Doraja Eberle
Interview mit Landesrätin a. D. Doraja Eberle
im Rahmen des Buchprojekts „Die große Flucht“
Diplomierte Sozialarbeiterin, ehemalige ÖVP-Politikerin, eine der Hauptfiguren der zivilgesellschaftlichen Flüchtlingshilfe in Salzburg 2015
Datum: 11. April 2019
Ort: Stadtarchiv Salzburg
Dauer: 00h 48min 52sec (1 Track)
Interviewer: Dr. Heinz Schaden
HS = Heinz Schaden (Interviewer)
DE = Doraja Eberle
TRANSKRIPT DES INTERVIEWS
[Ergänzungen in eckigen Klammern wurden bei der Transkription vorgenommen und dienen dem besseren Verständnis.]
HS: Was hat aus Ihrer Sicht zu dieser „neuzeitlichen Völkerwanderung“ geführt?
DE: Also ich glaube, dass die Fluchtursachen so komplex sind, dass die nicht mit einer Antwort hier beantwortet werden können. Ich glaube, das Zusammenspiel aus Krieg, aus Klimawandel, aus [der] geopolitischen Einflussnahme im Nahost-Konflikt, in der Perspektivenlosigkeit so vieler Leute Faktoren sind, die zusammengewirkt haben und diese Krise, oder sagen wir mal „neuzeitliche Völkerwanderung“ ausgelöst haben.
HS: Die Stimmung vor 2015, vor diesem großen Jahr der Flucht sag ich jetzt einmal, in Österreich, war doch eine andere als sie jetzt ist. Wie würden Sie die beschreiben?
DE: Naja, es gab ja vor 2015 und 2016 auch schon Millionen Flüchtlinge auf dieser Welt. Auch in Europa, würde ich jetzt mal sagen, und dann vielleicht runtergebrochen auf Deutschland und Österreich, haben ja schon sehr viele Erfahrungen damit gemacht. Sei es, was die Migration betrifft, mit Gastarbeitern türkische, jugoslawische Gastarbeiter damals in Deutschland, sei es mit der Ungarn-Krise, von der ich selber nichts mehr weiß, aber ich viel mit meinem Vater darüber geredet habe ob die damals erwünscht waren hier, es waren ja auch Familienangehörige nein, gar nicht, aber man hat es einfach getan. Sei es mit dem Krieg am Balkan, den wir hatten, der Österreich unmittelbar betroffen hat, sei es durch die ganzen Zuwanderungen der oder Zuströme der ehemaligen französischen Kolonien Richtung Frankreich also Europa hatte eine Erfahrung damit, und ich glaube, dass die Stimmung eine gute und eine schlechte in der Gesellschaft oder Zivilgesellschaft gewesen ist. Also 2015 war nichts Neues, nur war es plötzlich unmittelbar, es ist bei uns angekommen. Und ich glaube, Ablehnung und Zustimmung haben sich in der Gesellschaft vor 2015 und nach 2015 in der Waage gehalten.
HS: Aus Ihrer Erinnerung, wann haben Sie die ersten Anzeichen dieser großen Flucht bemerkt im Jahr 2015, oder vielleicht schon vorher?
DE: Gehört natürlich vorher davon, Italien zum Beispiel aber unmittelbar betroffen waren wir alle, wie wir die ersten Bilder aus Traiskirchen gesehen haben und das Nicht-Funktionieren was heißt Nicht-Funktionieren, dass Hunderte oder Tausende plötzlich kein Dach über dem Kopf hatten in einem Flüchtlingsheim. Und dann natürlich für mich persönlich, wie am 3. Mai die ersten Flüchtlinge in Salzburg, in der Alpenstraße in Zelten angekommen sind, das war für mich so der erste persönliche Kontakt mit den Flüchtlingen.
HS: Die Ereignisse im unmittelbaren Vorfeld waren ja ziemlich dramatisch, ich sage jetzt nur Parndorf als Beispiel...
DE: Also was mir aus der Zeit geblieben ist, und ich denke natürlich, wie viele die dabei waren, manchmal fast Tag und Nacht darüber nach was ist geblieben? Das war definitiv Parndorf, weil das plötzlich bei uns angekommen ist, und das Zweite, was mir so geblieben ist, war dieser Satz der Angela Merkel, „Wir schaffen das.“ Der bewegt mich noch bis heute was hat das bei ihr ausgelöst, oder wie hätten wir in so einer Situation [gehandelt], hätten wir oder wären wir an der Front gewesen und hätten die Stimme erheben müssen. Das war sicher zu Beginn bei Angela Merkel, ich würde sagen ein Bekenntnis zu Humanität und Menschlichkeit, glaube ich, also dass sie das aus tiefer Überzeugung gesagt hat. Ich glaube, dass dann das Gefühl einer Überforderung auch gekommen ist, wie die Medien begonnen haben, zu erklären, dass wir ‚überflutet werden. Dieser Satz, „Wir schaffen das“, hat mir so einen enormen Respekt gezollt vor ihr und ich habe oft nachher und auch jetzt noch Menschen, vor allem in Deutschland, die ihr das sehr ankreiden oder angekreidet haben, gefragt, „Was hättet ihr, oder wie hättet ihr reagiert, wenn ihr in der Früh aufgewacht wärt, Nachrichten gehört hättet und die Angela Merkel gesagt hätte ‚Wir schaffen das nicht was hätte das ausgelöst?“ Und ich glaube, und das ist mir so stark geblieben, ich glaube zu Beginn war es tiefste Überzeugung von ihr, und sie kommt aus einer Pastorenfamilie, also ich glaube, dass dieser Humanismus, nennen wir es Menschlichkeit und nennen wir [es] aus Nächstenliebe, sicher ihr erster Schritt gewesen ist und dass ist mir absolut hängen geblieben. Und ich glaube, das Zweite in dem Zusammenhang war die, [da] reden wir auch nachher noch darüber, diese enorm große Hilfsbereitschaft, die in der Bevölkerung auch mit diesem Satz „Wir schaffen das“ losgetreten worden ist.00:04:59HS: Ich weiß als Zeitzeuge, Sie waren eine der Ersten am Salzburger Hauptbahnhof, um da zu helfen. Wie ist das bei Ihnen passiert sozusagen, wer hat Sie gerufen, haben sie es gesehen...?
