Einsatz "gegen das Vergessen"
Rege Vortragstätigkeit als Zeitzeuge, Förderung der Verlegung von Stolpersteinen (seit 2007) und Anbringung von DenkmälernMarko Feingold galt nicht ohne Grund bis zu seinem Tod als der Zeitzeuge Salzburgs. Nicht nur hat er ganzen Generationen von Salzburger SchülerInnen eindrücklich von seinem Erlebten berichtet, mit dem für ihn typischen Humor und einem hohen Maß an Selbstironie. Auch setzte er sich weit über die Schulen hinaus beständig „gegen das Vergessen“ und für Dialog und Versöhnung über ideologische und religiöse Gräben hinweg ein.
Die Anfänge
Feingold war bereits einige Jahre als Zeitzeuge tätig, ehe das österreichische Unterrichtsministerium Ende der 1970er Jahre offiziell sein Zeitzeugenprogramm begann. Er arbeitete damals noch in seinem Geschäft „Wiener Mode“ und wurde immer wieder von verschiedenen Vereinen, Organisationen oder Pfarren kontaktiert, ob er nicht einen Vortrag für sie halten könne. Die ersten Anfragen hierfür kamen seinen Aussagen nach bereits kurz nach Kriegsende. Im Rahmen des Programms des Ministeriums war Feingold ab den 1980er Jahren schließlich vermehrt auch in Schulen tätig. Wie er immer wieder betonte, waren ihm die Arbeit bzw. die Gespräche mit den SchülerInnen ein ganz besonderes Anliegen. Gleichermaßen Freude machten ihm im Anschluss auch die wertschätzenden Dankesschreiben der Schulen, die er vielfach erhielt oder in späteren Jahren die Grüße von Eltern mancher SchülerInnen, die ihn ebenfalls bereits als Zeitzeuge gehört hatten.
Unermüdlicher Zeitzeuge
Neben Schulbesuchen nahm Feingold auch regelmäßig am so genannten ZeitzeugInnen-Seminar von "erinnern.at", eine Veranstaltung zum Austausch von Holocaust-Überlebenden und Lehrpersonen, teil. Zudem wirkte er an weiteren prominenten Projekten mit, wie beispielsweise an der interaktiven Theaterproduktion „Ins gelobte Land! - Eretz Austria!– der Exodus jüdischer Überlebender über den Krimmler Tauern“ oder „Die letzten Zeugen “ am Wiener Burgtheater 2013/2014 sowie am „Gedenktag gegen Gewalt und Rassismus im Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus“ 2016 im österreichischen Parlament.
Die Tätigkeit, jungen Menschen von seinem Erlebten zu berichten, sie für Antisemitismus, antidemokratische und diskriminatorische Entwicklungen zu sensibilisieren, setzte er nahezu bis zu seinem Tod unermüdlich fort. Noch 2017 sprach Feingold am „March of the Living“ vor 600 SchülerInnen in Auschwitz. Zwar reduzierte er altersbedingt seine Begegnungen mit SchülerInnen in den letzten Jahren, empfing aber nach wie vor Schulklassen in der Salzburger Synagoge. Dies fügt sich auch ein in sein aktives Eintreten für den jüdisch-christlichen Dialog, der ihm neben dem Gedenken an die Verbrechen des Nationalsozialismus und Einmahnens eines „Nie wieder“ besonders am Herzen lag.
Wie Manfred Wirtisch, stellvertretender Obmann von "erinnern.at" es in seinem Nachruf auf den Punkt brachte, war „Marko Feingold […] über Jahrzehnte ein engagierter Zeitzeuge und hat Lehrerinnen und Lehrer, Schülerinnen und Schüler mit seiner Geschichte, seinen Erzählungen und seinem pädagogischen Zugang des ‚Niemals wieder!‘ für viele Schülergenerationen unvergessliche Lernerfahrungen über die Zeit des Nationalsozialismus und Holocaust ermöglicht!“ Und der Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus betonte in seinem Nachruf wiederum: „Es war immer eine besondere Erfahrung, Marko Feingold als Zeitzeugen erleben zu dürfen: Wie kaum ein anderer konnte er mit seinem feinen Humor, seiner Offenheit und seinem Charisma auf junge Menschen zugehen und ihnen nicht nur ein tieferes Verständnis für Geschichte, sondern auch Empathie mit den Opfern vermitteln.“
2007 – die ersten Stolpersteine in Salzburg
Im Kontext seiner umfassenden Erinnerungs- und Gedenkarbeit war Marko Feingold, gemeinsam mit über 390 Personen vorwiegend aus der Salzburger Zivilgesellschaft, auch Mitglied im Personenkomitee Stolpersteine Salzburg (s. Link) und wesentlicher Förderer dieses Projekts. In Kooperation mit dem deutschen Künstler Gunter Demnig organisiert die private, überparteiliche Initiative die Verlegung der so genannten Stolpersteine in der Stadt Salzburg.
Diese Gedenksteine werden zumeist im Gehsteig vor dem letzten freiwillig gewählten Wohnort von NS-Opfern verlegt und erinnern somit an das Schicksal jener Menschen, die von den Nationalsozialisten deportiert, ermordet, vertrieben oder in den Freitod getrieben wurden. Mittlerweile beläuft sich ihre Zahl in Stadt und Land Salzburg bereits auf über 440 Steine.
Als am 22. August 2007 die ersten „Stolpersteine“ vor dem Haus Linzer Gasse 5 verlegt wurden, war auch Marko Feingold anwesend. Sie erinnern an die jüdische Familie Ernst, Ida und Herbert Löwy, die bis 1938 dort eingemietet war, ehe sie von der Gestapo verhaftet wurde. Alle drei starben in Auschwitz. Pikanter Weise befindet sich heute in diesem Haus die Burschenschaft Germania Salzburg 1883 sowie das akademische Corps Frankonia – Brünn zu Salzburg.
- Marko M. Feingold, Wer einmal gestorben ist, dem tut nichts mehr weh. Eine Überlebensgeschichte, hg. von Birgit Kirchmayr / Albert Lichtblau, Wien 2000.