Ausgaben-Explosion: Auinger fordert „faire Reform des Finanzausgleichs“

07.02.2025
Salzburgs Städtebund-Vorsitzender macht gegen Mehrbelastungen mobil
Machen sich für Städte und Gemeinden stark:
Vorsitzender Bgm. Bernhard Auinger, Sozialstadträtin Andrea Brandner und Städtebund Geschäftsführer Martin Floss.

Die finanzielle Situation der Salzburger Städte und Gemeinden spitzt sich weiter zu. Während die Einnahmen kaum steigen, explodieren die Ausgaben in Bereichen wie Gesundheit, Soziales, Bildung und Pflege. Die Landesgruppe Salzburg des Städtebundes warnt davor, dass sich die Lage ohne Reformen weiter verschärfen wird: Bald schon können sich die Hälfte der Gemeinden in Österreich den laufenden Betrieb nicht mehr leisten.

Bürgermeister und Städtebund Salzburg VorsitzenderBernhard Auinger sagt: „So kann es nicht weitergehen. Ständig werden den Städten und Gemeinden neue finanzielle Lasten aufgebürdet. Manchmal über Nacht aus heiterem Himmel. Viele stehen finanziell mit dem Rücken zur Wand. Und während der Bund und das Land neue Aufgaben und Kosten auf uns abwälzen, bleibt die dringend notwendige Reform des Finanzausgleichs aus. Wir fordern eine faire Verteilung der Mittel, damit die Gemeinden ihre Aufgaben weiterhin in gewohnter Qualität erfüllen können.“

Kosten steigen, Einnahmen stagnieren

Ein zentrales Problem ist die schwache Einnahmenentwicklung. Die Ertragsanteile der Städte und Gemeinden, die knapp 40 Prozent ihrer Einnahmen ausmachen, steigen bis 2030 nur minimal, während die Kosten massiv wachsen. Insbesondere die gesetzlich vorgeschriebenen Leistungen wie höhere Betreuungsquoten für unter 3-Jährige oder steigende Qualitätsstandards in der Betreuung und Pflege verursachen zusätzliche finanzielle Belastungen.

In Summe wird das dazu führen, dass die Zahl der so genannten „Abgangsgemeinden“ signifikant steigt. Zuletzt hatte auch die Salzburger Städtebund-Mitgliedsgemeinde Neumarkt am Wallersee Probleme, sich den laufenden Betrieb leisten zu können. Das KDZ – Zentrum für Verwaltungsforschung prognostiziert, dass österreichweit jede zweite Kommune eine Abgangsgemeinde werden wird.

Einen Hauptgrund dafür sieht Städtebund Salzburg Geschäftsführer Martin Floss in einem grundlegenden Interessenskonflikt bei der Verteilung der Steuermittel: „Die Landesgruppe Salzburg hat mehrfach darauf verwiesen, dass laut Finanzverfassungsgesetz und bundesstaatlichem Rücksichtnahmegebot eine ausgewogene Verteilung der finanziellen Ressourcen und Lasten zwischen Bund, Ländern und Gemeinden sicherzustellen ist.“ Es dränge sich die Rechtsfrage auf, ob die immer stärker werdende Schieflage den Gemeinden noch ausreichenden finanziellen Spielraum zur Erfüllung ihrer eigenen Aufgaben erhalte. „Punktuell und temporär gewährte Hilfspakete sind ‚nett‘ – lösen aber kein einziges strukturelles Problem“, sagt Floss.

Landesumlage überdenken

Hinzu kommen hohe Fixkosten durch das Umlagesystem: Die Landesumlage ist de facto eine „Besteuerung“ der Ertragsanteile der Gemeinden durch das Land. Der mögliche Höchstsatz nach den Bestimmungen des Finanzausgleichsgesetz beträgt 7,66 Prozent. Dieser Prozentsatz wird in Salzburg voll ausgeschöpft. Im Burgenland sind es 7,6 Prozent, in Tirol 7,46 Prozent, in Kärnten 7 Prozent, in Oberösterreich 6,93 Prozent. Niederrösterreich hebt die Landesumlage seit 1997 gar nicht mehr ein. Wien ebenso nicht. Allein in der Stadt Salzburg beträgt die Landesumlage rund 23 Millionen Euro jährlich. In der zweitgrößten Stadt Salzburgs, Hallein, sind es 2,1 Millionen.

