Kaufmannsfamilie Spängler
Die Ausgabebücher der Salzburger Kaufmannsfamilie Spängler von 1733 bis 1785
Im Rahmen einer Forschungskooperation der Abteilung Wirtschafts-, Sozial- und Umweltgeschichte des Fachbereichs Geschichte der Universität Salzburg und des Salzburger Stadtarchivs wurden vier Haushaltsbücher des Salzburger Tuch- und Seidenhändlers Franz Anton Spängler aus der Zeit von 1733 bis 1785 transkribiert und ausgewertet. Die ca. 21.000 Einträge in diesen Ausgabenbüchern sind nun durch eine Volltextedition und eine damit verbundene Datenbank erschlossen, auf die über das Internet (als Web-Application) zugegriffen werden kann.
Die Ausgabenbücher bieten einen direkten Zugang zu den Konsumenten und ihrer Lebenswelt. Sie lassen über einen relativ langen Zeitraum Aussagen über die Ernährung, den Konsum von Genussmitteln und Objekten, den Umgang mit Objekten bis hin zur Versorgung mit Grundbedürfnissen wie Brennholz und Wasser und schließlich der Entsorgung zu. Zudem geben sie Einblick in die Beschäftigung und Entlohnung des häuslichen Personals und der Hauslehrer, den Bezug von Arzneimitteln sowie die Honorare für die Ärzte, Bader und Hebammen. Geschenke, Messstipendien, Almosen und Trinkgelder machen Sozialbeziehungen und Netzwerke deutlich. Zahlungsweisen und Kreditbeziehungen lassen sich ebenso erschließen wie Löhne und Preise. Die Ausgabenbücher dokumentieren zum einen Leistungen, die der Haushalt selbst erbringt, als auch solche, die er nachfragt, wie z. B. die Arbeit der Handwerker oder der Wäscherinnen und Putzerinnen, des Vogelfängers und anderer (externer) Dienstleister/innen. Insofern bieten die Ausgabenbücher einerseits einen Einblick in die Lebenshaltung einer großbürgerlichen Kaufmannsfamilie, andererseits in die Lebenswirklichkeit des häuslichen Personals und der „unterhaltsstiftenden Tätigkeiten“, die ansonsten nur schwer zu fassen sind.
Durch die voranschreitende Digitalisierung in den Geistes- und Sozialwissenschaften (Digital Humanities) haben sich die Bearbeitungs- und Analysemöglichkeiten einer derartigen Quelle entscheidend erweitert: Einerseits ist eine computergestützte Verarbeitung von Daten möglich, andererseits kann ein unbeschränkter Zugang über das Internet gewährt werden. Dazu werden auch die im Stadtarchiv Salzburg verwahrten Originale der Ausgabenbücher präsentiert, so dass diese mit der Textedition und der Datenbank in Bezug gesetzt werden können.
Die Web-Application kann nicht nur für Fragestellungen der historischen Alltags- und Konsumforschung genutzt werden, sondern auch im Rahmen der universitären Lehre herangezogen werden. Bislang sind edierte Ausgabenbücher von Haushalten des 18. Jahrhunderts weder in digitaler Form noch über das Internet als open-access-publication verfügbar. Das Vorhaben hat somit den Charakter eines Pilotprojekts.
Das Gesamtprojekt unter der Leitung von Reinhold Reith konnte mit dem thematischen Sammelband „Haushalten und Konsumieren“, erschienen in der Schriftenreihe des Stadtarchivs Salzburg, abgeschlossen werden. Die Web-Präsentation wurde von Reinhold Reith und Georg Stöger konzipiert und herausgegeben – und dankenswerter Weise vom FWF (Austrian Science Foundation) gefördert. Die technische Umsetzung und Gestaltung lag in den Händen von v3consulting (München).