Salzburg vergibt, ist die Verleihung des „Paracelsus-Ringes“. Der letzte mit dieser seltenen Ehrung Ausgezeichnete war der letzte Präsident der Internationalen Paracelsus-Gesellschaft Salzburg, Professor Heinz Dopsch, im Jahr 2011.
Peter F. Kramml