Archivmaterial der HOSI Salzburg in den Händen des Hauses der Stadtgeschichte

03.11.2023
Voller Stolz hat die HOSI Salzburg heute eine erste Sammlung an Plakaten und Publikationen an das Stadtarchiv übergeben
(v.l.n.r.: Gründungsvater HOSI Salzburg Walter Klappacher, Geschäftsführerin HOSI Salzburg Conny Felice, Vorständin Sarah Thome, Leiterin Haus der Stadtgeschichte Sabine Veits-Falk, Vizebürgermeister Bernhard Auinger)

Salzburg ist reich an Geschichte. Auch die queeren Bewegungen sind Teil davon und sollen ausführlich erforscht werden. Eine erste Sammlung von Plakaten und Publikationen von der Menschenrechtsorganisation HOSI Salzburg, der Homosexuellen Initiative, wurden dem Haus der Stadtgeschichte als Archivmaterial übergeben.

Am 3. November übergab die HOSI Salzburg dem Stadtarchiv Salzburg, das sich als „Gedächtnis der Stadt“ versteht, ein erstes Konvolut ihrer Plakate die nun fachgerecht aufbewahrt, erschlossen und zugänglich gemacht werden.
Damit soll die Grundlage für die Dokumentation der queeren Geschichte Salzburgs geschaffen werden.

Vizebürgermeister Bernhard Auinger ist stolz über diese Übergabe und betont: „Der Stadt ist gelebte Vielfalt ein großes Anliegen. Im Monat der Vielfalt stehen etwa jedes Jahr die positive Wahrnehmung und Förderung von Vielfalt im Mittelpunkt. Mit der Übergabe von Materialien der HOSI an das Stadtarchiv ist nun auch ein erster wichtiger Schritt getan, dass die Geschichte der Lebensumstände und Schicksale homosexueller Menschen Eingang in die Stadtgeschichte findet.“

Zur Geschichte der Homosexualität in Salzburg
Die Geschichte der Homosexualität in Salzburg liegt weitgehend im Dunklen. Im Mittelalter waren homosexuelle Menschen auf dem Gebiet des heutigen Österreich Verfolgung ausgesetzt, in der Frühen Neuzeit war bis 1787 sogar die Todesstrafe vorgesehen. 1852 wurde die „Unzucht mit Personen desselben Geschlechts“ als Verbrechen im Strafgesetzbuch kodifiziert. Der im § 129 Ib festgelegte Strafrahmen betrug bis zu fünf Jahre schweren Kerkers.
Die Strafverfolgung gleichgeschlechtlicher Sexualität erreichte in Österreich während der NS-Herrschaft ihren grausamen Höhepunkt. Wie die Recherchen des Salzburger Zeithistorikers Gert Kerschbaumer ergaben, liefen am Landesgericht Salzburg gegen 338 Personen, darunter sechs Frauen, Verfahren nach § 129 Ib des nach wie vor gültigen österreichischen Strafrechts. 
Die betreffenden Gerichtsakten wurden in den 1990er Jahren mit der Begründung, sie seien nicht archivwürdig, vernichtet, sodass die konkreten Hintergründe ihrer Verhaftungen nicht mehr eruiert werden können. Im Rahmen des Kunstprojekts „Stolpersteine“ erinnern derzeit zehn Steine an Männer, die aufgrund ihrer Homosexualität vom NS-Regime ermordet wurden.
1971 endete zwar das Totalverbot von Homosexualität in Österreich, nicht jedoch die Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Lebensweisen im Strafrecht. Sondertatbestände (z. B. gleichgeschlechtliche „Unzucht“ mit Jugendlichen oder Werbung für „Unzucht“ mit Personen des gleichen Geschlechts) wurden zum vermeintlichen Schutz der Gesellschaft vor einer nach wie vor als „unzüchtig“ angesehenen Sexualität geschaffen. 2002 wurde auch der letzte Straftatbestand vom Verfassungsgerichtshof als verfassungswidrig erkannt und aufgehoben.

Leiterin des Hauses der Stadtgeschichte Sabine Veits-Falk sieht in dieser Zusammenarbeit Chancen, um die Geschichte der Salzburger Queeren-Bewegung besser aufzuarbeiten: „Als nächsten Schritt werden wir Interviews mit queeren Menschen führen, die bereit sind, über ihre Lebensgeschichten und -erfahrungen in Salzburg Auskunft zu geben. Damit schaffen wir weitere Quellen für eine hoffentlich zeitnahe wissenschaftliche Auseinandersetzung.“

1980 Gründung der HOSI
Um sich gezielt für die Gleichstellung und Entdiskriminierung von homosexuellen Menschen in Salzburg einzusetzen, wurde 1980 der Verein HOSI (Homosexuelle Initiative) Salzburg gegründet. Die Menschenrechtsorganisation versteht sich als Teil der queeren Gemeinschaft Salzburgs und als „Kompetenzzentrum für sexuelle, geschlechtliche und romantische Vielfalt in Stadt und Land Salzburg sowie dem angrenzenden Bayern und Oberösterreich“. Unter dem Motto „es ist normal, verschieden zu sein“ engagiert sich die HOSI für Respekt gegenüber und Akzeptanz von vielfältigen Lebensweisen. Allgemeines Vereinsziel ist die Enttabuisierung des Themas Homosexualität. Mit Slogans wie: „es ist normal, verschieden zu sein“ soll ein demokratiepolitischer Prozess angestoßen oder gelenkt werden, der zur sogenannten „Normalisierung der Gesellschaft“ führen soll, in der Minderheiten nicht (mehr) diskriminiert werden. 

Geschäftsführerin der HOSI Salzburg Conny Felice freut sich auf die wissenschaftliche Zusammenarbeit mit dem Stadtarchiv und betont: „Eine Aufarbeitung wird zum besseren Verständnis der schwierigen Lebensumstände queerer Menschen beitragen. Der Blick in die Vergangenheit ist wichtig, um die Gründungsleute der HOSI zu ehren – denn ohne sie würde es die HOSI von heute nicht geben. Die HOSI Salzburg ist weit über Österreich hinaus zu einem Leuchtturmprojekt geworden. Mit unserer aktiven Teilhabe am gesellschaftlichen Leben tragen wir zu einem respektvollen miteinander bei.“

Die Vereinsarbeit erfolgt überwiegend ehrenamtlich und der Verein ist grundsätzlich basisdemokratisch organisiert. Die HOSI Salzburg versteht sich als überparteilich und überkonfessionell. Der Verein bietet insbesondere Beratung für Lesben, Schwule und Transgender und deren Angehörige an und stärkt durch Workshops und Schulungen die Sozialkompetenzen von Jugendlichen und Erwachsenen.

Um der Diskriminierung von queeren Menschen in der Stadt Salzburg entgegenzuwirken und sich zu einer Vielfalt zu bekennen, setzt die Stadt Salzburg auch auf gezielte Aktionen im öffentlichen Raum wie etwa 2015 mit der Anbringung von Ampelfiguren, die homo- und heterosexuelle Liebe symbolisieren, oder seit 2021 mit Regenbogenzebrasteifen.

Laura Lapuch