Hans Schmid
Musiker, Komponist
* 20. November 1893 in Klein Tajax, Kronland Böhmen (heute Dyjákovičky, Tschechien)
† 27. Mai 1987 in Salt Lake City, Utah, USA
Benennung des Platzes: Hans-Schmid-Platz, beschlossen am 18. August 1993
Lage: Maxglan; Kreisverkehr als Kreuzungspunkt der Innsbrucker Bundesstraße, Kleßheimer Allee und Siezenheimer Straße.
Johann Schmid wurde am 20. November 1893 im Dorf Klein Tajax / Kleintajax (heute Dyjákovičky, Tschechien) in Südmähren, rund vier Kilometer von Znaim (heute Znojmo, Tschechien) und zehn Kilometer von der heutigen österreichischen Grenze entfernt, geboren. Der Kooperator der dortigen Kirche, Johann Gottwald, nahm zwei Tage später die römisch-katholische Taufe vor. Hans Schmid kam aus bescheidenen Verhältnissen, seine Eltern Thomas und Margaretha, geborene Promper, waren Kleinbauern, die ein Stück Land besaßen. Hans Schmid besuchte vom 1. September 1899 bis 31. März 1907 die Volksschule in Klein Tajax. Für sein weiteres Leben entscheidend war die frühe musikalische Prägung durch seinen Vater, der im Heimatdorf als Tanzmusiker aktiv und Leiter einer Tanzkapelle sowie eines Streichorchesters war. Thomas Schmid unterrichtete seinen Sohn in mehreren Blechblasinstrumenten. Mit zehn Jahren trat Hans Schmid schließlich erstmals in der Kapelle seines Vaters auf. Zudem erhielt er Unterricht in der Musikschule in Znaim. Die Begabung des Jugendlichen sollte durch eine Ausbildung am Konservatorium in Wien gefördert werden, doch konnte die Familie die dafür notwendigen finanziellen Mittel nicht aufbringen. Die einzige Möglichkeit einer musikalischen Karriere bestand innerhalb einer der zahlreichen Militärmusikkapellen der Habsburgermonarchie.
Zum Rainerregiment nach Salzburg
Im Jahr 1909 kam Hans Schmid als 15-Jähriger nach Salzburg, um hier als Musikeleve beim Infanterieregiment Nr. 59 Erzherzog Rainer ausgebildet zu werden. Vermittelt wurde dieses Engagement durch einen seiner Lehrer in Znaim, Josef Winkler, der vor seiner Tätigkeit in Mähren Leiter der Fürst-Auersperg-Kapelle in Salzburg gewesen war und nun per 1. März 1909 in diese Funktion nach Salzburg zurückkehrte. Mit vier anderen Jugendlichen wurde Hans Schmid als Geiger und Bassflügelhornist in die Regimentskapelle aufgenommen. Viel Zeit verwendete der Jugendliche für eigene Kompositionen von Märschen für Blas- und Streichorchester, von denen bis Kriegsbeginn rund 20 entstanden. Mit Erreichen des 18. Lebensjahres wurde Hans Schmid „am 21. November 1910 freiwillig vom Musikeleven auf drei Jahre in der Linie, sieben Jahre in der Reserve und zwei Jahre in der Landwehr zum I.R. 59“ aufgenommen. Er blieb der Militärmusik als Teil des Regimentsstabs zugeteilt und wurde mit Umarbeitungen von Musikstücken betraut, die von der Kapelle vor allem bei öffentlichen Darbietungen gespielt wurden. Hans Schmid erreichte den Dienstgrad des Musikfeldwebels, dem es gestattet war, die Regimentsmusik zu dirigieren. Zwischen 1912 und 1914 war er in Bregenz stationiert, da die Kapelle dorthin versetzt worden war.
