Karl Heinrich Waggerl
Lehrer, Schriftsteller
* 10. Dezember 1897 in Bad Gastein
† 4. November 1973 in Schwarzach
Straßenbenennung: Karl-Heinrich-Waggerl-Straße, beschlossen am 3. Mai 1983
Lage: Maxglan; von der Bräuhausstraße zunächst nach Osten, dann nach Süden führend.
Am 19. Jänner 1897 heirateten der aus Gastein stammende Zimmermann Johann Waggerl und die in Mittersill geborene Margaretha Zehent(n)er, eine ungelernte Näherin, in der Pfarrkirche von St. Ulrich am Pillersee in Tirol. Am Ende desselben Jahres, am 10. Dezember, kam der Sohn Karl Waggerl in Bad Gastein, dem Wohnort der Familie, zur Welt. Er war nach Ludwig und Sebastian das dritte, jedoch erste ehelich geborene Kind. Der Sohn wurde am Tag nach der Geburt in der Pfarrkirche nach Karl dem Großen getauft, seine Patin war die Gasteiner Cafetiersgattin Louise Rummel. Waggerl trat trotz antikatholischer Tendenzen in seinem frühen Erwachsenenleben und während der NS-Zeit nie aus der katholischen Kirche aus. Acht Jahre nach Karls Geburt folgte als Nachzüglerin die Schwester Elisabeth. Armut und Hunger prägten die Kindheit und Jugend der Geschwister, der Vater war häufig arbeitslos und zog als Tagelöhner und Gelegenheitsarbeiter im Bergbau durch das Land. Die triste Situation der Familie wird besonders am Schicksal des Sohnes Sebastian deutlich, der zu Bauern nach Waidring in Tirol ausgestiftet wurde und infolge einer Diphterieerkrankung 1906 im Alter von neun Jahren starb. Er wurde in Waidring begraben, die Eltern konnten es sich jedoch nicht leisten, zum Begräbnis zu fahren. 1899/1900 war die gesamte Familie auf Wanderschaft durch den Pinzgau und in angrenzende Tiroler Gemeinden, wo die Mutter Näharbeiten auf Bauernhöfen erledigte und der Vater verschiedene Arbeiten für Betriebe und Bauern ausführte. Rund um den Jahreswechsel 1900/01 kehrte die Familie Waggerl nach Bad Gastein zurück, die finanzielle Lage sollte sich nunmehr ein wenig entspannen, denn der Vater wurde als Briefträger und ab 1904 als Gemeindediener angestellt. Die Familie erhielt eine Wohnung im Gemeindeamt und schaffte in der Folge einen bescheidenen sozialen Aufstieg.
Karl Waggerl besuchte von 2. Mai 1904 bis Mitte September 1911 die Volksschule in Bad Gastein, neben der Schule und in schulfreien Zeiten verdiente er Geld als Liftboy und Laufbursche im luxuriösen Hotel Weismayr in Bad Gastein. Einen ersten biografischen Einschnitt stellte der Eintritt in die Knaben-Bürgerschule am Franz-Josefs-Kai in der Stadt Salzburg im September 1911 dar, denn Karl Waggerl verließ erstmals ohne die Familie seinen Heimatort, um in der Hauptstadt des Kronlandes Salzburg auf die Ausbildung zum Lehrer vorbereitet zu werden. Nach der zweiten und dritten Klasse Bürgerschule besuchte er ab dem Schuljahr 1913/14 die Lehrerbildungsanstalt, wo unter anderem Karl Springenschmid und Kajetan Mühlmann zu seinen Klassenkameraden zählten. Laut einer Rückschau von Karl Springenschmid im Jahr 1980 auf diese gemeinsame Schulzeit wurde „der jugendliche Dreibund Waggerl–Mühlmann–Springenschmid, in dem Mühlmann der spiritus rector gewesen sein soll, als ein ‚Sturmlauf‘ gegen die sich in den Professoren verkörpernde Dekadenz einer morbiden, blutleeren Gesellschaft verstanden“. In diesen Jahren in der k.k. Lehrerbildungsanstalt in Salzburg gab sich Waggerl den zweiten Vornamen „Heinrich“, der nicht im Taufbuch eingetragen ist. Sein Maturazeugnis („Zeugnis der Reife für Volksschulen“) wurde im Februar 1917 ausgestellt, zu einem Zeitpunkt, als Waggerl bereits eingerückt war. Bedingt durch seinen Kriegsdienst musste er 1920 einen „Sonderjahrgang“ belegen, um in der Folge als Volksschullehrer tätig sein zu können.
Erster Weltkrieg und Gefangenschaft
Nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs hielt der 17½-jährige Karl Heinrich Waggerl bereits im Juni und Juli 1915 als Freiwilliger Schütze an der Grenze bei Wals Wache, wobei unklar bleibt, was seine exakte Aufgabe an dieser Stelle im Hinterland war. Am 22. Mai 1916 rückte er schließlich zur Kriegsdienstleistung in der k. u. k. Armee zum Infanterie-Regiment Nr. 59 „Erzherzog Rainer“ ein und wurde zunächst in verschiedenen Kasernen ausgebildet. Von August 1916 bis zu seiner Gefangennahme am 30. Juni 1918 war er an der Front in Südtirol stationiert, in der Zeit bis März 1917 führte er ein Kriegstagebuch. Unterbrochen wurde sein Leben an der Front von zwei Urlauben im Jänner/Februar 1917 zur Ablegung der Matura in Salzburg und im November desselben Jahres sowie einer mehrmonatigen Verlegung ins Hinterland von Jänner bis Juni 1918. Ähnlich vielen seiner Zeitgenossen ging er mit relativer Begeisterung in den Krieg, um schon nach kurzer Zeit in nüchternen Worten von der Front an seine Familie zu schreiben. So kritisierte Waggerl die Versorgung der Truppe, ebenso klagte er über ein beginnendes Lungenleiden. Sein Gemütszustand, der ihn mitunter über Selbstmord nachdenken ließ, war ein Resultat der Lektüre von Arthur Schopenhauer, der Waggerls Denken prägte und sein Schaffen in den 1920er Jahren mitbestimmte. Für seine Teilnahme an der Erstürmung des Col del Rosso erhielt Waggerl seine einzige Kriegsauszeichnung, die „Bronzene Tapferkeitsmedaille“. Im Februar 1918 wurde er zum Fähnrich befördert, wenige Monate später von der italienischen Armee gefangen genommen. Er durchlief mehrere Lager, ehe er in einer Unterkunft in Amalfi in der Bucht von Sorrent einquartiert wurde, wo er sich gegen Gelöbnis relativ frei bewegen konnte. Im August 1919 wurde Waggerl entlassen, er kehrte nach Salzburg zurück. Aus den Kriegserfahrungen resultierte sein Eintreten gegen Militarismus in den 1920er Jahren, indem er sich für die Ideen von Erich Maria Remarque und gegen Robert Mimra aussprach.
Eintritt ins Künstlerleben
Karl Heinrich Waggerl kehrte aus Italien mit einem schweren Lungenleiden zurück. Er wurde zwar im September 1919 als Aushilfslehrer in Schwarzach im Pongau und provisorischer, ab April 1921 definitiver Volksschullehrer in Wagrain angestellt, verbrachte aber immer wieder mehrmonatige Aufenthalte in der Lungenheilanstalt Grafenhof bei St. Veit im Pongau. Im April 1923 stellte er schließlich den Antrag auf Frühpensionierung, er galt zu 80% „kriegsbeschädigt“. Als Nachfolger von Waggerl besetzte Karl Springenschmid von Herbst 1923 bis Jänner 1925 die Stelle als Lehrer in Wagrain.
Am 31. August 1920 heiratete Waggerl in der Pfarrkirche St. Blasius in Salzburg die Bibliothekarin Edith „Dita“ Pitter, Tochter des Hoteldirektors Franz Pitter und seiner Frau Antonia. Edith Pitter war die ehemalige Freundin seines Klassenkameraden und Freundes Kajetan Mühlmann, der gemeinsam mit seinem Bruder Josef Trauzeuge war. Mit ihr, die selbst Lyrik verfasste und zum Teil veröffentlichen konnte, war Waggerl bereits während seines Kriegsdienstes in brieflichem Kontakt gewesen. Gemeinsam bezogen sie eine Wohnung in Wagrain. Mit 1. März 1923 erhielt Waggerl das Heimatrecht der Pongauer Gemeinde, wo er sich auch kulturell engagierte. So etwa leitete er die Amateur-Theatergesellschaft, die sich u. a. an Hugo von Hofmannsthals „Jedermann“ probierte, wirkte als Sänger und Musiker in lokalen Gruppierungen mit oder trat für den Ausbau des Fremdenverkehrs ein.
Bedingt durch sein ungewolltes Ausscheiden aus dem Berufsleben begann Karl Heinrich Waggerl ab den frühen 1920er Jahren seine künstlerisch-kreativen Neigungen verstärkt zu verfolgen, wozu nicht nur die Literatur gehörte, sondern auch die Buchbinderei, Malerei, Fotografie, Komposition etc. Kajetan Mühlmann und dessen Bruder Josef Mühlmann, beide promovierte Kunsthistoriker, vermittelten den Kontakt zum „Sonderbund der österreichischen Künstler in Salzburg“, der von Anton Faistauer 1925 aus der Taufe gehoben worden war und – in Fortführung der Bestrebungen der Kunstvereinigung „Wassermann“ – auf eine Erneuerung des Salzburger Kunstvereins drängte. Im Rahmen der ersten Ausstellung, die während der Festspiele 1925 in der Großen Aula gezeigt wurde, waren fünf Scherenschnitte von Waggerl zu sehen. Literarisch versuchte er, über Franz Karl Ginzkey, der nach dem Ersten Weltkrieg eine durchaus bedeutende Rolle im Salzburger Literaturbetrieb spielte, Fuß zu fassen. Seine ersten Texte erschienen einerseits in der neu gegründeten, in Salzburg erscheinenden Freidenker-Monatsschrift „Freundschaft“, die sozialdemokratisch ausgerichtet war, und andererseits im deutschnational orientierten „Salzburger Volksblatt“. Die Klammer bildete die Antireligiosität beider Medien, der der katholisch erzogene Karl Heinrich Waggerl nach dem Ersten Weltkrieg zuneigte. 1924 gab Waggerl schließlich im Eigenverlag eine erste 18-seitige Sammlung eigener Werke mit dem Titel „Aphorismen“ heraus.
