Mobilitätsplan 2040 - mehr als ein Maßnahmenkatalog

Im Bild (v. l. n. r.): Stephan Kunze (Amtsleiter Stadtplanung und Verkehr), Michael Schwifcz (Mobilitäts-Experte), Michael Szeiler (con.sens mobilitätsdesign) DI Dr. , Stadträtin für Mobilität Anna Schiester und Harald Frey (TU Wien).
Salzburg steht mit dem Mobilitätsplan 2040 vor einem entscheidenden Entwicklungsschritt.
Auf Grund von EU-Vorgaben braucht es einen neuen strategischer Rahmen, der sämtliche Fragen von Verkehr und Mobilität in der Stadt umfassend integriert und zukunftsorientiert aufeinander abstimmt.
Der neue Mobilitätsplan 2040 wird mehr als ein Maßnahmenkatalog. Er ist das erste echte Gesamtverkehrskonzept für die Stadt Salzburg – als Leitbild, Strategie und Werkzeug zugleich. Im Fokus steht dabei die Mobilitätswende als Frage der Lebensqualität: Es geht um Platzverteilung, Sicherheit, Klimaschutz, leistbare Erreichbarkeit und die Vereinbarkeit unterschiedlicher Interessen im knappen städtischen Raum. Und es geht um Verbindung – im besten Sinn des Wortes: Der Mobilitätsplan 2040 will Salzburger:innen verbinden – über Stadtteile, Lebensstile, Altersgruppen und Verkehrsmittel hinweg. Wer hier lebt, arbeitet oder unterwegs ist, soll gut, sicher und klimafreundlich ans Ziel kommen – ob mit dem Rad, zu Fuß, per Öffi oder Auto. Bis 2026 wird der Mobilitätsplan mit breiter Beteiligung entwickelt. Parallel dazu werden bereits jetzt erste Maßnahmen umgesetzt – insbesondere zur Förderung aktiver Mobilität und des öffentlichen Verkehrs.
Warum braucht Salzburg einen neuen Mobilitätsplan?
- Das letzte Verkehrsleitbild stammt aus dem Jahr 1997 – lange bevor es Smartphones, den Euro oder heutige Sharing-Angebote gab.
- EU-Vorgabe: Als TEN-T-Knoten ist Salzburg verpflichtet, bis Ende 2027 einen SUMP (Sustainable Urban Mobility Plan) zu erstellen.
- Die Bevölkerung wächst, insbesondere im Umland – mit stark steigenden Pendlerströmen (über 54.000 Einpendler:innen in die Stadt täglich).
- Der Modal Split zeigt zwar Verbesserungen: Der Anteil des MIV (motorisierter Individualverkehr) sank zwischen 2012 und 2022 von 44 % auf 37 % – der Umweltverbund liegt bei 62 % – dennoch bleibt der Handlungsbedarf groß.
- Radverkehr stagniert, weil die Infrastruktur teilweise an ihre Kapazitätsgrenzen stößt.
- Die Unfallzahlen im Stadtverkehr bleiben hoch: 157 Mio. Euro betrugen 2023 die volkswirtschaftlichen Schäden durch Unfälle in Salzburg.
- Der Kfz-Verkehr nimmt zwar langfristig ab (–8 % seit 2016), aber viele zentrale Straßen sind nach wie vor vom Durchzugsverkehr geprägt.
Was ist ein nachhaltiger, städtischerVerkehrsentwicklungsplan (Sustainable Urban Mobility Plan)?
Ein Sustainable Urban Mobility Plan (SUMP) ist ein strategischer Plan, der darauf abzielt, die Mobilitätsbedürfnisse von Menschen und Unternehmen in Städten und deren Umland zu erfüllen und dabei die Lebensqualität zu verbessern. Er basiert auf bestehenden Planungspraktiken und berücksichtigt Prinzipien wie Integration, Partizipation und Evaluation.
Kernmerkmale eines nachhaltigen städtischer Mobilitätsplan:
- Ganzheitlicher Ansatz: Berücksichtigung aller Verkehrsträger und -formen, um ein integriertes und nachhaltiges Mobilitätssystem zu schaffen.
- Partizipative Planung: Einbindung von Bürger:innen, politischen Entscheidungsträger:innen und relevanten Interessengruppen in die Entwicklung des Plans, um breite Akzeptanz und Unterstützung zu gewährleisten.
- Langfristige Perspektive: Festlegung konkreter, überprüfbarer Ziele zur schrittweisen Umsetzung von Maßnahmen, die auf die zukünftige Mobilitätsentwicklung ausgerichtet sind.
Anwendung auf Salzburg
Für Salzburg bietet die Implementierung eines Mobilitätsplanes die Möglichkeit, die städtische Mobilität umweltfreundlicher und zukunftsfähiger zu gestalten. Durch die gemeinsame Erarbeitung von Projekten und Maßnahmen mit der Politik, den Bürger:innen und weiteren Interessengruppen kann ein nachhaltiges Mobilitätssystem geschaffen werden, das den spezifischen Herausforderungen und Bedürfnissen der Stadt gerecht wird.