DE: Naja, das kann ich ganz gut erklären, das war nicht der Hauptbahnhof, das waren die Nachrichten in der Früh. Ich glaube es war der 3. Mai, ich war in der Faistenau, [das] sind so Weichen im Leben, die man sich merkt. Und ich habe in den Nachrichten gehört, dass heute die ersten Zelte in der Alpenstraße aufgebaut werden. Und ich habe zu meinem Mann gesagt, „Ich schau nur mal schnell, was dort los ist“ und mein Mann hat geantwortet, „Dein Nachschauen hat immer schon Konsequenzen gehabt, auf Wiedersehen.“ [lacht]. Und so war es eigentlich auch, und ich bin einfach mit erhobenem Haupt weil das war damals mehr oder weniger abgesperrt auch für [die] Zivilgesellschaft hineingegangen, und habe gesehen, dass einfach nur Betten drin sind, ohne Leintücher, ohne Nachtkastl, ohne nix. Es war mir unvorstellbar, dass in unserer Alpenstraße, die wir jeden Tag benützen und unser Auto zum Service geben oder zum McDonalds gehen oder zur Polizei gehen, plötzlich Zelte sind, wo Menschen Flüchtlinge sind. Das ist mir nicht in meinen Kopf gegangen. Und dann bin ich nach Grödig gefahren, in die Schokoladenfabrik, und habe, glaube ich, 200 Säcke Mozartkugeln gekauft und habe jedem Mozartkugeln aufs Bett gelegt. Und meine erste Erinnerung dort war, als sie ankamen, aus Traiskirchen damals, mit Bussen, Taxiunternehmen Schwab, das weiß ich auch noch, sind die ausgestiegen mit einem Plastiksack in der Hand. Und das war mir, oder ist mir nach wie vor so ein Eindruck, dass ich mir gedacht habe, egal ob sie jetzt wirkliche Flüchtlinge sind oder nicht so denke ich jetzt. Damals war es das, was sie aus ihrem ganzen Leben mitgenommen haben, ein Plastiksack, das ist alles was übrig geblieben ist. Und dann ist einer von denen in das Zelt gegangen, hat die Mozartkugeln angeschaut und ist zu mir gekommen und hat gesagt „Is this the city of Mozart?“. Und das hat mich so berührt, bis heute noch, dass ich mir gedacht habe „So, jetzt erst recht, werden wir denen mal zeigen, was die Mozartstadt ist.“ Und wir haben gleich in der Alpenstraße begonnen mit Deutschunterricht. Am zweiten Tag haben wir bereits Deutsch unterrichtet, und Sie werden es nicht glauben, eine dieser ‚Zivilgesellschaftliche[n] Gruppe macht diesen Deutschunterricht heute noch, ohne einen einzigen Tag Unterbrechung weiter. Und dann haben wir damals einen ‚Tea and Talk gemacht, so dass Menschen auch hineinkommen konnten, und dann fing es an, dann war [die] Schwarzenberg-Kaserne, und dann war der schreckliche Bahnhof, und dann war die Grenze und ASFINAG, und irgendwo hat es mich halt nicht mehr losgelassen ich erinnere mich nicht mehr ganz genau, wann was war...
HS: Ja, dazwischen war auch noch [das Hotel] Kobenzl als Erstaufnahmezentrum, das kam im Frühjahr 2015... Sie haben jetzt eigentlich schon sehr viel vorweggenommen, so von Ihrem Eindruck und Ihrer ersten Reaktion. Ich finde das ja bemerkenswert, dass wirklich die Assoziation „Is this the city of Mozart?“ bei den Flüchtlingen, oder bei einem Flüchtling da war.
DE: Ja, das ist mir so unvergesslich, auch wenn man... Und wir sind auch durch diesen Deutschunterricht sehr schnell drauf gekommen, wie natürlich, warum auch nicht wie viele zivilisierte Menschen da dabei sind. Ich habe dann auch immer wieder, wenn ich so Vorträge gehalten habe, wenn Leute gesagt haben „Gell Frau Eberle, da waren viele Kriminelle dabei oder Nicht-Flüchtlinge“. Da habe ich gesagt „Ich werde Ihnen mal was sagen, machen wir die Augen zu und überlegen uns, Salzburg müsste heute Abend nach Damaskus gehen. Wir alle wir sind nicht 350.000, wir sind ein Bruchteil davon aber wir alle müssen gehen. Wer ist da dabei?“ Das war immer ganz lustig, weil dann haben sie gesagt „Die Lehrer, und die Schüler, und die Kranken und die Behinderten und die Pfarrer, und...“ es war so wie in der Schule, jeder hat aufgezeigt. Und dann habe ich gesagt, „Wir haben was vergessen.“ Und sie sind alle nicht darauf gekommen, aber wenn wir sagen alle, dann müssen wir auch unser Gefängnis aufmachen, dann müssen wir auch die mitnehmen. Also es waren sehr wohl welche dabei, aber das kannst du nicht sehen, wenn alle schmutzig sind, wenn alle stinkend sind, wenn alle traurig sind, wenn alle traumatisiert sind, dann sind das einfach Menschen, die Hilfe brauchen völlig egal, wer das ist. Jetzt habe ich zu viel vorweg genommen...?
HS: Nein, nein, überhaupt nicht, nein, ich finde das sehr interessant, weil bei mir war dann plötzlich, wenn ich das kurz dazwischen erzählen darf, jemand im Büro, der einige Jahre vorher mein persönlicher Reiseleiter in Syrien war, und der hat mir eigentlich eine ganz ähnliche Geschichte erzählt wie Sie es jetzt schildern. Natürlich sind alle Schichten der syrischen Gesellschaft, und das waren sehr hoch Gebildete, und zum Teil auch die Schergen Assads er hat mir gesagt, er ist mit denen geflohen, die ihn …
DE: [stimmt während den Ausführungen immer wieder zu] … die ihn zur Flucht eigentlich bewirkt haben, oder dass er flüchten [musste]. Ja, das haben mir auch viele gesagt.
HS: Genau, er hat sie zum Teil wieder erkannt. Er war aus Homs, und die Stadt war ja ganz besonders, also...
DE: Sie haben mich noch gefragt, was mein erster Eindruck damals war dass ich mich erinnere, wie der erste Zug am Bahnhof angekommen ist, dass ich mir bewusst geworden bin, wir schreiben Geschichte mit. Was wir jetzt erleben wie die das erste Mal so runter sind und wieder rauf [da] habe ich mir gedacht, das ist Geschichte, das wird in den Büchern stehen. Und das war dann auch so ein Auftrag: Wenn wir Geschichte mitschreiben müssen oder auch dürfen, dann möchte ich einen guten Beitrag dabei haben und auch meinen Kindern mal sagen können, was wir beigetragen haben, damit das einen guten Ausgang [hat] wir hatten ja alle keine Ahnung damals.
HS: Stichwort Kinder ich habe Sie gesehen, dass Sie Kinder getragen haben, dass Sie den Familien, den Müttern geholfen haben, mit den Kindern Sie persönlich.
DE: Ja. Wir haben das war mir eines der schrecklichsten Dinge, was bei diesen Flüchtlingen war, zu sehen, und Auslöser war eine Frau an der Grenze die ich wusste nicht, ob sie ohnmächtig ist oder nur schläft, und neben sich ein Baby hatte. Ich habe das Baby genommen und habe der Nachbarin gesagt „Wenn sie aufwacht, das Kind ist nicht gestohlen, ich gehe es nur waschen und wickeln“, und das Kind hatte die Nabelschnur dran. Und dann ist mir so bewusst geworden, dass diese Frau jetzt ihr Kind geboren hat, irgendwo am Weg. Wir haben dann auch gefragt, und sie hat gesagt „On the road“, auf Englisch also irgendwo. Und das sind alles Dinge, die bei Einem auslösen: Mein Gott im Himmel, wir gehen in unser Krankenhaus, bleiben vier Tage und werden umsorgt, und die kriegen am Weg, auf der Flucht ihre Kinder und brechen dann auch zusammen. Und dann haben wir gesehen, dass viele Kinder einfach dreckig sind und grausig sind und die Mütter im Wochenbett waren und keine Duschen hatten und so. Und dann haben wir einfach, oder wir [?] haben gesagt, wir kümmern uns vor allem um die Babies, die Kleinkinder und die Mütter, die gerade Mütter geworden sind. Da haben wir dann in der ASFINAG dieses Baby-Zimmer eingerichtet, wo übrigens die UNHCR, einer der UNHCR mir gesagt hat, das war der würdigste Raum auf der ganzen Flüchtlingsroute. Da habe ich mich gefreut darüber, und habe mir gedacht, mit wie wenig kann man einen würdigen Raum gestalten.
