Friedrich Inhauser
Maler, Grafiker
* 14. Mai 1901 in Wien
† 27. Jänner 1970 in Wals-Siezenheim
Straßenbenennung: Friedrich-Inhauser-Straße, beschlossen am 1. Dezember 1975
Lage: Aigen; vom Runkweg parallel zur Trasse der ÖBB nach Norden führend.
Friedrich Hellmuth Karl Richard Inhauser kam am 14. Mai 1901 in Wien als Sohn von Karl und Emilie Inhauser, geb. Kerl, zur Welt. Die Mutter war aus dem böhmischen Erzgebirge nach Wien zugezogen, der Vater stammte aus einer Bauernfamilie in Niederösterreich. Er starb noch während der Ausbildung seines Sohnes im Jahr 1925. Nach den Kindheitsjahren in Niederösterreich absolvierte Friedrich Inhauser in Wien die Volks- und Realschule und besuchte nach der Matura ein Jahr lang Kurse an der Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt. Es folgte die Ausbildung an der Akademie der bildenden Künste und an der Kunstgewerbeschule in der Klasse von Prof. Wilhelm Müller-Hofmann. Im Sommer 1927 erhielt der 26-Jährige sein Abgangszeugnis.
Friedrich Inhauser begann in den 1920er Jahren künstlerisch tätig zu werden, erste Arbeiten wurden in Kollektivausstellungen, z. B. im Wiener Hagenbund (1925), gezeigt. Reisen führten den Maler in jenen Jahren nach Deutschland und in andere west-, aber auch südeuropäische Länder, nach Nordafrika und auf die atlantischen Inseln. Längere Zeit wohnte er in Paris, wo er Pablo Picasso und Fernand Léger kennenlernte und von ihnen inspiriert wurde. Es gelang Inhauser, Werke in Ausstellungen in London, Paris und Den Haag zu zeigen. Von Februar bis November 1933 wohnte er im Heffterhof in Parsch. Der Meldeschein der Gemeinde Aigen führt den 15. März 1933 als Tag des Zuzugs und den 15. Dezember als Tag der Abmeldung nach Wien. Besitzer des Heffterhofes und somit Quartiergeber Inhausers war der aus München gebürtige Brauereibesitzer und Ehrenbürger der Stadt Salzburg, Ludwig Schmederer, der von 1890 bis 1927 Präsident des Salzburger Kunstvereins und bis zu seinem Tod 1935 dessen Ehrenpräsident war. Laut eigenen Angaben trat Friedrich Inhauser im Februar 1933 in Salzburg der NSDAP bei.
Früher Parteigänger der NSDAP
Über Friedrich Inhausers Leben in den 1930er und 1940er Jahren war bislang relativ wenig bekannt. Paradigmatisch ist dazu der Eintrag im „Salzburger Kulturlexikon“ aus dem Jahr 2019: „Nach Reisejahren 1934 in Berlin, wo er in der Art Brueghels und Altdorfers malte, seit 1946 in Salzburg ansässig.“ Die Quellen machen jedoch ein sehr klares Bild von Inhausers politischem und künstlerischem Engagement in jener Zeit rekonstruierbar. Anfang 1935 füllte der Maler in München einen „Bewerbungs=Fragebogen“ aus. Darin hielt er neben den Angaben zu seiner Person, Herkunft, Ausbildung und seinem Berufsweg fest, dass er am 25. September 1934 aus politischen Gründen bei Freilassing die deutsche Grenze überschritten habe. Inhauser war demnach einer von Tausenden Österreicherinnen und Österreichern, die nach dem Verbot der NSDAP in Österreich und insbesondere nach dem gescheiterten Putschversuch vom Juli 1934 in das „Dritte Reich“ geflüchtet waren. Finanzielle Unterstützung erhielten diese Personen durch das Flüchtlingshilfswerk der NSDAP, das von SS-Gruppenführer Alfred Rodenbücher geführt wurde. Mittels des Fragebogens suchte Inhauser also offiziell um die Anerkennung als politischer Flüchtling und die damit verbundenen finanziellen Zuwendungen an. Er gab an, seit Februar 1933 Mitglied der NSDAP zu sein. Hinsichtlich seiner politischen Betätigung führte er aus: „Während der Verbotszeit zeichnerischer Darsteller und Mitarbeiter der folgenden politischen Flugschriften: ‚1 Jahr Dollfuß‘, ‚vom Aufbau‘, ,der 1. Mai‘, ‚Bekämpfung der Arbeitslosigkeit‘ u.s.w. Verbreitung derselben in Wien und Niederösterreich (Gloggnitz bis Semmering)[.] Mein Deckname war ‚Innitzer‘ und ‚Bazi‘. Normale Betätigung als Blockwart in Wien VIII. Werbetätigkeit in Wien und vorstehend angeführten Gebieten Nieder-Österreichs. Zeugen: Pg. Karl Leiter, derzeit Berlin, in dessen Besitz sich auch Originale der gemeinsamen Arbeit befinden. Verbergung von Waffen und Munition in Wien, ‚alte Donau‘.“ Als Fluchtgrund führte Inhauser abschließend an: „Aufdeckung des Waffen- und Munitionsbesitzes in Wien“. In einer „Eidesstattlichen Erklärung“ vom 12. Juni 1936 wird er einige Punkte noch präzisieren bzw. hervorheben. So etwa, dass der Grund für seine Flucht die „Übernahme von Waffen und Munition nach dem 25. Juli 1934 in Wien von Oberst Nekrep Wien I. Seilerstätte 13 und Weiterleitung durch die S.A. Wien VIII (Scharführer Georg Berger als Mittelsperson)“ war. Neben dem Filmregisseur Leiter führte er nunmehr zwei weitere Zeugen seiner NS-Aktivitäten an, nämlich den Parteigenossen Ernst Burghardt und SS-Standartenführer Josef Fitzthum. Auf die abschließende Frage, ob er an Eides statt versichern könne, dass ihm keine Vorgänge bekannt wären, die gegen seine arische Abstammung sprächen, antwortete er: „ich bin rein arischer Abstammung“.