Im Ersten Weltkrieg – Der „Rainermarsch“ entsteht
Das Rainerregiment wurde unmittelbar mit Kriegsausbruch mobilisiert. Von Ende August 1914 bis zum Jahr 1916 war Hans Schmid am Kriegsschauplatz gegen das russische Zarenreich in Galizien als Sanitäter und Musiker eingesetzt. Laut seinen eigenen Angaben instrumentierte er im Herbst 1915 in einer orthodoxen Kapelle im galizischen Chorlupy (heute Khorlupy, Ukraine) den „Rainermarsch“, zu dem der Korporal Josef Schopper den Text verfasste. Die Uraufführung des Marsches fand am 11. September 1915 bei einem Platzkonzert der Militärkapelle im Schlosshof der Stadt Olyka (heute Ukraine) statt. Die Komposition des 21-jährigen Feldwebels habe bei allen Anwesenden höchste Anerkennung gefunden, der „Rainermarsch“ verbreitete sich rasch und wurde zu Hans Schmids zentralem Werk, das ihm überregionale Bekanntheit einbrachte. 1916 wurde Hans Schmid an die italienische Front versetzt, wo er u. a. am Monte Cimone als Sanitäter, Melder und Musiker verwendet wurde. In der ersten Jahreshälfte 1917 kommandierte ihn der Stab zum Musikdienst bei den Kaiserjägern nach Innsbruck ab. Wann er von dort wieder zurück ins Feld ging und wo er das Kriegsende erlebte, ist unklar. Während seiner aktiven Dienstzeit im Rainerregiment erhielt Hans Schmid das Mannschafts-Dienstzeichen 3. Klasse, die Bronzene Tapferkeits-Medaille (1916) und das Karl-Truppenkreuz (1918). Nach Kriegsende kehrte Hans Schmid mit einem Lungenleiden nach Salzburg zurück, wo er das Attest einer 25- bis 35-prozentigen Berufsunfähigkeit erhielt. „1918 hatte ich meine Gesundheit, meine Heimat [gemeint ist sein Geburtsort in Mähren, Anm. d. Verf.] und meine Existenz verloren“, soll Hans Schmid später geäußert haben. Nach seiner offiziellen Ausmusterung am 30. oder 31. Mai 1919 hielt er sich in den Monaten nach Kriegsende als Musiker in Stummfilmkinos und Kirchenmusiker finanziell über Wasser. In den letzten Tagen seines aktiven Militärdienstes heiratete Hans Schmid am 26. Mai 1919 Hedwig Gumplmaier, die er seit 1916 kannte, in deren Heimatort Haag am Hausruck (OÖ).
Beruf und Musik
Unmittelbar nach seinem offiziellen Ausscheiden aus dem Militär trat Hans Schmid mit 1. Juni 1919 die Stelle eines Gemeindesekretärs in Tamsweg im Lungau an. Gleichzeitig übernahm er das Amt des Kapellmeisters der Tamsweger Bürgermusik, gründete ein Salonorchester im Ort und forcierte den Aufbau einer Kapelle im nahen Seetal. Wie damals üblich gab er auch Unterricht in verschiedenen Instrumenten, vor allem aber schuf er weitere Kompositionen, die von den lokalen Ensembles aufgeführt wurden. Untypisch, wirtschaftlich jedoch weitsichtig war die Tatsache, dass Hans Schmid zur besseren Vermarktung seiner Werke Anfang der 1920er Jahre einen eigenen Musikverlag, den „Mozart-Verlag“, gründete. Im Sommer 1922 verließ er Tamsweg und wechselte als Gemeindesekretär nach Straßwalchen in den Flachgau, wo er bis 1925 auch als Kapellmeister des Orchesters der Theatergesellschaft fungierte. Ab 1. April 1925 war Hans Schmid als kaufmännischer Beamter für die Stiegl-Brauerei in Maxglan tätig, gemeinsam mit seiner Frau bezog er eine Wohnung in der Nußdorferstraße 8. Nur wenige Wochen später, am 24. Mai, dirigierte er seinen „Rainermarsch“ bei den Feierlichkeiten zur Enthüllung des Rainer-Denkmals auf der Festung Hohensalzburg, der hunderte Veteranen aus Salzburg, Tirol und Oberösterreich sowie politische Vertreter beiwohnten. Bereits am 10. April 1925 übernahm Hans Schmid die Leitung der 1879 gegründeten Musikkapelle Maxglan, die er bis 1930 und wieder von 1934 bis 1938 innehatte. In das Einstandsjahr fiel auch die Einkleidung der Musiker in Tracht und die damit einhergehende Umwandlung in die Trachtenmusikkapelle Maxglan. Unter Schmid sollte der Klangkörper über Salzburg hinaus Bekanntheit erlangen, so wurden beispielsweise 1934 im Wiener Konzerthaus mehrere Schallplattenaufnahmen gemacht. Zudem komponierte (und verlegte) Hans Schmid in jenen Jahren eine große Zahl an Musikstücken, darunter das 1935 in seinem „Mozart-Verlag“ gedruckte und der Stadt Salzburg gewidmete Lied „O Mozartstadt, dir gilt mein Gruß!“, das im Mai 1937 vom Männergesangsverein Maxglan uraufgeführt wurde.