HS: Vielleicht ein paar Fragen zu Ihrer Rolle und Sie können es gern zusammenfassen: Was war Ihre Aufgabe? Natürlich hat dort niemand eine Aufgabe zugeteilt bekommen, außer er war von einer Organisation gestellt was war Ihre Aufgabe, und mit wem haben Sie da vor allem zusammengearbeitet?
DE: Also, ich hatte im Grunde genommen, wie Sie schon sagen, keine Aufgabe. Ich habe mir die Aufgabe selber gesucht, indem ich mir einen Überblick verschafft habe und versucht habe, Lösungen zu finden. Um die Bedingungen dort kurzfristig jetzt, also Bedingungen zu schaffen, die diesen ankommenden Menschen die Würde geben, also ganz kurz, zu einer Lösung beizutragen. Wir haben dann, wie ich vorher schon gesagt habe, Deutschkurse gemacht. Warum? Das war auch meine Erfahrung mit den bosnischen Flüchtlingen, und wir haben ja ganz viel in der Zeit hier nachgefragt, ich [bei] meinen Freunden in Bosnien, „Was hat euch am meisten geholfen? Was war für euch das Wichtigste in der Zeit?“ Und das war, dass sich jemand persönlich kümmert und ihnen einen Namen gibt. In dem Moment, wo sie ihr Zuhause verlassen, verlieren sie ihre Identität. Wir haben sie nur mehr ‚Flüchtlinge genannt, und anders auch, aber sie haben ihren Namen verloren, ihren Fingerabdruck verloren, ihre Familien verloren. Deshalb dieser Deutschkurs, damit auch die Salzburger Zivilgesellschaft Kontakt mit ihnen kriegt, weil wie Sie wussten, durfte ja niemand mehr rein, es war der ORF dort und am Bahnhof und das war eine gute Möglichkeit von Kontakt. Und das Zweite war, dass mich ganz viele Menschen gefragt haben, „Können wir was tun?“, das werden Sie auch erlebt haben, jeder wollte aktiv sein, und dann haben wir gesagt, „Es geht nicht, es können nicht Hunderte in den Bahnhof gehen.“ Und dann haben wir die Idee mit den Rucksäcken gehabt, die uns bosnische ehemalige Flüchtlinge gesagt haben das Schönste war, eine Tasche zu haben, mit Reißverschluss, das merke ich mir noch, wo du deine persönlichen Sachen reingeben konntest. Das war ein ganz tolles Projekt, wir haben 15.000 Rucksäcke gepackt, aber wir haben sie durch die Geschützten Werkstätten packen lassen, was übrigens eine tolle Zusammenarbeit damals war, und haben die für kleine Kinder [wir haben den] Namen draufgeschrieben [und] das Alter wo immer auch was Persönliches drin war. Und bei den Salzburgern, also was wir in Salzburg verteilt haben bei den Erwachsenen, waren zum Beispiel Stadtpläne von der Stadt drin, oder Bücher in Englisch und Deutsch über Salzburg, also einfach, um ihnen was Persönliches auch zu geben. Und die waren gepackt mit allen möglichen Dingen, die man braucht, wie Unterhose und Socken und Waschzeug und... So konnte man persönlich etwas übergeben. Und das waren 15.000 Menschen in Salzburg, die einen Beitrag gegeben haben. Ein gefüllter Rucksack hat 8 € gekostet, und so hatte jeder das Gefühl und es war auch so mitgemacht zu haben. Also das war so [ein] bisschen meine Aufgabe im ‚aktiv-etwas-tun, und dann das Babyzimmer, und am Schluss, wie es aus war, diesen Lastwagen nach Griechenland zu bringen, um noch einmal alle Ehrenamtlichen zusammenzubringen. Das war meine Aufgabe dort, und vielleicht auch ein bisschen meine Erfahrungen einzubringen, in den doch 27 Jahren in einem Land, die viele Flüchtlinge hatten, nämlich in Bosnien.
HS: Sie haben jetzt schon einiges an persönlichen Kontakten mit Flüchtlingen erzählt ist Ihnen irgendetwas ganz besonders in Erinnerung, jetzt abseits von „Is this the city of Mozart“...?
DE: Ja, es sind mir tausende Geschichten, und ich wir reden ja auch noch mit vielen Leuten, die dort gearbeitet haben, „Erinnerst du dich noch an jemand?“... Drei Geschichten, kleine Geschichten. Das Eine war: Drillinge, das ist einfach so eine kurze Geschichte nur, ein Ehepaar mit Drillingen, alle drei konnten noch nicht gehen. Und hatten alle drei 40 [Grad] Fieber, und ich verstehe es heute noch nicht, wie auch, die waren aus Homs, wie dieses Ehepaar diese drei Kinder getragen hat, samt ihrem Lebensgepäck. Ich meine, mir ist die Zunge rausgehangen wie ich mein Kind getragen habe, oder wenn ich den Staubsauger in den zweiten Stock trage. Und das hat bei mir so ausgelöst, welche Kräfte in uns sind, wenn es sein muss. Ich habe die immer angeschaut und habe mir gedacht, mein Gott, drei schwerstkranke Kinder, alle drei haben nämlich gleich 40 [Grad] Fieber gehabt das war die eine Geschichte. Die andere Geschichte, die mich so berührt hat, war am Bahnhof, wie ich unten stand mit der Polizei und da kamen die alle vom Zug, [da] war ein älteres Ehepaar, und die hatten zwei heute sage ich Kartoffelsäcke hier eins drüber und hier [zeigt], und in der Mitte ein schwerstbehindertes Mädchen. Und ich war irgendwie, mir hat es den Atem genommen. Und dann bin ich in die Garage, und dort saßen die dann, mit das war kein Kartoffelsack, sondern drei schwerstbehinderte, erwachsene, riesige Kinder, und eins hatte die Mutter, eins der Vater, und die eine ist gegangen. Und der Vater hat Englisch gesprochen, und ich habe ihn eindringlich gebeten, wenn der nächste Zug fährt, er soll sitzen bleiben, ich werde organisieren, dass er mit dem Lift rauf kann, diesem Lastenlift, und dann und er soll mir in die Augen schauen, ob er mir das Versprechen geben [kann] ja, er gibt mir das Versprechen. Ich war weg, der Zug kommt, natürlich war er nicht mehr da. Dann bin ich rauf und hab den irgendwie gesucht, und da war er auch in dieser Halle, und ich habe sie genommen, in den Lift hinein, [die] Polizei hat es mir erlaubt, und habe sie rauf [begleitet]. Und wie ich sie in den Zug gesetzt habe und dann den Vater umarmt habe. Weil ich so berührt war, dass das möglich ist, drei behinderte Kinder, habe ich ihn gefragt „How did you manage how did you manage from Syria to Salzburg?“ Und er hat geantwortet „I carried them all“ ich habe sie alle getragen. Da habe ich mir gedacht, lieber Gott, wen könnte ich tragen? Oder würde ich jemanden tragen, oder würde ich nicht an der Last zusammenbrechen, wenn ich heute flüchten müsste, kann ich meinen Mann tragen, kann ich meine Kinder [tragen] nein, ich kann nicht. Und die haben mir gelernt, diese Menschen, dass man kann. Wenn man muss, dann kann man. Und das sind so Sachen, die mir so die mir, sagen wir mal so, wenn ich müde werde jetzt, die mir Kraft geben. Diese Menschen, denen ich da begegnet bin, ganz viele. Und das Dritte: Diesen Bub betreue ich heute noch, war ein ich bin in der Nacht durchgegangen, und immer wenn Rollstühle waren, habe ich geschaut, wer sitzt im Rollstuhl, weil wie Sie ja wissen hatten wir am Anfang kein Behindertenklo. Dann hat man sie alle reingeschleppt und da war eine junge Mutter. [Sie hat] auch Englisch gesprochen ich habe gesagt „Gehört der Rollstuhl dir?