Friedrich Inhauser befand sich also laut eigenen Angaben aus politischen Gründen seit September 1934 in Deutschland. Erste Station seiner Flucht war München. Er behauptete später, hier für das Flüchtlingshilfswerk ein dreiteiliges Bild mit dem Titel „Österreich“ gemalt zu haben. Nähere Angaben dazu fehlen. In München stellte er auch den Antrag um Ausstellung eines Flüchtlingsausweises, der ihm Anfang Februar 1935 ausgehändigt wurde. Inhauser erhielt die Flüchtlingsnummer 1070 zugewiesen. Im August desselben Jahres bezog er gemeinsam mit seiner um 15 Jahre älteren Verlobten Paula Waisnix, ins „Reich“ geflüchtete Parteigenossin aus Braunau am Inn, mietfrei ein kleines Landhaus in Gröbenzell bei München, das einem Zahnarzt gehörte. Drei Monate später wandte sich Inhauser aus Gröbenzell an das Hilfswerk. Er bat sowohl um finanzielle Unterstützung als auch um Kleidung für sich und Paula Waisnix, die er im Brief als seine „Braut“ bezeichnete. Dem Schreiben dürfte allerdings eine Aufforderung des Hilfswerkes an Inhauser vorausgegangen sein, der zufolge er als Flüchtling in eines der Gemeinschaftslager des Flüchtlingshilfswerkes ziehen sollte. Dies versuchte Inhauser wortreich zu verhindern: „Es ist aber bei meinem Beruf ganz ausgeschlossen, in ein Lager zu gehen, da mir dort jede Conzentration (sic) und Arbeitsmöglichkeit mangelt und ich ja nicht dazu hier bin, um mich durchfüttern zu lassen. (…) Nochmals betone ich, daß weder die Sucht nach einer besonderen Stellung noch Unkameradschaftlichkeit mich dazu veranlaßt, die Überstellung in ein Lager abweisen zu müssen, sondern nur in der Erkenntnis meiner besonderen Berufstätigkeiten begründet ist.“ Dem schloss er gleich auch die Bitte an, das Flüchtlingshilfswerk möge ihn „in der Bildpropaganda der Partei“ unterbringen, „umsomehr so ich ja gerade auf diesem Gebiet in Österreich erfolgreich tätig war?!“ Handschriftlich am Seitenende vermerkte der zuständige Sachbearbeiter: „Nicht befürwortet[.] Soll ins Lager“. Zehn Tage später, am 21. November 1935, wurde Friedrich Inhauser mitgeteilt, „dass eine Befürsorgung außerhalb des Lagers ausgeschlossen ist“, doch gelang es dem Künstler mit nicht genannten Mitteln, den zwangsweisen Umzug in ein Lager des Hilfswerkes abzuwenden. Friedrich Inhauser und Paula Waisnix blieben bis März 1936 in Gröbenzell, ehe sie nach Berlin übersiedelten. Dort kam Inhauser nun tatsächlich in einer Einrichtung des Flüchtlingshilfswerks unter, im Kameradschaftshaus in Berlin-Weißensee, Albertinenstraße 20. Der Aufenthalt in Gröbenzell ist insofern von Interesse, als sich der ehemalige Quartiergeber eineinhalb Jahre später, im November 1937, in einem 6-seitigen Brief an das Flüchtlingshilfswerk wandte. Er schilderte, wie die beiden Flüchtlinge ihn ausgenutzt, geschädigt und sein Haus demoliert hätten. Inhauser und Waisnix hätten ihn nach ihrem Auszug bezüglich der Begleichung ihrer Schulden wieder und wieder vertröstet. Nun wäre seine Geduld aber am Ende und er fordere vom Hilfswerk Entschädigung, was dieses jedoch unmissverständlich ablehnte. Wenngleich der Wahrheitsgehalt der Anschuldigungen des Zahnarztes seinerzeit offenbar nicht überprüft wurde und heute nicht mehr überprüft werden kann, so scheint ein Teil der Vorwürfe doch sehr wahrscheinlich stichhaltig gewesen zu sein, dokumentiert