Univ.-Prof. Dr. Hans Sperl

Biografie als PDF mit Quellen und Literatur:

Jurist, Universitätsprofessor, Aufsichtsratsvorsitzender der Bausparkasse Wüstenrot

* 13. November 1861 in Weyer, Oberösterreich

† 3. März 1959 in Wien

Straßenbenennung: Hans-Sperl-Straße, beschlossen am 29. Februar 1956

Lage: Kleingmain-Herrnau; zweigt von der Alpenstraße nach Westen ab, führt zur Eschenbachgasse.

 

Hofrat Univ.-Prof. Dr. Hans Sperl wurde am 13. November 1861 in Weyer (Oberösterreich) als Sohn des Stahlwerksdirektors k.k. Bergrat Johann Sperl (geb. 20. Februar 1815 in Duppau bei Saaz, Böhmen, heute nur mehr als Name Doupov eines Truppenübungsplatzes in der Tschechoslowakei erhalten, Ort wurde 1955 geschliffen) und Marie, geborene Mayer (geb. 20. April 1827 in Steyr als Tochter eines Kaufmannes) geboren. Sperl war in erster Ehe seit 22. Februar 1892 mit Marie, Tochter des Hofrats Prof. Julius R. von Hauer verheiratet. Sie starb am 29. Februar 1908. Aus dieser Ehe stammen die Kinder Marie Sperl, städtische Fürsorgerin; Dr. Fanny Sperl, vermählte Faber; Grete Sperl, vermählte Lafite; Johanna Sperl, vermählte Barchetti, und Hans Sperl (gest. 12. März 1920). In zweiter Ehe war Sperl mit Anna Aigner, Tochter des aus St. Michael im Lungau stammenden Senatspräsidenten Dr. Josef Aigner verheiratet, aus dieser Ehe stammen die Söhne Landesgerichtsrat Dr. Wolfgang und Dr. Josef Sperl. Die Hochzeit fand am 18. Juli 1910 in Salzburg-St. Andrä statt. Die Familie lebte in Wien-Döbling, zunächst in der Hofzeile, ab 1914 in der Zehenthofgasse.

 

Berufsleben

Hans Sperl besuchte die Volksschule in Eisenerz, Gmunden und Wien, anschließend Gymnasien in Wien und Graz. Ab Oktober 1879 studierte er Recht an der Universität Graz und promovierte 1884 zum Dr. jur. Seit 1883 arbeitete er als Rechtspraktikant am k.k. Landesgericht Graz sowie kurzzeitig in der Rechtsanwaltskanzlei von Dr. Heinrich Posener in Graz. Ab 1885 war er bei Gerichten in Graz und bei der Staatsanwaltschaft Leoben in verschiedenen Stellen tätig, absolvierte 1889 die Richteramtsprüfung, wurde 1891 Bezirksgerichtsadjunkt für Eibiswald, 1893 wurde er an das Landesgericht Graz als Unterstützungsrichter zurückgerufen und avancierte zum Landesgerichtsadjunkt für Graz. Nach der Habilitation an der Universität Graz mit einer Schrift über die „Succession in den Process“ 1894 wurde er Einzelrichter für Strafsachen.

1899 wurde Sperl zum außerordentlichen Professor an der Karl-Franzens-Universität Graz ernannt und 1900 als Nachfolger von Anton Menger als ordentlicher Professor an die Universität Wien berufen, wo er bis 1933 wirkte (an seine Emeritierung 1932 hängte er ein „Ehrenjahr“ an). In den Studienjahren 1903/04, 1913/14 und 1923/24 war er Dekan der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät, 1924/25 Rektor der Universität Wien. Zudem wirkte er 22 Jahre lang als Professor für Handels- und Wechselrecht und bürgerliches Gerichtsverfahren an der Konsularakademie und war bis 1936 Präses der Judiziellen Staatsprüfungskommission. Verdient machte er sich mit dem Aufbau des Institutes für angewandtes Recht.

Ab 1919/20 war Sperl in der Geschäftsleitung des „Zentralrates der geistigen Arbeiter Österreichs“, einer Art Berufsvertretung, ab 1922/23 deren Vorsitzender bzw. von 1925 bis 1934 Präsident.