“ „Nein, meinem Sohn“. Jetzt mache ich die Geschichte ganz kurz. Der Kleine hatte einen Gehirntumor und konnte schon nicht mehr gehen und ich habe dann gesagt „Wohin wollt ihr?“ „Nach Deutschland“. Und das war die einzige Familie, der ich mein WhatsApp gegeben habe, niemand anderem. [Ich] habe sie selber in den Bus [begleitet], und [sie] waren weg. Und [ich] habe gesagt, wenn sie irgendwo ankommen, soll er mir nur den Daumen [streckt den Daumen nach oben um das Emoji nachzustellen] [schicken], weil der Vater hat nicht Englisch gesprochen. Und drei Tage später bekomme ich keinen Daumen, sondern so ein Foto von [der] Polizeistation Salzburg Alpenstraße, von ihm. Da habe ich mir gedacht, das kann ja wohl nicht wahr sein. Ich habe ihn ja rüber gebracht über die Grenze. Und in dem Moment ruft mich jemand von der Polizei an und sagt „Frau Eberle, es ist 9 Uhr abends, ich gehe gerade in den Dienst, oder 10 Uhr, ich habe hier ein junges Paar mit einem Rollstuhl, ich flehe Sie an, kommen Sie und kümmern Sie sich, die [?] ist voll, ich krieg niemanden mehr unter. Ich habe genau gewusst, dass die da sind, habe, bevor ich hingefahren bin, im Krankenhaus angerufen. Habe gesagt „Ich habe ein Kind mit einem Gehirntumor, könnt ihr ihn aufnehmen?“ Und ich muss sagen, dieser rote Teppich, der ab dann gelaufen ist, für diese Familie der Vater hat bei mir gewohnt, weil es konnte ja nur einer im Spital wohnen, da im McDonald-Haus. Der Kleine ist vom 11. November 2015, bis heute konnte er nie das Spital verlassen, ist im St. Anna-Kinderspital, hat die zigste Chemotherapie, zigste Operation, immer ein Elternteil wohnt bei ihm, für den anderen haben wir jetzt eine Wohnung gefunden. Und jetzt hat der Arzt mich angerufen vor kurzem und hat gesagt, wenn die Mutter weil sie wollen unbedingt, dass die Großmutter aus Syrien kommt noch einmal kommen will, dann soll sie schnell kommen, weil sie die Maschinen abdrehen jetzt. Und dann habe ich Kontakt mit der Botschaft aufgenommen, mit der österreichischen in Syrien, ob die Mutter bzw. Großmutter eine Erlaubnis bekommt. Also da bin ich mit solchen Fällen, und immer denke ich mir, was wäre gewesen, hätte ich nicht hingeschaut? Was wäre gewesen, hätte ich an diesem 11. November nicht gefragt „Wem gehört dieses Kind?“ Und er hatte trotz Krankenhaus drei Jahre ein menschenwürdiges Leben, und er hat gerade einen Bruder bekommen, der ein halbes Jahr alt ist, und so... Das sind halt so Sachen, die für ein Leben lang hängen bleiben.
HS: Sie sind ja [eine] bekannte Person, [eine] öffentliche Person trotzdem die Frage, wie hat Ihr Umfeld auf Ihr Engagement reagiert?
DE: Ja. Also mein unmittelbares Umfeld, meine Familie gut, weil sie mich kennen. Mein Mann hat im Nachhinein gesagt, er liebt den Sebastian Kurz, dass er die Balkanroute geschlossen hat, sonst hätte er mich nie mehr gesehen [lacht]. Das ist die Antwort von meinem Mann gewesen. Also mein unmittelbares Umfeld gut, mich sehr beobachtend, weil auch nachmachend. Also „Solang die Doraja kann, können wir auch“. Ihre Fragen waren dann auch, wie es mit den anderen Helfern ging oder ob Konflikte da waren. Ja, weil ich mich irgendwann mal verantwortlich gefühlt habe für das Ehrenamt, wenn Sie sich erinnern, an der Grenze und ja, ich würde nicht sagen Konflikte, aber Probleme, weil ein Ehrenamt keine Dienstzeit hat. Und [weil] meine Tante mir einmal gesagt hat, „Die Übertreibung im Guten ist auch eine Sünde.“ Und da ist viel Wahres dran. Sie können sich selber am besten erinnern, es waren Hunderte, die aus allen Löchern gekommen sind und geholfen haben und wenn das nicht koordiniert ist, kommt es unweigerlich zu Konflikten. Weil viele sich nicht zurücknehmen können, sondern ganz vorne stehen wollen. Und wenn dann die Exekutive kommt und sagt, „Das muss aber jetzt anders sein“, dann sind da sehr viele persönliche Verletzungen, Beleidigungen, Stress. [Ein] Großteil der Menschen hat gearbeitet, hat Nachtdienst gemacht, ist dann um 7 Uhr früh in die Arbeit also es sind auch viele weggebrochen dann... Das waren so, Konflikte ist irgendwie kein gutes Wort, aber vielleicht Probleme, wo wir alle viel gelernt haben daraus.
HS: Konflikte mit den Flüchtlingen oder unter den Flüchtlingen, haben Sie da etwas mitbekommen?
DE: Ja. Also mit den Flüchtlingen hatte ich nie ich führe das auch darauf zurück, dass in diesen Ländern der Respekt vor dem Alter ein ganz hoher ist. Also mit Jüngeren sind die viel wilder umgegangen, wie mit mir. Weil wenn sie eine ältere Frau sehen, dann ist es immer ‚Mama, und immer mit einer Verbeugung [macht mit den Händen vor der Brust eine Verbeugung nach]. Deshalb hatte ich nie auch in Bosnien war das nie Probleme damit außer sie sind traumatisiert, oder in Drogen oder Alkohol, da muss man aufpassen. Innerhalb der Flüchtlinge, ja, natürlich. Das ging ganz schnell, vor allem mit jüngeren Männern ohne dass ich ich habe großes Verständnis, warum junge Männer alleine flüchten. Aber alles, was in Krisenzeiten ist, von Drogen, Prostitution, Alkohol das geht rapide, ganz schnell. Da hatten wir Gott sei Dank zwei, drei gute Leute draußen in der ASFINAG, die das gut im Griff haben, weil sie selber aus dieser Region kommen. Ich habe das ganz oft gemerkt, wenn Busse angekommen sind. Deswegen haben wir so oft diesen Sichtschutz verlangt, dass die, die schon da waren, dann denen alles Mögliche erzählt haben, was wir nicht verstanden haben. Dann haben die ihnen Geld gegeben für Zigaretten und was [auch] immer, sind aber nicht mehr erschienen und die anderen sind nach Deutschland. Also es ging ganz schnell. Ja, sehr wohl Probleme untereinander, aber nicht innerhalb [von] Familien, das war auch sehr spannend. Wir haben auch alle gesagt, „Warum sind die Kinder so ruhig, warum brüllen die nicht durch, wie unsere, die dauernd brüllen?“ Weil sie im Familienverband waren, weil Vater, Mutter, Großmutter, Großvater [da waren] und wenn ein Kind eine Sicherheit hat, dann geht es gut. Also unter Familien nicht, aber unter Männern, ja.
HS: Die Familien haben sehr gut funktioniert, wie haben Sie das mit allein reisenden Frauen gesehen?