Ein Schriftsteller etabliert sich
Mitte der 1920er Jahre begann der Aufstieg von Karl Heinrich Waggerl als Literat. Bis 1930 entstanden rund 20 Erzählungen, Novellen und Kurzgeschichten, die er in österreichischen und deutschen Zeitungen und Zeitschriften platzieren konnte. Sein ebenfalls in dieser Zeit geschriebener Roman „Georg“ blieb jedoch unveröffentlicht. Das Gegensatzpaar „Stadt“ – „Land“, das für Waggerl auch dem Kontrast „deutsch“ – „jüdisch“ entsprach, verwendete er in diesen Arbeiten wiederholt. Schon in dieser ersten Schaffensphase verankerte der Schriftsteller den Topos des „Blutes“ des Menschen als Ausdruck seiner Volkszugehörigkeit in seinen Werken. „Das ist Waggerls prinzipielle erzählerische Methode, nämlich Fortschrittsfeindlichkeit und traditionellen Anti-Intellektualismus als Widerstandshandlung einzuführen und so die Sympathie fortschrittsskeptischer bis -feindlicher Leserinnen und Leser zu erhaschen“, so sein Biograf Karl Müller. Dazu passend war ein zentrales Element seines Schaffens und damit auch seiner Vermarktung die Verwurzelung im Ländlichen, u. a. symbolisiert durch seinen Wohnort im Pongauer Gebirgsdorf Wagrain. Der Zuschreibung „Heimatdichter“ stand Waggerl dennoch zeitlebens kritisch gegenüber. Das Jahr 1929 brachte schließlich mit der Aufnahme in den Kreis der Autorinnen und Autoren des Insel-Verlages von Anton Kippenberg in Leipzig den künstlerischen Durchbruch.
Waggerls Antisemitismus
Karl Heinrich Waggerls erster Roman „Brot“, der 1930 beim Insel-Verlag erschien und in der offensichtlichen Erzähltradition von Knut Hamsun stand, sollte ein großer Erfolg werden und bis Ende der 1960er Jahre in mehreren Auflagen über 250.000 Mal verkauft werden. Neben der ökonomischen Anerkennung in Form der Tantiemen fand das Buch breite politische und gesellschaftliche Würdigung, jede Seite projizierte ihre eigene Weltanschauung in Waggerls Text, von der Sozialdemokratie über die Deutschnationalen bis hin zur Kirche. Der Erfolg, den der Autor erfuhr, steigerte sein Selbstbewusstsein, auch gegenüber seinem Verleger, dem gegenüber er nunmehr auch als Berater auftrat. Waggerl empfand sich endgültig als Schriftsteller. Nach „Brot“ erschien bereits ein Jahr später der Roman „Schweres Blut“, bis 1938 folgten weitere Romane, Anthologien und eine Reihe von Kurzgeschichten in deutschsprachigen Zeitschriften. Außerdem wurden von 1933 bis 1940 mehrmals erfolglos Versuche gestartet, „Brot“ zu verfilmen.
Mit seinem literarischen Schaffen wurde Waggerl zu einem bedeutenden deutschsprachigen Exponenten der „Konservativen Revolution“. Der Begriff wurde zunächst maßgeblich von Hugo von Hofmannsthal geprägt, daraus entwickelte sich bei einem Teil der Literaten jedoch eine antidemokratische, technikfeindliche, „erdverbundene“ und hierarchische Weltvorstellung, die damit den ideologischen Wertvorstellungen des Nationalsozialismus den Weg bereiteten. „Es ist der konservative Mythos von ‚Blut-und-Boden‘, den Waggerls Roman ausformulierte und den die Nationalsozialisten völkisch und rassisch umformten.“ Einen Bestandteil bildete in vielen Fällen der Antisemitismus. Waggerl hatte in seiner Kindheit in Bad Gastein wiederholt freundliche Aufnahme beim jüdischen Badearzt Dr. Anton Wassing gefunden, als Jugendlicher folgte er jedoch den antisemitischen Lehren Otto Weiningers. In seinem ersten, unveröffentlichten Roman „Georg“ und kürzeren Erzählungen integrierte er antijudaistische/antisemitische Andeutungen. In den Monaten nach der Machtübernahme der NSDAP in Deutschland redete Waggerl nun der Judenfeindschaft offen das Wort. Er wurde als einer von 28 Autoren eingeladen, für die von Heinz Kindermann 1933 herausgegebene Anthologie „Des deutschen Dichters Sendung in der Gegenwart“ einen Text beizusteuern. Waggerl erörterte auf drei Seiten den Unterschied zwischen „Dichtung und Journalismus“, beginnend mit der Feststellung: „Unser literarisches Zeitalter ist durch den Einbruch des Journalismus in die Literatur gekennzeichnet.“ Ohne den Journalismus direkt als „jüdisch“ herauszustreichen, lässt er doch bereits im ersten Absatz keinen Zweifel daran, dass seiner Auffassung nach die Gegenwart von dieser Dichotomie – Jouralismus = „jüdisch“ versus Literatur = „arisch“ – geprägt ist. Journalismus sei laut Waggerl ein „Vorgang, eine stetige Veränderung der geistigen Ausdrucksform, so etwa wie das Jüdische weit über die nationale oder religiöse Einheit des Judentums hinaus charakteristisch für eine gewisse geistige und sittliche Haltung des Kulturmenschen ist“. Journalismus sei „zeitgebunden“, „zweidimensional“, „eine Oberflächenkunst“. „Der Journalismus stellt fest, die Dichtung stellt dar. (…) Was immer den Inhalt eines journalistischen Werkes ausmacht, es unterscheidet sich, wie Konfektionsware, nur im Stofflichen von allen anderen, die Machart ist unverkennbar dieselbe. (…) Journalismus ist immer realistisch, in Stoff und Gestalt ein Plagiat an der Wirklichkeit. Er wuchert parasitisch aus der Welt der Erscheinungen, indem er sie zugleich erstickt. (…) Er saugt sein eigenes Leben aus dem Lebendigen. (…) Dem Journalismus fehlt nicht nur die Ehrfurcht vor dem Gegenstand, er entweiht auch das Mittel der Kunst. Die Sprache wird zum bloßen Behelf. (…) Der Journalismus ist die Kunst des Unwesentlichen. (…) Der Journalismus ist seinem Wesen nach artistisch, und was er leistet, ist immer nur ein Kunststück, aber kein Kunstwerk.“ Journalismus setzt laut Waggerl „den Betrug an die Stelle der Illusion“. Für Waggerls Zeitgenoss*innen war der Subtext dieser Zeilen überdeutlich, richtete sich die antisemitische Hetze zumindest seit Ende des Ersten Weltkriegs doch gegen die „Zeitungsjuden“, gegen ihr „Geschäftemachen mit Meinung“ und die vermeintliche Herabwürdigung der deutschen Sprache; außerdem waren Signalwörter wie „Konfektionsware“ und „parasitisch“ klar antisemitisch konnotiert.