Deutschnationalismus
Wie viele Altösterreicher, die nach dem Ersten Weltkrieg ihre Heimat in den deutschsprachigen Gebieten der Habsburgermonarchie verloren hatten, war auch Hans Schmids politische Heimat der (gemäßigte) Deutschnationalismus. Seinem Biografen zufolge war Schmid „in Straßwalchen in Kontakt mit deutschnationalen Kreisen gekommen“, Müller schreibt von einem „parteipolitisch ungebundenen, aber deutschbewußten Komponisten“. Bereits in den 1920er Jahren komponierte Schmid Märsche und Marschlieder mit den Titeln „Germanentreue“ (1922), „Schwarz-Rot-Gold“ (1924) und „Deutscher Mahnruf“ (1927). Nach seiner Übersiedlung in die Stadt Salzburg verstärkte er sein Engagement im Deutschen Schulverein Südmark, der deutschnational ausgerichtet war und sich als Abwehrverein gegen nichtdeutsche Einflüsse positionierte. Wenige Wochen nach der Machtübernahme der NSDAP in Deutschland gab die Liedertafel Bad Reichenhall ein Frühjahrs-Konzert, bei dem u. a. Hans Schmids Walzer „Salzburger Glockenspielkinder“ aufgeführt wurde und das mit dem Stück „Deutschland erwache!“ des Komponisten Josef Reiter endete. 1930 komponierte Hans Schmid den Marsch „Hoch Sudetendeutschland“. Der Text stammte von Franz Krotsch, der ab 1933 NSDAP-Mitglied, in der illegalen Gauleitung aktiv und während der NS-Herrschaft als SA-Hauptsturmführer hoher Politfunktionär in Salzburg war.
Bis wenige Monate vor dem „Anschluß“ war Hans Schmid offiziell Staatsangehöriger der Tschechoslowakei. Nachdem er auf Intervention von Landeshauptmann Dr. Franz Rehrl im Juni 1937 seine tschechoslowakische Staatsbürgerschaft ablegen hatte können, wurde ihm im Herbst 1937 die Landesbürgerschaft im Land Salzburg verliehen, die automatisch die Verleihung der österreichischen Bundesbürgerschaft nach sich zog. Hans Schmid erhielt am 23. September 1937 das Heimatrecht in Salzburg-Maxglan.
NS-Zeit
Zwei Monate nach dem „Anschluß“ stellte Hans Schmid am 13. Mai 1938 den Antrag um Aufnahme in die NSDAP. Er wurde rückwirkend mit 1. Mai 1938 und der Mitgliedsnummer 6.319.577 aus dem „Illegalenblock“ aufgenommen. Nach 1945 gab er an, „ca. 1 ½ Jahre vor Kriegsende als Aushilfs-Blockleiter trotz meines Einspruches herangezogen“ worden zu sein. Wie häufig in derartigen Fällen berief er sich auf seine Aushilfsfunktion, da diese Kategorie vom Verbotsgesetz nicht erfasst wurde. Eine nach 1945 angelegte Liste verzeichnete Hans Schmid als Blockleiter in der Ortsgruppe Maxglan-Süd. Über seine Tätigkeit als (Aushilfs-)Blockleiter ist nichts aktenkundig.
