Vortrag: Wie die SS bestehende Staatsorgane unterwanderte
Die Einleitung zum Vortrag hielt Donnerstagabend, 24. Oktober 2013, in der TriBühne Lehen der Doyen der NS-Forschung Ernst Hanisch. Titel: „Zwei Reden über die SS“. Zum einen ging Hanisch auf eine Rede Marcel Reich-Ranitzkys im deutschen Bundestag ein, in der er seine Begegnung mit dem in Salzburg gebürtigen SS-Sturmbannführer Hermann Höfle, der die Deportation der Warschauer Ghettobewohner ins Vernichtungslager Treblinka anordnete, schilderte.
Zum anderen analysierte Hanisch eine Rede Heinrich Himmlers, die dieser in Salzburg vor SD-Leuten hielt, und in der Himmler „über die Vernichtung der Juden sprach, ohne diese jemals expressis verbis zu erwähnen“.
Gernod Fuchs beschäftigte sich anschließend mit der Durchdringung von Staatsorganen durch die Nazis. Neben der Wehrmacht war die Polizei die zweite Organisation, ausgestattet mit dem Gewaltmonopol des Staates. Dies war noch nichts Ungewöhnliches. Durch das „Gesetz zur Sicherung der Einheit von Partei und Staat“ vom 1. Dezember 1933 wurde aber die NSDAP als Trägerin des deutschen Staatsgedankens „mit dem Staat unlöslich verbunden“. Damit traten im gesamten Staatsapparat neben die staatlichen Organisationen auch Organisationen der NSDAP und vertieften ihren Einfluss.
Besonders stark wurde der Einfluss der Schutzstaffel (SS), einer Wehrformation der Partei. Deren Führer, Heinrich Himmler, gewann in den verschiedensten Bereichen des Staates immer mehr Macht. 1936 wurde Himmler als Reichsführer-SS, auch Chef der deutschen Polizei. Mit dieser Machtfülle entwickelte sich die SS von einer paramilitärischen Parteiorganisation zu einer „quasi“-staatlichen Organisation, die in bestimmten Grenzen das staatliche Gewaltmonopol ergänzte.
Die SS als Parteiformation und die Polizeien als Staatsorgane führten die Ziele des Maßnahmenstaates konsequent durch. Das Wort des Führers ersetzte geltendes Recht. Die Ordnungspolizei bestand aus Gendarmerie und Schutzpolizei. Die Sicherheitspolizei bestand aus Kriminalpolizei, Geheimer Staatspolizei und dem Sicherheitsdienst der SS.
Im Vortrag wurde versucht, nicht nur die Tätigkeiten dieser Polizeien darzustellen, sondern auch die gegenseitigen Einflüsse zwischen Staatsapparat und der SS Himmlers verständlich zu machen. Die SS war zwar keine Polizei, aber SS-Angehörige hatten hohe und höchste Funktionen in der Polizei. Der Einfluss der SS ging so weit, dass bis zum Kriegsende der Eindruck entstand, dass SS und Polizei identisch seien.
Mehrere hundert Polizisten aus Salzburg waren im „auswärtigen Einsatz“ in allen besetzten Gebieten eingesetzt. Einige Polizeifunktionäre aus Salzburg zogen im Osten als Führer von Einsatzkommandos ihre Blutspur. Aus dem ehemals erzbischöflichen Palais in Salzburg wurde der Einsatz gegen die Partisanen in Slowenien geleitet.
Karl Schupfer