DE: Schwierig. Weil wir und ich bin immer diese Route mit vielen Beziehungen und Telefonen nachgegangen UNHCR einmal, das war glaube ich Ende September in Griechenland, gesagt haben, dass, wenn es Familien sind, kommen sie besser über die Grenzen. Und dann haben sich sehr viele Männer an Frauen und Familien angeschlossen, alleinstehende Männer und wir auch immer wieder von Frauen erfahren haben, zum Teil haben wir ja auch Frauen ins Frauenhaus über die Nacht gebracht, oder zu uns persönlich nach Hause, um sie zu trennen, bis der mit seinem „Bandl“ drüberkommt [über die Grenze, Anm.]. Aber das kam vom UNHCR damals, die haben gesagt, Familien haben mehr Chancen. Und was da mit Druck oder Missbrauch war, kann ich nicht sagen, weil wir ja nur Augenblicke hatten, sie zu begleiten, aber wir von einigen Frauen, die Englisch gesprochen haben, gehört haben, dass sie Angst haben und uns bitten, sie zu trennen von diesen Männern.
HS: Ja, ich habe auch das Frauenhaus angerufen.
DE: Ja, also es waren, immer wieder und das ist aber… Ich meine, es kommt so viel dazu, das sind ja alles Extremsituationen, in denen die waren, das war keine normale Reise.
HS: Darf ich die zwei nächsten Fragen zusammenfassen: Wie beurteilen Sie die Rolle der Behörden, also Stadt, Land, Bund, und dann auch der Einsatzkräfte, Blaulichtorganisationen, etc.? Respektive auch das Zusammenwirken.
DE: Also, vielleicht fange ich mal mit Stadt, Land, Bund an. Mit einer großen Mischung aus Respekt und Kritik Respekt, weil ich sowieso vor jedem, der Entscheidungen treffen muss an der Front, immer meinen Hut ziehe, und die Behörden alle das ist jetzt nicht die Kritik, sondern das ist eine Bestandsaufnahme alle maßlos überfordert waren, weil wir es alle nie üben konnten, aber doch relativ schnell dieser, ich würde es jetzt nennen ‚Notfallsplan vielleicht, dann funktioniert hat. Das was für mich eigentlich das Schwierigste war, in so einem Moment, die doch und das ist meine Kritik unheimlich verzögerte Bürokratie. Ja, die zwar sein muss, aber eigentlich damals einfach niemand über den Schatten gesprungen ist und gesagt hat „Das ist jetzt so.“ Sie waren einer der Wenigen muss ich dazu sagen, die damals Entscheidungen getroffen haben, die nicht nach Wien [gelangt] sind. Ich erinnere mich an diese elenden Isomatten, wir haben 800 Isomatten gebraucht, alles Ansuchen in Wien beim Bundesministerium also ich habe gesagt „Kommt überhaupt nicht in Frage.“ Und da waren einige sehr wesentlich, die gesagt haben „Ich springe in der Situation über den Schatten, weil es einfach nicht anders geht.“ Also die lähmende Bürokratie in einem Ausnahmezustand war sicher im Nachhinein die größte Kritik. Und die Zusammenarbeit mit Polizei, Rotem Kreuz, wer immer da auch war, auch [die] anderen NGOs, ‚Train of hope, war, genau, was ich vorher gesagt habe, habe ich großen Respekt davor, wie vor jedem, der Dinge zu exekutieren hat. Wir sind wir, sage ich jetzt, [die] Zivilgesellschaft sehr gut mit allen ausgekommen, es war wie ein gutes Puzzlestein, bis zu dem Moment, wo es zu Konflikten kam. Nämlich die Zivilgesellschaft zu behindern, und zwar bewusst zu behindern, nicht „Das passt jetzt nicht“, sondern bewusst, und wo es zu Übergriffen auf die Flüchtlinge gekommen ist, verbal und tätlich, und das muss ich Ihnen ehrlich sagen, das vergesse ich nie.
HS: Wo hat es das gegeben?
DE: Immer wenn die Busse angekommen sind. Das war deswegen, und das sage ich auch immer, wenn viele sagen „Warum warst du eigentlich jede Nacht dort?“, dann sage ich immer, weil das für mich die unangenehmsten und entwürdigendsten Momente waren. Wenn die Busse angekommen sind und dann Militär dort gestanden ist, breitbeinig, mit Mundschutz, Hände am Rücken schrecklich, ich kriege heute noch Gänsehaut. Und die Sprache untereinander über die „Ratzen“, und über „des Gfrast da“, und über „wie sie stinken“, und also ganz, ganz arg, und ich mir gedacht habe „Nein, diese Zeit hatten wir schon einmal, so schnell kann das nicht wieder kommen“, also ich es hat mir so den Atem genommen. Der Landau der war immer, der mit mir war, der war so mein Ausgleich, weil ich bin ja jemand, der in die Luft geht dann ich wusste, wenn ich dort in die Luft gehe, habe ich dort nichts mehr verloren, das heißt ich muss einfach auch dort sein. Wenn dann zum Beispiel so Dinge, die mir auch bis heute irgendwie wenn Sie sich erinnern, haben sich auch ganz viele hinter Zahlen versteckt. Ja, also es musste immer aufgeschrieben werden wie viele, und dann kam der Bus an und dann haben die unten rein [gerufen] „Wieviel host?“ „Fünfzig“ dann haben sie zwei Türen aufgemacht, jede Nacht dasselbe. Dann hat der angefangen zu zählen und der, anstatt dass sie [sie] bei einem rauslassen. Dann haben sie zusammengezählt, dann hat 50 nicht gestimmt. Dann haben sie alle Leute wieder in den Bus reingeschickt und da waren Kranke dabei, Behinderte, Weinende das war alles so noch einmal raus, dann „stand [in] line“, das Wort vergesse ich nie, „stand [in] line“ mit Kindern, mit Babies, mit Kranken, in einer Linie aufstellen [um] 2 Uhr früh, 3 Uhr früh nicht funktioniert, wieder rein in den Bus, noch einmal raus, „stand [in] line“. Koffer so, Koffer durften nur wir, [es] hat keiner je einen Koffer angerührt, nur wir Ehrenamtlichen. Und das war da sind Dinge gekippt. Und da habe ich immer zum Landau gesagt, Landau, wir dürfen nicht weg. Wir dürfen dort nicht weg, das geht einfach ganz schnell. Und das war ich weiß nicht, wie man das nennt beim Militär da ist der Chef und dann hat der zehn unter sich oder 15. Das war total abhängig von dem Chef. Es gab die nettesten und tollsten, der gesagt hat, „Koffer heben, machen, tun“, und es gab welche, die einfach eine politische Einstellung hatten, wo mir wo mir anders war. Also auch bei den jungen Zivildienern, oder auch den jungen Soldaten, [ich] weiß nicht wie man die nennt, die da sechs Monate halt in Ausbildung sind...
HS: Die Rekruten.
DE: Rekruten, die viel dort Dienst gemacht haben, mit denen ich so oft geredet habe, und die dann so ‚schiach über die Flüchtlinge geredet haben. Nein, der rührt das nicht an, oder wenn er gesehen hat, es fällt ein Essen herunter, einer Mutter, wo ich gesagt habe „Hallo! Bück dich oder nimm das Baby ab“ oder was [auch] immer „Na, für des Gfrast da net.“ Das kommt vom Vorgesetzten. Oder das kommt vom Elternhaus. Da kann der nichts dafür. Wenn man dem dann aber sagt und das haben wir tausendmal gemacht in der Zeit dort „Bitte nicht, das ist ein Akt der Menschlichkeit, das ist ein Dienst am Nächsten“ und so weiter. Dann oder wir haben junge Soldaten gesehen, die da so mit Füßen herumgelegen sind, auf Paletten und so, die Frühstückssemmeln ‚rüber geschmissen haben. Das geht nicht. Und das war für mich so ein Auftrag, zu sagen „Nein. Diese Ordnung möchte ich dort schaffen, das darf nicht sein.“
HS: War das vor allem in der ASFINAG?
