Dr. Karl Rienzner

Biografie als PDF mit Quellen und Literatur:
Karl Rienzner, 1950er Jahre

Arzt

* 1. August 1899 in Salzburg

† 27. März 1978 in Salzburg

Straßenbenennung: Rienznerweg, beschlossen am 12. September 1980

Lage: Liefering; von der Fischergasse nach Nordosten abzweigend und dann nach Südosten umbiegend.

 

Der 28-jährige, aus Leisach in Osttirol stammende Arzt Dr. Karl Rienzner, Sohn eines Gasthofbesitzers, und die 22-jährige Nothburg(a) Fi(e)chtner, Tochter des Innsbrucker Metzgermeisters Josef Fi(e)chtner, heirateten am 21. November 1898 in der Innsbrucker Pfarrkirche St. Jakob. Karl Rienzner war bis dahin in Innsbruck tätig, nach der Hochzeit zog er mit seiner Ehefrau in die Stadt Salzburg. Hier kam am 1. August 1899 der Sohn Karl Erich Rienzner zur Welt. Der Säugling wurde am 9. August in der Pfarrkirche St. Blasius vom Stadtpfarrer Dr. Alois Kaltenhauser getauft. Die Familie Rienzner wohnte in der Sigmund-Haffner-Gasse 14, wo der Vater Karl Rienzner auch seine Facharztpraxis für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten hatte. Der Mediziner war zudem als k.k. Sanitätsassistent bzw. -konzipist für die Salzburger Landesregierung tätig. Ab 1902 war Rienzner auch Beisitzer im Schiedsgericht der Arbeiter-Unfallversicherungs-Anstalt für Salzburg, Tirol und Vorarlberg. Im Herbst 1903 ernannte ihn der Landespräsident zum k.k. Bezirksarzt, Ende 1911 zum Oberbezirksarzt. In dieser Funktion erhielt Karl Rienzner von Kaiser Karl I. im Ersten Weltkrieg das Kriegskreuz für Zivilverdienste Zweiter Klasse verliehen. Der Arzt blieb auch nach dem Ende der Monarchie im Staatsdienst, 1921 ernannte ihn Bundespräsident Michael Hainisch zum Regierungsrat. Karl Rienzner sen. ging 1926 in Pension, leitete aber von Februar 1926 bis 1931 das Zahnambulatorium der Landeskrankenkasse in der Badergasse.

 

Berufsweg

Nach Abschluss des Gymnasiums in Salzburg trat der Sohn Karl Rienzner in die Fußstapfen seines Vaters. Er studierte an der Universität Innsbruck und promovierte am 10. November 1923 zum Doktor der Medizin. In der Folge war er von 1924 bis 1929 am Krankenhaus der Stadt Wien tätig. 1929 kehrte er in seine Geburtsstadt zurück, in den Salzburger Zeitungen schaltete er eine Annonce folgenden Inhalts: „Dr. Karl Rienzner jun.[,] emerit. Abteilungsassistent des Krankenhauses der Stadt Wien (Jubil.-Spital)[,] ordiniert als Facharzt für Ohren-, Nasen- und Halskrankheiten ab 21. Oktober 1929. Salzburg, Mirabellplatz Nr. 6.“ An dieser Adresse praktizierte er bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs.

Am 27. Juni 1932 heiratete Karl Rienzner Hildegard Schall, die Tochter von Eugen Schall, Teilhaber und Direktor der Zementwerke Gebrüder Leube in Grödig-Gartenau. Die Familie Schall, aus Ulm in Württemberg stammend, war evangelischen Glaubens A. B., daher erfolgte die Trauung vor dem Evangelischen Pfarramt in Hallein. Gefeiert wurde in Badgastein, die „Hochzeitsgäste waren im Hotel Weismayr abgestiegen, wo auch die Festtafel stattfand“. Das Ehepaar bezog nach der Heirat eine Wohnung im Haus Rudolfskai 50, einem repräsentativen, von Jacob Ceconi im Auftrag von Eugen Schall 1900/01 ausgeführten Jugendstilgebäude am linksseitigen Ufer der Salzach. (Die Straße, die an dieser Stelle eine Rechtskurve macht, ist bis heute im Volksmund als „Rienznerkurve“ bekannt.) Bereits seit 1931 war der Facharzt Karl Rienzner jun. als Konsiliararzt für Ohren-, Nasen- und Halskrankheiten im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder in Salzburg, das 1923 gegründet worden war, tätig. Ab dem Jahresbericht 1935 wurde er als Leiter der Abteilung geführt. Die Zahl der Operationen in Rienzners Zuständigkeitsbereich stieg in den 1930er Jahren markant an. Wurden 1931 laut Jahresbericht 248 Eingriffe durchgeführt, waren für das Jahr 1936 bereits 728 Operationen vermerkt. Mehrfach dankten Patientinnen und Patienten nach erfolgreicher Behandlung Karl Rienzner durch Einschaltungen in Salzburger Tageszeitungen.

