Auf gute Nachbarschaft: So hilft die Stadt, Konflikte zu vermeiden

28.04.2016

Letzten September war die Premiere: 300 Mieterinnen und Mieter bezogen 111 GSWB-Wohnungen an der Ecke Roseggerstraße und Ignaz-Harrer-Straße. „Alle wurden von unserem Wohnungsamt zugewiesen. Wir haben schon bei der Besiedelung wissenschaftlich fundiert auf gute Nachbarschaften geachtet. Das ist nun Standard und auch Anspruch der Stadt für alle größeren, neuen Siedlungsobjekte“, sagt Sozial-Vizebürgermeisterin Anja Hagenauer.

Für sie habe „oberste Priorität“, noch vor dem Einzug eine funktionierende Nachbarschaft herzustellen und damit Konflikte und Feindschaften von vornherein zu verhindern. Denn: „Jeder weiß, dass ein Wohnungswechsel keine Kleinigkeit ist. Das bedeutet Stress, Herausforderung, Neuorientierung. Wenn man sich vorher kennt und aufeinander abstimmen kann, fällt da vieles leichter. Es tut einfach gut, dabei proaktiv begleitet zu werden.“

Daher wird es auch zum Jahresende bei der Besiedelung des Bauteils F der Strubergassensiedlung eine professionelle Einzugs-Begleitung geben. An der Ecke Rudolf-Biebl-Straße/Strubergasse stehen dann 65 Wohnungen für knapp 200 MieterInnen zur Verfügung. Die Zuweisung erfolgt wieder durch das Wohnungsamt der Stadt.

Eckpunkte des „Gute-Nachbarn-Konzeptes“

Die versierte Soziologin Rosemarie Fuchshofer werde erneut im Auftrag der Stadt agieren, sagt Hagenauer. Als besonders zielführend habe sich dabei herausgestellt:

• starke Vernetzung aller Akteure vorab (Wohnungsamt, GSWB, KGL, Baufirmen etc.)
• auf eine ausgewogene soziale Durchmischung der Einziehenden achten
• Einbindung der künftigen MieterInnen zum frühestmöglichen Zeitpunkt
• möglichst viel direkter Kontakt mit ihnen
• Informations- und Kennenlern-Veranstaltungen, um sie mit neuen Gegebenheiten und Regeln sowie untereinander vertraut zu machen
• exakte Planung der Besiedelungstage zur Vermeidung von Konkurrenz und Chaos (Zufahrts- und Parkregelungen, eigens engagierter Wachdienst…)
• aktive Begleitung der Besiedelungstage mit AnsprechpartnerInnen vor Ort
• regelmäßige Nachschau und „soziale“ Kontrolle, ob alles läuft
• Nachbetreuung in den ersten Monaten nach dem Einzug

Gratis Profi-Gespräch, wenn’s kracht

„Der Großteil der Salzburgerinnen und Salzburger ist mit den Nachbarn zufrieden. Aber im alltäglichen Zusammenleben kann es natürlich auch zu Problemen kommen“, ist Hagenauer klar. Für diesen Fall hat die Stadt Salzburg ein neues Angebot auf die Beine gestellt: Am 4. Mai geht’s los. Unter dem Motto „Darüber reden hilft!“ können Betroffene jeden Mittwoch von 17 bis 19 Uhr im Schloss Mirabell ihr Problem schildern. Insgesamt dreizehn ausgebildete Mediatorinnen und Mediatoren (ARGE Konfliktklärung) stehen für ein kostenloses Erstgespräch zur Verfügung. „Wir leisten damit einen wichtigen Beitrag zum friedlichen und konstruktiven Miteinander“, sagt die Vizebürgermeisterin.

Das Angebot gilt stadtweit und richtet sich an BewohnerInnen von Mehrparteienhäusern. Der Konflikt darf nicht gerichtsanhängig sein. Eine Voranmeldung ist nötig: Tel. 0662/8072-2046, beauftragtencenter@stadt-salzburg.at. In dem Gespräch haben Betroffene die Möglichkeit, ihre Probleme zu schildern und sich Tipps von den „Konfliktprofis“ für mögliche Lösungsschritte zu holen. Die MediatorInnen unterliegen der Verschwiegenheitspflicht, dem Datenschutz und beraten auf Wunsch auch anonym.

Rechtzeitig Tipps zur Klärung holen

„Was den einen stört, ist dem anderen manchmal egal: Laute Musik, Essensgerüche, Haustiere, laut spielende Kinder, Türen zuschlagen etc.“, weiß Gerhard Enner von der ARGE Konfliktklärung. „Bitten, Mahnen, Rufen, Brüllen, Zurückbrüllen, Polizei rufen, Anzeige machen, Prozess anstrengen. So könnte eine klassische Eskalation aussehen, beginnend mit einer kleinen Störung bzw. Meinungsdifferenz, gefolgt von einer ersten Beschwerde bei der Hausverwaltung bis hin zur Anzeige und schließlich endend mit einem Gerichtstermin.“

Die Projektverantwortlichen vom Bewohnerservice der Stadt Salzburg, Andrea Hohenwarter, Ursula Sargant-Riener und Christian Reisinger, meinen dazu: „Wir wollen den Menschen die Möglichkeit geben, sich möglichst früh, das heißt bevor der Streit richtig los geht, Rat für Lösungsansätze und Gesprächstipps zu holen. Durch die Beratung soll die konstruktive Konfliktbearbeitung in der Nachbarschaft gefördert werden.“

Stadt hat „Netzwerk Nachbarn“ etabliert

Auslöser für das Angebot war, dass sich im März 2015 auf Einladung der Stadt Salzburg über 100 ExpertInnen aus der Sozialszene, von Wohnbauträgern, Gericht, Mediation, Rechtspflege, Polizei, Wissenschaft, Universitäten und Magistrat in der TriBühne Lehen mit dem Thema „Wenn Nachbarn nerven. Konflikte rund ums Wohnen“ beschäftigt haben. Nachfolgend wurden eine Steuerungsgruppe und Arbeitsgruppen gegründet.

Das „Netzwerk Nachbarn“ umfasst mittlerweile 40 Mitglieder aus unterschiedlichen Organisationen. Dreizehn eingetragene MediatorInnen erarbeiteten das kostenlose Angebot eines Erstgesprächs für Betroffene zum Thema Wohnkonflikte. Die Projektleitung liegt beim Bewohnerservice Maxglan & Taxham sowie der Bewohnerservicestellen-Koordination.



Karl Schupfer