Wenige Monate später, Anfang 1934, fand Waggerl noch klarere Worte, als er von der Redaktion des „Börsenblattes für den Deutschen Buchhandel“ eingeladen wurde, seine Anschauungen über die „Aufgaben des deutschen Buchhandels im nationalsozialistischen Staat“ zu Papier zu bringen. Hintergrund war eine Debatte, in der dem Buchhandel vorgeworfen wurde, „in erheblichem Maß für die Überfremdung der deutschen Literatur in den letzten fünfzehn Jahren verantwortlich“ zu sein, wie Waggerl am Beginn seines Beitrages ausführte. Er argumentierte, dass deutsche Kunst zwar immer national zu sein hat, aber sowohl auf Einflüsse von außen reagiert als auch nach außen wirkt. Entscheidend sei aber, „daß wir fremde Geistesgüter auch als fremd erkennen und werten“. Und damit schlug er die Brücke zum antisemitischen Topos der „Überfremdung“: „Wenn nun sogar deutlich abgegrenzte, durchaus wesensfremde Kulturkreise über beträchtliche Zeiträume hinweg unseren Geschmack und unsere geistige Haltung so sehr bestimmen konnten, daß jede volkstümliche Regung den Deutschen selbst für barbarisch, für verächtlich galt, um wieviel gefährlicher mußten dann Einflüsse wirken und wachsen, die nicht von außen her, sondern, viel schwerer erkennbar, aus dem Volkskörper selbst stammten. Kein Volk der Erde hat jemals eine so umfassende Machtentfaltung des Judentums erlebt wie das deutsche. Und nicht nur in Deutschland selbst war jüdische Kunst und Kunstgesinnung tonangebend geworden, auch das Ausland ließ sich durch eine geschickte Propaganda daran gewöhnen, deutsche Kunst mit jüdischer Kunst zu identifizieren.“ Diese „geistige Fremdherrschaft“ galt es nun nach der „deutschen Revolution“, die „mit der ganzen Wucht einer elementaren Volksbewegung“ die Macht übernommen hatte, zu beenden. Der „Anspruch jüdischer Literaten, als deutsche Dichter zu gelten und Inhalt und Richtung unseres Kulturlebens bestimmend zu beeinflussen“ sei mit Vehemenz abzulehnen. „Auch der Umstand, daß jahrelang niemand diesen ungeheuerlichen Betrug entdeckte oder zu entdecken gewagt hat, kann den Betrug selbst, wenigstens nach unseren Rechtsbegriffen, nicht entschuldigen. Es gibt eine jüdische Dichtung in deutscher Sprache, über deren künstlerischen Wert in diesem Zusammenhang überhaupt nicht geurteilt werden kann. Aber es gibt keine deutsche Dichtung jüdischer Herkunft, und jede so deklarierte Kunstleistung ist eine Fälschung, die moralisch, nicht kritisch gewertet werden muß.“ Schuld an diesem Zustand war für Waggerl „die Presse, eine Presse freilich, die es jetzt nicht mehr gibt“. Sie hatte „die absolute Herrschaft einer volksfremden Minderheit möglich gemacht“. Auch die Rezensenten und Verlagshäuser nahm Waggerl in die Pflicht, am allerwenigsten war für ihn der Buchhandel selbst schuld am Vorwurf der „Überfremdung“. Der Redaktion des „Börsenblattes“ und vielen Gleichdenkenden werden Waggerls Ausführungen gefallen haben. Fest steht: „Waggerls ‚unpolitisches‘ Dichtungsverständnis und sein antijüdisches Ressentiment führten ihn geradewegs in die Arme der Nationalsozialisten.“
Zwischen „Ständestaat“ und Nationalsozialismus
Nach der Ausschaltung des österreichischen Parlaments im März 1933 folgte der organisatorische Umbau des Landes in einen autoritären „Ständestaat“. Die Konflikte, die sich aus der Frontstellung der deutschen und der österreichischen Diktatur ergaben, zeitigten auch Auswirkungen auf den Kulturbereich. Ein Übereinkommen zwischen Deutschland und Österreich vom 10. August 1934 regelte den Devisenverkehr der beiden Länder neu, so auch die Tantiemenauszahlung an österreichische Autor*innen, deren Bücher bei deutschen Verlagen erschienen. Die Gelder wurden von deutscher Seite gesperrt und bedurften einer „Devisenerwerbsgenehmigung“. Im Fall von Karl Heinrich Waggerl bedeutete dies, dass er bis Jänner 1938 auf seine Tantiemen in Höhe von 10.000,- RM warten musste. Dennoch litt er nicht Hunger, denn auch das „ständestaatliche“ Regime versuchte, ihn für die eigene, „bodenständige“ Kulturpolitik zu reklamieren. Der Große Österreichische Staatspreises, eine kulturpolitische Erfindung des „Austrofaschismus“, wurde erstmals im Dezember 1934 verliehen. Erster Preisträger und Festredner für die geehrten Künstler war Karl Heinrich Waggerl, der einen Monat zuvor der Vaterländischen Front beigetreten war. Die Entscheidung hatte eine Jury unter Vorsitz des Schriftstellers Max Mell gefällt, stimmberechtigt waren u. a. Franz Karl Ginzkey, Rudolf Henz und Josef Nadler – alle NS-affin. Für Waggerl brachte diese Auszeichnung durchaus Schwierigkeiten mit sich. „Überhaupt scheinen draußen [in Deutschland, Anm. d. Verf.] die unerhörtesten Gerüchte über meine Person umzulaufen. Man sagt angeblich (in Kreisen der NSDAP), ich hätte die nationale Sache verraten und sei zur deutschfeindlichen Richtung übergetreten. Das ist eine infame Verleumdung. Ich bin freilich kein Politiker, weil meine Aufgabe anderswo liegt, aber ich denke doch, daß mein gesamtes Werk für meine Gesinnung bürgt und daß ich deutsche Geistesart von jeher, noch vor aller Konjunktur, einigermaßen würdig vertreten habe“, schrieb er in einem Brief an seinen Verleger Kippenberg. Die Situation entspannte sich im Zuge von Nachforschungen der Reichsschrifttumskammer in Österreich nach einigen Monaten. An eine Freundin schrieb Waggerl über diese Zeit: „Ich war allen erdenklichen Schikanen ausgesetzt (…) und meine Sympathien gehören ungeteilt dem großen Vaterland [Deutschland, Anm. d. Verf.]. Eben darum schmerzen mich derartige Maßnahmen besonders.“ Nur zwei Jahre später sollte Waggerl, der in weiten Teilen Österreichs zu diesem Zeitpunkt als „katholischer“ Autor angesehen wurde und sogar Mitglied des Katholischen Schriftstellerverbandes Österreichs war, außerdem das Österreichische Verdienstkreuz für Kunst und Wissenschaft 1. Klasse erhalten.
Wie aus einer Zusammenstellung seiner Lesungen und Vorträge von 1931 bis 1938 deutlich wird, bediente der Autor den gesamten deutschsprachigen Bereich. Besonders hervor sticht Waggerls Einladung zur „Dichterwoche für grenzland- und auslandsdeutsche Dichter“ vom 1. bis 6. März 1937 in Berlin, wo er als Vertreter der „Ostmark“ teilnahm. Dort kam er in Kontakt mit der Spitze der NS-Politik von Adolf Hitler, Joseph Goebbels, Bernhard Rust, Alfred Rosenberg und Baldur von Schirach abwärts. Die Einladung kam nicht von ungefähr, gehörte Waggerl doch im Jahr 1934 der NS-Interessensvertretung „Reichsverband Deutscher Schriftsteller“ an. Nach dem Juliputsch wurden zwar sämtliche Österreicher*innen aus dem Mitgliederstand gestrichen, der im Herbst 1936 gegründete „Bund der deutschen Schriftsteller Österreichs“ sammelte jedoch diese NS-nahen Künstler*innen, darunter Karl Heinrich Waggerl, erneut. Waggerl lebte also bereits das von ihm angesprochene „große Vaterland“, indem er sowohl vom „Dritten Reich“ als auch vom „Ständestaat“ umworbener Dichter war.
NS-Zeit
Zum Zeitpunkt des „Anschlusses“ Österreichs an NS-Deutschland befand sich Karl Heinrich Waggerl auf einer Lesereise in Deutschland. Am 10. März las er im Gemeindehaus von Wolfenbüttel, am 11. im Murhardsaal von Kassel und am 14. im Großen Festsaal des Danziger Hofs, dazwischen übertrug Radio Wien am Nachmittag des 13. März eine eingesprochene Lesung aus seinen „Kalendergeschichten“. Die Wiener „Reichspost“ berichtete über die Veranstaltung in Danzig: „Mit kurzen Begrüßungsworten an den österreichischen Dichter leitete der Vorsitzende der Landeskulturkammer den Vortragsabend ein und erzählte, Heinrich Waggerl habe ihm anvertraut, daß er, als er im Reiche weilte und jetzt nach Danzig kommen sollte, in schwere innere Konflikte geraten wäre. In den Tagen da die große Heimat ein unbeschreiblicher Jubel sei [sic], da mußte er wählen zwischen dem großen Erlebnis, zu Hause zu sein und mitjubeln zu können, oder nach Danzig zu fahren und seine Pflicht zu erfüllen. Heinrich Waggerl (sic) trat nach diesen Worten auf das Rednerpult und rief mit erhobener Stimme in die Zuhörerschaft: ‚Ich komme aus dem befreiten Österreich.‘“ Zurück in der „ostmärkischen“ Heimat, gab Waggerl seine Wortspende für die Volksabstimmung am 10. April 1938 ab: „Mögen alle Sünden verziehen sein, nur die eine nicht: Jetzt noch zu zweifeln oder zu verneinen.“ Und Waggerls Name war auch in der Auflistung der Mitglieder des „Bundes der deutschen Schriftsteller Österreichs“ zu lesen, die Anfang April 1938 in mehreren Tageszeitungen ihr „Bekenntnis (…) zum Führer“ ablegten. Wenige Monate später und nach der Volksabstimmung vom 10. April entstand daraus das „Bekenntnisbuch österreichischer Dichter“, in dem 70 „ostmärkische“ Autoren den „Anschluß“ verherrlichten. Waggerl schrieb sich darin mit folgenden Zeilen ein: „Das millionenfache ‚Ja‘ der Deutschen am 10. April ist mehr als ein Bekenntnis brüderlicher Verbundenheit, es ist ein lauter Ruf in die Welt. Mit diesem Tage ist in Wahrheit der große Krieg zu Ende. Wir Leute, die wir damals von den Fronten heimkehrten, glaubten wir denn jemals wirklich an den Frieden? Sind wir nicht bewußt oder unbewußt immer Soldaten geblieben, warteten wir nicht insgeheim auf eine letzte große Entscheidung? Nun hat Adolf Hitler für uns alle gehandelt. Bedenkt es doch, Freunde: ein einzelner Mann, und nicht durch die Kniffe des Diplomaten, nicht durch die blutige Kunst des Feldherrn, sondern einfach durch die hinreißende, die befreiende Kraft einer wahrhaft großen Menschlichkeit. Müssen wir nicht alle hinter ihm stehen? Wo ist der Deutsche, der in einer solchen Stunde versagt?“ Neben dem Verweis auf seine Erfahrungen aus dem Ersten Weltkrieg ist es vor allem die pathetische Huldigung Adolf Hitlers, dem er „die befreiende Kraft einer wahrhaft großen Menschlichkeit“ attestiert, was auch immer Waggerl unter dieser Formulierung verstand.