Die Familien Rienzner sen. und jun. gehörten zur bürgerlichen Gesellschaft Salzburgs, die sich stark im Vereinsleben engagierte. Der Vater war nicht nur seit 1908 im Ärztlichen Verein tätig, sondern u. a. auch Mitglied bei der Winter-Sport-Vereinigung und als Rodler selbst sportlich aktiv, er gehörte seit 1902 dem Deutschen und Österreichischen Alpenverein an, pachtete ab 1904 von der Gemeindefraktion Liefering die ihr von Peter Pfenninger geschenkte Fischerei und gehörte ab 1916 als Rechnungsprüfer dem Ausschuss des Salzburger Automobil-Clubs an. Nachweislich war die Familie Rienzner zumindest Anfang der 1930er Jahre Mitglied im Salzburger Kunstverein. Sowohl der Vater als auch der Sohn waren Jäger, Karl Rienzner jun. gehörte der Salzburger Jagdvereinigung „Hubertusrunde“ an. Über die politische Einstellung der Familie ist nichts bekannt.

 

NS-Zeit

Am 12. Mai 1938 stellte Karl Rienzner den Antrag um Aufnahme in die NSDAP. Er wurde mit der Nummer 6.343.921 rückwirkend per 1. Mai 1938 in die Partei aufgenommen. Weshalb er in den „Illegalenblock“ eingereiht wurde, ist unklar. Neben der NSDAP gehörte er laut eigenen Angaben im Entnazifizierungsverfahren vom Frühjahr 1939 bis 25. August 1939 auch der SA an, er war „als Mitglied des NS-Ärztebundes als Musterungsarzt kommandiert“. Weitere Hinweise über seine Tätigkeit für die SA konnten nicht gefunden werden. Nach dem „Anschluß“ wurde er zur Wehrmacht einberufen, denn im Oktober 1938 inserierte er im „Salzburger Volksblatt“: „Dr. Karl Rienzner jun., Mirabellplatz 6, vom Militärdienst wieder zurück!“ Möglicherweise hing die Einberufung des Arztes mit der militärischen Mobilmachung im Rahmen der Sudetenkrise zusammen; ein Beleg dafür liegt jedoch nicht vor. Nur wenige Wochen nach seiner Rückkehr, im Dezember 1938, brachte Hildegard Rienzner in Salzburg die gemeinsame Tochter zur Welt. Vermutlich im Kontext seiner Ernennung zum Primararzt am Krankenhaus der Barmherzigen Brüder trat er am 30. Juni 1939 aus der katholischen Kirche aus. Laut eigenen Angaben war Karl Rienzner vom 25. August 1939 bis 1945 als Wehrmachtsarzt im Range eines Stabsarztes der Reserve am Reservelazarett I, zu dem das Krankenhaus der Barmherzigen Brüder mit Kriegsbeginn umfunktioniert wurde, tätig. Die ersten Wochen des Krieges war er allerdings an der Front. „Den Polenfeldzug habe ich als Unterarzt bei einer Sanitätskompanie mitgemacht.“ Weitere Einzelheiten über Karl Rienzners berufliche Tätigkeiten und seine politische Haltung, die über die nachfolgend ausgeführten Angaben im Entnazifizierungsverfahren hinausgehen, sind nicht eruierbar.