SAGES-Beiträge immer höher

Dazu kommen 35 Millionen Euro für die Finanzierung des Krankenanstaltenverbundes SAGES. Die Stadt Salzburg musste 2025 im Budget dafür 35 Millionen Euro veranschlagen. Vor fünf Jahren waren es noch 27,6 Millionen gewesen. Da sich die Gemeindebeiträge nach dem Bevölkerungsschlüssel richten, trifft diese Steigerung jede Salzburger Gemeinde gleichermaßen. Für Hallein bedeutet das beispielsweise Ausgaben in der Höhe von rund 2,3 Millionen Euro, für Neumarkt mehr als 1 Million im laufenden Jahr.

Größter Brocken Sozialausgaben

Der größte Brocken im Umlagesystem betrifft die Sozialausgaben. Hier finanzieren die Gemeinden die Hälfte der im Land Salzburg anfallenden Kosten (Sozialhilfe, Sozialunterstützung, Behindertenhilfe, Kinder- und Jugendhilfe). Während 2020 allein die Stadt Salzburg 53,8 Millionen Euro beigetragen hat, mussten für das laufende Jahr bereits 70 Millionen veranschlagt werden – mit weiter stark steigender Tendenz. Hallein hat dafür 6,5 Millionen an Ausgaben zu stemmen, Neumarkt etwa 1,85 Millionen.

In Summe machten diese drei Umlagen in den letzten fünf Jahren zwischen 15 und 19 Prozent der Gemeindehaushalte aus.

Sozialstadträtin Andrea Brandner meint dazu: „Wir stehen vor einer Vielzahl an finanziellen Herausforderungen, insbesondere im Sozialbereich, wo wir seitens des Landes und des Bundes klaren Handlungsbedarf sehen. Städte und Gemeinden können diese Kostendynamik nicht alleine stemmen. Hier braucht es Budgetklarheit und -stabilität, um eine entsprechende Versorgung der Bevölkerung sicherstellen zu können.“

Massive Finanzierungslücken im Bildungsbereich

Besonders kritisch für Salzburgs Kommunen ist auch die Situation im Bildungsbereich. Die Mittel aus dem „Zukunftsfonds“ für Kinderbetreuung werden ab 2025 vom Land Salzburg einbehalten. Zum Hintergrund: Gemäß Finanzausgleichsgesetz (§ 23 FAG 2024) wurden dem Land Salzburg vom Bund 31,2 Millionen Euro für die Qualitätsverbesserung in der Kinderbetreuung zur Verfügung gestellt. Die Hälfte davon erhielten Städte und Gemeinden direkt. Über die andere Hälfte wurde von Städtebund und Gemeindeverband mit dem Land Salzburg verhandelt. 2024 mit dem Einvernehmen, dass von den verbliebenen 15,6 Millionen Euro rund 12,6 Millionen ebenfalls direkt übertragen werden. Entgegen dem Verhandlungsergebnis mit der zuständigen LH-Stellvertreterin Svazek werden die Mittel für 2025 und die Folgejahre vom Land Salzburg aber einbehalten. Diese Mittel fehlen den Städten und Gemeinden.

Auch für den flächendeckenden Ausbau ganztägiger Schulformen stehen nur noch stark reduzierte Förderungen zur Verfügung, was für die Gemeinden enorme Finanzierungslücken schafft. Nach der endgültigen Ausschöpfung der § 15a-Mittel ist die Förderung der schulischen Tagesbetreuung mit dem Schuljahr 2024/25 zum überwiegenden Teil auf die im Bildungsinvestitionsgesetz vorgesehene Anschubfinanzierung für neue Gruppen (maximal 70 Prozent der Höchstbeiträge) reduziert. Das bedeutet, dass den Gemeinden im Land Salzburg statt 5,4 Millionen

Euro nur mehr 1,9 Millionen zur Verfügung stehen und diese Mittel die bestehende Struktur kaum unterstützen.

