Dipl. Ing. Wilhelm Spazier

Biografie als PDF mit Quellen und Literatur:

Techniker, Leiter des Salzburger Flughafens

* 5. März 1915 in Villach

† 28. April 1997 in Salzburg

Straßenbenennung: Wilhelm-Spazier-Straße, beschlossen am 1. April 1998

Lage: Straßenanbindung an die Innsbrucker Bundesstraße, ca. 200 m westlich der Kreuzung zur Karolingerstaße; Aufschließungsstraße des Geländes von Mercedes und des östlichen Flughafenareals.

 

Wilhelm Walther Spazier wurde am 5. März 1915 in Villach-Völkendorf als Sohn des Lokomotivführers der k.k. Staatsbahnen Ferdinand Spazier und der Franziska, geb. Binder, geboren. Spazier besuchte die Bürger- und Fachschule in Klagenfurt, die Höhere Staatsgewerbeschule in Gösting bei Graz und ab 1935 die Technische Hochschule in Wien. Nach Abschluss seiner Ausbildung stand er ab 1939/40 im Dienst der Wehrmacht in Salzburg. Hier heiratete Wilhelm Spazier am 17. März 1942 standesamtlich Hermine Haber, die beiden wurden im selben Jahr Eltern einer Tochter.

 

NS-Zeit

In seinem NSDAP-Personalfragebogen vom 2. Juni 1938 gab Spazier an, der NSDAP erstmals bereits am 5. März 1934 in Villach-Lind beigetreten zu sein, was er im Zuge seiner Entnazifizierung nach 1945 als Falschangabe abtat. Er hatte jedoch seine „nationale Gesinnung gegenüber Bekannten bekundet“ und „auf Anraten meiner Freunde (…) diese Zeit als illegale Zeit im Fragebogen“ angegeben. Folgt man seinen Angaben von 1938, so war Spazier ab 1934 auch Mitglied der SA, als Rottenführer und Scharführerstellvertreter aktiv und habe eine 28-tägige Freiheitsstrafe in Klagenfurt wegen Teilnahme an der „Demonstration am Jugendtag“ abgesessen. Er sei deshalb auch aus der Lehranstalt ausgeschlossen worden. Weiters habe er an Klebe-, Schmier- und Streuaktionen, „Feuerabbrennen an NS Feiertagen“, so genannten „Fensterscheiben- und Papierbölleraktion“ und diversen Demonstrationen teilgenommen, wobei diese Angaben einerseits zu unspezifisch und ohne Zeitangaben versehen waren, weshalb sie kaum nachprüfbar waren und sind, andererseits zu umfangreich, um gänzlich erfunden zu sein.

Die Dienstbestätigungen sprechen eher für einen überwiegenden Wahrheitsgehalt. Spaziers Mitgliedschaft wurde von der Ortsgruppe Bauernfeldplatz (Wien) bestätigt und befürwortet, ebenso bestätigte die SA Standarte 81 (Wien), „Spazier war tüchtiger SA-Mann“ und eine weitere Bestätigung führte aus: „Es wird bestätigt, dass Wilhelm Spazier vom 1.10.1937 bis 1.5.1938 im Sturm 22/15 als Rottenführer und Scharführerstellvertreter Dienst gemacht hat. Er wurde auf eignes Verlangen zum NSFK überstellt.“ Dem NS-Fliegerkorps (NSFK) war Spazier im Mai 1938 beigetreten. In der NSDAP erhielt er die Mitgliedsnummer 6.220.764, welche zum so genannten „Illegalenblock“, der per 1. Mai 1938 aufgenommen wurde, zählt. Die Mitgliedschaft im NSFK begründete Spazier später damit, dass er nur so weiterhin Segelflug habe ausüben können.

Der „Techniker im neunten Semester Wilhelm Spazier“ erhielt im Herbst 1939 vom Villacher Ratsherrenkollegium ein Studienstipendium. 1940 legte er in Graz die Staatsprüfung in Maschinenbau ab.

Im August 1939 wurde Spazier zur Wehrmacht eingezogen und blieb bis zu seiner Gefangennahme durch US-Truppen im Mai 1945 im Kriegsdienst. Zudem war er während des Krieges als Fluglehrer und Gruppenfluglehrer tätig.

Spazier dürfte aus der katholischen Kirche während der NS-Zeit ausgetreten sein, er heiratete 1942 standesamtlich und war später ohne Bekenntnis. Sein Ortsgruppenleiter bescheinigte dem schon lange eingerückten Spazier 1944, er habe „immer als nationalsozialistisch eingestellt" gegolten.

