Ausstellungseröffnung: Marko-Feingold-Steg-Ausstellung 2025 zum Thema „ANSTAND“

16.05.2025
Bis 11. Juli ist die neue Ausstellung zum Thema "Anstand" am Marko-Feingold-Steg zu sehen.
(v.l.n.r.: Salzburg Museum Direktor Martin Hochleitner, Amtsleiterin Stadtarchiv Sabine Veits-Falk, Kommunikation Salzburg Museum Cay Bubendorfer, Kulturabteilungsvorständin Dagmar Aigner, Bürgermeister Bernhard Auinger, Hanna Feingold, Chefkurator des juüdischen Museums Wien Hannes Sulzenbacher, Historiker Albert Lichtblau, Präsidentin IKG Linz Charlotte Herman)

Die Kulturabteilung der Stadt Salzburg präsentiert in Zusammenarbeit mit den Kuratoren Albert Lichtblau sowie Hannes Sulzenbacher und dem Salzburg Museum auch in diesem Jahr eine Ausstellung auf dem Marko-Feingold-Steg – dieses Jahr unter dem Titel die Ausstellung "Anstand" von 16. Mai bis 11. Juli 2025.

Die Schau am Marko-Feingeld-Steg 2025 widmet sich in Erinnerung an den ehemaligen Präsidenten der Israeltischen Kultusgemeinde Salzburg, Marko Feingold, dem Thema „Anstand“. Feingold (1913-2019) stand bis zu seinem Tod im Alter von 106 Jahren jahrzehntelang der jüdischen Gemeinde Salzburgs vor. Ihm zu Ehren wurde 2020 der ehemalige Makartsteg mit Beschluss des Salzburger Stadtsenats in Marko-Feingold-Steg umbenannt. Seit 2021 wurden Informations-Tafeln am Marko-Feingold-Steg gestaltet; die ersten befassten sich mit der Person von Marko Feingold, der mehrere Konzentrationslager überlebt hatte und in Salzburg eine beeindruckende Persönlichkeit der öffentlichen Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit und gegenwärtigem Antisemitismus gewesen war. Darauf folgten 2022 ein Beitrag zum jüdischen Leben in Salzburg vom Mittelalter bis Heute, 2023 eine Schau mit dem Titel „Zwischenstation. Jüdische Shoah Überlebende (DPs)“ und 2024 eine mit dem Titel „Wo? Verortung der Erinnerung“. 

Für Bürgermeister Bernhard Auinger ist die Ausstellung jedes Jahr ein bedeutendes Highlight: „Die jährliche Ausstellung auf dem Marko-Feingold-Steg ist ein zentraler Beitrag zur kulturellen Erinnerungsarbeit in der Stadt Salzburg. Besonders im Gedenkjahr 80 Jahre Kriegsende 1945 setzt „ANSTAND“ ein wichtiges Zeichen für gesellschaftliche Verantwortung. Das hätte Marko Feingold sehr gefallen. Mein Dank gilt den Kuratoren Albert Lichtblau und Hannes Sulzenbacher sowie dem Salzburg Museum und der Kulturabteilung der Stadt Salzburg für ihre wertvolle Arbeit. Ich lade alle ein, die Ausstellung von 16. Mai bis 11. Juli 2025 zu besuchen und sich mit ihrem bedeutenden Thema auseinanderzusetzen.“

Seit 2021: Ausstellungen am Marko-Feingold Steg

Über den Marko-Feingold-Steg bewegen sich Menschen aus aller Welt zwischen rechter und linker Altstadt; um die Inhalte für alle erfassbar zu machen, gibt es sowohl eine Fassung der Ausstellungstafeln in deutscher wie auch in englischer Sprache. Das Konzept setzt auf kurze, prägnante Texte, um es zu ermöglichen die Inhalte gleichsam im Vorübergehen erfassen zu können. Eine mit QR-Code abrufbare, vom Stadtarchiv Salzburg gestaltete Webseite informiert über die Person von Marko Feingold.

Die diesjährige Ausstellung befasst sich mit dem Thema „Anstand“. Auf der ersten Tafel heißt es dazu: 
„Was ist anständig und was nicht? Im Nationalsozialismus verhielten sich viele Menschen gleichgültig gegenüber dem Leid der Anderen. Manche mieden Jüdinnen/Juden und andere Verfolgte, manche bespitzelten, bestahlen und verrieten sie und lieferten sie so dem Tod aus. Gerade sie rechtfertigten sich nach der Befreiung oft mit dem Satz, sie seien immer ‚anständig geblieben‘.“

„Mit den jährlichen öffentlichen Ausstellungen am Marko Feingold Steg hat die Stadt Salzburg ein Instrument gewonnen, in sehr direktem Kontakt mit den Menschen Informationen und Zusammenhänge aus der Erinnerungskultur, zum jüdischen Leben in Salzburg und ähnliche Themen zu zeigen. Die diesjährige Ausstellung fokussiert auf die Entscheidung von Einzelpersonen, nicht am mörderischen NS-Regime, am Hass und an der Verfolgung mitzuwirken. Es ist dies die persönlichste Ausstellung, die bisher gezeigt wurde. Auf sehr direkte Weise wird damit eine Verbindung zu den Geschehnissen der NS- Zeit hergestellt“, so Abteilungsvorständin für Kultur, Bildung und Wissen Dagmar Aigner. 