ein Briefverkehr zwischen dem Flüchtlingshilfswerk und einer gewissen Therese Mangstl in Gröbenzell doch weitere offene Forderungen der Firma Mangstl gegenüber Inhauser und Waisnix. Eindeutig ist jedenfalls, dass der Maler vom Zeitpunkt seiner Flucht im Herbst 1934 bis Anfang 1938 mehr oder weniger ohne Einkommen war, da er nicht nur offensichtlich auf Kosten Dritter lebte und seine Kleidung – einen Anzug, drei Unterhosen und sechs Paar Socken – von der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt (NSV) bekam, sondern entgegen seiner zuvor zitierten Haltung auch die finanzielle Unterstützung des Flüchtlingshilfswerks aufs Äußerste auszureizen verstand. Wie andere als politisch anerkannte Flüchtlinge aus Österreich erhielt auch Inhauser monatlich 70,- RM aus dem Topf des Flüchtlingshilfswerks. Der genaue Zeitpunkt des Beginns der Zahlungen an Inhauser lässt sich nicht mehr rekonstruieren, er bezog zumindest ab August 1935 regelmäßige Barbeträge. Mitte November 1936 wurde ihm schließlich mitgeteilt, dass er letztmalig 70,- RM ausbezahlt bekäme. Der Sachbearbeiter notierte auf den internen Aufzeichnungen des Flüchtlingshilfswerks, dass bis zu diesem Zeitpunkt bereits 903,46 RM an Inhauser geflossen wären. Sein unmissverständlicher Kommentar am Ende des Berichts: „keine weitere Barunterstützung – Lager! Mitgeteilt!“ Doch Friedrich Inhauser gelang es, im Dezember 1936 und Jänner 1937 noch einmal gesamt 90,- RM zu erhalten. Und selbst damit nicht genug, bekam er wie bereits in den Jahren zuvor weitere Darlehen gewährt, einmal 33,- RM und zwei Mal je 200,- RM. In Summe unterstützte das Flüchtlingshilfswerk Friedrich Inhauser von spätestens August 1935 bis Mitte März 1937, also in etwas mehr als eineinhalb Jahren, mit rund 1350,- RM in bar. Zum Vergleich: 1937 betrug das jährliche Durchschnittseinkommen in Deutschland 1783,- RM. Wie hoch die Summe ist, die Inhauser von den erhaltenen Darlehen zurückzahlte, geht aus den Akten nicht hervor. Tatsache ist, dass er diesbezüglich mehrfach und nachdrücklich gemahnt wurde. Nachdem ihn bereits mit Datum vom 6. Juli, 13. und 21. August und 3. September 1936 Schreiben ähnlichen Inhalts erreicht hatten, wurde das Hilfswerk Anfang 1938 moralisch: „Sie haben sich seinerzeit schriftlich zur pünktlichen Einhaltung der Abzahlungsraten verpflichtet und erhielten das Darlehen nur unter der Voraussetzung, dass die Raten regelmässig zurücklaufen. Nur dann ist es möglich, wieder andere bedürftige Flüchtlinge mit Darlehen zu beteilen, die genau so wie Sie Anspruch auf ein solches erheben dürfen. Durch Ihre Saumseligkeit schädigen Sie Ihre eigenen notleidenden Parteigenossen und werden neuerlich dringendst ermahnt, die schwebenden Angelegenheiten unverzüglich in Ordnung zu bringen und dem Hilfswerk den nicht unerheblichen Schaden, der durch Mehrarbeit und Kosten entsteht, zu ersparen.“ Friedrich Inhauser war es jedoch immer wieder gelungen, Aufschübe und Stundungen zu erwirken. Eine entscheidende Rolle dürfte dabei Karl Scharizer gespielt haben, der von März 1936 bis zum „Anschluß“ 1938 für das NSDAP-Flüchtlingshilfswerk in Berlin tätig war und mit dem Inhauser zu jener Zeit wiederholt in Kontakt war. Auf die alte Bekanntschaft zwischen Inhauser und Scharizer aus Salzburger Zeiten wird zurückzukommen sein.