Echte Teilhabe als Erfolgsschlüssel
Ein zentrales Element des Mobilitätsplans 2040 ist die breite Beteiligung der Stadtgesellschaft. Denn nachhaltige Mobilität kann nur gemeinsam gelingen. Bürger:innen, Interessensvertretungen und Stakeholder werden aktiv in die Entwicklung eingebunden – mit Formaten wie Stadtteilforen, Online-Befragungen, thematischen Workshops und Dialogangeboten in einfacher Sprache und barrierefrei. Ein wesentlicher Unterschied zu früheren Verkehrsleitbildern liegt in der systematischen Beteiligung der Menschen von Beginn an – um die Akzeptanz zu erhöhen, Vertrauen zu schaffen und gemeinsam tragfähige Lösungen zu entwickeln. Teilhabe ist damit ein Schlüssel für Akzeptanz, Alltagstauglichkeit und Umsetzungserfolg.
Wohin will Salzburg mit dem Mobilitätsplan 2040?
Leitfragen des Strategieprozesses:
- Wo stehen wir?
- Wo wollen wir bis 2040 hin?
- Wie kommen wir dorthin?
Grundprinzipien:
- Mobilität neu denken – nicht nur als Weg von A nach B, sondern als gesellschaftliche Frage.
- Flächen gerechter verteilen: Fußgänger:innen, Radfahrende, Öffis, Kfz – alle brauchen ihren Platz.
- Lebensqualität erhöhen: weniger Lärm, mehr Sicherheit, mehr Aufenthaltsqualität.
- Klimaziele erreichen: Der Mobilitätsplan unterstützt die SDGs und den nationalen Klimapfad Richtung Klimaneutralität bis 2040.
Verknüpfung mit bestehenden Konzepten
Der Mobilitätsplan Salzburg ist kein Neubeginn, sondern ein verbindender Rahmen. Er führt zusammen:
- Radverkehrsstrategie (Neufassung 2025)
- Masterplan Gehen (2021)
- Nahverkehrsplan Stadtregion (2023–2027)
- Klimafahrplan Salzburg (in Ausarbeitung)
- Räumliches Entwicklungskonzept (in Ausarbeitung)
Was wird bereits umgesetzt?
Noch bevor der Mobilitätsplan 2040 vollständig vorliegt, werden konkrete Schritte gesetzt. Einige wenige ausgewählte Beispiele:
- Innenstadtberuhigung Museumsplatz – Neutor
- Begegnungszone Nonntaler Hauptstraße
- Neuordnung Öffi-Netz und Taktverdichtung (Nahverkehrsplan)
- Busbeschleunigungskorridore (z. B. B1)
- Rad-Nordspange Itzling – Schallmoos – Gnigl/Sam
- S-Bike Radverleihsystem
- Verkehrskonzepte in Gnigl Süd und Parsch/Aigen
Die angeführten Maßnahmen stellen lediglich einzelne Beispiele dar – im Rahmen einer nachhaltigen und modernen Verkehrsplanung werden darüber hinaus zahlreiche weitere Projekte und Vorhaben bearbeitet.
Zitate vom Medientermin
Stadträtin Anna Schiester: „Mit dem neuen Mobilitätsplan holen wir Salzburg endlich ins 21. Jahrhundert. Er ist das erste echte Gesamtverkehrskonzept der Stadt – nicht nur eine Sammlung von Einzelmaßnahmen, sondern ein strategisches Werkzeug. Mobilität bedeutet nicht nur, von A nach B zu kommen, sondern ist eine zentrale Frage der Lebensqualität: Wie viel Platz geben wir wem? Wie sicher sind unsere Wege? Und wie gestalten wir unsere Stadt für morgen? Wir werden aber natürlich nicht einfach abwarten, bis dieses Gesamtbild fertig ist – denn der Verkehr wartet auch nicht. Wir werden bis zur Fertigstellung des Plans 2026 dort umsetzen, wo wir längst wissen, was zu tun ist: mehr Platz fürs Zu-Fuß-Gehen und Radfahren, sichere Wege für Kinder, bessere Öffi-Angebote.“
DI Stephan Kunze, Amtsleiter Stadtplanung und Verkehr: „Wir denken erstmals in einem durchgängigen System statt in Einzelprojekten. Unser Ziel ist ein Mobilitätsmix, der den städtischen Raum effizient nutzt und für alle leistbar, sicher und klimafreundlich ist.“
DI Michael Szeiler, MAS, con.sens mobilitätsdesign: „Der Mobilitätsplan 2040 folgt den europaweit anerkannten SUMP-Richtlinien. Das bedeutet: datenbasiert, dialogorientiert und langfristig tragfähig – mit einem klaren Fokus auf die Bedürfnisse der Menschen.“
DI Dr. Harald Frey, TU Wien: "Mit der Erarbeitung des Salzburger Mobilitätsplan 2040 nutzt die Stadt die Chance, die zukünftige Mobilität in der Stadt aktiv zu gestalten! Dabei sollen alle Mobilitätsangebote in der Stadt und der Stadtregionen umfassend betrachtet werden. Ziele, Maßnahmen und Strategien zur Umsetzung sind zentrale Bestandteile dieses Mobilitätsplanes. Anspruch des Salzburger Mobilitätsplan 2040 ist es auch, gemeinsam den Bürgerinnen und Bürgern sowie Interessengruppen in einen breiten Dialog zu treten, um die Lebensqualität in der Stadt zu verbessern und den Verkehr stadtverträglich zu bewältigen. Kurz- und mittelfristige Umsetzungspläne ermöglichen einzelne Projekte in ein Gesamtkonzept zu integrieren und hinsichtlich ihrer Wirksamkeit zu bewerten."