Waggerl war vor dem „Anschluß“ nicht Mitglied der NSDAP oder einer ihrer Organisationen, auch über ein direktes Engagement für die Partei ist bislang nichts bekannt. Nach der Annexion der „Ostmark“ stellte er am 31. Mai 1938 nun den Antrag um Aufnahme. Er wurde rückwirkend mit 1. Mai 1938 und der Nummer 6.347.556 Mitglied, die Mitgliedskarte wurde am 15. Juli 1939 ausgestellt. Außerdem gehörte Waggerl seit dem 11. April 1938 dem NS-Lehrerbund mit der Mitgliedsnummer 365.048 an. Über die politisch-moralische Haltung Waggerls um 1938 urteilt sein Biograf Karl Müller: „Was sich schon seit 1933 im Deutschen Reich im Hintergrund und sogar in aller Öffentlichkeit abgespielt hatte (z. B. Bücherverbrennungen, Ermordung der SA-Führung, Nürnberger Rassegesetze, Einrichtung von Konzentrationslagern) war für Waggerl kein Thema. Modernisierungshoffnungen, Antisemitismus und Karriere waren die Hauptaspekte, die Waggerl in die NSDAP führten und ihn die ‚Heimkehr der Ostmark‘ begrüßen ließen.“
Funktionär in der Reichsschrifttumskammer
Unmittelbar nach dem „Anschluß“ war Karl Heinrich Waggerl als Leiter der Reichsschrifttumskammer Wien, der größten Landesorganisation der RSK in der „Ostmark“ im Gespräch. Daraus sollte jedoch nichts werden. Noch ehe er ein offizielles Amt in der „Ostmark“ übernahm, intervenierte er – zum Teil mit Unterstützung seines alten Freundes Kajetan Mühlmann, der zum Staatssekretär in der österreichischen Übergangsregierung aufgestiegen war – in den ersten Monaten nach dem „Anschluß“ zugunsten seiner näheren Umgebung bei mächtigen Stellen. Bei Wilhelm Keppler wurde er wegen des Ausbaus von Wagrain zu einem Fremdenverkehrsort inklusive Bau eines Schwimmbades erfolgreich vorstellig, bei Hermann Göring lancierte er die Errichtung eines Stausees zur Stromerzeugung im Kleinarltal, von Dr. Fritz Todt erhielt er die Zusage für die Intensivierung des Straßenbaues in Wagrain und mit Reichsjugendführer Baldur von Schirach war er wegen des Ausbaus der Burgruine Wagrain als HJ-Burg in Kontakt. Waggerls Name war demnach Garant für das Vordringen in höchste politische Entscheidungsebenen. So verwundert es kaum, dass der Schriftsteller, nachdem der Wagrainer Bürgermeister Leopold Hudez aufgrund finanzieller Ungereimtheiten bei der Errichtung des Helden- und Kriegerdenkmals seines Amtes enthoben wurde, im August 1940 diese Funktion kommissarisch übernahm. Waggerl sollte sie bis Ende September 1942 bekleiden und insgesamt sechs Sitzungen des Wagrainer Gemeinderates leiten. Neben dem Amt des Bürgermeisters bekleidete er auch jenes des Ortskulturwalters von Wagrain und Kreisamtswalters des Deutschen Volksbildungswerkes in der NS-Gemeinschaft „Kraft durch Freude“ der Deutschen Arbeitsfront.
Anfang Mai 1939 schlug der Landesleiter der Salzburger Reichsschrifttumskammer (RSK), Franz Aschenbrenner, dem Präsidenten der Kammer vor, Karl Heinrich Waggerl zum ehrenamtlichen Landesobmann der Schriftsteller in der Salzburger RSK zu bestellen. Dies genehmigte der Präsident unverzüglich. Der Dienstantritt Waggerls erfolgte schließlich per 30. Mai 1939. Einen Monat später reichte die Kreisleitung Bischofshofen noch eine „Auskunft über K. H. Waggerl, Wagrain“, nach: „Waggerl ist politisch einwandfrei, sehr fähiger und tüchtiger Mitarbeiter des Ortsstabes.“ Welche Aktionen er in der Funktion des Landesobmannes setzte und wen sie betrafen, ist nur punktuell überliefert. Eine seiner zentralen Aufgaben war, Gutachten über Salzburger Antragsteller*innen zu verfassen. Dr. Ludwig Praehauser, wie Waggerl im Frühjahr 1934 Mitglied im „Reichsverband Deutscher Schriftsteller“, empfahl er zur Aufnahme in die RSK, da Praehauser „als Kunstschriftsteller und Pädagoge einen bedeutenden und allgemein anerkannten Ruf hat“. Anders fielen seine Gutachten bei Personen aus, die politisch nicht opportun waren. Über den von den Nationalsozialisten abgesetzten Mozarteumsdirektor und anerkannten Musikschriftsteller Dr. Bernhard Paumgartner urteilte Waggerl, dass „das literarische und musikalische Schriftwerk des Genannten nicht diese Bedeutung“ habe, „welche ihm der Autor selbst [gemeint ist Paumgartner, Anm. d. Verf.] zuschreibt“. Waggerl empfahl, Paumgartner nicht aufzunehmen. Der Abgelehnte sollte andere Wege finden, während der NS-Zeit doch noch publizistisch tätig sein zu können. Der Oberndorfer Schriftsteller und gelernte Bienenzüchter Georg Rendl hatte annähernd zeitgleich mit Waggerl und ebenfalls beim Insel-Verlag mit der Veröffentlichung seines Erstlings „Der Bienenroman“ 1931 den Durchbruch geschafft. Als er im Frühjahr 1940 seinen neuen Roman „Das reiche Leben“ drucken lassen wollte, wurde ihm zunächst die Papierzuteilung verweigert, weshalb sich Rendl Anfang Juni 1940 persönlich an den Präsidenten der RSK wandte. In der Folge gingen Nachfragen von Berlin wegen Rendls RSK-Mitgliedschaft bei Landesleiter Aschenbrenner in Salzburg ein. Wie sich herausstellte, war Rendls Aufnahmeantrag, den er am 22. August 1938 gestellt hatte, bis dato nicht bearbeitet worden. Für Aschenbrenner, über dessen Wirken als Landesleiter der RSK Salzburg praktisch nichts bekannt ist, schien nun Eile geboten – auch im eigenen Interesse: „In Beantwortung Ihres Schreibens vom 8. d. M. lege ich Ihnen hiermit die schon längst überfällige Akte des Schriftstellers Georg Rendl vor. Die lange Verzögerung entstand dadurch, weil ich auf die Rückkehr des Landesobmannes Pg. K. H. Waggerl wartete, der erst vor kurzem seine monatelange Vortragsreise beendigte, was Sie auch aus den anderen noch vorgelegten Aufnahmeanträgen ersehen dürften. Da zu dieser Akte die persönliche Stellungnahme des Landesobmannes dzt. noch nicht vorliegt, werde ich Ihnen dieselbe sofort nach deren Eingang einsenden.“ Vier Monate später und nach einer Rüge aus der Berliner RSK-Leitung folgte ein weiterer Brief von Aschenbrenner: „Bezugnehmend auf Ihr Schreiben vom 10. d. M. gebe ich Ihnen bekannt, daß mir der Landesobmann Pg. Waggerl mit Brief vom 19. 6. d. J. die Einsendung des Gutachtens über Obgenannten zusagte. Am 22. 8., 11. 9. und 17. 9. d. J. habe ich dasselbe neuerlich urgiert. Im letzten Schreiben bat ich ihn noch vor Antritt seiner geplanten Vortragsreise die Angelegenheit zu regeln. Nun mußte ich in Erfahrung bringen, daß Pg. Waggerl in der Zwischenzeit bereits nach Krakau abgereist ist. Bin daher leider dzt. nicht in der Lage, Ihnen die angekündigte Stellungnahme zu übermitteln. Werde mir jedoch die Sache vormerken und sofort nach Rückkehr des Landesobmannes das gewünschte Schreiben einsenden“, so Aschenbrenner an den Präsidenten der RSK. Es sollte noch weitere zehn Monate dauern, bis Aschenbrenner in der Angelegenheit Rendl am 29. August 1941 nach Berlin meldete: „Im Nachhang zu meinem Schreiben vom 26. 10. 1940 teile ich Ihnen mit, daß der Landesobmann Pg. Waggerl gegen die Aufnahme des Obgenannten in die Reichsschrifttumskammer nichts einzuwenden hat.“ Drei Jahre und eine Woche nachdem Rendl den Antrag um Aufnahme in die RSK gestellt hatte, befürwortete Waggerl diese also. Zwei Feststellungen können aus dem oben Geschilderten über Waggerls Tätigkeit als Landesobmann der RSK Salzburg gemacht werden: Zum einen entschied er alleine über die Aufnahme oder Ablehnung von Salzburger Schriftsteller*innen in die RSK, während sich der übergeordnete Landesleiter Aschenbrenner zurückhielt und sich stets den Gutachten Waggerls anschloss. Aus den Unterlagen geht nicht hervor, ob Waggerl diese Beurteilungen schriftlich vorlegte oder sie dem Sachbearbeiter Jörg Leib, der sämtliche Schreiben aus Salzburg nach Berlin ausfertigte, diktierte. Zum anderen vernachlässigte Waggerl offensichtlich seine Pflichten als Landesobmann der RSK zugunsten seiner eigenen Schreib-, Vortrags- und Lesetätigkeit.