Künstler in Berlin
In Berlin hatten sich offenbar die Wege von Friedrich Inhauser und Paula Waisnix getrennt, in den Dokumenten taucht ihr Name fortan nicht mehr auf. Hingegen trat eine andere Frau in Inhausers Leben: Ellen Wahls, Besitzerin von drei Buchhandlungen, in denen sie u. a. Werke von Inhauser ausstellte. Zu den frühesten Arbeiten des Künstlers in NS-Deutschland zählen der Entwurf einer Plakette für die Olympischen Spiele 1936 in Berlin und die Ausgestaltung der Hanseatenhalle im olympischen „Kraft durch Freude“-Dorf. Im zeitlichen Umfeld der Spiele stellte Inhauser auch den Antrag um Aufnahme in die Reichskammer für bildende Künste, Fachgruppe „Maler und Graphiker“. Hierbei wiederholte er auch den Grund seiner Übersiedlung nach Deutschland: „Im Jahr 1934 mußte ich Wien wegen meiner politischen Tätigkeit verlassen (…).“ Inhausers Antrag wurde am 9. Oktober 1936 vom zuständigen Sachbearbeiter befürwortet. Mit Datum vom 7. Jänner 1937 erhielt er die offizielle Mitteilung von seiner Aufnahme. Eine Mitgliedschaft in der Kammer war Voraussetzung, um beruflich in der betreffenden Sparte in einem Anstellungsverhältnis tätig sein zu dürfen. Eine von Inhausers ersten Arbeiten, die ihm offensichtlich erneut Karl Scharizer vermittelt hatte, war die Ausgestaltung der Mannschaftsräume für das Panzerregiment in Potsdam. Ende des Jahres bewarb sich der Maler schließlich bei den Berliner Verkehrsbetrieben. Er wurde eingestellt und bekam zunächst die „künstlerische Gestaltung der Kameradschaftsräume“ übertragen. Freiberuflich war Inhauser weiterhin als Maler und Grafiker tätig. Es hat den Anschein, dass der Künstler Ende der 1930er Jahre nunmehr also wirtschaftlich auf soliden Beinen stand, sein Einkommen gab er mit 1.800,- RM an. Wiederholt wies er in offiziellen Schreiben jener Jahre darauf hin, dass sein Bild „Aufbruch in den Morgen“ „im Besitz des Führers“ sei und dass auch der Leiter der Deutschen Arbeitsfront, Robert Ley, Bilder von ihm sein Eigen nenne. Außerdem befänden sich vier seiner Aquarelle im Heeresbauamt in Potsdam. Rund um den „Anschluß“ Österreichs an das „Dritte Reich“ entwarf Friedrich Inhauser eine Landkarte von „Großdeutschland 12. März 1938“, auf die er neben dem genordeten Kompass mit einem Hakenkreuz in der Mitte in abgeänderter Form auch den Werbespruch für die Volksabstimmung über den „Anschluß“ notierte – „Ein Reich – Ein Volk – Ein Führer“.
Spätestens seit Jänner 1936 versuchte Friedrich Inhauser deutscher Staatsbürger zu werden. Mehrere Schreiben liegen dem Gauakt bei, der Vorgang selbst scheint aber im Sande verlaufen zu sein, nachdem der Polizeipräsident in Berlin – offenbar in Folge des Juliabkommens zwischen Österreich und dem ‚Dritten Reich‘ – das Flüchtlingshilfswerk um „Mitteilung“ gebeten hatte, „ob und gegebenenfalls aus welchem Grunde die Einbürgerung des J. [gemeint ist Inhauser; Anm d. Verf.] auch jetzt noch als besonders dringlich anzusehen ist.“ Noch im Dezember 1937 stellte das Flüchtlingshilfswerk in dieser Angelegenheit eine Bestätigung zugunsten Inhausers aus, eine Einbürgerung fand jedoch nicht statt. Aus den eingesehenen Unterlagen geht nicht hervor, ob Inhauser nach seiner ‚Flucht‘ nach Deutschland im September 1934 aus Österreich ausgebürgert wurde. Ebenso gibt es keine Hinweise auf eine ‚Wiedereinbürgerung‘ Inhausers, also die erneute Beantragung der Staatsbürgerschaft in Österreich nach 1945.
Im Sommer 1939 suchte Friedrich Inhauser zusätzlich zu seiner Mitgliedschaft in der Fachgruppe „Maler und Graphiker“ um die Aufnahme in die Fachgruppe „Gebrauchsgraphiker“ der Reichskammer für bildende Künste an. Im Aufnahmeantrag bejahte er wie bereits einige Jahre zuvor die Frage „Sind Sie arischer Abstammung?“. Es war ihm jedoch offensichtlich nicht möglich, die dafür notwendigen beglaubigten Urkunden mit dem Geburts- und Taufdatum seiner Großmutter Wilhelmine Grafel beizubringen. In einem Schreiben an die Kammer für bildende Künste vermerkte er: „Meine Ariernachweise sende ich Ihnen Ende dieser Woche.“ Er blieb die entsprechenden Dokumente jedoch monatelang schuldig, woraufhin ein längerer Briefwechsel mit den zuständigen Stellen der Reichskulturkammer bis in den Juli 1940 folgte. Schließlich konnte der Künstler die Unterlagen nachreichen, er wurde zusätzlich in die Fachgruppe „Gebrauchsgraphiker“ aufgenommen.