Kostensteigerung bei Berufsschulen

Gleichzeitig steigen die Kosten für Landesberufsschulen um bis zu 309 Prozent. Im Rahmen der Gemeindeverrechnung werden den Gemeinden für alle Lehrlinge nach Betriebsstandort oder Wohnort Kosten für Gebäude- und Sachaufwand in Form von Kopfquoten verrechnet. Allein für die Stadt Salzburg bedeutete das eine Kostensteigerung um 1,5 Millionen Euro.

Schulpädagogik keine Gemeindeaufgabe

Assistenz- und Freizeitpädagogik sind keine Aufgaben der Städte und Gemeinden als Schulerhalter. Dazu vor zwei Jahren bei den Finanzausgleichsverhandlungen schon vereinbarte Reformen wurden aber bis dato nicht umgesetzt. Ziel dabei: Die Gemeinde kümmert sich um das Haus und alles, was für einen reibungslosen Betrieb am Schulstandort notwendig ist. Bund und Land sorgen für Pädagogik, Betreuung und Verwaltung. Die Umsetzung der Reform ist eine der zentralen Forderungen an die kommende Bundesregierung.

Spezialfall Pflegegesetz

Besonders alarmierend ist, dass neue gesetzliche Vorgaben – etwa das Salzburger Pflegegesetz zur Qualitätssicherung in der Langzeitpflege – ohne transparente Kostenabschätzung beschlossen werden sollen. Der Salzburger Städtebund hat daher den Konsultationsmechanismus ausgelöst, um eine gerechte Kostenverteilung einzufordern.

Der Konsultationsmechanismus verpflichtet Bund und Länder, Angaben zu den finanziellen Auswirkungen an die Gemeinden zu übermitteln. Kommt im Konsultationsgremium kein Einvernehmen zustande oder werden die Empfehlungen nicht abgewartet bzw. nicht beachtet, dann muss jene Gebietskörperschaft, die das Gesetz oder die Verordnung erlassen hat, die verursachten Ausgaben ersetzen.

Kostentreiber EU-Richtlinie

Per EU-Richtlinie „EED III“ zur Energieeffizienz sind alle Mitgliedstaaten ab 11. Oktober verpflichtet, den Endenergieverbrauch aller öffentlichen Gebäude jährlich um mindestens 1,9 Prozent gegenüber 2021 zu reduzieren. Außerdem müssen jedes Jahr mindestens drei Prozent der Gesamtfläche aller öffentlichen Gebäude auf den Standard eines Niedrigstenergiegebäudes oder Nullemissionsgebäudes saniert werden. Die Gemeinden werden die Hauptlast dieser Einsparungs- und Sanierungsverpflichtung tragen, weil sie österreichweit mit rund 57.000 gemeindeeigenen Gebäuden den größten Anteil stellen. Im Vergleich dazu besitzt der Bund etwa 7.700 öffentliche Gebäude, die Länder rund 3.600.

Was die energieeffiziente Gebäudesanierung betrifft, geht es in der Stadt Salzburg um mindestens 281.000 Quadratmeter Bruttogeschossfläche. Die geschätzten Kosten dafür bis 2030 betragen 39 Millionen Euro.

Appell an Bund und Land

Der Salzburger Städtebund appelliert abschließend an die kommende Bundesregierung und das Land Salzburg, die finanzielle Schieflage der Städte und Gemeinden ernst zu nehmen, und rasch Maßnahmen zur Entlastung der Kommunen zu setzen. Ohne strukturelle Reformen droht vielen Städten und Gemeinden die finanzielle Handlungsunfähigkeit.

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Eckdaten Städtebund Salzburg

Vorsitzender: Bgm. Bernhard Auinger, Stadt Salzburg - Geschäftsführer: Dr. Martin Floss MBA, Stadt Salzburg

16 Mitglieder: Bad Hofgastein, Bischofshofen, Grödig, Hallein, Mittersill, Neumarkt am Wallersee, Oberndorf bei Salzburg, Radstadt, Saalfelden am Steinernen Meer, Stadt Salzburg, Seekirchen am Wallersee, St. Johann im Pongau, Tamsweg, Wals-Siezenheim, Werfen, Zell am See

Karl Schupfer