Schriftsteller im NS-Literaturbetrieb
Dass Karl Heinrich Waggerl nach eigener Fürsprache bei seinem langjährigen Freund Landesrat Karl Springenschmid im Schuljahr 1939/40, also zu Beginn des Zweiten Weltkriegs, kurzfristig wieder als Lehrer an die Wagrainer Schule zurückkehrte, kann als Episode in seinem Leben gewertet werden. Die gesamte Zeit der NS-Herrschaft über blieb sein Schaffen als Schriftsteller zentral, wenngleich seine literarische Produktivität zwischen 1938 und 1945 „nicht mehr als ca. 130 Seiten“ umfasste. Die Neuauflagen bereits publizierter Texte, Lesereisen und Vorträge banden – neben seinen politischen Aktivitäten – seine Energien und ließen die Kreativität vorläufig versiegen. So wie der Großteil von Waggerls literarischem Schaffen ließen sich auch seine in der NS-Zeit entstandenen Texte ideal in den propagandistischen Dienst des Regimes integrieren, ohne dass sie dabei offen hetzerischen Charakter aufweisen mussten. Seine „volkhafte Dichtung“ kreiste weiterhin um die Leitbegriffe Heimat, Scholle, Volk, Ehre, Arbeit, Kargheit, Durchhalten, Ewigkeit etc.. Definitiv der NS-verherrlichenden Propaganda zuzurechnen ist die Erzählung „Pfingstidyll an der Reichsautobahn“, die Waggerl 1941 im Auftrag von Reichsminister Dr. Fritz Todt, dem Generalinspektor für das deutsche Straßenwesen, verfasste und zu der sein Freund Ernst Huber die Zeichnungen anfertigte. Im literarischen Kleid eines Pfingstausflugs durch deutsche Landschaften, den Waggerl und seine Frau Edith gemeinsam mit dem Ehepaar Ernst Huber unternahmen, präsentiert der Autor und Ich-Erzähler seine Version der Versöhnung von Natur und Technik in Form der Reichsautobahn. „Weithin sichtbar in ebenmäßiger Breite liegt diese Straße über dem Land, aber nichts Gewaltsames haftet ihr an, nichts Ausgeklügeltes und mühsam Hineingegrabenes, sondern sie fügt sich in das Ganze mit der Selbstverständlichkeit eines Naturgebildes, wie ein Flußlauf anderswo und so, als hätte der Schöpfer sie zu allerletzt noch dazugeschaffen und das schöne Bild seiner Welt damit erst vollendet. Einem magischen Bande gleicht sie, das eines Nachts vom Himmel herabsank und sich sacht über Tal und Hügel legte.“ Indem der Autor das Prestigeprojekt der NS-Regierung – im April 1938 hatte die Salzburger Galerie Friedrich Welz die Schau „Die Straßen des Führers“ gezeigt – sakralisierte, enthob er es den realen Intentionen, nämlich zum einen die Friedenspropaganda vom motorisierten Volk, das mit seinem „Kraft-durch-Freude“-Wagen durch „Großdeutschland“ fährt, zu bedienen und zum anderen im Krieg das Wirtschaftsleben aufrecht zu halten bzw. das Funktionieren des Nachschubwesens zu garantieren. In diesem Zusammenhang liest sich auch Waggerls Formulierung, der Reichsautobahn hafte „nichts Gewaltsames“ an, mit einem schalen Beigeschmack. „Wie im Gewölbe eines Domes, nicht weniger feierlich hallten die Schritte zwischen den Pfeilern, köstlich farbig, gleich besonnten Glasfenstern fügt sich die Landschaft in die Rundungen des Bogenwerkes. So haben nur noch die Alten zu bauen verstanden, nicht kleinlich rechnend, was daran zu sparen wäre, damit er eben noch stünde, sondern eher verschwenderisch, so hoch die Säulen, so stark die Mauern, wie sie es nur vermochten, zur Ehre der Götter.“ Schlussendlich kam der Autor auf den Aspekt der Genialität zu sprechen. „Man muß sich ja immer erst darauf besinnen, daß eine solche Straße nicht entsteht, indem man ein wenig Beton in die Wiesen breitet, sondern daß viel Arbeit dahinter steckt, Scharfsinn und Erfahrung der besten Köpfe. Und eben das ist es auch, was das Ganze und sein geringstes Teil, jede Brücke, jede Überführung in ihrer einfachen Schönheit zum Rang eines Kunstwerkes erhebt: es ist nichts mehr von der Mühe zu erkennen, die daran gewendet werden mußte.“ Dass Waggerls „Pfingstidyll“ keine weitreichende propagandistische Wirkung entfalten konnte, liegt nicht zuletzt an der Tatsache, dass lediglich 100 Exemplare aus handgeschöpftem Büttenpapier hergestellt wurden.
Weitaus ertragreicher für Waggerl und bedeutender für das Regime, weil breitenwirksamer waren seine Vortragsreisen und Leseabende. Von den etwa 800 „ostmärkischen“ Mitgliedern der RSK fanden sich rund 40 auf den bis 1942 vom Propagandaministerium erstellten „Vorschlagslisten für Dichterlesungen“. Einer davon war Karl Heinrich Waggerl, er „gehörte zur Literaturprominenz des Dritten Reiches“ und war mehrmals jährlich – siehe die von Aschenbrenner erwähnte Reise nach Krakau, über die auch in den Salzburger Zeitungen berichtet worden war – in unterschiedlichen Teilen des „Dritten Reichs“ unterwegs. Besonders nachhaltig waren natürlich seine Auftritte im „Heimatgau“ Salzburg. So war Waggerl einer von zwölf Autor*innen, die vom Gau und von der Gauhauptstadt Salzburg im Festspielsommer 1940 zu den „Salzburger Dichtertagen“ eingeladen wurden. Die Veranstaltung sollte das „ostmärkische“ Kulturschaffen fördern und bekannt machen. Die Liste der Eingeladenen liest sich wie ein Who is who der NS-Literatur, darunter u. a. Guido Kolbenheyer, Paulo Alverdes, Bruno Brehm, Robert Hohlbaum, Will Vesper, Josef Weinheber, Heinrich Zillich, Josef Perkonig, Erna Blaas, Karl Springenschmid, Max Mell und Hans Deissinger. Zum Abschluss der Dichtertage, die vom 27. Juli bis 5. August dauerten, sprach Karl Heinrich Waggerl im Namen der Kulturschaffenden den Dank für die Einladung aus. Auch in den darauffolgenden Jahren war er erneut Gast des Gauleiters und des Oberbürgermeisters, die Künstler*innen zur Festspielzeit nach Salzburg einluden.
Es sollte jedoch nicht bei literarisch-repräsentativen Lesungen und Dankesworten bei Einladungen der höchsten NS-Würdenträger bleiben. Bereits im Oktober 1940 trug Waggerl neben Karl Springenschmid, Gauorganisationsleiter Karl Feßmann, Reichsschulungsbeauftragtem Walter Hebenbrock u. a. im Rahmen der „Ostmarktagung“ des NSV-Hilfswerks „Mutter und Kind“ auf der Gauschulungsburg Hohenwerfen vor. Ein Jahr später, am 28. Oktober 1941, fand im Wiener Saal des Mozarteums im Rahmen der Dritten Kriegsbuchwoche ein Vortragsabend unter dem Titel „Der Krieg in der Dichtung“ statt, bei der Waggerls seinen geplanten Vortrag wegen Erkrankung absagen musste. Er konnte seinen künstlerischen Einsatz für die Fortführung des Krieges jedoch bald wieder aufnehmen, indem er Ende Jänner 1942 bei einem Leseabend des „Salzburger Dichterkreises“ zugunsten des Kriegswinterhilfswerkes neben Franz Baumann, Leo Maasfeld und Pert Peternell im Wiener Saal auftrat.
Der ehemalige Lehrer Karl Heinrich Waggerl, der am 28. Mai 1938 neben Karl Springenschmid anlässlich des 60-jährigen Bestehens des Salzburger Landeslehrervereins aus eigenen Werken gelesen hatte, war bei den von 1942 bis 1944 jährlich abgehaltenen „Salzburger Kulturtagen der Hitlerjugend“ fixer Bestandteil und wirkte somit entscheidend an der Indoktrination der Jugend und an der Stabilisierung des lokalen NS-Systems mit. Dies lässt sich auch für seinen Auftritt bei der Salzburger Heimatwoche im Herbst 1943 sagen, bei der „wir uns vor der Oeffentlichkeit und vor uns selbst einmütig und geschlossen zum Heimatgedanken bekennen“ wollen, so Gauleiter Scheel, der Initiator der Veranstaltung, denn: „Im Dienst für die Heimat, im Dienst für die Werte unseres Volkstums, in der Arbeit für den unerschöpflichen, menschlichen und kulturellen Reichtum unseres gesamten Brauchtums, liegt auch unser Dienst für das große deutsche Reich unter Adolf Hitlers Führung eingeschlossen. (…) Wir wollen durch diese Heimatwoche der Front unseren Dank für ihren Kampf, durch den sie unsere Heimat schützt, abstatten. Wir wollen unserem Führer Adolf Hitler in der Heimatwoche das Gelöbnis ablegen, daß wir unerschütterlich und fest bis zum Siege arbeiten werden.“ Was Karl Heinrich Waggerl bei seiner „Dichterlesung“ im Wiener Saal des Mozarteums am 28. September 1943 vortrug ist ebenso wenig bekannt und aus der Berichterstattung rekonstruierbar wie im Falle der „Kulturtage“ oder bei anderen Veranstaltungen.