DE: Ja, nur in der ASFINAG.
HS: Nur in der ASFINAG.
DE: Ja, ich habe es nur in der ASFINAG erlebt. Weil sonst hatten wir ja [die] Polizei war perfekt unten am Bahnhof, da haben wir alle unser Bestes gegeben, und das war eigentlich nur in der ASFINAG.
HS: Dort hatte ich eigentlich auch einen guten Eindruck von den Rekruten.
DE: Also die haben wir das war irgendwie so eine tolle Zeit, wie dann der Sturm war, wie die endlich was tun durften [beide lachen] aber man muss sie führen. Und das war auch unsere Aufgabe. Wir haben so viel mit denen geredet, und uns bedankt auch immer wieder wir hätten uns auch nicht bedanken müssen, aber einfach, um diesen jungen Menschen zu sagen …
HS: Aber ich glaube, Sie haben völlig Recht, dass das ganz maßgeblich immer vom Kommandanten ausgeht…
DE: Ja. Wir haben ja oft nächtelang mit denen geredet, die haben ja Dienst gehabt, im selben Haus wie wir.
HS: Ich kenne einen Fall, wo der gesagt hat, „Die fürchten sich vor unseren Uniformen.“ Weil die dort natürlich schlecht...
DE: Es war aber auch so. Es war so, es war viel Uniform. Dann natürlich das auch, das [zeigt einen Mundschutz] und [die] Hände am Rücken, dann wenn Sie sich erinnern Silvester, Sirene [um] 12 Uhr jeden Samstag, das sind ja alles Dinge, das wusste ich von Bosnien, dass man sie da warnen muss, und dass Kinder durchdrehen, wenn sie das hören und so. Aber das bleibt mir schon hängen, dass ich mir denke, puh, wie schnell das kippt und wir sehen es ja jetzt auch in unserer Politik, wie schnell man mit diesen Menschen kollektiv schlecht umgeht. Und das hat so damals schon ein bisschen den Anfang genommen, muss ich sagen.
HS: Mhm. Sie müssen keine Namen nennen, aber es würde mich einfach interessieren: Sind Ihnen noch einzelne Personen, egal wo sie herkamen, Zivilgesellschaft, Einsatzkräfte, Sonstige, in Erinnerung, oder die Sie vielleicht ganz besonders erwähnen möchten? Im Guten wie im Schlechten.
DE: Also, [denkt nach] nein, das Schlechte ist mir vergangen, das war nur kollektiv mit diesen Bussen dort, also das war vielleicht auch wirklich das Schlechteste. Es sind nicht einzelne Personen, sondern das, was mich beeindruckt, im Nachhinein, was Salzburg betrifft jeder hat sich seinen Platz ich sehe das Ganze jetzt wenn ich darüber nachdenke, wie ein Puzzle. Ein großes Puzzle. Und jeder von uns hatte einen Stein, und der Stein war völlig gleichwertig. Im Nachhinein sehe ich das so. Ob das jetzt Stadt war, Land war, wir waren, ‚Train of hope, jeder, die Feuerwehr, jeder war gleichwertig und gleich groß. Und wie spielt man ein Puzzle indem du anfängst, hast ein Bild, und dann muss der Eine seinen Platz suchen. Und nur, wenn du wo drinhängst, kann sich der Andere anhängen. Das hat gedauert, bis wir das verstanden haben, vor allem in der ASFINAG. Aber das Ende war so ein schönes Ende, weil jeder gewusst hat, der Andere hat seinen Platz dort drinnen, und nur, weil jeder hineingegangen ist in das Puzzle, waren wir komplett. Wenn einer gefehlt hätte [da] denke ich so viel darüber nach. Was ist, wenn die Feuerwehr gefehlt hätte? Wir hätten in der Nacht den blöden [macht Geräusch nach] im Zelt nicht gehabt, zum Beispiel. Was ist, wenn die Polizei gefehlt hätte, was ist, wenn ihr Stadt, Land gefehlt hättet, ganz entscheidend, was ist, wenn wir gefehlt hätten, dieser Puzzlestein es wäre nicht komplett gewesen. Und das zeichnet Salzburg so aus und ich hatte auch viel mit Wien und anderen zu tun, bis Griechenland hinunter, oder jetzt noch mit den Inseln unten das hat uns so ausgezeichnet, dass wir, im Nachhinein würde ich sagen, ein Chaos verhindert haben, dass wir es geschafft haben, 350.000 Leute durch Salzburg zu schleusen, wirklich, ohne dass es irgendeinen Salzburger behindert hätte! Wenn die motzen, habe ich nur gesagt „Wie viele hast denn du gesehen?“ Da haben wir Sichtschutz gehabt, da haben wir sie unten im Keller gehabt, draußen war auch Sicht[schutz] - das ist eine Meister-... das ist eine Doktorarbeit, die wir da geschrieben haben [lacht] wirklich!
HS: Es war eine Vorgabe die kam tatsächlich also auch von uns, zumindest, was die Stadt anbelangt 100 Meter vom Bahnhof entfernt soll man davon nichts merken.
DE: Und es war aber auch so. Das einzige Mal war der Marsch, der berühmte Marsch, da wo ich Gott sei Dank in Griechenland war zu der Zeit aber sonst kann niemand behaupten irgendwie, dass etwas passiert ist. Was ich vorher noch erwähnen wollte, ist, was mir, also [Sie haben gefragt] „Haben Sie Schwierigkeiten gehabt“ oder so nein, oder „Hatten Sie Angst“ nein, ich hatte nie Angst, vor niemandem. Ich hatte, das habe ich immer wieder gesagt, ich hatte Angst vor den Mails, die ich zu Hause bekommen habe, also diese Hass-Mails, die damals angefangen haben auch, ich bin Schuld an der Islamisierung Europas und lauter solche aber auch ganz persönliche, gegen meine Kinder, und „Ich wünsche Ihnen, dass Ihre Kinder einmal vergewaltigt werden, damit Sie sehen...“ jaja. Also, das hat in mir eine Angst ausgelöst, mit Menschen anonym zu leben, wo ich nicht weiß, wer sie sind. Ein Flüchtling, oder 3 Uhr früh am Bahnhof, hat mir nie eine Sekunde Angst gemacht. Und das, was eigentlich so mein Auslöser vom Bahnhof war, ist, wir haben ja da Hunderte, wenn nicht Tausende Cappuccinos im Café Johann getrunken, für Wochen und wie ich meinen ersten Cappuccino dort zahlen wollte, wir waren so eine ganze Gruppe, die da geholfen hat, hat mir dieser Kellner gesagt „Frau Eberle“ [ich habe] keine Ahnung gehabt, dass der mich kennt „solange Sie hier Kaffee trinken, werden Sie nicht einen einzigen Kaffee zahlen, weil Sie vor zehn Jahren meine Eltern als Flüchtlinge nach Bosnien zurück gebracht haben und ihnen ein Haus gebaut [haben]. Ich habe keine Ahnung davon gehabt, ich wusste gar nicht, wer das ist. Und das war so deswegen ist mir das schon auch irgendwie ‚I glorify, ja, diese Zeit des Bahnhofs, oder Angst nein, im Gegenteil, da sind nur gute Dinge geblieben aus der Zeit.