Verworrene Frage der Parteimitgliedschaft
Bereits im Zusammenhang mit seinem Antrag auf Anerkennung als politischer Flüchtling wurden im Frühjahr 1935 Erhebungen wegen Friedrich Inhausers NSDAP-Mitgliedschaft durchgeführt. Auf mehreren Schriftstücken, die dem Gauakt einliegen, wurde von der Reichsleitung der Vermerk aufgestempelt, dass in den Karteien keine Mitgliedschaft Inhausers bei der NSDAP verzeichnet sei. Stieß sich in den nachfolgenden Jahren offenbar niemand daran, dass sich Inhauser wiederholt als Parteigenosse deklarierte, offiziell aber dazu keine Unterlagen vorlagen, so dürften Anfang 1940 Zweifel über seinen Parteistatus aufgetaucht sein. Ob sein Zögern in Bezug auf den Abstammungsnachweis seiner Großmutter hier eine Rolle spielte, lässt sich anhand der Akten nicht verifizieren. Inhauser wandte sich jedenfalls am 27. März 1940 brieflich an Karl Scharizer, der von Mai 1932 bis August 1933 Gauleiter von Salzburg war. Da Berliner Parteistellen Inhauser nahegelegt hätten, „mich um Klarstellung meiner Parteinummer zu bemühen“, bat der Maler nun Scharizer, „mir zu bestätigen, daß ich im Februar 1933 in Salzburg in die Partei eingetreten bin und, wie Ihnen erinnerlich sein wird, damals vor dem Verbot der Partei darüber keinerlei Bestätigung mehr erhalten habe. (…) Ich bin im November 1933 nach Wien zurückgekehrt und in Wien im Jahre 1934 durch den Pg. [Parteigenossen, Anm. d. Verf.] Karl Leiter wieder in die Partei aufgenommen worden. Es würde sich mir aber sehr um die Bestätigung des Jahres 1933 handeln. Ich wäre Ihnen hierfür sehr dankbar.“ Scharizer kam der Bitte Inhausers unverzüglich nach und bescheinigte ihm „gerne, als ehemaliger Gauleiter von Salzburg, daß Sie im Februar 1933 in Salzburg der NSDAP beigetreten sind. Die Mitgliedschaft selbst konnte mit Rücksicht auf die schon im Mai durch Verordnung der gegnerischen Regierung notwendige Sicherstellung der Karteien usw. nicht mehr erfolgen.“ In den in Berlin erhalten gebliebenen Unterlagen der Reichskulturkammer befindet sich eine Karteikarte Friedrich Inhausers mit Angaben zu seinem Beruf und den Geburtsdaten. Auf dieser ist vermerkt: „PG seit Februar 1933“. Auch Inhauser selbst gab auf die Frage, ob und seit wann er Mitglied der NSDAP sei, wiederholt den Februar 1933 an. Tatsache ist, dass der Beitritt Friedrich Inhausers zur österreichischen NSDAP im Februar 1933 nicht abschließend geklärt werden kann. Fakt ist aber auch, dass der Künstler laut NSDAP-Gaukartei am 13. November 1941 – erneut? – um Aufnahme in die NSDAP ansuchte. Diese erfolgte schließlich am 1. Jänner 1942 bei der Ortsgruppe Berlin. Friedrich Inhauser erhielt die Mitgliedsnummer 8.979.906, die Mitgliedskarte wurde am 25. September 1942 ausgestellt.
Wehrdienst
Fast ein halbes Jahr vorher, mit 1. Mai 1942, war Friedrich Inhauser zur 3. Kompanie des Landesschützen-Ersatzbataillons 3 in Strausberg bei Berlin einberufen worden. Ob er jemals an die Front versetzt wurde, geht aus den Akten nicht hervor. Es erscheint wahrscheinlicher, dass er im Rahmen seines Wehrdienstes mit künstlerischen Arbeiten beschäftigt war. Zwei Mal, im Oktober und Dezember 1942, suchte Inhauser um einen „mehrwöchigen Urlaub“ an, um das Gemälde „Das Biwak“ vollenden zu können. „Die fertiggestellte Arbeit möchte ich für die nächstjährige Kunstausstellung in München einreichen und ausserdem, da sie rein militärischen Charakter hat, bei den zuständigen Stellen zur Vorlage bringen.“ Beide Male wurde sein Ansuchen befürwortet und Inhauser vom Militärdienst freigestellt. Das erwähnte Gemälde wurde weder bei der Großen Deutschen Kunstausstellung 1943 noch 1944 gezeigt.