Wenig ist über das musikalische Schaffen von Hans Schmid in der NS-Zeit bekannt. „Zwischen 1938 und 1945 schwieg der Komponist Hans Schmid. Keine einzige Komposition ist in diesen Jahren entstanden“, so sein Biograf. Laut eigenen Angaben im Zuge des Entnazifizierungsverfahrens trat Hans Schmid, der Ende März 1940 seine Arbeit bei der Stieglbrauerei beendet hatte und in die Brillant-Bodenwachs-, Schuh- und Bodenpflegemittel-Firma Seilinger gewechselt war, im Februar 1944 als „Musikleiter“ dem Nationalsozialistischen Kraftfahr-Korps (NSKK) bei, verließ es aber im Juni desselben Jahres „über eigenes Ansuchen“ wieder. Nachweisbar ist zudem Schmids Einsatz für eine weitere parteinahe Musikorganisation, das „Freizeitstudio-Orchester“. „Freizeitstudio“-Einrichtungen waren eine im Frühjahr 1943 ins Leben gerufene Sparte der Organisation „Kraft durch Freude“ (KdF), Abteilung Feierabend, in der Deutschen Arbeitsfront (DAF). Es gab sie im gesamten Reichsgebiet, ihre Aufgabe war es, Wehrmachtstruppen und die Arbeiterschaft in Betrieben mit kulturellen Darbietungen zu unterhalten. „Da in letzter Zeit auch eine Anzahl von Künstlern zum Heeresdienst einberufen worden ist, macht sich ein Mangel an Kräften bemerkbar, um den Anforderungen der kulturellen Truppenbetreuung gerecht zu werden. Aus diesem Grund hat die NS.-Gemeinschaft ‚Kraft durch Freude‘ ein Freizeitstudio ins Leben gerufen, das die Aufgabe hat, während des Krieges zusätzlich den Amateureinsatz für die Wehrmachtsbetreuung zu organisieren.“ Unter der Überschrift „Wer tut mit im Freizeit-Studio?“ rief die „Salzburger Zeitung“ im September 1943 Laien im gesamten Gau dazu auf, sich in dieser von DAF-Leiter Robert Ley initiierten Neugründung zu engagieren. Wenige Wochen später, im Dezember 1943, berichtete das Blatt von einem Lehrgang der DAF auf der Gauschulungsburg Hohenwerfen. „Ein Burgabend mit dem Einsatze des KdF-Freizeitstudios brachte eine Reihe ansprechender Laienkünstler. Besonderer (sic) Beifall gewann der Leiter der Freizeitstudio-Musikkapelle Hans Schmid, der wiederholt seinen ‚Rainermarsch‘ vortragen mußte, den er bekanntlich 1915 an der russischen Front komponiert hatte.“ Im Rahmen des Kriegs-Winterhilfswerks trat die Kapelle unter Schmids Leitung Anfang April 1944 im Rathaus auf. Informationen über die personelle Zusammensetzung der Kapelle sowie über das Repertoire des Salzburger Ensembles liegen nicht vor. Der angesprochene „Rainermarsch“ war jedenfalls während der Jahre der NS-Herrschaft – insbesondere in militärischen Kontexten – eine fixe Größe. So wurde er beispielsweise bei einem Standkonzert des Musikkorps des I. Gebirgsjäger-Regiments 137 auf dem Makartplatz am 20. November 1938 aufgeführt. Häufig dienten die öffentlichen Darbietungen der Sammlung von Geldbeträgen, so beispielsweise bei einem Konzert der 137er, das die Ortsgruppenleitung von Straßwalchen im März 1943 organisierte. Eine Aufführung von Schmids Marsch wurde versteigert, „wofür ein Betrag von RM 1042,- erzielt wurde“, was ziemlich genau dem Durchschnittseinkommen eines halben Jahres entsprach. Trotzdem kam diese Summe bei Weitem nicht an jene heran, die der Marsch im Jänner 1941 bei der Sammlung des Winterhilfswerks in Bad Gastein eingebracht hatte. „Die Wogen der Begeisterung kannten fast keine Grenzen mehr, die Zuschläge wollten kein Ende nehmen, als Bürgermeister SA-Sturmhauptführer (sic) Wörther den Rainermarsch zur Versteigerung brachte; dieser Marsch allein trug 6000 RM ein!“
Entnazifizierung
