„Demenzfreundliche Stadt Salzburg“

13.06.2016

In Österreich leben zurzeit etwa 100.000 Menschen mit der Diagnose Demenz. Expertinnen und Experten schätzen, dass sich die Zahl bis 2050 verdoppeln bis verdreifachen wird! In der Stadt Salzburg geht man aktuell von rund 3.000 Demenzerkrankten aus – mit den Angehörigen sind rund 10.000 Menschen davon betroffen.
Die Stadt reagiert auf diese gesellschaftliche Veränderung und hat auf Initiative von Bürgermeister-Stellvertreterin Mag. Anja Hagenauer im Herbst 2015 das Projekt „Demenzfreundliche Stadt Salzburg“ gestartet und ist damit Vorreiterin in Österreich. Eine Demenz-Plattform der wichtigsten Institutionen und Vereine hat sich bereits konstituiert.

„Immer mehr an Demenz erkrankte Menschen und geänderte familiäre Strukturen fordern unsere Gesellschaft heraus. Wir müssen jetzt handeln, um die Lebensbedingungen für Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen zu verbessern und vor allem müssen wir Vorurteile abbauen. Daher freue ich mich besonders, dass die Stadt Salzburg als erste Kommune außerhalb Deutschlands eine Kooperation mit der Initiative ,KONFETTI im Kopf´ eingegangen ist. So können wir vom Know-how dieser tollen Kampagne profitieren, die unkonventionell an das Thema Demenz herangeht“, informiert Hagenauer.

„KONFETTI im Kopf“

Hinter der Gründung von „Konfetti im Kopf“ steht der Hamburger Fotograf Michael Hagedorn, der Anfang 2007 die Idee zur der Kampagne hatte und diese seitdem federführend konzipiert und organisiert. Er initiierte das weltweit umfangreichste Fotoprojekt zum Thema Demenz und tritt als Referent bei Fachtagungen auf. „Es ist höchste Zeit, dass eine breite Öffentlichkeit sich offen, ohne Scheuklappen oder Vorurteile mit dem Thema auseinandersetzt. Die Kampagne hat sich zum Ziel gesetzt, hinter dem Schreckgespenst Diagnose die Menschen zu entdecken. Nur wenn wir unsere Berührungsängste ablegen, können wir tragfähige Lösungen entwickeln, um Menschen mit Demenz aus dem gesellschaftlichen Abseits zurück in unsere Mitte zu holen“, betont Hagedorn, der auch das Thema auch in ungewöhnlichen Farbportraits und Geschichten umsetzt.

„KONFETTI im Kopf“ ist in Deutschland eine bundesweite Demenz-Initiative, welche die motivierende Kraft von Kunst, Kultur und Begegnung nutzt. Kampagnen, ungewöhnliche und nachhaltige Aktionen sollen die Öffentlichkeit für das Thema sensibilisieren. In Berlin und Hamburg liefen große Städtekampagnen, in weiteren Städten auf kommunaler Ebene. Im September 2015 gab es eine grenzüberschreitende Kampagne in Lindau und Bregenz.

Die „KONFETTI“-Paraden zum Thema Demenz, gleichnamige Camps, Cafés, Abende mit Musik und Lesungen sowie Fotoausstellungen zeigen die Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen von ihrer lebensbejahenden und aktiven Seite.

„Im Herbst ist eine Kooperation mit dem Salzburger Landestheater geplant. Dabei werden spezielle Liedernachmittage und -abende für Menschen mit Demenz angeboten. So können Erkrankte und ihre Angehörigen in einer demenzfreundlichen Umgebung Musik genießen und vielleicht in Erinnerungen schwelgen. Denn Gefühle werden nicht dement“, ergänzt Hagenauer.


Neues Info-Portal – „konfetti-im-kopf.at“

Vom Schnelltest bis zur Tagesbetreuung – mit dem neuen Info-Portal „konfetti-im-kopf.at“ gibt es erstmalig eine Online-Plattform, die alle Informationen zum Thema Demenz in der Stadt Salzburg bündelt. Betroffene, Angehörige und Interessierte finden hier nicht nur wichtige Kontakte. Alltagsgeschichten geben auch Einblicke in die Welt der Menschen mit Demenz und ihrer Angehörigen. Die Plattform ist offen für Beiträge vom Blog, über Fotogeschichten bis Veranstaltungsbewerbungen. www.konfetti-im-kopf.at


„Carecamp Demenz“ – Tagung im Herbst

Am 12. und 13. September findet das erste Carecamp zum Thema Demenz in der Stadt Salzburg statt. Organisiert von der Arge Carecamp ist die Stadt Salzburg heuer als Partnerin dabei. An die hundert TeilnehmerInnen werden sich in maximal zwölf Sessions zum Thema Demenz und seinen Facetten austauschen: Von der Klangschalen-Therapie bis zu „Ich fühle mich gar nicht dement“ - Erkenntnissen aus der Demenzforschung, die wichtige Erkenntnisse für die Praxis liefert. Zusätzlich zur bewährten Form des „Barcampens“ wird es noch drei Impulsreferate von Demenz-Aktivistin Helga Rohra, Buchautor Erich Schützendorf sowie Heimleiter und Buchautor Michael Schmieder geben. Teilnehmen können Fachleute, Interessierte sowie Menschen mit Demenz und deren Begleitpersonen. Infos und Anmeldung unter www.carecamp.at

Das Carecamp ist eine offene Tagung, in deren Mittelpunkt die von TeilnehmerInnen gehaltenen Sessions (Kurzvorträge mit Diskussion) stehen. Der Ablauf des Carecamps wird zu Beginn, gemeinsam mit den TeilnehmerInnen, erstellt und festgelegt.

Demenzfreundliche Apotheke

Wichtige Partner des Projekts „Demenzfreundliche Stadt“ sind auch die Salzburger Apotheken mit ihrer Initiative „Demenzfreundliche Apotheke Stadt Salzburg“. Niederschwellig und im Stadtgebiet gut verteilt sind sie regelmäßige Anlaufstellen für alle Bevölkerungsgruppen und somit auch im ständigen Kontakt mit Demenzkranken und deren Angehörigen. Neben der Versorgung mit Medikamenten beraten und informieren sie über vorhandene Unterstützungsangebote. Die Apotheken werden in Kooperation mit regionalen PartnerInnen Projekte durchführen, die das Thema Demenz in der Stadt Salzburg sichtbar machen und dazu beitragen sollen, Betroffene wieder in die Mitte der Gesellschaft zu holen.

Das Projekt „Demenzfreundliche Apotheke“ startet am 5. Juli mit einem Workshop. Höhepunkt dieses Jahres ist die Vernetzungsmesse am 23. November für AkteurInnen (Trägerorganisationen, Selbsthilfegruppen, Entlastungs- und Unterstützungsangebote), um bereits vorhandene Ressourcen sichtbar zu machen und zu vernetzen.

Die Stadt unterstützt die Initiative heuer und 2017 mit jeweils 10.000 Euro.

Demenzfreundliche Behörde – erste Schulungen

Der richtige Umgang mit Demenzerkrankten ist auch für die Salzburger Stadtverwaltung ein wichtiges Thema. 18 MitarbeiterInnen aus der Seniorenbetreuung, dem Straßen- und Brückenamt, dem Strafamt oder dem Sozialamt mit Kundenkontakt besuchten den gemeinsam mit dem Diakoniewerk organisierten Workshop „Demenz erkennen und adäquat reagieren“. Im Dezember folgt ein weiterer Kurs.

Eva Kraxberger