Im Frühling 1944 wandte sich Friedrich Inhauser erneut an Karl Scharizer, diesmal in dessen Funktion als stellvertretender Gauleiter von Wien. Der Maler kündigte an, Mitte März eine Woche in seiner Geburtsstadt zu sein, und bat Scharizer, in dieser Zeit „eine Besprechung mit Ihnen zu ermöglichen“. Es ging Inhauser darum, „Ihren Rat und Hilfe betreffs meiner Übersiedlung in die Ostmark“ zu erhalten. Mit Blick auf die Kriegslage klingen Inhausers Wünsche reichlich illusorisch: „Es würde sich in diesem Falle um den Ankauf eines geeigneten Grundstückes mit Eigenhaus und Atelier handeln.“ Offensichtlich war Inhauser die Lage in Berlin mittlerweile zu unsicher geworden, beendete er seinen Brief vor dem „Heil Hitler!“ doch mit den fatalistisch klingenden Worten: „Hoffentlich geht es Ihnen gut. Wir stehen und leben noch.“ Ob ein Treffen mit Scharizer tatsächlich stattgefunden hat, ist nicht dokumentiert, auch nicht, ob die Realisierung von Inhausers Wünschen in die Wege geleitet wurde. Friedrich Inhauser und seine Frau, die er 1940 geheiratet hatte, blieben jedenfalls bis Kriegsende in Berlin. Dabei hatte sich nur wenige Monate nach der Anfrage bei Scharizer beinahe ein weitere Gelegenheit für eine mögliche Rückkehr in die „ostmärkische“ Heimat ergeben.
In Inhausers Berliner Personalakt der Reichskulturkammer liegt eine mit 15. Juli 1944 datierte Befürwortung ein, in der von einem „Gesuch des Malers Friedrich H. Inhauser“ die Rede ist. Dieses wird vom zuständigen Beamten „wärmstens befürwortet, da Herr Inhauser gerade für diese Aufgabe auf Grund seines Darstellungsgebietes ganz besonders prädestiniert erscheint (…). Es dürfte von ihm ein Werk von hohem kulturellem (sic) Wert zu erwarten sein.“ Zwar ist der Adressat dieser Befürwortung nicht genannt, sechs Wochen später ging jedoch ein Schreiben von der gleichen Stelle an den Landesleiter der Reichskulturkammer der bildenden Künste des Gaues Wien, in dem erneut Inhausers künstlerische Qualitäten hervorgehoben wurden. Und nur zwölf Tage nach diesem Brief wandte sich der Wiener Landesleiter an die Technische Brigade Mineralöl in Berlin-Schöneberg betreffend „Gefr[eiter] Inhauser, akad. Maler (…) Arbeitsurlaub“: „Der Obengenannte ist von der Direktion des Kunsthistorischen Museums beauftragt, für das Waffenmuseum in Linz Fresken in grösserem Umfange auszuführen (…). Die Ausführung dieses Auftrages in ihren ersten Entwürfen würde eine Zeit von mindestens drei Monaten in Anspruch nehmen, um dann nach Vorlage zur endgiltigen (sic) Genehmigung durch den Führer in weiterer Folge in Angriff genommen zu werden, zu welchem Zwecke eine U.-K.-Stellung für Gefr. Inhauser beantragt werden wird. Für die Vorarbeiten beantragt die Landesleitung Wien der Reichskammer der bildenden Künste, Gefr. Inhauser einen Arbeitsurlaub für die Zeit von drei Monaten zu gewähren.“ Zeitgleich erhielt Friedrich Inhauser Post aus dem Kunsthistorischen Museum. Leopold Ruprecht, Direktor der Abteilung Waffensammlung und Wagenburg und von Adolf Hitler mit dem Aufbau des Waffenmuseums als Teil des Linzer ‚Führermuseums‘ beauftragt, forderte den Künstler auf, „Kompositionsentwürfe“ für die „Freskenausschmückung der grossen Halle der Historischen Abteilung“ zu erarbeiten, nämlich: „1.) Deutsche Landsknechte in einer der Schlachten gegen Franz I., von Frankreich und die Herzöge von Mailand in Oberitalien; 2.) Szene aus der Eroberung Rothenburgs oder Szenen aus der Schlacht von Lützen (etwa Tod Generalfeldmarschalls Grafen Pappenheim); 3.) Erstürmung des Türkenlagers bei Nussdorf durch die vereinigten Reichstruppen 1683 (Der jugendliche Prinz Eugen an der Spitze seines Dragonerregimentes).“ Und Ruprecht wies darauf hin: „Bei allen Entwürfen ist mit grosser Weiträumigkeit zu rechnen.“ Weder die Frage, ob Inhauser erneut durch Karl Scharizers Protektion für das Fresko ins Spiel gebracht worden ist, noch ob der Künstler Entwürfe vorgelegt hat, kann anhand der eingesehenen Akten beantwortet werden. Das Waffenmuseum wurde wie das gesamte „Führermuseum“ nicht realisiert.