1931 war Sperl Professor an der internationalen Rechtsakademie in Den Haag und Vertreter Österreichs vor dem Ständigen Internationalen Gerichtshof im Streit um die Zollunion zwischen Deutschland und Österreich, bei dem er sich „mit einigem Erfolg für die Freiheit Oesterreichs“ eingesetzt habe, wie er 1945 in seinem Entregistrierungsgesuch schrieb. In einer Selbstbeschreibung aus den 1950er Jahren präzisierte er, seine Argumentation vor dem Gericht habe darauf abgezielt, dass Österreich durch die Zollunionspläne keine Verletzung des Friedensvertrages von St. Germain begangen habe. Die Zollunion selbst habe er als „Gefährdung von Österreichs wirtschaftlicher Selbständigkeit“ angesehen. Seine Gegner hätten ihn jedoch fortan als „Pangermanisten“ punziert. Ob er damit nachträglich ein besseres Bild von sich zeichnen wollte und tatsächlich die Zollunion eher im großdeutschen Sinne als Vorstufe eines „Anschlusses“ befürwortet hatte, muss hier offen bleiben. Über seine Tätigkeit vor dem Gerichtshof berichtete er jedenfalls auch in öffentlichen Vorträgen, etwa 1932 über „Rechtsfragen der österreichisch-deutschen Zollunion und des Anschlusses“.

1932 wurde Sperl von der US-amerikanischen Akademie der Wissenschaften in Philadelphia in der Gruppe Staats- und Gesellschaftswissenschaften als ordentliches Mitglied aufgenommen. Sein internationales rechtswissenschaftliches Renommee spiegelt sich in seiner Tätigkeit und seinen Mitgliedschaften, neben der American Academy for Political and Social Science in Philadelphia war er Mitglied der Academy for International Law in Washington, der International Law Association, des Institut de Droit International und des American Institute for Education. 1921 war er Sommergast in Cambridge.

 

Aufsichtsratsvorsitzender der Bausparkasse Wüstenrot

Hans Sperls berufliche Verbindung zu Salzburg bestand vor allem in seiner Tätigkeit für die Bausparkasse Wüstenrot, zu deren Aufsichtsratsvorsitzenden er im Mai 1932 über Vorschlag des bisherigen Aufsichtsratsvorsitzenden Prof. Ing. Stefan Schöck (Ludwigsburg) gewählt wurde. Sperl sollte „die Verhandlungen wegen Bausparkassengesetz und Bausparkassen-Sanierungen mit der Bundesregierung führen“. In dieser Funktion lobbyierte er in der Folge u. a. beim Bundespräsidenten bezüglich des Bauspargesetzes und schrieb Aufsätze in Zeitungen, um die Bausparidee zu popularisieren, so im August 1935 in den „Innsbrucker Nachrichten“ unter dem Titel „Das Eigenheim, ein Bürge des sozialen Friedens“, in der er die „Schaffung von Eigenheimen für unser Volk die edelste, wirksamste und dauerhafteste Sozialreform“ nannte und die Initiative der Männer, die vor 150 Jahren in England das Bausparwesen geschaffen hatten, lobte. Ende August/Anfang September 1935 fand in Salzburg auch der Internationale Bausparkassen-Kongress mit zahlreichen Veranstaltungen statt. Die Bausparkasse Wüstenrot war eine Bastion der Deutschnationalen bzw. des Nationalsozialismus in Salzburg. Weitere Hinweise auf Sperls Einstellung zum Deutschnationalismus und auch zum Nationalsozialismus bildet seine Mitgliedschaft im „Deutschen Klub“, einer Vereinigung führender deutschnationaler Intellektueller und Honoratioren in Wien. Bereits in seiner Studienzeit wurde er 1879 beim Deutsch-Akademischen Gesangverein an der Universität Graz aktiv und blieb bis zu seinem Tod Alter Herr der Akademischen Sängerschaft „Gothia“ zu Graz, die aus dem Akademischen Gesangverein hervorgegangen war. Zum 50. Stiftungsfest der „Gothia“ war er einer der Festredner und arbeitete an deren Festschrift mit. Ebenso war er bis zu seinem Tod Alter Herr der Akademischen Sängerschaft Barden (heute Universitätssängerschaft Barden zu Wien). Zudem war Sperl Gründungsmitglied des Deutschen Schulvereines. Sperl war auch Mitglied des Vereins der Oberösterreicher in Wien, deren Ehrenmitglied er 1931 geworden war.