Kulturpreisträger der Gauhauptstadt Salzburg
Nicht zuletzt für sein umfangreiches Engagement im Sinne der NS-Machthaber erfuhr der Autor 1943 in seiner Heimat eine große Auszeichnung. 1942 rief die Gauhauptstadt Salzburg einen Kulturpreis ins Leben, der mit 10.000,- RM dotiert war. Er ging ursprünglich auf eine Initiative der Salzburger HJ zurück, die den Preis im Rahmen ihrer alljährlichen Kulturtage zu verleihen gedachte. Karl Heinrich Waggerl stand unter der Rubrik „für Schriftstellertum“ auf der 1942 vom Festspielpräsidenten Heinrich Puthon erstellten „Vorschlagsliste für die Zusammensetzung des Rates“, der über die Zuerkennung des Kulturpreises entscheiden sollte. Er wurde schließlich aber nicht in dieses Gremium aufgenommen. Stattdessen schlug ihn Karl Springenschmid in seiner Funktion als Vorsitzender des Salzburger Dichterkreises als Preisträger für den Kulturpreis 1943 vor. In seiner Begründung führte Springenschmid über Waggerls Schaffen aus: „Er preist das Kleine und Unscheinbare, er kündet die Schönheit der Natur und ist damit im besten Sinne der Dichter unseres Landes geworden. Seine Bücher sind über das ganze Reich verbreitet. Damit hat Waggerl viel dazu beigetragen, um die Schönheit und die Werte unseres Gaues im Großdeutschen Reiche bekannt zu machen. Die Gauhauptstadt Salzburg würde damit einen Dichter ehren, dessen Namen selbst der Gauhauptstadt und dem Gaue große Ehre gemacht hat.“ Der Salzburger Bürgermeister Dr. Franz Lorenz brachte die eingegangenen Vorschläge im Februar 1943 den Mitgliedern des Komitees zur Kenntnis. Seitens der Stadt Salzburg war jedoch beabsichtigt, den Preis an Prof. Dr. h.c. Eduard Paul Tratz zu verleihen, stand doch die Eröffnung der Tibet-Ausstellung im Haus der Natur kurz bevor. Was folgte, war ein für die damalige Salzburger Kulturpolitik bezeichnende Volte. Mit unmissverständlichen Worten reagierte Dr. Heinz Wolff, Propagandachef in der Gauleitung: „Sehr geehrter Parteigenosse Dr. Lorenz! Auf Ihren Brief vom 17. 2. 43 wegen der Verleihung des Kulturpreises der Gauhauptstadt Salzburg teile ich Ihnen als Kulturbeauftragter des Gauleiters und Reichsstatthalters mit, daß es mir zweckmäßig erscheint, in diesem Jahr den Kulturpreis an den Dichter Karl Heinrich Waggerl zu verleihen. Ich gehe dabei von der Überzeugung aus, daß Waggerl ein anerkannter grosser Dichter der deutschen Gegenwart ist und bereits weit über die Grenzen des Gaues hinaus bekannt ist. Wenn wir in diesem Jahre einer solchen Persönlichkeit den Kulturpreis verleihen, dann wird damit zweifellos der Wert des Kulturpreises in der Öffentlichkeit noch mehr steigen. Der von Ihnen ausführlich erwähnte Vorschlag, den Kulturpreis in diesem Jahr an den Prof. Tratz zu verleihen, verdient stärkste Beachtung. Ich bin auch dafür, daß im nächsten Jahre der Kulturpreis an Prof. Tratz verliehen wird. Ich hoffe Sie in Übereinstimmung mit meinem Vorschlag.“ Während Gauorganisationsleiter Karl Feßmann in Vertretung von Anton Wintersteiger sein „Befremden“ über diese „absolut kriegsunwichtige Angelegenheit“ zum Ausdruck brachte und kein Interesse an der Verleihung bekundete, sprachen sich auch der HJ-Gebietsführer Eduard Danzinger und Regierungspräsident SS-Oberführer Albert Reitter für Waggerl aus: „Meiner Ansicht nach soll heuer der Kulturpreis der Gauhauptstadt Salzburg dem Dichter Karl Heinrich Waggerl verliehen werden. Er ist mit Abstand der bedeutendste Künstler, auf den der Gau hinweisen kann, ein wirklich eingeborener und einheimischer Salzburger, und bezeichnenderweise noch niemals ausgezeichnet. Die Bedeutung des Parteigenossen Dr. Tratz ist mir voll bewußt und es ist kein Zweifel, daß er einer der nächsten sein wird müssen, der für die Verleihung des Kulturpreises in Aussicht zu nehmen ist.“ Damit war die Sache zugunsten von Karl Heinrich Waggerl entschieden. Er war nach Cesar Bresgen, Komponist, Leiter der Musikschule für Jugend und Volk an der Reichshochschule Mozarteum und HJ-Hauptgefolgschaftsführer, der zweite Preisträger des Kulturpreises der Gauhauptstadt Salzburg. Dass SS-Obersturmbannführer Eduard Paul Tratz, dessen „Haus der Natur“ 1939 in das „SS-Ahnenerbe“ integriert worden war, zugunsten von Waggerl das Nachsehen hatte, wurde von der „Ahnenerbe“-Außenstelle Süd-Ost in München dem Reichsgeschäftsführer SS-Standartenführer Wolfram Sievers mitgeteilt. Ob Sievers der Stadt bzw. dem Reichsgau Salzburg gegenüber Kritik an dieser Rochade äußerte, geht aus den vorliegenden Akten der Reichskulturkammer nicht hervor. Tratz sollte 1944 schließlich der letzte Preisträger des Kulturpreises der Gauhauptstadt Salzburg sein.
Annähernd zur gleichen Zeit, als Waggerl den Kulturpreis der Gauhauptstadt Salzburg überreicht bekam, entwarf der vertriebene Schriftstellerkollege Carl Zuckmayer, der bis 1938 sein Domizil im nahen Henndorf gehabt hatte und dann zunächst in die Schweiz, später in die USA emigriert war, für den US-amerikanischen Geheimdienst rund 150 Kurzporträts hochrangiger Personen des kulturellen Lebens in NS-Deutschland. Über die Tätigkeit der Porträtierten nach seiner eigenen Emigration wusste er nur mehr vom Hörensagen zu berichten. Karl Heinrich Waggerl schien bei Zuckmayer mäßigen Eindruck hinterlassen zu haben, hatte er doch sogar dessen Vornamen vergessen: „(Hans?) Waggerl – der ‚falsche Hamsun‘ des salzburger (sic) Landes – eine Zeitlang Entdeckung und Leuchte des Inselverlags als bodenständiger Dichter – hatte immer einen falschen Erdgeruch an sich und warf sich der Blu-Bo („Blut-und-Boden“-Strömung; Anm. d. Verf.) willfährig in die Arme. Ansprache beim Fackelzug nach dem ‚Anschluss‘ usw – Heimkehr ins Reich – und in die ‚Reichsschrifttumskammer‘. Begrabt ihn dort.“ Dass Waggerl 1943 vom offiziellen Salzburg hoch dekoriert wurde, hatte Zuckmayer offensichtlich nicht erfahren.
Soldat
Zum Zeitpunkt der Preisverleihung war Waggerl nicht nur Landesobmann in der RSK, erfolgreicher Schriftsteller und viel nachgefragter Vortragender, sondern offiziell auch Wehrmachtsangehöriger. Nach einer neuerlichen Musterung im Juli 1939 – Waggerl war zu diesem Zeitpunkt 42 Jahre alt – rückte er am 10. Mai 1941 als Oberfeldwebel in das Stellvertretende Generalkommando XVIII, Abteilung Ic, in der Stadt Salzburg mit Dienstort Hotel de l`Europe ein. Er wurde rasch befördert – mit 1. Jänner 1942 zum Leutnant, mit 1. August 1942 zum Oberleutnant, schließlich zum Hauptmann der Reserve –, leistete er doch „dem Generalkommando wertvolle Dienste auf dem Gebiete der Wehrpropaganda“. So betreute er etwa die vom XVIII. Korps herausgegebene Zeitschrift „Unser Alpenkorps“ mit, das von Jänner 1941 bis September 1944 erschien. Er war der Verbindungsmann des Stabes zur Wehrkreisbücherei, war für die Kriegsgräberfürsorge zuständig, vermittelte nach dem Überfall auf Jugoslawien Übersetzer in das annektierte Gebiet, koordinierte Ausstellungen und Theateraufführungen in Salzburg und empfing im Sommer 1941 in Uniform Schriftsteller aus befreundeten europäischen Staaten, die zu einer vom Propagandaministerium initiierten Deutschlandreise eingeladen wurden. Insgesamt lassen sich Waggerls Soldaten- und sein Schriftstellerleben ab 1941 bis Kriegsende nicht trennscharf abgrenzen, die Übergänge waren fließend, was ihm auch – neben seiner weniger kriegsstrategisch wichtigen als vielmehr militärisch identitätsstiftenden Aufgaben im Wehrkreiskommando – Spielraum verschaffte.