Am 31. Mai 1946 füllte Hans Schmid das Meldeblatt zur Registrierung der Nationalsozialisten aus und gab dieses bei der für ihn zuständigen Kartenstelle Maxglan-Süd ab. Im Formular, das er bereits zwei Wochen zuvor datiert hatte, gab er an, von „Mai 1938“ bis „Kriegsende“ Mitglied der NSDAP gewesen zu sein und fügte hinzu: „Ich habe kein Mitgliedsbuch gehabt sondern nur eine Karte, ob dies als Mitglied o. Anwärter zu werten ist, kann ich nicht feststellen.“ Derartige Angaben finden sich häufig in Registrierungsakten, war die Aufnahme in die NSDAP doch formal erst mit Aushändigung des Mitgliedsbuches vollzogen und gültig. Gleichzeitig legte Hans Schmid ein „Ansuchen um Entregistrierung“ bei, in dem er fünf Punkte anführte, die seiner Meinung nach für eine Herausnahmen aus den Listen der Nationalsozialisten sprachen. „Meine Anmeldung zur NSDAP erfolgte erst nach dem vollzogenen Anschluss und zwar auch nur deshalb, weil ich damals in einem Grossbetrieb als Angestellter beschäftigt war und daher – infolge meiner Kränklichkeit – die grosse Sorge um die Erhaltung der Existenz gegeben war.“ Weshalb er an dieser Stelle seinen damaligen Arbeitgeber, die Stiegl-Brauerei, nicht beim Namen nannte, bleibt unklar. Im Anschluss beteuerte Schmid, er habe durch seine Parteizugehörigkeit „keinerlei Vorteile und Nutzen gezogen“ und niemandem geschadet, womit er nach § 27 des Verbotsgesetzes eine Ausnahme von der Verzeichnung erwirken wollte. Punkt 3 ist der ausführlichste, versuchte er sich und seine Frau doch damit als Opfer des NS-Regimes darzustellen: „Durch meine Person wurde niemand geschädigt oder angezeigt. Vielmehr wurden ich und meine Frau, ob unseres passiven Verhaltens, von einem Parteigenossen schriftlich beim Gauleiter Scheel angezeigt und Genannter führte u. a. aus, ‚dass wir politisch nicht einwandfrei seien und dass solchen Elementen das Handwerk gelegt werden müsse‘. Diesbezüglich hatte ich mich dann bei der Ortsgruppe zu rechtfertigen. Ueberdies wurde meine Frau von dem Genannten vor das hies. Gericht gebracht und dann stundenlang von der Gestapo einem Kreuzverhör unterzogen.“ Diese Behauptung blieb nicht überprüfbar, da Schmid den Namen des besagten Parteigenossen nicht preisgab. „Es liegt mir nicht, an Menschen, welche teils aus Verblendung, teils aus Egoismus oder mangelhaften Charakters anderen Unannehmlichkeiten bereiteten, Vergeltung üben zu wollen, sondern ich möchte hier nur aufzeigen, in welcher heiklen Situation ich mich selbst befunden habe und danke Gott, dass die Zeit der Bespitzelung vorüber ist.“ Diese Aussage ist insofern pikant, als Hans Schmid in seiner Funktion als Blockleiter selbst Teil dieses Bespitzelungsapparates war. Schmid führte weiters aus: „Ich war vor 1938 ein guter Oesterreicher, bin es auch dann geblieben und werde es auch in Zukunft bleiben. Als ich im Frühjahr 1944 Musikleiter beim NSKK war, setzte ich anlässlich eines öffentlichen WHW-Konzertes (Winterhilfswerk-Konzertes, Anm. d. Verf.) in Seekirchen, in Absicht, den Marsch ‚Aller Ehren ist Oesterreich voll‘, auf das Programm und brachte das Stück auch zur Aufführung. Diese Angelegenheit hatte ein, der damaligen Zeit entsprechendes Nachspiel und endete dann mit meinem Austritt aus dem NSKK und zwar über mein eigenes Ansuchen.“ Erneut machte er keine Ausführungen über die Art dieses „Nachspiels“, sondern verblieb in seiner allgemeinen Argumentation. Zuletzt gab Schmid an, seinen Arbeitseinsatz „zur Gänze abgeleistet“ zu haben. Dem Ansuchen lagen drei beinahe wortidente Schreiben bei, in denen die Unterzeichner Hans Schmid ein vorbildliches Verhalten während der Jahre der NS-Herrschaft attestierten. Die Schriftstücke stammten von Alfred Stutz, Direktionsrat der Landeshypothekenanstalt Salzburg, Regierungsrat Dr. Anton Rupprechter, Leiter des Landesinvalidenamtes, und dem Maxglaner Musikkameraden Karl Reischl. Weitere Vorgänge im Entnazifierungsverfahren sind nicht aktenkundig. Auf der Innenseite des Aktendeckels zum Akt Hans Schmid ist mit Bleistift vermerkt: „Verfügung Minderbelastet 26. VII. 47“. Die Registrierungsbehörde im Stadtmagistrat forderte Schmid im März 1948 schließlich auf, Angaben über Staatsbürgerschaft, frühere Berufe und Wohnsitze zu wiederholen. Neben seiner österreichischen Staatsbürgerschaft führte er seine ausgeübte Tätigkeit als Buchhalter im „Brillantwerk“ in der Emil Koflergasse 2 an, bei „erlernter Beruf“ machte er die missverständliche Angabe „Buchhalter (Musik)“. Zudem habe er im angefragten Zeitraum ständig in „Salzburg-Maxglan“ gelebt. Dem Akt liegen keine weiteren Schriftstücke ein.