Im April 1934 nahm Sperl an einer „Kundgebung für den Völkerbund“ der Österreichischen Völkerbundliga im großen Festsaal des Industriehauses in Wien teil und hielt einen Vortrag, in dem er sich gegen Aufrüstung aussprach, da solche immer zum Krieg führen müsse, „denn der ungeheure, bereitstehende Militär-Apparat dränge dazu, seinen Daseinszweck zu beweisen. Hochrüstung bedeute daher Kriegsgefahr und Krieg. Daher müsse die Friedensbewegung wieder zu Macht kommen.“

 

NS-Zeit

Nach dem „Anschluß“ sprach sich Hans Sperl mehrmals öffentlich für den Zusammenschluss mit dem Deutschen Reich aus. Der Wiener Männergesangverein, dem Sperl seit 1900 angehörte und zu dessen Vorstand er 1929 gewählt worden war, hielt am 19. März 1938 ein „Festkonzert“ im großen Musikvereinssaal ab. In seiner Eröffnungsrede sagte Sperl, dass „der Wiener Männergesangverein an diesem Abend die Heimkehr Oesterreichs in das deutsche Vaterland feiern wolle.“ Daraufhin habe der Saal ein „dreifaches Sieg Heil!“ geantwortet, „alles erhob sich zum Hitler-Gruß von den Plätzen und stimmte in die Deutschland-Hymne und das Horst-Wessel-Lied mit ein“. Am 7. April 1938 leistete Sperl im „Neuen Wiener Tagblatt“ im Rahmen der Propaganda für die „Anschluß“-Volksabstimmung eines der „Bekenntnisse zur Heimkehr ins Reich“ und empfahl, mit „Ja“ zu stimmen: „Jeder Volksgenosse, der sich an deutscher Wissenschaft, Dichtung und Kunst seelisch und geistig genährt hat, stattet dem Führer eine Dankesschuld ab und antwortet auf die Frage ‚Ja’!“ Ende März hatte Sperl nach einem Gespräch mit Karl Springenschmid in einem Brief Bernhard Paumgartner die Gründe für dessen Amtsenthebung als Direktor des Mozarteums dargelegt.

Sperl wurde auch Mitglied der NSDAP und mit dem en-bloc-Aufnahmedatum 1. Mai 1938 in die Partei aufgenommen, erhielt allerdings mit der Nummer 7.683.719 keine aus dem sogenannten „illegalen Block“. Seit Juni 1938 war er Mitglied des NSV. Im Jahr 1940 erhielt er die sogenannte „Ostmarkmedaille“, die in der Regel als Bestätigung für Betätigung im Sinne des Nationalsozialismus in der illegalen Zeit angesehen werden kann. Dies bestätigt auch das politische Gutachten seiner NSDAP-Ortsgruppe Wien-Hungerberg, welche ihm bescheinigte, er sei „stets ein völkischer Hochschulprofessor“ gewesen, der dies „auch während seiner Rektoratszeit und in Hochschulausschüssen“ gezeigt habe. Er sei „stets ein Anhänger des Anschlusses“ gewesen. „Auch die ns. Bewegung unterstützte er wiederholt bei einzelnen lokalen Anlässen in der Verbotszeit, er wurde daher nach dem Umbruch 1938 auch als Altparteigenosse befürwortet. Er war schon gründendes Mitglied des Deutschen Schulvereines vor mehr als 50 Jahren und sein langes Leben stets aufrecht völkisch gesinnt. In der ns. Bewegung betätigte er sich sonst nicht, ist ja auch schon bald 80 Jahre alt. Seine Angehörigen sind auch NS., zum Teil in der Bewegung seit dem Umbruch aktiv tätig (NSF. und NSV).“ Das Gaupersonalamt schloss sich Anfang 1940 dieser Beurteilung an. Sperl sei als „illegaler Pg. befürwortet“ worden. Im September 1941 erläuterte das Gaupersonalamt Wien zum Verhalten Sperls in der „Verbotszeit“, er habe „an der Hochschule wiederholt seiner Abneigung gegen das System Ausdruck“ verliehen und „bedürftige Pg.“ unterstützt. Sperl sei gegenwärtig ein „eifriger Besucher der Zellenabende“.