Unmittelbar nach Kriegsende setzte Waggerls militärischer Vorgesetzter im Generalkommando, Major Hugo Manz, einen „kurzen Erlebnisbericht“ über den „letzten Einsatz für Salzburg“ auf. Darin reklamierte er für sich und dem ihn unterstellten Hauptmann Waggerl, mit dem „Sicherheits- und Ordnungs-Dienst Manz“ aktiv an der kampflosen Übergabe Salzburgs mitgewirkt zu haben. Unterlagen über die angesprochene Einheit haben sich nicht erhalten, daher kann über Waggerls Verhalten gegen Kriegsende keine Aussage getroffen werden. Ein Jahr zuvor hatte er sich jedoch noch sehr prominent für das Regime und seinen „Führer“ eingesetzt. Den Höhepunkt seiner propagandistischen Verstrickung lieferte Waggerl nämlich am 20. April 1944, dem 55. Geburtstag von Adolf Hitler, im Salzburger Festspielhaus. Vor Gauleiter Gustav Adolf Scheel und den höchsten Würdenträgern der NSDAP, der Wehrmacht und des Staates sprach „der Heimatdichter Karl Heinrich Waggerl, aus tiefstem Herzen schöpfend, in einem heißen Bekenntnis des Glaubens und Vertrauens zum Führer den Dank der Heimat“, so die „Salzburger Zeitung“, die die pompöse Inszenierung im Vorfeld als „eine überzeugende Kundgebung der Liebe und des Vertrauens zum Führer“ angekündigt hatte. Auf Waggerls Worte folgten eine Gesangseinlage der Singgruppe der NS-Frauenschaft von Landa Clauß und andere Darbietungen, ehe Gaupropagandaleiter Dr. Heinz Wolff die Festrede hielt, die eine Eloge auf Adolf Hitler war. „Ergriffen lauschten alle, die an dieser wahrhaft feierlichen Stunde teilnahmen, den Worten heißer Liebe zum Führer und die Bewegtheit aller strömte zusammen in dem innigen Flehen: ‚Herrgott, Allmächtiger, wenn Du es für notwendig hältst, nimm unser kleines Leben, aber erhalte uns den Führer. Denn der Führer ist Deutschland, der Führer ist die Zukunft!‘“
Entnazifizierung
Nach dem Einmarsch der US-Armee in Salzburg wurde Karl Heinrich Waggerl wegen seiner NS-Vergangenheit als Bürgermeister von Wagrain festgenommen und in das Camp Marcus W. Orr, das „Lager Glasenbach“, gebracht, wo er bis August 1945 inhaftiert war. Während sich seine Ehefrau Edith Waggerl wiederholt ordnungsgemäß registrierte und angab, von 1938 bis 1945 Mitglied der NSDAP gewesen zu sein, kam ihr Mann der Registrierung als ehemaliges Mitglied der NSDAP zunächst nicht nach, da er „hinsichtlich [seiner] Zugehörigkeit zur NSDAP begründete Zweifel“ hatte, so Waggerl. In einer Erklärung vom 20. Oktober 1945 gab er wahrheitswidrig an, sich „niemals um Aufnahme in die nationalsozialistische Partei beworben zu haben“ und „nie und nirgends eine Beitrittserklärung abgegeben“ zu haben. Sollte er dennoch in „irgendwelchen Listen oder in einem anderen Zusammenhang als Parteimitglied genannt worden sein“, so sei dies laut seiner Ansicht ein „Übergriff des damaligen Ortsgruppenleiters“ aus Wagrain, Leopold Hudez, gewesen. An die Gemeinde Wagrain richtete er im September 1945 auch ein Schreiben, in dem er seine Gründe ausführte, warum er sich nicht registriert habe – nicht aus „Übermut oder aus schlechtem Gewissen (…), sondern nur weil sie [die Registrierung; Anm. d. Verf.] völlig sinnlos wäre“. Waggerl gerierte sich als Opfer der neuen Umstände, er sah sich selbstmitleidig dem „Würgeengel der Vergeltung“ gegenüber, „Gewalt und Willkür [sind] nicht gefallen, sondern nur übergelaufen“. Am Ende dieses Briefes stand die Bitte um „menschliche Würde“, um „das Wenige noch zu sagen, was mir am Abend eines nicht sehr glücklichen Lebens zu sagen übrig bleibt“. In einer zweiten Erklärung, die er am Tag nach seiner mehrstündigen Befragung durch das CIC in St. Johann im Pongau am 10. Februar 1946 verfasste, gab er seinem Rechtsanwalt Dr. Emmerich Singer die Schuld, dass er sich nicht registriert habe. Auf Veranlassung des CIC– die US-Behörden verhörten u. a. alle ehemaligen NS-Bürgermeister – wurde Waggerl schließlich am 20. Februar 1946 von der Gendarmerie St. Johann verhaftet und den zuständigen US-Stellen überstellt. Den Verhörenden gegenüber machte er sowohl falsche als auch geschönte Angaben. Außerdem legte er einen fünfseitigen Lebenslauf bei, in dem er angab, sich ordnungsgemäß registriert zu haben. Mehrere Unterstützungserklärungen sollten für seine Integrität bürgen, darunter ein Schreiben des Pfarrers von Wagrain, der Gemeindevorstehung von Wagrain, von Dr. Ludwig Praehauser, dessen Aufnahme in die RSK Waggerl ja befürwortet hatte, und vom Schriftstellerkollegen Alexander Lernet-Holenia. Allesamt sprachen sie ihn von politischen Verstrickungen frei. Die US-Stellen zeigten insgesamt kein Interesse an seinem kulturpolitischen Engagement, sondern lediglich an seiner Funktion als Bürgermeister von Wagrain. Hierbei kamen sie zu der finale Überzeugung: „a public spirited citizen, attempting to undo the wrongs committed by his predecessor.“ Waggerl war vor weiteren Untersuchungen sicher, er wurde bereits am Tag nach seiner Verhaftung wieder entlassen. Anders die österreichischen Behörden, die Waggerl nach dem Verbotsgesetz zu belangen versuchten. In einem Schreiben an „den Stadtmagistrat“ vom Mai 1946, das offensichtlich eine Reaktion auf die Aufforderung zur Registrierung war, wurde Waggerl sowohl angriffig als auch mitleidheischend. „Ich bedaure, nicht behaupten zu können, ich hätte niemals mit gewissen nationalsozialistischen Ideen sympathisiert und schon 1938 gewusst, was 1945 geschehen wird. Auch dass ich während der Zeit der nationalsoz. Herrschaft versucht habe, niemandem zu schaden[,] jedem zu helfen und anständig zu leben, spricht nicht zu meinen Gunsten, denn es ist selbstverständlich. Trotzdem wäre ich dankbar, wenn sich die Behörde entschliessen könnte, mir jenes geringe Mass von Ruhe, Sicherheit und Menschenwürde zurückzugeben, das ich brauche, um den Rest meines Lebens für meine künstlerische Arbeit verwenden zu können.“ Mit der Einstufung als „Minderbelasteter“ sollte Waggerl schließlich seine „Ruhe, Sicherheit und Menschenwürde“ zurückbekommen.
Nachkriegszeit
Karl Heinrich Waggerl schrieb im Jänner 1946 einen Brief an die „Salzburger Nachrichten“, dem er eine Manuskriptseite beilegte und um Veröffentlichung derselben bat. Erneut nahm er die Position des unpolitischen Opfers ein: „Wenn Sie also meiner Bitte nicht entsprechen können, dann lassen Sie mich lieber wieder schweigen, wie ich seit zehn [korrigiert: vielen] Jahren geschwiegen habe.“ Und er wurde bereits am 16. Februar 1946 bei der Information Services Branch (ISB) der US-Armee mit der Bitte vorstellig, „um dem Drängen meiner Leserschaft nachzugeben, wieder Vorlesungen aus eigenen Werken, auch durch den Rundfunk“, halten zu dürfen. Offensichtlich leitete die ISB dieses Ansuchen an die „Kommission für die politische Überprüfung der Künstler in Salzburg“ weiter, die Waggerl mit 20. Mai 1946 das Wiederauftreten in der US-amerikanisch besetzten Zone gestattete.
Bis der Dichter endgültig wieder Fuß fassen konnte im Literaturbetrieb der Nachkriegszeit sollten noch wenige Jahre vergehen, in denen seine Rolle in der NS-Zeit und sein Umgang mit der Vergangenheit in etlichen Medien thematisiert wurden. Hier sind primär die Kontroversen in den Zeitschriften „Plan“ und „Österreichisches Tagebuch“ zu nennen. In Letzterem baute Waggerl sich schließlich die Brücke zu seiner beginnenden Nachkriegskarriere: „Ich habe in vieler Hinsicht geirrt, das gebe ich zu, aber ich bin nicht allein mit diesem Bekenntnis. Auch unser Staatspräsident [Karl Renner; Anm. d. Verf.] hat solche Irrtümer einzugestehen oder Kardinal Innitzer [gemeint sind Karl Renners und Innitzers öffentliche Befürwortung des „Anschlusses“; Anm. d. Verf.] und deren Fehler hatten tiefere Wirkung als meine. Denn ich bin Künstler und nur in Sachen der Kunst bin ich wirklich verantwortlich.“ Nachdem um 1949 sowohl die öffentlichen Diskussionen über Waggerls Rolle im NS-System beigelegt waren und die Reintegration weiter Teile der „Ehemaligen“ Realität geworden war, konnte Karl Heinrich Waggerl „kontinuierlich zu einem der bekanntesten und gefragtesten Schriftsteller Österreichs der 50er und 60er Jahre (…), ja zum Inbegriff heimatverbundenen Dichter- und Österreichertums“ aufsteigen. Dazu passte, dass Waggerl vom deutschen Insel-Verlag zum österreichisch-katholischen Otto Müller Verlag mit Sitz in Salzburg wechselte, bei dem bereits Ende 1946 die entpolitisierte Neufassung seines „Pfingstidylls an der Reichsautobahn“ unter dem Titel „Die Pfingstreise“ erschienen war. Auch sein Engagement für die Erinnerung an Joseph Mohr in dessen letzter Wirkungsstätte Wagrain deutete in die katholische Richtung. Eine letzte, erneut ausweichende und verharmlosende Antwort auf sein Tun in der NS-Zeit und gleichzeitig die einzige Äußerung zum Holocaust schrieb der Autor in einem privaten Brief Anfang der 1950er Jahre nieder: „Ihre Frage, ob ich ein ‚Nazi‘ gewesen bin, kann ich nur mit der weitab – und doch so naheliegenden Gegenfrage beantworten, was ich denn hätte tun sollen. Für die Wahrheit sterben zu wollen, hielt ich von jeher für einen Unfug, – für die Wahrheit hat man zu leben. Und darum halte ich unter allen Opfern jenes Systems nur die Juden für eigentlich beklagenswert, denn sie waren wirkliche, wehrlose Opfer des Wahns.“ Da es sich um einen privaten Brief handelte, konnten andere Opfergruppen, für die diese Sichtweise wohl ein Schlag ins Gesicht war, dazu nicht Stellung beziehen. Als Ende der 1950er Jahre seine NS-Vergangenheit erneut Thema war, bediente Waggerl erneut antisemitische Topoi, wenn er in einem Brief an Otto Müller von „namhafte[n] Kritiker[n]“ sprach und die Macht des „gesamten deutschen KZ-Adel[s] und die literarische Semigration“ – eine Wortkombination aus „semitisch“ und „Emigration“ – anklagte.
