Bernhard Cella
Das Foyer und die Ausleihstelle der Bibliothek boten den Eindruck eines relativ kühlen Zweckbaus aus Glas und Stahl.
Durch das Glasmaterial der Seitenwände spiegelte sich das Innenleben der Bibliothek, wurde aber immer wieder durchlässig für den Blick zum Außenraum und dem Leben auf der Straße und auf der angrenzenden Wiese.
Daher hatte der Künstler die Idee, das bestehende Lichtspiel auf den Fassaden mit fotografischen Motiven der Reflexionen von Licht und sozialem Alltag an der Außenfassade in einen mehrteiligen Gobelin im Inneren des Gebäudes zu übersetzen. Dieser sollte die gesamte Wandfläche oberhalb des Foyers und hinter der Ausleihstelle ausfüllen.
Die Installation der Gobelins sollte aber nicht nur die Raumwirkung des Foyers durch die Ästhetik der vielschichtigen materiellen Stofflichkeit aufwerten, sondern der Wandbehang sollte auch einen Bezug zur griechischen Mythologie und dem Stellenwert der Kunst- und Technikgeschichte des Webens herstellen. Gleichzeitig war es Intention des Künstlers, mit den Gobelins ein Widerstandsmoment der analogen Buchkultur inmitten einer digitalisierten Textualität darzustellen.
Die Begründung der Jury
Die Jury – bestehend aus den Mitgliedern des Kunstbeirats, der Leitung der Stadt:Bibliothek und den Architekten des Bibliothekgebäudes – entschied sich mit deutlicher Mehrheit für die Einreichung von Bernhard Cella – und begründete ihre
Entscheidung mit folgenden Argumenten:
- „Sein Vorschlag […] entsprach den Zielanforderungen der Ausschreibung auf einem hohen künstlerischen Niveau.“ „Bernhard Cellas Arbeit setzt sich mit der historischen und gegenwärtigen Funktion einer Bücherei als einem Ort der Verdichtung von Information auseinander.“ „So schafft Cella eine Verbindung zur digitalen Informationswelt, deren gegenwärtige Rituale und Benutzeroberflächen von einem Mangel an haptischer Erfahrbarkeit gekennzeichnet sind.“
- „Die Installation der Gobelins wertet die Raumwirkung des Foyers durch ihre material-vielschichtige Ästhetik auf […].“ „Cella bietet mit seinen gewählten Motiven eine Reflexion des alltäglichen Lebens unmittelbar vor der Tür des Gebäudes und verbindet die Stadt:Bibliothek noch mehr mit dem spezifischen Milieu des Stadtteils.“
Avant la Lettre
Ausdruck aus dem Französischen; wörtlich übersetzt „vor dem Buchstaben“; bezeichnete ursprünglich den Zustand einer Druckplatte, bevor die Beschriftung erfolgte;
Bedeutung heute im übertragenen Sinn: seiner Zeit voraus sein, fortschrittlich, richtungsweisend.