 

Entnazifizierung

Nach Ende der NS-Herrschaft trat Karl Rienzner am 13. Juni 1945 in der Dompfarre wieder in die katholische Kirche ein. (Am 18. Jänner 1970 verließ er die Glaubensgemeinschaft jedoch erneut.) Rienzner war nach dem Krieg weiterhin als Arzt in der Stadt Salzburg tätig und hatte seine Ordination im Haus Rudolfskai 50. Am 31. Mai 1946 gab er bei der Kartenstelle Innere Stadt das Meldeblatt zur Registrierung der Nationalsozialisten ab. Darin führte er aus, „von ? Mai 1938 bis August 1938“ Parteianwärter und von „20. August 1938 bis 1945“ Mitglied der NSDAP gewesen zu sein. Möglicherweise handelte es sich beim 20. August 1938 um jenen Tag, an dem ihm die Mitgliedskarte ausgehändigt wurde. Dass er Mitte Mai 1938 um Aufnahme angesucht und eine Nummer aus dem „Illegalenblock“ erhalten hatte, fand im Entnazifizierungsverfahren keine Erwähnung, mit dem Fragezeichen bei der Angabe des Datums verschleierte er dies zusätzlich. An Grundbesitz gab Rienzner an, einen Anteil am Haus „Bismarkstr 18 (sic)“, heute Schwarzstraße 18, und ein Stockwerk im Haus Goldgasse 19 zu besitzen. Gleichzeitig mit dem Meldeblatt legte er ein Ansuchen um Streichung bzw. Nichtaufnahme in die Liste der Nationalsozialisten vor, das er im Zuge seiner ersten, im Akt nicht erhaltenen Registrierung bereits am 7. Jänner 1946 aufgesetzt und der Staatspolizei in Salzburg übermittelt hatte. Darin gab er zunächst seine Personalien und den beruflichen Werdegang an und wiederholte anschließend seine Angaben zur Parteimitgliedschaft. „Ausserdem war ich als Mitglied des NS-Ärztebundes, dem ich seit August 1938 angehörte, zwei Mal als ‚Musterungsarzt‘ für die SA tätig. Meine Tätigkeit hatte ich als Arzt und in keiner politischen Funktion auszuüben. (…) Ich bin politisch nie in Erscheinung getreten und habe jedwelche politische Tätigkeit abgelehnt. (…) Anderen Organisationen habe ich nicht angehört und bin, wie schon erwähnt, auch während der Nazizeit nur meiner ärztlichen Tätigkeit nachgekommen und habe in der Wahl meiner Patienten nie nach deren politischen (sic) Vergangenheit gefragt.“ Zur Bekräftigung seiner Angaben legte er Schreiben von zwei Bürgen bei. Sowohl der Kriminalrevierinspektor Franz Thalhammer als auch der Strickwarenerzeuger Othmar Hell, die beide 1944 wegen des Verdachts der „Wehrkraftzersetzung“, der „Vorbereitung zum Hochverrat“ und anderer Delikte von der Gestapo verhaftet und in das Landesgerichtsgefängnis gebracht worden waren, bestätigten Rienzner, dass er sie während der Haftzeit nicht nur medizinisch versorgt, sondern ihnen bei diesen Gelegenheiten auch regelmäßige Treffen mit ihren Gattinnen ermöglicht habe. Zudem attestierten beide dem Arzt eine antinationalsozialistische Haltung, was in derartigen Schreiben als Standardformulierung bezeichnet werden kann. „Es wäre mir möglich, noch viele andere weitere Zeugen namhaft zu machen“, so Rienzner. Am Ende des Gesuchs stellte er eine politische Motivation für seinen Parteibeitritt in Abrede. „Vor der Okupation (sic) Österreichs habe ich mich für den Nat.Soz. in keiner Weise betätigt, mein Beitritt zur NSDAP und zum Ärztebund erfolgte lediglich aus beruflichen Interessen um mich vor event. Nachteilen zu schützen. Vorteile habe ich aus meiner Mitgliedschaft keine gehabt.“ Ein halbes Jahr später war Karl Rienzner entnazifiziert. Dem Akt liegt ein handschriftliches Schreiben vom 19. August 1947 bei, demzufolge Dr. Karl Rienzner „Pg. 1938–1945“ und „S.A. v. Frühjahr 1939–August 39“ war und nunmehr als minderbelastet eingestuft wurde. Einen Tag später stempelte der zuständige Beamte auf die Rückseite des Meldeblattes „Vfg. [Verfügung] am 20. Aug. 1947: 1.) Minderbelastet gemäß § 17, Abs. 3 VG 1947“. Im August 1947 und im April 1948 gingen Bestätigungen über die Einstufung von Karl Rienzner an die Salzburger Ärztekammer. Karl Rienzner war nach dem Zweiten Weltkrieg weiterhin als Arzt tätig. Er starb am 27. März 1978 in Salzburg an den Folgen eines Schlaganfalls.