Nachkriegszeit
Nach Kriegsende wurden Hans und Hedwig Schmid aus der Nußdorferstraße 8 ausquartiert, sie zogen in die Eduard-Herget-Straße 4, blieben jedoch nur bis Herbst 1946 dort. Ihre nächste Wohnadresse ist die Nikolaus-Kronser-Straße 1. Im Februar 1948 schließlich übersiedelten sie in das Haus Brötznerstraße 6. Alle genannten Wohnorte des Ehepaars Schmid liegen in einem Umkreis von 200 Meter voneinander entfernt.
Hans Schmid nahm seine Tätigkeit als Musiker und Komponist nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wieder auf. Gleichzeitig war er in den ersten Nachkriegsjahren als Kapellmeister der Trachtenmusikkapelle Maxglan und als Dirigent vor allem in Salzburg und im oberösterreichischen Inn- und Hausruckviertel aktiv. Schmid beförderte maßgeblich die Traditionspflege seines Rainermarsches, so etwa beim „großen volkstümlichen Kompositionskonzert des Salzburger Komponisten Hans Schmid unter der Devise ‚35 Jahre Rainermarsch‘“, das am 30. September 1950 im großen Saal des Stiegl-Kellers stattfand und von der Polizeimusikkapelle Salzburger unter Kapellmeister Rudolf Topf gespielt wurde. Am 30. Juni 1951 wurde es in gleicher Besetzung in Ried im Innkreis wiederholt.
Hans Schmid hatte sich in den Besatzungsjahren sowohl mit US-Amerikanern angefreundet als auch Widmungskompositionen wie den Marsch „Gruß an Tusla“ (1949) geschaffen. Hintergedanke war die geplante Auswanderung in die USA, wobei die Beweggründe für diesen Schritt des erfolgreichen und angesehenen Komponisten bis heute nicht klar sind. Von fehlenden wirtschaftlichen Perspektiven ist immer wieder die Rede. Das Ehepaar Schmid verließ im März 1952 Salzburg, überquerte an Bord der Queen Mary den Atlantik und zog in die Stadt Tusla in Oklahoma. Seinen Lebensunterhalt verdiente Hans Schmid zunächst als Klavierstimmer und Musiklehrer an einer High School, während seine Frau als Kinderfrau arbeitete. Die Gründung einer eigenen Musikschule mit dem Namen „Mozart Music Studios“ sollte den Schmids den Weg in die Selbständigkeit ebnen und es Hans Schmid ermöglichen, erneut als Komponist und Dirigent tätig zu sein. Obwohl Hans und Hedwig Schmid ursprünglich beabsichtigt hatten, nach wenigen Jahren wieder nach Salzburg zurückzukehren und hier ihren Lebensabend zu verbringen, blieben sie bis auf die kurze Zeitspanne von Mai 1964 bis Oktober 1965, in der sie im oberösterreichischen Weibern Quartier bezogen, in den USA wohnhaft und wurden auch US-amerikanische Staatsbürger. Freunde hielten sie über das Leben und die blasmusikkulturelle Entwicklung in Österreich, an der sie weiterhin großes Interesse zeigten, auf dem Laufenden. Nachdem Hans Schmid 1964/65 anlässlich der 50. Wiederkehr der Uraufführung seines Rainermarsches dessen Verbreitung intensiv bewarb und bei einer großen Zahl an Konzerten selbst dirigierte, kehrte er im Herbst 1965 gemeinsam mit seiner Frau in die USA zurück, als neuen Wohnort wählten sie die Stadt Salt Lake City im Bundesstaat Utah. Über eine dauerhafte Rückkehr nach Salzburg bzw. Österreich fanden bis ins hohe Alter von Hans Schmid immer wieder Gespräche statt, die zu keinem Ergebnis führten.