Hans Sperl verfasste eine Reihe von Aufsätzen für nationalsozialistische bzw. deutschnationale Zeitungen, sowohl vor als auch nach dem „Anschluß“. So schrieb er für die „Wiener Neuesten Nachrichten“ (2–3 Beiträge), die „Deutsch-österreichische Zeitung“ (Dötz) (3–4), die „Neue Freie Presse“ (3–4), das „Wiener Tagblatt“ (2), den „Völkischen Beobachter“ 1938–41 (4–5), die „Linzer Tagespost“ (1–2) und die „Grazer Tagespost“ (1–2).

Im Oktober 1940 erschien unter Sperls Namen der im Sinne der antibritischen NS-Propaganda formulierte Beitrag „Englische Unrechtsordnung“ in der „Illustrierten Kronen-Zeitung“. „Kein Land der Erde“ berufe „sich so oft auf Völkerrecht und allmenschliche Rechtsanschauungen als England und keines verletzt und mißachtet sie so oft als England.“ Der Krieg sei wie 1914 „nicht ein Krieg des englischen Volkes, sondern ein Krieg der englischen Geldsäcke, der Großkaufleute, der Industriekönige, der Reeder und der jüdischen Finanzmagnaten.“ Die „englische Unrechtsordnung“ diene „nur den Interessen der englischen Plutokraten“.

Im Dezember 1940 schrieb Sperl im „Neuen Wiener Tagblatt“ unter dem Titel „Wir bauen am Riesenwerk des deutschen Rechtes. Das neue Völkerrecht schöpft aus nationalsozialistischem Gedankengut“, dass „grundwichtige Teile der Gesamtrechtsordnung neu zu schaffen und durch sie die Ideale der nationalsozialistischen Weltanschauung gesetzlich zu verankern“ seien. Die „römische und kanonische Rechtslehre“ werde weitgehend „fallen“ und die „kommende großdeutsche Rechtsordnung wird ein rein deutsches Recht bringen“. Auch im Völkerrecht müsse „die Stimme des Nationalsozialismus, dem der geistverwandte Faschismus zur Seite stehen wird, den Ausschlag geben. Die vom Führer eingeleitete politische Neuordnung der Welt wird auch diese Aufgabe lösen, und es wird England nicht mehr gelingen, alles brauchbare internationale Recht zu verhindern“. Sperl war voll des Lobes für die „Schöpfung eines Volksgesetzbuches und eines Strafgesetzes“, beide würden die „Volkseinheit vollends ausbauen“, das Familienrecht werde „von dem Gedanken der Volksreinheit geleitet sein“. Die Rechtsneuerungen seien ein „Friedenswerk“, so Sperl, der schließt: „Der alte Spruch: ‚An deutschem Wesen wird die Welt genesen’ wird sich dann auf dem so überaus wichtigen Gebiete der Rechtsordnung erneut bewähren können.“ 1941 schrieb Sperl für den „Völkischen Beobachter“ einen wohlwollenden Aufsatz über „Italiens neueste Rechtsschöpfung“ und schloss mit der Feststellung, dass „auch das Großdeutsche Reich seine bürgerliche Rechtspflege bald umgestalten“ werde. Sie müsse „einer Gesetzgebung Platz machen, die in gleicher Weise vom Geiste des Nationalsozialismus durchdrungen ist, wie der hier besprochene Codice der Italiener vom Geiste des Faschismus.“

Sein 1942 erstmals erschienenes literarisches Werk „Waldgeschichten, Märchen und Fabeln“ (Frau u. Mutter-Verlag – AJ Walter) mit Geleitworten des nationalsozialistischen Mundartdichters Hans Kloepfer, einem „Jugendfreund“ Sperls, wurde bis 1948 vier Mal aufgelegt. In der letzten Auflage im Verlag Kaltschmid (Wien) fehlte die zuvor noch enthaltene Erzählung „Der kleine und der große Baumeister“, in der Adolf Hitler als der „größte Baumeister aller Zeiten“ gepriesen wurde.

1943 wurde Sperl zum Ehrenmitglied der philosophisch-historischen Klasse der Österreichischen Akademie der Wissenschaften ernannt.