Mobilität in der Stadt Salzburg – Zahlen, Daten, Fakten (Stand: 2025)
Bevölkerung & Raum
- Einwohner:innen Stadt Salzburg: 158.322
- Fläche: 66 km²
- Besonderheit: Im Zentrum dicht bebaut, in den Randbereichen landwirtschaftlich geprägt – dank der insgesamt geringen Stadtgröße sind jedoch nahezu alle Stadtteile innerhalb weniger Kilometer erreichbar. Das schafft ideale Voraussetzungen für eine „Stadt der kurzen Wege“, insbesondere im Radverkehr.
Modal Split (Verkehrsmittelwahl der Wohnbevölkerung)
Quelle: Verkehrserhebung des Landes aus dem Jahr 2022
- Umweltverbund gesamt: 62 %
- Zu Fuß: 22 %
- Rad: 23 %
- Öffentlicher Verkehr: 17 %
- MIV (motorisierter Individualverkehr): 37 %
- Radstrategie: In der Überarbeitung der Radstrategie wird ein Zielwert von 30 % Radanteil bis 2030 diskutiert (noch nicht final beschlossen.
- Besonderheit: 71 % aller Wege unter 5 km – davon 40 % unter 2,5 km → ideal für Rad & Fuß
Pkw & Motorisierung
- 80 % der Haushalte besitzen mindestens ein Auto
- 90 % besitzen ein Fahrrad, 12 % ein E-Bike
- Motorisierungsgrad Stadt: ca. 50 Pkw/100 Ew. (deutlich niedriger als im Umland)
Pendler:innen (Erwerbsverkehr, 2022)
- Einpendler:innen: 54.289
- Auspendler:innen: 23.736
- Binnenpendler:innen (innerhalb Salzburgs): 52.997
- Top-Einpendelgemeinden: Wals-Siezenheim, Hallein
- Tendenz: Starke Zunahme des Pendelverkehrs aus dem Umland erwartet bis 2040
Verkehrsaufkommen & Trends
- KFZ-Verkehr an den Zählstellen im Stadtgebiet ist seit 2016 um 8 % gesunken
- Reduktion v. Kfz besonders auf Gemeindestraßen, Zunahme auf Autobahnen
- Stadtbusverkehr: Rückgang durch COVID und Personalmangel, aktuell im Wiederaufbau
- Regionalbusverkehr: Dank Ausbau des Angebots verzeichnet der Regionalbusverkehr deutliche Fahrgastzuwächse.
- Radverkehr: Anteil gestiegen, aber Zählstellen zeigen Stagnation wegen überlasteter Infrastruktur
Verkehrssicherheit
- 157 Mio. € volkswirtschaftliche Kosten durch Verkehrsunfälle (2023)
- Unfallhäufung Hohe Unfallzahlen in stark frequentierten Bereichen – vor allem auf Landesstraßen und in der Altstadt mit Konflikten zwischen Kfz-, Rad- und Fußverkehr.
- Vision Zero (null Verkehrstote) wurde noch nicht erreicht
Tourismus & Mobilität
- ~2 Mio. Nächtigungen pro Jahr
- 10 Mio. Tagesgäste jährlich, davon rund 70 % mit dem privaten Pkw. Das entspricht durchschnittlich etwa 7.000 Pkw-Fahrten pro Tag allein durch Tagestourismus (Durchschnittsbesetzung: 2,7 Personen/Pkw)
- 24.300 Reisebusse jährlich
- Guest Mobility Ticket: Gratis Öffi-Nutzung für Nächtigungsgäste durch die Mobilitätsabgabe (derzeit 0,50 €, ab 2027: 1,10 €)
Sharing & Innovation
- Lastenrad-Sharing seit 2022 (kostenlos)
- S-Bike System (E-Bikes) ab 2026 geplant:
• 100 Stationen, 1.000 E-Bikes - Carsharing: 3 Standorte (größter am Hauptbahnhof)
- 38 Paketboxen (myflexbox) im Stadtgebiet
Text mit KI redaktionell bearbeitet.
Höfferer Jochen MA