„ANSTAND“ – ein Blick auf die Tafeln

80 Jahre nach Kriegsende verstehen die Kuratoren Albert Lichtblau (Historiker) und Hannes Sulzenbacher (Chefkurator des Jüdischen Museums Wien) unter „Anstand“ das genaue Gegenteil: Menschen, die Mitgefühl gegenüber den Verfolgten zeigten, die halfen und dabei viel riskierten. Schon die Historikerin Erika Weinzierl wies mit ihrem Buch „Zu wenig Gerechte“ darauf hin, dass es nur sehr wenige Menschen waren, die tatsächlich den in ihrem Leben bedrohten Menschen jüdischer Herkunft halfen und sie zu retten versuchten. 
Hier einige Beispiele aus der insgesamt 12 Tafeln umfassenden Präsentation. Eine Tafel ist mit „In Amsterdam versteckte jüdisches Mädchen“ betitelt und hat folgenden Text:
„Als die Deutsche Wehrmacht 1940 die Niederlande okkupierte, gerieten die dorthin Geflüchteten ins Visier der SS. Die 12-jährige Hedy Schorstein aus Wien wurde von Dirk und Marrigje Alberts versteckt. Hedys Mutter war ebenso untergetaucht, wurde aber verraten und deportiert. Mit der Familie Alberts blieb Hedy Schorstein, später unter dem Namen Edna Harel, ein Leben lang verbunden.“

Die Geschichte ist natürlich komplex, weswegen ein QR-Code zu einem Film verlinkt, in dem Edna Harel bei einem Interview in Israel ihre Geschichte erzählt. Sie führte als Mädchen beispielsweise ein Tagebuch, das sie ihrer Mutter beim Wiedersehen zeigen wollte, um ihr erzählen zu können, was sie erlebt hatte. Ihre Mutter hatte jedoch nicht überlebt. 
Eine andere, „Schützender Priester“ benannte Tafel, befasst sich mit Pfarrer Balthasar Linsinger. Der kurze Text dazu lautet:
„Der 1902 in St. Veit im Pongau geborene Pfarrer Balthasar Linsinger war ein standhafter Katholik. Er bot der Familie des Malers Eduard Bäumer Hilfe an, falls Gefahr drohe: „Dann kommen Sie alle zu mir.“ 1944 war es so weit. Valerie Bäumer, sie war jüdisch, und die drei Kinder Angelica, Bettina und Michael tauchten am Pfarrhof in Großarl bei Pfarrer Linsinger mit falscher Identität unter.“

Pfarrer Linsinger wurde auf Betreiben der Familie Bäumer 2011 von der israelischen Gedenkstätte „Yad Vashem“ als „Gerechter unter den Völkern“ anerkannt. 
Eine weitere Tafel widmet sich der Rettung von Esther Feinkoch durch die Familie Schatz nahe dem KZ Mauthausen. Der Sohn von Esther Feinkoch wuchs mit den Erzählungen über diese Rettungsgeschichte in Israel auf. Nach dem Tod seiner Mutter machte er sich auf die Suche nach ihren Rettern und konnte die Familie Schatz ausfindig machen. Seither sind sie jeden Shabbat miteinander in Verbindung. Im selbstgemachten Video meint Arie Zychlinski, er habe nicht nur die Retter seiner Mutter, sondern auch eine neue Familie gefunden. Er wird übrigens Salzburg im Juni sein und die Schau besuchen. Der Text auf der Tafel dazu lautet: 
„In letzter Minute“
„Esther Feinkoch gelang es in den letzten Kriegswochen, aus dem KZ Mauthausen zu flüchten. Die damals 18-Jährige klopfte in Gilhof beim Bauernhaus von Maria und Johann Schatz an. Schatz nahm sie in die Arme, trug sie in das Obergeschoß, wo die völlig entkräftete Esther geschützt das Kriegsende erlebte. Esthers Sohn, Arie Zychlinski machte sich nach dem Tod seiner Mutter auf die Suche nach ihren Rettern.“
Da den Marko-Feingold-Steg Personen aus vielen Ländern passieren, von denen viele aus asiatischen Ländern kommen, wurde eine Geschichte mit China-Bezug gestaltet:
„Rettende chinesische Stempel“
„Trotz seiner Herkunft aus einfachen bäuerlichen Verhältnissen gelang Ho Feng Shan eine steile diplomatische Karriere. Ab 1937 chinesischer Konsul in Wien, stellte er nach dem „Anschluss“ Tausenden Wiener Jüdinnen und Juden Dokumente für ihre Flucht aus. Nach Schließung der Botschaft mietete er eine Wohnung dafür an und setzte gegen den Willen seiner Vorgesetzten das Werk bis zu seiner Abberufung aus Wien 1940 fort.“

Darüber hinaus gibt es noch eine Tafel zu Maria Stromberger (zu Widerstand im KZ Auschwitz-Birkenau) und über Hans und Lisa Fittko, die bedrohte Menschen über die französisch-spanische Grenze schmuggelten. 
Die Präsentation endet mit einem Zitat des Kabarettisten und Musikers Gerhard Bronner (1922-2007). Bei der Gedenkfeier zur Befreiung des KZ-Außenlagers Gunskirchen 2005 sagte er: 
„Man kann intelligent und Nazi sein. Dann ist man nicht anständig.
Man kann anständig und Nazi sein. Dann ist man nicht intelligent.
Und man kann anständig und intelligent sein. Dann ist man kein Nazi.“

Lapuch Laura BA