Der österreichische Dichter aus Salzburg
Nachdem eine erste öffentliche Lesung von Karl Heinrich Waggerl im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Dichter der Gegenwart“ am 1. Oktober 1947 im Großen Saal des Mozarteums noch zwiespältige Reaktionen hervorgerufen hatte, gelang es dem Autor in den folgenden Jahren, an seinen früheren Status anzuschließen, nicht zuletzt, da Otto Müller ab 1948 Waggerls „Gesammelte Werke“ publizierte. Dominante Topoi von Waggerls Arbeiten nach 1945 waren heiter-verklärende autobiografische Rückblicke in die Kindheit (z. B. „Fröhliche Armut“, 1948), seine Hinwendung zum „Österreichischen“ als Sinnbild des Naturhaft-Kleinräumigen, seine Blumen-Geschichten und schließlich erbauliche, das einfache Leben beschreibende Erzählungen rund um Weihnachten. Letztere standen in engem Zusammenhang mit dem Salzburger Adventsingen, das 1946 von Tobi Reiser gegründet wurde und bei dem Waggerl seit 1952 sonor seine Advents- und Weihnachtsgeschichten vortrug. Dass der Dichter Ende der 1950er Jahre eine unumstrittene kulturelle Größe in Salzburg war, belegt die Tatsache, dass der Bürgermeister der Stadt Salzburg Alfred Bäck, Landeshauptmann Josef Klaus und Landesrat Josef Kaut ihn zur Mitarbeit im Kuratorium der Salzburger Festspiele einluden. Waggerl lehnte dies ab, er konzentrierte sich auf sein Schreiben, seine Leseabende sowie auf Auftritte in Hörfunk und Fernsehen. Bis 1945 waren ca. 500.000 Bücher aus seiner Feder verkauft, Anfang der 1960er Jahre waren seine Werke bereits über zwei Millionen Mal über die Verkaufstresen gewandert. Erzählungen aus der Feder von Karl Heinrich Waggerl waren in jenen Jahren in beinahe allen österreichischen Schullesebüchern zu finden.
Lang ist die Liste an Ehrungen und Auszeichnungen, die Karl Heinrich Waggerl nach 1945 erhielt. Genannt seien der Wappenring der Stadt Salzburg 1956, der Ehrenring des Landes Salzburg zum 60. Geburtstag 1957, der Ehrenbürgerbrief der Stadt Salzburg und das Österreichische Ehrenzeichen für Wissenschaft und Kunst 1967 zum 70. Geburtstag sowie der Titel Ehrensenator der Universität Salzburg 1973.
Karl Heinrich Waggerl starb an den Folgen eines Autounfalls am 4. November 1973 im Krankenhaus Schwarzach. Er wurde vier Tage später auf dem Friedhof Wagrain begraben, unter den 2.000 Anwesenden befanden sich Landeshauptmann Dipl.-Ing. DDr. Hans Lechner (ÖVP), der Salzburger Bürgermeister Heinrich Salfenauer (SPÖ) und der Rektor der Universität Salzburg, Univ.-Prof. Dr. Franz Nikolasch.
Straßenbenennung
Im Sommer 1978 wandte sich Altlandeshauptmann Hans Lechner (ÖVP) an den Bürgermeister der Stadt Salzburg, Heinrich Salfenauer (SPÖ). Er, Lechner, sei „aus Wagrain“ darauf „aufmerksam gemacht“ worden, „daß sich der Todestag von Karl Heinrich WAGGERL – Ehrenbürger der Stadt Salzburg – zum fünften Mal jährt. Man würde es nun in Wagrain sehr begrüßen, wenn nach dem wichtigen Salzburger Dichter doch auch eine Straße benannt würde. Ich weiß, daß es derzeit nicht sehr viele Möglichkeiten für die Benennung einer entsprechend repräsentativen Straße bzw. eines Platzes nach ihm gibt; bitte Sie aber doch herzlich, Ihren Einfluß darauf geltend zu machen, daß möglichst bald eine solche Ehrung, des so bedeutend gewesenen Mannes, vorgenommen wird.“ Salfenauer antwortete umgehend, musste aber einschränken: „Wie Sie in Ihrem Schreiben ja selbst betonen, sind derzeit Straßenbenennungen nur mehr sporadisch erforderlich. Selbstverständlich kann für einen so bedeutenden Mann nicht eine beliebige kleine Straße, womöglich an der Peripherie gelegen, in Betracht gezogen werden. Zudem wurde an mich von anderer Seite das Ersuchen gestellt, bei der Benennung einer Verkehrsfläche nach K. H. Waggerl darauf zu achten, daß in möglichster Nähe eine weitere Straße nach Tobi Reiser benannt wird. Dieser Bitte, die ihren Ursprung in der engen Freundschaft der beiden Männer zu ihren Lebzeiten hat, sollte natürlich auch entsprochen werden. Ich habe das zuständige Amt beauftragt, die Angelegenheit in Vormerkung zu nehmen, und bin sicher, daß bei nächster sich bietender Gelegenheit Ihre Anregung aufgegriffen wird.“ Wer die Bitte nach der gleichzeitigen Benennung einer Straße nach Waggerl und Reiser vorgebracht hatte, ist nicht überliefert.
Als im Sommer 1981 die Verbauung der ehemaligen Schließelberger-Gründe in Maxglan durch die Gemeinnützige Wohn- und Siedlungsgesellschaft GSWB begann, ersuchte das Vermessungsamt das Kulturamt, Vorschläge für die Benennung von drei neuen Straßenzügen zu übermitteln. „Über mündlichen Antrag der GSWB sollte der Straßenname Schließelbergerweg (alt eingesessene Bezeichnung und orientierungsmäßige Anschrift für das ganze Bauvorhaben) beibehalten bleiben und für das mittlere Wegstück verwendet werden.“ Doch es kamen eineinhalb Jahre lang keine Anregungen, deshalb urgierte die GSWB selbst Anfang Februar 1983 beim Kulturamt. „Da die Wohnungswerber laufend bei uns anfragen, welche Adresse Sie (sic) für Ihre (sic) künftige Wohnung bei den diversen Ämtern und bei der Salzburger Landesregierung Abt. X als Darlehensgeber angeben können, ist die Festlegung der Straßenbezeichnung vordringlich geworden.“ Die Zeit drängte also, daher machte die GSWB zwei Monate später eine weitere Eingabe in der Sache, nunmehr direkt bei Bürgermeister Dipl.-Ing. Josef Reschen (SPÖ). Diese überschnitt sich mit der Vorlage des Amtsberichts der Kulturabteilung vom 7. April 1983, in dem unter „Vorgang 5“ zu lesen ist: „Seit längerer Zeit liegt beim Amt der Vorschlag zur Benennung nach Karl Heinrich Waggerl auf. Die zweite Straße soll nach der alten Flurbezeichnung Schließelbergerweg benannt werden und die Straße Nummer drei nach Tobias Reiser.“ Daher möge der Gemeinderat beschließen: „Die im zuliegenden Plan Beilage 7 mit 1 bezeichnete Straße wird ‚Waggerlstraße‘ benannt; (…).“ Der Kulturausschuss stimmte diesem „kurzfristig vorgeschlagene[n] Bericht“ in seiner ebenfalls am 7. April abgehaltenen Sitzung zu, wobei er „von der ÖVP-Fraktion zur Klubberatung erbeten“ wurde, „jedoch möge er am 11. 3. 1983 im Senat behandelt werden. Die Vertreter der SPÖ, BL und FPÖ sprechen sich für eine unverzügliche Weiterleitung an den Senat aus.“ In den Beratungen des Senats ersuchte Gemeinderat Dr. Walter Sulzberger (ÖVP), „in Zukunft bei der Beschlußfassung über Straßenbenennungen wiederum die bisher übliche Vorgangsweise einzuhalten. Die ÖVP-Fraktion stimme aber ebenso wie die anderen Fraktionen dem Amtsvorschlag zu.“ Nachdem Senatsrat Dr. Richard Lepuschitz vom Kulturamt versichert hatte, „daß seitens der Abt. II nicht daran gedacht sei, die bisherige Vorgangsweise abzuändern“, und er „um Verständnis für die dringliche Behandlung des vorliegenden Aktes“ gebeten hatte, stimmten die Mitglieder den Vorschlägen einstimmig zu. In der Sitzung des Gemeinderates am 3. Mai 1983 erfolgte schließlich der einstimmige Beschluss (15 SPÖ, 11 ÖVP, 6 Bürgerliste, 6 FPÖ) der Benennung, wobei Gemeinderätin StR Dipl.-Vw. Margot Hofer (FPÖ) ersuchte, „Anrainerwünsche dahingehend zu berücksichtigen, daß bei der Straßenbezeichnung ‚Waggerlstraße‘ die Vornamensbezeichnung im Straßennamen mitangeführt wird“. Diese Anregung wurde aufgegriffen, die endgültige Benennung lautete demnach „Karl-Heinrich-Waggerl-Straße“.