 

Entnazifizierung

Wilhelm Spazier registrierte sich bei der Registrierungsstelle des Magistrats Salzburg im Jahr 1946 als Parteianwärter ab Mai 1938 bis August 1939, er sei nie Parteimitglied geworden, sondern lediglich Mitglied des NSFK, ebenfalls von Mai 1938 bis August 1939 gewesen. In seinem gleichzeitig gestellten Ansuchen um Abstandnahme von der Registrierung führte Spazier aus, er sei als „begeisterter Segelflieger“ dem NSFK beigetreten, „da ein Weiterfliegen nur innerhalb dieser Organisation möglich war. Um Aufnahme in die NSDAP suchte ich erstens auf Drängen des NSFK an und zweitens schenkte ich der NS-Propaganda, ihr Fernziel nicht ahnend, glauben (sic). Ich betätigte mich in der NSDAP in keiner Weise und unterstützte dieselbe, ausser meinen Beiträgen bis 1939, nicht.“ Er habe keine Funktion ausgeübt, niemand geschädigt und keine Vorteile aus seiner Anwartschaft zur NSDAP gezogen. Weiters brachte Spazier ein Gesuch nach § 27 des Verbotsgesetzes um Ausnahme von den Sühnebestimmungen ein, gegen das der Magistrat keine Einwände erhob. Der von der SPÖ unterstützte Antrag war damit begründet, dass die Mitgliedschaft zum NSFK wegen der Segelfliegerei erfolgte und ansonsten „keinerlei Bindungen und Kontakt“ zur NSDAP vorlägen, Spazier sei „politisch nicht in Erscheinung getreten“. Der Bundespräsident erteilte per Gnadenrecht die Ausnahme von den Sühnebestimmungen nach Art. III und IV des Verbotsgesetzes, also jener Bestimmungen, die belastete und illegale Nationalsozialisten betrafen. Die Registrierungsbehörde stufte Spazier als minderbelastet ein.

Erst 1952 wurde Spaziers Gauakt aufgefunden, woraufhin das Innenministerium die Registrierungsbehörde darauf aufmerksam machte. Die Bundespolizeidirektion Salzburg vernahm Spazier wegen der Widersprüche zu seinen bisherigen Angaben. Spazier stellte, wie bereits erwähnt, die im NSDAP-Personalfragebogen angeführten illegalen Mitgliedschaften und Betätigungen als Falschangaben dar, er sei nur national gesinnt, aber nie illegal aktiv gewesen. Auch habe er durch die falschen Angaben „keine Vorteile angestrebt noch erhalten“. Eine aktive illegale Betätigung hätte er nie gewagt, da sein Vater Bundesangestellter war und er somit nicht nur sein Studium, sondern auch die Existenz seiner Eltern gefährdet hätte. Der Magistrat hielt fest, dass eine Wiederaufnahme des Registrierungsverfahrens wohl zu keiner abweichenden Einstufung führen würde, selbst wenn die Angaben im NSDAP-Fragebogen den Tatsachen entsprechen würden. Daher wurde davon abgesehen, das Verfahren neu aufzurollen.

 

Nachkriegszeit

Wilhelm Spazier war nach 1945 in Salzburg zunächst als Kraftfahrer bei einer Holzhandelsfirma, ab 1947 bei der Lokalbahn und später bei den Städtischen Verkehrsbetrieben als Betriebsingenieur, Werkstättenleiter und stellvertretender Betriebsleiter im Bereich Obus tätig. Er war Mitglied der SPÖ und trat 1949 auch dem Bund Sozialistischer Akademiker, Fachverband Sozialistischer Ingenieure bei.

1959 wurde Spazier Geschäftsführer der Salzburger Flughafenbetriebsges.m.b.H. Die Bestellung zog öffentliche Kritik nach sich, Spaziers Qualifikation wurde in Leserbriefen infrage gestellt und das Land Salzburg als Mitgesellschafter des Flughafens erhob Einspruch gegen Spaziers Bestellung. Bürgermeister Kommerzialrat Alfred Bäck (SPÖ), der Spaziers Eignung in fachlicher und organisatorischer Hinsicht und seine Verdienste um die Errichtung der Obushallen in der Alpenstraße und den von ihm aufgebauten Rampendienst am Flughafen hervor strich, und Spazier selbst, der seine Flugscheine der Redaktion der „Salzburger Nachrichten“ vorlegte, sahen sich zur öffentlichen Verteidigung genötigt. Spazier blieb schließlich bis zu seiner Pensionierung 1981 Flughafen-Geschäftsführer. Im selben Jahr wurde er mit dem Goldenen Verdienstzeichen des Landes Salzburg ausgezeichnet.

Wilhelm Spazier verstarb am 28. April 1997 in Salzburg.

 

Straßenbenennung

Im Frühjahr 1998 errichteten die Flughafen-Betriebsgesellschaft und die Georg Pappas Automobil AG (Mercedes) im östlichen Flughafenareal in unmittelbarer Nähe zur Karolingerstraße eine Anbindung zur Innsbrucker Bundesstraße, die ihrem Vorschlag entsprechend nach dem im Jahr zuvor verstorbenen langjährigen Flughafen-Betriebsleiter Wilhelm Spazier benannt werden sollte. Sowohl der Kulturausschuss als auch der Stadtsenat in den Sitzungen vom 19. bzw. 30. März 1998 und auch der Gemeinderat in der Sitzung vom 1. April 1998 stimmten einstimmig für die Benennung der „Wilhelm-Spazier-Straße“.