Das war der Welterbetag 2022 - Franziskaner Kloster
Generalsanierung
In Salzburg steht das Areal des Franziskanerklosters als Hotspot der Salzburger Stadtgeschichte im Fokus.
Seine bewegte Baugeschichte ist ein wesentlicher Beitrag zur Urbanistik, da hier die Entstehung Salzburgs in seinem städtebaulichen Kern widergespiegelt ist: vom römischem Iuvavum über das frühe Mittelalter mit einer uralten Kirche aus der Anfangsphase der Christianisierung und das hohe Mittelalter mit dem romanischen Petersfrauenkloster bis zum Ausbau des Klosters in der frühen Neuzeit zum Viertrakter mit Kreuzgarten.
Seine Generalsanierung und Entwicklung spiegelt wider, wie man die Erhaltung historische Bauten neu aufleben lassen kann. Begleitet wird dieser Prozess von der Baubehörde der Stadt Salzburg, der Sachverständigenkommission für Altstadterhaltung, dem Bundesdenkmalamt, sowie Archäologen, Bauhistorikern und Restauratoren.
Zweisprachiges Booklet 'Welterbe - Klöster in Salzburg'
Es informiert über pannende archäologische Funde, bauhistorische Erkenntnisse, Herausforderungen im Zuge der Restaurierung und die Nutzungsgeschichte & aktuelle Funktion des Klosters.
Sanierungsplan 2020/21
Vorrangiges Ziel der aktuellen Generalsanierung ist es, das Kloster wieder als solches erlebbar zu machen. Der im Laufe der Jahrhunderte gewachsene Komplex wurde auf seine ursprüngliche Struktur rückgeführt und somit in seiner Typologie freigelegt. Mit einer Modernisierung und teilweisen Öffnung der altehrwürdigen Anlage ermöglicht man zudem neue Nutzungen. Das Stöcklgebäude wird Sitz des sogenannten Provinzialats, des Ordenszentrums für Österreich, Südtirol und Schweiz. Seinem zum Garten geöffneten Erdgeschoß ist eine Verglasung vorgesetzt, zu der auch der neue Eingang gehört.
Durch Einbau eines Liftes und eines brandsicheren Stiegenhauses konnten Barrierefreiheit und Brandschutz gewährleistet werden. Weiterhin wichtige Grünfläche in der Salzburger Altstadt bleibt der neu erschlossene Klostergarten.
Befreit von nachträglichen Einbauten
Im Zuge der Generalsanierung konnte der Komplex des 17. Jahrhunderts insbesondere von den unpassenden wie beengenden Einbauten der Nationalsozialisten, welche das Kloster gleich am ersten (!) Tag nach dem Anschluss konfiszierten und unter anderem als Gestapo-Quartier einrichteten, befreit werden.
Somit wurde der gesamte Komplex bereinigt, und wieder hell und zugänglich gemacht. So wurde etwa auch der typischerweise rundum laufende Kreuzgang wieder geöffnet. Eine berührende, aktuell entdeckte Inschrift „Heil Österreich“ erinnert an die gefangenen wie ermordeten Franziskaner-Mönche und ist patriotisches letztes Lebenszeichen wie historisches Dokument.
Besonders erwähnenswert sind auch die aktuell entdeckten Mauern des hochmittelalterlichen Petersfrauen-Klosters sowie die archäologischen Fundstücke der dekorativen Bauplastik der Romanik. Ebenso hervorzuheben ist der frisch im Kreuzgarten freigelegte Arm des Salzburger Almkanals, der auch „Franziskaner Gerinne“ genannt wird. Dieser mündet in den sogenannten St. Peter-Arm des Almkanals, der ebenfalls das Kloster unterspült.
In manchen Bereichen, wie der „Infirmerie“ genannten ehemaligen Krankenstation des Klosters, hat dies zudem zu aufwändigen statischen Sicherungen geführt. Die Krankenstation ist im Sinne einer Sala Terrena mit weiten offenen Bogenstellungen angelegt, was in Zeiten der Pandemie daran erinnert, wie wichtig es ist, die Kranken in Quarantäne mit frischer Luft zu versorgen.