1944 ist Hans Sperl, der 1936 mit dem Ehrenring der Stadt Wien ausgezeichnet worden war, unter den ersten dreizehn Trägern der erstmals verliehenen „Ehrenmünze der Stadt Wien“ für Personen, die sich Verdienste um Kunst, Wissenschaft, Wirtschaft und um das gesellschaftliche Leben erworben haben. Die Ehrung sollte jeweils am 20. April („Geburtstag des Führers“) und am 15. Oktober, dem „Tage der Schaffung Groß-Wiens“ stattfinden. Bei der Übergabezeremonie am 3. Mai 1944 im Kleinen Festsaal des Rathauses dankte Sperl „im Namen aller Ausgezeichneten der Stadt Wien und Bürgermeister [Hanns] Blaschke für die ehrenvolle Anerkennung und für die verständnisvolle Förderung durch die Stadtverwaltung“.

 

Entnazifizierung

Nach 1945 spielte Hans Sperl seine NS-Verwicklung herunter und versuchte, von der Registrierung ausgenommen zu werden. Im Personalblatt der Universität Wien erwähnte er seine Parteimitgliedschaft nicht, sondern gab an, er sei lediglich „Anwärter, seit etwa Spätsommer oder Herbst 1938“ gewesen. Zudem habe er 1944 seiner Ortsgruppe mitgeteilt „an keinerlei Veranstaltungen oder Tätigkeiten der Partei mitzuwirken“ und er sei „auch früher untätig“ gewesen. Auch im Meldeblatt der NS-Registrierung vom 21. Juni 1945 bezeichnete er sich lediglich als Parteianwärter von Herbst 1938 bis Ende 1944. In einem Gesuch an die Staatsregierung erklärte Sperl am 13. Juni 1945, er habe sich „unter dem Drucke der damaligen Lage“ im Herbst 1938 bei der Ortsgruppe Hungerberg der NSDAP gemeldet, um seine bei der städtischen Fürsorge beschäftigte Gattin und die beiden Söhne, die nach öffentlicher Anstellung strebten, zu unterstützen. Zudem „musste ich als Vorsitzender des Aufsichtsrates der gemeinnützigen Bausparkasse Wüstenrot in Salzburg in deren Interesse es vermeiden, mit den damals massgebenden Stellen in Schwierigkeiten zu gerathen“. Für die NSDAP habe er keinerlei aktive Tätigkeit entfaltet, er habe auch kein Parteibuch erhalten. In einem weiteren Nachsichtsgesuch berichtete Sperl, er sei als Vorstand des Wiener Männergesangvereines im Jahr 1939 von einem Nationalsozialisten abgelöst worden, dabei war er im Anschluss zum Ehrenmitglied ernannt worden. Im Oktober, kurz nachdem seine Gattin verstorben war, berichtete Sperl zudem von einer Hausdurchsuchung der Gestapo wegen Korrespondenzen mit dem Ausland im April/Mai 1938, er sei 1939 auch aus der Direktion der Gesellschaft der Musikfreunde abgesetzt worden. Das Gesuch wurde abgelehnt, Sperl als minderbelastet registriert. Im November 1947 versuchte er erneut, von den Sühnemaßnahmen befreit zu werden und passte seine Verantwortung an. „Im Sommer 1938 trat ich als Anwärter der Nationalsozialistischen Partei bei. Ich war dazu veranlasst und angeregt worden als Vorsitzender des Aufsichtsrates der gemeinnützigen Genossenschaft Bausparkasse Wüstenrot in Salzburg. Man meinte, dann eher gegen die aus Berlin zu besorgenden Bedrängungen und die Aufsaugung durch die reichsdeutsche Bausparkasse Wüstenrot geschützt zu sein.“ Aus seiner Mitteilung an die Ortsgruppe, nicht mehr zu Veranstaltungen erscheinen zu wollen, versuchte Sperl einen Parteiaustritt zu konstruieren, um sich der Entnazifizierung zu entziehen. Er behauptete nun, er sei „vor dem 1. Jänner 1944 aus der Partei ausgetreten uzw. aus politischen Gründen, da ich die seit 1939 von dem deutschen Reiche, seiner Führung und der Partei eingeschlagene Richtung missbilligte. Auf neuerliche Mahnung durch die Ortsgruppe schrieb ich, dass ich an nichts mehr teilnehme.“ Allerdings konnte er abgesehen von Bestätigungen seiner Söhne keine Belege für die Behauptung vorlegen, die Behörde sah die Behauptung damit auch als unbewiesen an. Nachdem die Registrierungsbehörde in der Folge die tatsächlichen Beitrittsdaten eruiert hatte, wurde bereits eine Wiederaufnahme des Registrierungsverfahrens angedacht. Die Minderbelastetenamnestie dürfte ein solches hinfällig gemacht haben.