Entnazifizierung
Friedrich Inhauser und seine Frau Ellen erlebten das Kriegsende in Berlin. Im August 1946 wurden sie als österreichische Staatsbürger repatriiert, sie zogen nach Salzburg und lebten bei Minka Schmederer, Sängerin und Witwe nach Ludwig Schmederer, in der Villa Schmederer, Kreuzbergpromenade 4. Über die Beziehung zwischen Inhauser und dem Ehepaar Schmederer konnte bislang nichts eruiert werden. Als Friedrich Inhauser Ende 1947 / Anfang 1948 um die Ausstellung eines Reisepasses ansuchte, wurde das Bundesministerium für Inneres, Generaldirektion für die öffentliche Sicherheit aktiv, lag doch in den im Ministerium befindlichen NS-Gauakten der umfangreiche Akt Inhausers ein, der auch den Briefwechsel mit Karl Scharizer bezüglich der Bestätigung der NSDAP-Mitgliedschaft des Künstlers vom Februar 1933 enthielt. Das Ministerium wandte sich an das Hauptquartier der amerikanischen Streitkräfte in Österreich mit der Bitte, wegen Inhausers Parteimitgliedschaft in der „Zentralkartothek in Berlin“ Nachschau zu halten. Viereinhalb Monate später erging von der Generaldirektion für die öffentliche Sicherheit mit Datum vom 9. Juni 1948 ein Schreiben an die Bundespolizeidirektion Salzburg und an den Stadtmagistrat Salzburg als Registrierungsbehörde I. Instanz, demzufolge Friedrich Inhauser „in der nat.soz. Dokumentensammlung in Berlin“ als „Mitglied der NSDAP seit 1. 1. 1942 mit der Nummer 8.979.906“ aufscheine. Die entsprechende Information vom Headquarters United States Forces in Austria wurde am 18. Juni dem Gauakt Inhausers beigefügt. Da es Inhauser unterlassen hatte, sich beim Stadtmagistrat Salzburg als ehemaliges Mitglied der NSDAP zu registrieren, hatte er sich demzufolge des Vergehens nach § 8 des Verbotsgesetzes schuldig gemacht. Offensichtlich setzte die Generaldirektion die Salzburger Behörden auch von Inhausers Brief an Scharizer in Kenntnis, denn der Künstler erklärte in seiner ersten Einvernahme am 30. Juni 1948 in der Polizeidirektion: „Ich habe nie an Oberführer Scharitzer (sic) ein Schreiben mir vorgelegten Inhalts gerichtet und von ihm daher auch kein Antwortschreiben bekommen. Ich war tatsächlich nie bei der NSDAP und habe auch nie ein solches Ansuchen gemacht.“ Am 3. Juli 1948 verfasste die Bundespolizeidirektion Salzburg einen Erhebungsbericht, in dem sie Inhausers Aussagen zusammenfasste. „Zu seiner Rechtfertigung gab INHAUSER an, dass er, soweit er sich erinnere, niemals Mitglied der NSDAP war und um Aufnahme in diese Partei nie angesucht hat.“ Diese Angaben wiederholte Inhauser auch bei seiner am 31. Oktober 1948 erfolgten Registrierung in Salzburg, die er erst nach Aufforderung durch das Landesgericht Linz als Volksgericht vorgenommen hat, das aufgrund der ihm zur Last gelegten unterlassenen Registrierung als NSDAP-Mitglied eine Voruntersuchung eingeleitet hatte. Inhauser wurde am 19. November 1948 erneut einvernommen. Der Künstler beteuerte, sich nie um Politik gekümmert zu haben, stritt die Frage bezüglich seiner Parteimitgliedschaft nun jedoch nicht mehr kategorisch ab: „Im Jahre 1940 oder 1941 trat die DAF [Deutsche Arbeitsfront; Anm. d. Verf.] an mich mit größeren Aufträgen heran, die mir jedoch nur unter der Voraussetzung übergeben werden sollten, dass ich den Nachweis meiner Mitgliedschaft zur NSDAP irgendwie erbringe. In dieser Zwangslage nun – für mich hing davon nicht nur die Existenz, sondern auch meine beabsichtigte Heirat und vor allem eine Betätigung in meinem Berufe ab – machte ich bei der DAF bewußt die falsche Angabe, dass ich ohnedies in Österreich im Jahre 1933 der NSDAP beigetreten sei.“ Von einem erfolgten Beitritt mit 1. Jänner 1942 wisse er aber nichts, er habe nie um Aufnahme angesucht und auch nie ein Mitgliedsbuch erhalten, ja, die DAF habe sogar ein Verfahren wegen Falschangabe seiner Parteizugehörigkeit gegen ihn angestrengt. Er gab darüber hinaus an, dass im Zuge des Repatriierungsverfahrens Erhebungen gemacht worden seien, die seine „Verdienste als Gegner des nationalsozialistischen Systems herausstellten“. Als Zeugin all dessen führte der Maler seine Gattin Ellen Inhauser an, die dies in einer Einvernahme vor dem Landesgericht Salzburg am 28. Dezember 1948 bestätigte und ergänzend von einer Vorladung wegen „Zersetzung der Wehrkraft und Führerbeleidigung vor den Disziplinar- und Ehrenhof der DAF“ sowie von ihrer eigenen Delogierung aus der Wohnung nach Einrücken ihres Mannes berichtete. Die Staatsanwaltschaft Linz erhob der Rechtslage entsprechend am 7. Jänner 1949 Anklage gegen Friedrich Inhauser wegen unterlassener Registrierung als ehemaliges NSDAP-Mitglied. Über seinen Salzburger Rechtsanwalt Hans Asamer stellte der Angeklagte den Antrag, noch keinen Termin für die Hauptverhandlung in Linz anzuberaumen, da er sich zum Nachweis seiner Behauptungen „unverzüglich mit der Ortsgruppe in Berlin in Verbindung gesetzt“ habe, es aber „voraussichtlich 2 Monate“ dauern werde, bis er Antwort bekomme. Friedrich Inhauser hatte sich tatsächlich brieflich an den Berliner Landesgerichtsrat a. D. Dr. Oskar Ringleb gewandt, der dem Maler für das Gericht in Linz einen ausführlichen ‚Persilschein‘ ausstellte. Außer diesem Brief einer Privatperson finden sich keine Unterlagen im Akt.
