Quelle: Grafische Gestaltung: Kreativbüro Zenz, © by Stadtgemeinde Salzburg

Irma von Troll-Borostyáni 1847–1912

Griesgasse 4 · Geburtshaus der Schriftstellerin und Vorkämpferin der Frauenemanzipation in Österreich
Halbportrait von Irma von Troll-Borostyáni im Herrenanzug mit Stehkragenhemd und großer Fliege (sepiafarbige schwarweiß-Aufnahme)
Irma von Troll-Borostyáni
Während ihres Aufenthalts in Budapest (1873–1882)

Ungehalten und empört wehrte sich Irma von Troll-Borostyáni gegen die traditionelle Rolle der Frau und forderte die Gleichberechtigung der Geschlechter, die sie für die größte Herausforderung ihrer Zeit hielt, wie schon der Titel ihres ersten Buches „Die Mission unseres Jahrhunderts. Eine Studie über die Frauenfrage“ (1878) signalisiert.

"Ihr Frauen, um deren Rechte, um deren Freiheit, um deren Glück es sich handelt, Ihr selbst müßt die Initiative ergreifen, um Euer Leben zu einem menschenwürdigen Dasein zu gestalten."
Irma von Troll-Borostyáni, Die Mission unseres Jahrhunderts, 1878:

Marie von Troll, die sich selbst später Irma nannte, wurde 1847 im Haus Griesgasse 4 als jüngstes Kind einer Beamtenfamilie Geboren. Von 1862 bis 1864 besuchte sie das Erziehungsinstitut für Mädchen im Benediktinerinnenkloster Nonnberg, verließ es  aber nach einer Krankheit. Sie organisierte ihre Bildung selbst, lernte verschiedene Sprachen, las klassische Literatur und nahm  Kompositionsunterricht. 1870 ging sie nach Wien, um sich als Pianistin und Schauspielerin ausbilden zu lassen. Weil die Familie gegen eine künstlerische Laufbahn war, wurde sie Erzieherin in einer ungarischen Aristokratenfamilie, bis sie in Budapest  den Journalisten Nándor von Borostyáni kennenlernte, den sie 1875 heiratete und mit dem sie bis zu seinem Tod in Verbindung  blieb. 
1882 kehrte sie nach Salzburg zurück, um ihre schwerkranke Mutter zu pflegen, blieb aber bis zu ihrem Lebensende 1912. Gemeinsam mit ihrer Schwester Wilhelmine und den künstlerisch begabten Schwestern Helene und Johanna Baumgartner –  ihrer Lebensgefährtin – wohnte sie in einer Hausgemeinschaft in der Riedenburgstraße 7 (heute Bayernstraße 8).

Irma von Troll-Borostyáni war eine auffällige Erscheinung. Sie schnitt sich schon als Mädchen den Gretchenzopf ab, trug zeitlebens  eine Kurzhaarfrisur, Hemden mit Stehkragen und Masche, Männersakkos, rauchte öffentlich Zigarren, spielte gerne Tarock und  Whist und war begeisterte Schwimmerin, Eisläuferin und Bergsteigerin. Sie verkehrte in Salzburg nur mit wenigen Menschen, zu ihrem Freundeskreis zählten die Schwestern Adele und Hermine Esinger, die in ihrer Villa am Mönchsberg zu künstlerischen Abenden luden.
In ihren sozialpolitischen Schriften, Erzählungen und Romanen argumentiert Troll-Borostyáni gegen die weibliche Erziehung zur Ehefrau und Mutter und plädiert für die Berufstätigkeit der Frau.
Zu ihren Lebzeiten erschienen 18 Bücher und zahlreiche Beiträge in Zeitschriften und Zeitungen. Sie trat für Mädchenbildung und Frauenstudium ein, forderte das Wahlrecht für Frauen und die Gründung von Vereinen und Zeitschriften. 
Sie selbst engagierte sich in der radikalen bürgerlichen Frauenbewegung, korrespondierte mit in- und ausländischen  Frauenrechtlerinnen  und war eine unbequeme Freidenkerin.

S p u r e n s u c h e

Werke (Auswahl)
Irma von Troll-Borostyáni, Die Mission unseres Jahrhunderts. Eine Studie über die Frauenfrage, Preßburg 1878.
Irma von Troll-Borostyáni, Ungehalten. Vermächtnis einer Freidenkerin, hg. von Christa Gürtler, Salzburg 1994. (vergriffen)

Erinnerung
Wilhelmine Troll übergab den Nachlass ihrer Schwester dem Salzburg Museum.
Seit 1995 wird regelmäßig der Irma von Troll-Borostyani-Preis der Stadt Salzburg für Frauen, Frauenprojekte oder Einrichtungen für emanzipatorische Frauenpolitik gemeinsam mit der Stabsstelle für Chancengleichheit, Anti-Diskriminierung und Frauenförderung des Landes Salzburg am 8. März, dem Internationalen Frauentag, verliehen.
1996 wurde in der Kendlersiedlung im Stadtteil Maxglan die Irma-von- Troll-Straße benannt.
2012 vermittelte aus Anlass ihres 100. Todesjahres das Salzburg Museum die von Christa Gürtler und Sabine Veits-Falk kuratierte Ausstellung „Ungehalten. Irma von Troll-Borostyáni. Vorkämpferin der Frauenemanzipation“ Einblicke in ihr Leben und Werk.

Literatur
Christa Gürtler, Sabine Veits-Falk (Hg.), Irma von Troll-Borostyáni (1847–1912). Vorkämpferin der Frauenemanzipation, Salzburg 2012.