Bei der Verleihung der Ehrenmedaille in Gold der Universität Wien anlässlich seines 90. Geburtstages 1951 danke Sperl „in schönen Worten mit einem ergreifenden Bekenntnis zu seiner Heimat Österreich“.

Sperl, der nach dem Krieg eine Reihe literarischer Werke veröffentlichte hatte, verstarb am 3. März 1959 in Wien.

 

Straßenbenennung

Die Österreichische Siedlungsgemeinschaft Bausparerheim urgierte im Mai 1955 – also noch zu Lebzeiten von Hans Sperl – beim Salzburger Stadtsenat, die Straße „im Siedlungsgelände Aigen (nächst dem Bahnhof Aigen) abzweigend vom Baumbichlweg und parallel zur Traunstraße“ nach dem „um die Eigenheimbewegung in Österreich und das Bausparwesen hochverdienten Universitätsprofessor Hofrat Dr. Hans Sperl in Wien (zur Zeit 94 Jahre alt) einfach mit Hans-Sperl-Straße zu benennen“. Die Genossenschaft verwies auch auf seine schriftstellerische Tätigkeit und seine Rolle 1920 bei den Völkerbund-Verhandlungen in Den Haag. Ob der Brief beantwortet wurde, geht aus der Aktenlage, die für die 1940er und 1950er Jahre dünn ist, nicht hervor. Offensichtlich war der Stadtsenat aber bemüht, dem Ansuchen zu entsprechen, jedoch nicht an dem von der Genossenschaft angeführten Ort. In der Sitzung des Stadtsenats vom 16. Jänner 1956 beantragte Gemeinderat Sepp Weilhartner (FPÖ), „den ‚Eichenweg‘ in der Siedlung Herrnau nach dem derzeitigen Ehrenvorsitzenden der Bausparkasse Gemeinschaft der Freunde Wüstenrot, Herrn Univ. Prof. Hofrat Dr. Hans Sperl in Hans Sperl-Straße umzubenennen“. Dies sollte rasch umgesetzt werden, da Wüstenrot „am 30.1.1956 das Jubiläum einer drei Jahrzehnte umspannenden Bauspararbeit, zugleich aber auch ihrer 25-jährigen Tätigkeit in ihrem Salzburger Verwaltungsgebäude begeht“. Daher werde „der Bürgermeister ermächtigt, die gefaßte Entschließung auf Benennung einer Straße nach Hofrat Sperl der jubilierenden Bausparkasse im Rahmen ihrer Bestandsfeierlichkeiten bekanntzugeben“. Die Kulturabteilung informierte zwei Wochen später die Stadtbaudirektion über den bevorstehenden Beschluss der Umbenennung. „Hinsichtlich der Unterstützung des Antrages wurde eine Parteienvereinbarung getroffen“, so Senatsrat Dr. Viktor Straub. Am gleichen Tag beging die Bausparkasse Wüstenrot ihre Feierlichkeiten, bei denen Bürgermeister Stanislaus Pacher (SPÖ) die Festgemeinde von der bevorstehenden Straßenbenennung informierte und die Leistungen des Namensgebers ausführte. „Hofrat Sperl stand in allen Stürmen unseres Vaterlandes unverrückbar wie ein Eichbaum für Recht und Gerechtigkeit, welchen Idealen er als Rechtsgelehrter und Gesetzesschöpfer diente“, so Pacher in seiner Ansprache. Der Gemeinderat der Stadt Salzburg beschloss schließlich die Benennung der „Hans Sperl-Straße“ in seiner Sitzung vom 29. Februar 1956 einstimmig (15 SPÖ, 14 ÖVP, 9 WdU). Der Vorgang ist in dreifacher Hinsicht bemerkenswert: Erstens handelte es sich nicht um eine Neubenennung, sondern um die eher selten praktizierte Umbenennung einer Straße im Stadtgebiet, zweitens wurde eine Verkehrsfläche nach einer lebenden Person benannt, was nach 1945 nur in ganz wenigen Fällen vorkam, und drittens wurde die Benennung bereits einen Monat vor dem Beschluss durch den Gemeinderat öffentlich gemacht.