 

Straßenbenennung

Im Frühjahr 1980 begann die Verbauung der „Wirnsberger-Gründe“ in Liefering. Dies nahm der aus Liefering stammende Johann Kainz sen. zum Anlass, dem Club Liefering „nach Rücksprache mit Lieferinger Jägern und Fischern“ zu empfehlen, ein neu entstehendes Straßenstück „Rienznerweg oder Dr. Karl Rienznerweg“ zu benennen. „Die ‚Rienzner‘ waren mit Liefering und mit Lieferings-Fischerei schon seit der Jahrhundertwende als Pächter und Bewirtschafter eng verbunden. Insbesonders hat der vor 2 Jahren verstorbene Med.Rat Dr. Karl Rienzner entgegenkommenderweise ein einst umstrittenes Fischereirecht am Glanbach noch vor seinem Tode im Jahre 1978 dem Besitzstand der Peter Pfenninger-Schenkung einverleibt. Gerade dadurch ist nunmehr eine einheitliche Bewirtschaftung des ganzen Glansystems erreicht und für immerwährende Zeiten zum Wohle Lieferings gesichert worden. Auch die nunmehr erfolgte Überlassung wertvoller, historisch interessanter Dokumente und Schriften aus dem Nachlaß‘ Dr. Karl Rienzners durch die Witwe Frau Hilde Rienzner spricht für diese ehrende Geste.“ Kainz ersuchte den Club um „Überprüfung und Weiterleitung eines diesbezügl. Antrages an den Magistrat der Stadt Salzburg“, was dieser einen Monat später tat. „Der Club unterstützt dieses Ansuchen seines Ausschußmitgliedes Kainz vollinhaltlich und ersucht höflichst, wenn möglich diesem Wunsch zu entsprechen.“ In ihrem Amtsbericht vom 18. August 1980 schlug die Magistratsabteilung II unter Abteilungsvorstand Dr. Heinz Klier die Benennung von acht Straßenzügen im öffentlichen Raum vor, darunter als „Vorgang 2“ den Rienznerweg, „eine Privatstraße, an welcher derzeit mehrere Siedlungshäuser entstehen“ und die vom Freudlspergerweg in nordwestlicher Richtung abzweigt. Die Anregung der Benennung ging laut Amtsbericht auf die Siedlungsgesellschaft zurück und „steht im Zusammenhang mit der Peter-Pfenninger-Stiftung, für welche Medizinalrat Dr. Karl Rienzner viele Leistungen erbracht hat. Dr. Karl Rienzner, geb. 1.8.1899 in Salzburg, gest. 27.3.1978 in Salzburg, war u.a. Primar der Hals-, Nasen-, Ohrenabteilung des Krankenhauses der Barmherzigen Brüder in Salzburg, Ehrenmitglied der Salzburger Ärztegesellschaft und Ehrenmitglied der Peter-Pfenninger-Stiftung. Der Benennungsvorschlag wird auch vom ‚Club Liefering‘ unterstützt.“ Der Vorschlag fand in allen Instanzen Zustimmung: am 4. September in der Sitzung des Kulturausschusses, am 8. September beim Stadtsenat und am 12. September 1980 im Gemeinderat, der den von Gemeinderätin Dipl.-Vw. Margot Hofer (FPÖ) referierten Amtsvorschlag einstimmig (15 SPÖ, 13 ÖVP, 7 FPÖ, 2 BL) beschloss.