HS: Kommen wir zur Gegenwart ich möchte die Fragen auch jetzt zusammenfassen eigentlich die Ursachen waren damals natürlich, oder eine der Hauptursachen war natürlich der Krieg in Syrien, der ist jetzt zumindest militärisch vorerst beigelegt. Wie beurteilen Sie aber die gesamte Situation kommt da noch so etwas Ähnliches nach, oder wird es anders, oder wie sehen Sie da in die Zukunft?
DE: Also ich glaube, [denkt nach] ich glaube, dass es in dieser Form nicht mehr kommen wird, also in dieser Form, wie es war, dass da Züge und Ströme über Felder und Länder gehen. Ich glaube, dass die Maßnahmen zur Verstärkung wie soll ich das sagen der ‚Festung Europa dazu beigetragen haben, dass es auf diese Art nicht mehr möglich sein wird. Ich glaube aber sehr wohl, dass es in der Natur globaler Konflikte jetzt weltweit ist, dass wir verstehen müssen, dass es auch bei uns angekommen ist, dass wir eine Mitverantwortung tragen, weil wir haben vorhin über Afrika gesprochen wir brauchen ja nur die Augen aufmachen, das ist nicht nur, die Waren, die wir dort produzieren, sondern das hat auch mit Klimawandel zu tun, das hat mit Chancenlosigkeit zu tun. Eine Sache, wo ich mir sicher bin niemand setzt sein Kind in ein Schiff, um auf die Flucht zu gehen, um es zu gefährden also ich gehe noch immer, und ich bin noch immer der Meinung, dass der Großteil der Menschen, die sich auf den Weg machen, gemacht haben und auch machen werden, einen Grund dazu haben und nicht nur, um bei uns eine gute Mindestsicherung zu bekommen, sondern [um] am Leben zu bleiben oder zu überleben. Ich glaube, dass wir mit dieser Krise, Konflikt, wie immer das ist, leben werden müssen, dass das uns nicht nur jetzt beschäftigt oder abgehakt ist, weil wir weniger Zahlen haben an Menschen, die hier ein Asyl haben wollen, sondern dass es ein dauerhafter ich mag ‚Krise, das Wort mag ich nicht ein dauerhafter Zustand werden wird, mit dem wir, aber vor allem auch die nächste Generation leben wird müssen. Und Asien, Afrika ich glaube dass in beiden nicht ich glaube, in beiden Länder dürfen wir nicht vergessen, dass 62 Millionen Menschen, glaube ich, derzeit auf der Flucht sind, und dass das in Asien viel mehr als in anderen Ländern innerhalb der Länder ist. Davon kriegen wir sehr wenig mit, ab und zu hören wir die Verschiebungen, in Afrika detto nur, in Afrika glaube ich, dass die Nähe zu Europa, dass es machbar war ja auch bis jetzt, absolut uns in eine noch stärkere Mitverantwortung bringt. Ich habe im Juni 2015 dem Wilfried Haslauer einen Plan vorgelegt, den habe ich heute noch und da war noch nicht die große Welle da, sondern Traiskirchen dass ich davon überzeugt bin, auch was unsere Zukunft betrifft und damals schon gar, wenn wir ich habe es für Salzburg ausgearbeitet wenn ein Herr Landeshauptmann sagt, eine verpflichtende Bürgermeisterkonferenz ohne Ausrede [wie] „Ich bin in Mallorca“ oder „Ich habe eine Sitzung“, und allen sagt, bereite dich vor, dass du ein Prozent derer, die kommen, in deiner Gemeinde aufnehmen musst ein Prozent, das wären in Grödig 70 gewesen, von 7.000, und so kann man es durchrechnen. Und ich bin nach wie vor der Meinung, dass das perfekt funktioniert hätte. Und zwar, mit der Bürgermeisterkonferenz habe ich ihm vorgeschlagen: [Der] Bürgermeister, der muss sich vier Leute suchen der weiß ganz genau, wen er sich nimmt, überparteilich, blöd wäre er, wenn er sich nur seine eigenen sucht und dann zur Bevölkerung zu gehen, eine Pressekonferenz zu machen und [zu] sagen „Keine Sorge, wir haben alles vorbereitet, aber wir sagen euch jetzt, wie es geht, und jetzt brauchen wir euch.“ Das ist der sechste Teil, Zivilgesellschaft. Es hätte funktioniert wie nichts. Antwort damals vom Wilfried: „Ich kann meine Bürgermeister nicht überfordern.“ Und ich habe dann ganz oft mit Bürgermeistern gesprochen, die gesagt haben „Wir waren unterfordert.“ Weil wir ja auch gesehen haben, trotz dieser, sagen wir mal, politischen Konstellation, und auch mit dieser, schon auch Hetze gegen diese Leute, und die Leute verunsichern in den Gemeinden und in den Orten hat es prima geklappt.
HS: Ja.
DE: Prima. Bis heute. Ganz prima. Also gut, jetzt gehen die Zahlen zurück, aber das war in dem Fall, das war keine Überforderung, sondern wir haben sie eigentlich unterfordert. Wir hätten ruhig ein bisschen mehr verlangen können, aber nicht alle konzentriert, sondern das glaube ich auch für die Zukunft, dass wir das betrifft jetzt Salzburg, betrifft Österreich und betrifft Europa wir müssen zusammenhalten. Das ist das Puzzle wieder. Wir haben es in Salzburg so, was wir in Salzburg gemacht haben, so könnte es in Österreich gehen, so könnte es in Europa gehen, wirklich! Ich glaube, dass dieses Puzzle wir haben da so viel gelernt daraus, [was] für die Zukunft absolut wichtig ist. Und wir sehen ja in Europa, es funktioniert nicht. Es gibt einige Länder, die sagen „Ich will nicht“, [die machen] Mauern [zeigt], quasi nehmen sich raus.
HS: Jaja. Und erstaunlich dort, wo der Kontakt zu Flüchtlingen da ist, ist die Angst am geringsten.
DE: Genau so ist es. Also ich glaube, dass wir den Beginn einer Entwicklung miterlebt haben, die nicht aufhört, das wird einfach weitergehen. Und vor allem glaube ich unglaublich an diese Klimaerwärmung, und alles was mit Globalisierung zu tun hat, das werden wir nicht aufhalten können, auch nicht durch irgendeine kleine Mauer zu Ungarn hin, oder Slowenien, oder Grenzkontrollen, das ist alles, das kostet mir, oder verlangt mir ein kleines Lachen ab, mehr ist es nicht.
HS: Ja, die Salzach mit bloßen Händen aufhalten, habe ich das immer genannt.
DE: Ja, das geht nicht.
HS: Mir geht das immer wieder jetzt durch den Kopf dieser Tage Brexit, damals hat Nigel... also in der Kampagne für den Austritt Großbritanniens ein Jahr später dann, hat Nigel Farage mit Fotos von Spielfeld und von der kroatisch-slowenischen Grenze den Austritt beworben, [er] hat gesagt, nur so seid ihr sicher, wenn ihr aus der EU austretet. Wie hat sich das ist jetzt ein Beispiel, was in Europa passiert ist in der Folge wie hat sich aus ihrer Sicht Europa verändert seither? Politisch, frage ich das natürlich vor allem.