Der Komponist des Rainermarsches erhielt zu Lebzeiten eine große Zahl an Ehrungen. 1964 wurde er zum Ehrenkapellmeister der Trachtenmusikkapelle Maxglan ernannt, im Dezember des gleichen Jahres erhielt er im Marmorsaal von Schloss Mirabell das Bürgerrecht der Stadt Salzburg verliehen. 1966 ernannte ihn der Landesverband der Blasmusikkapellen zum Ehrenkapellmeister aller Salzburger Blasmusikkapellen. Der 85. Geburtstag von Hans Schmid im Jahr 1978 schrieb ihn im öffentlichen Gedächtnis endgültig, aber auch ausschließlich als Schöpfer des Rainermarsches fest. Er erhielt nicht nur das Verdienstzeichen in Gold des Salzburger Blasmusikverbandes und das Ehrenzeichen des Rainerbundes, sondern auf Antrag von Landeshauptmann Dr. Wilfried Haslauer das Goldene Verdienstzeichen des Landes Salzburg verliehen, das ihm durch den österreichischen Generalkonsul in Los Angeles übergeben wurde. In diesem Jahre wurde auch eine Kurzfassung des Rainermarsches auf die Messingwalze des Glockenspiels gesetzt. Mehrfach besuchte Hans Schmid in den 1980er Jahren seine alte Heimat, wo er mit weiteren Auszeichnungen bedacht wurde. 1981 erhielt er das Große Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Salzburg, das Silberne Stadtwappen der Landeshauptstadt Salzburg und das Ehrenzeichen in Gold des Salzburger Kameradschaftsbundes. Der Rainerbund machte ihn zu seinem Ehrenmitglied. 1983 verlieh ihm Bundespräsident Rudolf Kirchschläger auf Antrag des Salzburger Landeshauptmannes beim Unterrichtsministerium den Berufstitel Professor.
Hans Schmid starb im Alter von 93 Jahren am 27. Mai 1987 in Salt Lake City. Sein Leichnam wurde auf Initiative des Rainerbundes mit Zustimmung der Witwe nach Salzburg überführt, wo er im September 1987 in einem Ehrengrab auf dem Kommunalfriedhof beigesetzt wurde. Beim Begräbnis hielten der Landeshauptmann Wilfried Haslauer und Bürgermeister Josef Reschen Gedenkreden.
Im Juni 2017 übergab der „Rainerbund Salzburg Rainer-Regimentsmuseum“ dem Salzburger Landesarchiv eine umfangreiche Sammlung an Archivalien zur Geschichte des Rainerregiments, darunter die Originalnoten des „Rainermarsches“ aus der Feder von Hans Schmid.
Platzbenennung
Bereits im Juni 1982, also noch zu Lebzeiten von Hans Schmid, brachte Johann Müller als Ehrenobmann der Trachtenmusikkapelle Salzburg-Maxglan beim Kulturamt der Stadt Salzburg die Bitte vor, „bei einer Straßen-(Platz-) Neu- oder Umbenennung (wenn möglich im Stadtteil Maxglan) den Komponisten des ‚Rainer-Marsches‘ (2. Salzburger Landeshymne) (…) Herrn Hans Schmid in Würdigung seiner Verdienste in Vorschlag zu bringen“. Abteilungsvorstand Dr. Richard Lepuschitz antwortete umgehend: „Seit vielen Jahren werden in der Landeshauptstadt Salzburg Verkehrsflächen grundsätzlich nur nach verstorbenen Persönlichkeiten benannt. Ihr Vorschlag zur Benennung einer Straße oder eines Platzes nach dem Komponisten des Rainermarsches Hans Schmid kann daher derzeit – glücklicherweise – nicht realisiert werden. Ihre Empfehlung wird aber für spätere Zeiten in Vormerkung genommen.“ Nach dem Tod von Hans Schmid sollten fünf Jahre vergehen, ehe die Benennung einer öffentlichen Verkehrsfläche nach dem Komponisten erneut Thema wurde. Nach einer längeren Standortsuche berieten der Kulturausschuss in seinen nichtöffentlichen Sitzungen vom 29. April und vom 22. Juli 1993 und der Stadtsenat in seinen nichtöffentlichen Sitzungen vom 3. Mai und vom 27. Juli 1993 über die entsprechenden Amtsberichte. Der Gemeinderat der Landeshauptstadt Salzburg beschloss in seiner Sitzung vom 18. August 1993 einstimmig (11 ÖVP, 9 SPÖ und Demokratie 92, 5 FPÖ, 5 Bürgerliste, 2 Liste Stadtrat Dietrich Masopust – Parteiunabhängige Salzburger, 2 Österreichische Autofahrer- und Bürgerinteressens-Partei) die Benennung des „Hans-Schmid-Platzes“.