Die Wasserkraft des hier fließenden Almkanals wurde eine Zeit lang für eine hauseigene Sägemühle genutzt. Die Krankenstation wurde aktuell - unter respektvoller Wahrung der Altsubstanz - zu einem modernen Amtssitz für die Provinzverwaltung der Franziskaner ausgebaut, mit einer vorgehängten Glasfassade („curtain wall“), welche die historischen Gewölbe und Pfeiler gut zur Geltung kommen lässt.
Offen für zeitgemäße Pastoral, Kultur und Verwaltung
Die neu adaptierte Armenausspeisung soll allgemeine soziale Anlaufstelle auch für darüber hinaus gehende Anliegen sein. Mit dem modern akzentuierten Haupteingang und der geöffneten Pforte wurde ein niederschwelliger Zugang geschaffen, während in den Räumlichkeiten selbst die Privatsphäre geschützt wird. Der neu eingebaute Lift schafft zudem eine barrierefreie Erschließung der oberen Stockwerke. Das als Gelenk zwischen Haupt- und Nebengebäude eingebaute Stiegenhaus schließt mit einer verglasten Trennfuge in respektvoller Distanz an die historische Außenmauern an.
In zeitgemäßer Formensprache wurde somit eine gelungene Kombination von Alt und Neu gefunden, welche die einzelnen Bauphasen sowie die harmonische Einfügung als Prinzip der Salzburger Altstadterhaltung klar ablesbar sein lässt. Die historischen Mönchszellen wurden einerseits restauriert und andererseits mit neuen Bädern und schlicht franziskanischer Möblierung ausgestattet. Ein Prunkstück der Anlage stellt der historische Speisesaal der Mönche, das sogenannte Refektorium, dar, der mit seinen eleganten Stuckaturen in Kalktechnik handwerklich restauriert wurde.
Mit der Erschließung des Konvent- und Musikarchivs werden lange verborgene Zimelien wie Autographen von Mozart und anderer Künstler der Wissenschaft nutzbar gemacht. Ein Teil der Kunstsammlung mit hochwertigen Gemälden von Francesco Vanni oder Johann Michael Rottmayr wird den frisch sanierten wie freundlich aufgehellten, bereinigten und geöffneten Komplex mit spannenden Blickfängen beleben.
Historie
Das Areal des Franziskanerklosters stellt einen Hotspot der Salzburger Stadtgeschichte dar.
Ursprünglich bildete die Kongregation der Benediktinerinnen der 1130 berufenen Petersfrauen ein Doppelkloster mit der benachbarten und baulich verzahnten Erzabtei St. Peter. Es war dies neben Nonnberg ein weiteres wichtiges Frauenkloster im Herzen der Salzburger Altstadt. Die Präsenz der Petersfrauen endete nach über 450 Jahren – 1583, als Erzbischof Johann Jakob Kuen Belasy den Franziskanerorden nach Salzburg berief und ihm das Klostergebäude übergab.
So wie die anderen, ungefähr zeitgleich angesiedelten Bettelorden der Kapuziner und der unbeschuhten Augustiner-Eremiten waren auch die „Minderen Brüder“ der Franziskaner zum Zwecke der volksnahen Seelsorge und der Armenfürsorge in die Stadt berufen worden.
Dies bedeutete auch einen baulich markanten Wechsel: um 1600 ermöglichte Erzbischof Wolf Dietrich den Franziskanern bauliche Erweiterungen des Klostergebäudes. Der spätromanische Vorgängerbau der Petersfrauen stieß damals noch an das Langhaus Franziskanerkirche an. Dieser Abschnitt wurde abgebrochen und so die heutige Franziskanergasse mit dem Schwibbogen als Übergang vom Kloster in die Kirche geschaffen.