DE: Also, für mich bedrohlich. Also das ist das erste Mal und ich bin so ein positiver Mensch dass ich Sorge habe. Nicht Angst, sondern dass ich Sorge habe. Dass wir und genau diese Werbung damals, das muss es sein, haben ja viele aufgenommen, indem sie große Mauern und Stacheldraht gebaut haben. Ich habe mich bewusst auf den Weg gemacht vor einem Jahr, um an diese Grenzen zu fahren, um zu sehen, wie werden diese Leute aufgehalten, ich habe diese ‚Jungle Night Mission mitgemacht, das heißt, wir waren an den Grenzen in ..., Ungarn, bosnisch, um zu sehen also das ist nicht das Europa, in dem ich leben möchte. Wir glauben, das gibt es nicht, aber da sind Tausende gestrandet, die unter widrigsten Umständen und unter großer Gefahr, von den Menschenrechten verletzt zu werden, was ich sehr viel gesehen habe unten das wird nicht funktionieren. Und dahingehend hat sich Europa verändert, dass das legal geworden ist, was ein Herr Farage gesagt hat, was ein Herr Orbán sagt, was auch jetzt zum Teil unsere Regierung macht. Angeblich, ich muss es nachlesen, gibt es im Regierungsübereinkommen das Wort ‚Flüchtling nicht, sondern [das] wird mit ‚illegaler Migration ersetzt. Und das ist nicht nur Österreich, sondern dieser Rechtsruck, den wir ja überall in Europa und nicht nur in Europa, [wir] brauchen nur nach Amerika schauen sehen, macht mir Sorge, weil ein Hetzen gegen diese Minderheit, sage ich jetzt einmal, die bei uns ankommen, legal geworden ist. Und Österreich viele wollen es nicht hören, aber Österreich ist ein Land, wir brauchen diese Menschen. Wir es ist so, wir brauchen ja nur zwei und zwei zusammenzählen, wir haben 1,3 Kinder [pro Familie], großes Thema Pflege, großes Thema ja wie soll denn das gehen, wenn ich heute durch die Kärntnerstraße gehe, oder auch schon zum Teil in Salzburg, wir hören nicht nur mehr Deutsch. Wenn wir heute sagen würden, in der Früh um 8 Uhr, jeder der keinen österreichischen Hintergrund hat, legt mal seine Arbeit kurz nieder ich weiß nicht, wie weit wir kommen würden. Also, es liegt auch politisch an dieser Regierung jetzt, vielleicht mal auch wieder mit anderen, jetzt dieses, ich sage jetzt Österreich, positiver zu zeichnen und zu sagen „Das ist der Status quo, diejenigen die nicht zu uns gehören und zu uns passen, brauchen und sollen auch nicht hier sein“, dafür gibt es Möglichkeiten. Aber alle anderen wir brauchen uns ja nicht einmal mehr auf Augenhöhe heben, weil ich habe so viele Menschen hier, die ich betreue, und [die ich] nicht einmal mehr betreue, sondern mit denen ich gerne bin, die ein Maximum an Integration leisten, von sich aus, und das sehen wir ja auch an der Bevölkerung, wie viele sagen „Bitte nehmts uns die nicht weg.“ Also ich rate, ich rate auch der Politik, zu beruhigen, die Migration in eine, sagen wir in eine gute Integration übergehen zu lassen, was möglich ist und nicht Maßnahmen zu setzen, es zu behindern oder sogar zu streichen, weil dann dieses schreckliche Wort schlägt das woanders auf, aber das, wir rennen da an eine Wand, also ich kann das nur politisch sehen, wir rennen da an eine Wand, an die ich nicht rennen möchte. Und ich glaube auch, dass Vieles bewusst ist, also wir wollen diese Menschen nicht. Und das ist eine Haltung. Und das hat nichts mit Werten oder so zu tun, sondern das ist eine Haltung. Und ich werde, solange ich nicht wirklich körperlich irgendwann einmal müde werde, meinen Beitrag weiterhin geben, es nicht zu glorifizieren Integration war nie einfach, und wird es auch nicht sein, von beiden Seiten nicht aber ich werde alles dazu tun, es zu beruhigen und meinen Anteil dazu zu geben, weil sonst macht mir das Sorge. Obwohl ich der Meinung bin, jetzt haben wir einen Rechtsruck in ganz Europa, irgendwann einmal das Pendel schwingt immer irgendwann einmal wird es wieder zurückgehen; die Frage ist immer nur, wie viel Schaden hat etwas irgendwo angerichtet und wie lange braucht das dann auch wieder, um in die richtige Richtung zu kommen, also das ist so meine... und ich würde den Entscheidungsträgern, egal ob das in Österreich oder in Europa ist, einfach raten, im Sinne der demographischen Entwicklung, wie ich vorher gesagt habe, anders drauf zu schauen und nicht nur zu schauen, dass diese Menschen das Land verlassen vor allem eine, wie soll ich das nennen, gesellschaftliche Akzeptanz herbeizuführen, was ich glaube, möglich ist, denn man schaut immer auf die, die oben sind, man schaut immer auf Vorbilder, man schaut immer auf die Gebildeten, man schaut immer auf diejenigen, die an der Front stehen und das kann man so oder so machen, und es liegt an ihnen, diese aufgeregte Situation zu beruhigen. Das ist so mein Beitrag dazu, und ich noch einmal, ich glaube, dass diese Migration sehr wohl in eine gelingende Integration darauf könnte noch Österreich dann stolz sein und sagen „Schaut euch das mal an, wir haben 40.000 noch hier“ das wo ich immer sage, „Herr Bürgermeister, wir haben acht Millionen, fast neun Millionen, wir haben 500.000 Menschen, die im Ehrenamt in Österreich tätig sind. Eine Stunde im Monat, oder zehn oder, - 500.000! Und von was reden wir 40.000 oder 50.000 die bei uns sind? Ich meine, wenn wir Jordanien anschauen, und [den] Libanon anschauen, oder, mein Gott, was sind das für Länder, Millionen haben die in ihren großen -Flüchtlingszentren...“ Ich habe übrigens den Kilian Kleinschmid mal getroffen, der [Al] Zaatari geführt hat, das zweitgrößte Flüchtlingslager der Welt, und ich habe gesagt „Ich ziehe meinen Hut vor dir, wie viele hast du gehabt dort?“, und er hat gesagt „Ja, 350.000 in dem Lager.“ Und dann habe ich gesagt „Ich ziehe meinen Hut vor dir“, und dann hat er gesagt „Du, ich würde dir raten, den Hut zu ziehen vor dem Bürgermeister von Moskau, oder von Wien, oder von London weil der hat genau die selben Probleme, oder nicht, wie ich gehabt, mit Bildung, mit Müllabfuhr, mit... Ja, und wie ich das heruntergebrochen habe, ist mir das so bewusst geworden, da habe ich mir gedacht „Das sind ja keine anderen Menschen wie, - die hatten ja auch ein Leben vorher, und jetzt leben sie das halt hier“, und er sagt „Ich habe einen Bruchteil davon als ‚Bürgermeister betreut, dann bitte zieh deinen Hut auch vor allen anderen Leuten. Das ist dieselbe Arbeit, im Grunde genommen.“
HS: Frau Eberle, danke. Ausdrücklich danke, auch für diese präzise und menschliche Form, das zu berichten.
DE: Ich danke Ihnen. Ja, es hat schon Vieles hinterlassen. Bei uns allen, glaube ich.
HS: Und das ist für mich wichtig, dass das eben dokumentiert wird, dass das eine Ausnahmesituation war, die, glaube ich halt, eigentlich fast das Beste zu Tage gebracht hat.
Transkript erstellt von Katharina Steinhauser