Am 30. März 1949 erfolgte die Hauptverhandlung im Prozess gegen Friedrich Inhauser vor dem Volksgericht Linz. Unter dem Vorsitz des Richters Heinrich Marckhgott wiederholte der Anklagte seine Aussage, er sei 1934 „auf normalem Wege mittels eines Reisepasses“ nach Deutschland ausgereist. Erstmals gab Inhauser nun aber seinen Status als politischer Flüchtling zu: „Mir ist es schlecht gegangen und ich hab mich überreden lassen, dem Hilfswerk Nord-West beizutreten.“ Während er die Höhe der erhaltenen Beträge und die Dauer der Unterstützung klein redete – „Vom Hilfswerk Nord-West wurde ich bis Febar (sic) 1935 mit 75 RM monatlich unterstützt.“ – benannte er die Gründe seiner Flucht nach Deutschland konkreter als in den vorangegangenen Vernehmungen, wobei der erwähnte Fragebogen dem Gericht ja vorlag und Inhauser somit nicht leugnen konnte: „Um dann überhaupt Arbeit zu bekommen[,] fühlte (sic) ich im Jahre 1936 einen Fragebogen aus und erklärte an Eidesstatt, dass ich bereits im Feber 1933 in Oesterreich der Partei beigetreten bin und Blockleiter war. Ausserdem gab ich an, dass ich zeichnerischer Mitarbeiter an den Flugschriften ‚Ein Jahr Dollfuss‘ ‚Kampf gegen Arbeitslosigkeit‘ war und auch als politischer Leiter Dienst gemacht habe.“ An dieser Stelle beteuerte Inhauser, dass alle diese Angaben nicht der Wahrheit entsprochen hätten, legt aber in weiterer Folge ein indirektes Geständnis über seine NSDAP-Mitgliedschaft ab: „Scharitzer (sic) habe ich ein- oder zweimal gesehen. Den Brief an ihm (sic) habe ich auf das gerade Wohl (sic) geschrieben und habe nicht damit gerechnet, dass er mir meine Parteizugehörigkeit und alte Nummer bestätigt.“ In Bezug auf seinen ‚zweiten‘ Parteibeitritt 1942 argumentierte Inhauser, es sei „möglich, dass sich der Blockleiter erkundigt und sich darum bemüht hat, dass ich mit 1. 1. 1942 und der Mitgliedsnummer 8,979.906 in die Partei aufgenommen wurde.“ Davon habe er aber keine Verständigung bekommen, da er ja bereits im Mai des entsprechenden Jahres zur Wehrmacht eingerückt war. Nach kurzer Beratung verkündete das Gericht ein im Licht der Fakten erstaunliches Urteil: Es sprach den Angeklagten frei. Der Richter schenkte Inhauser hinsichtlich seiner ordnungsgemäßen Ausreise mit einem gültigen Reisepass 1934 Glauben, ohne noch einmal auf seine Verbindungen zum Hilfswerk einzugehen. Und auch bezüglich seiner politischen Betätigung nach dem Verbot der NSDAP in Österreich fand der Richter eine für den Angeklagten sehr günstige Argumentation: Dass Inhauser laut den 1936 getätigten Angaben im Februar 1933 in Österreich der NSDAP beigetreten, in Wien als Blockleiter tätig gewesen war, Zeichnungen für Flugblättern gegen den „Ständestaat“ angefertigt hatte, als Politischer Leiter aktiv gewesen und schließlich bei Karl Scharizer wegen einer Bestätigung seines frühen Beitrittes vorstellig geworden war, hätte er dem Gericht zufolge lediglich gemacht, um in Deutschland „überhaupt arbeiten zu können“. Der Richter hielt fest, dass die „Verdachtsmomente einer illegalen Zugehörigkeit zur NSDAP (…) ausschliesslich auf diesen Schriftstücken“ beruhen würden, diese aber den in Berlin vorhandenen Unterlagen mit dem Beitrittsdatum 1. 1. 1942 widersprächen. Daher sei Inhausers Aussagen zu glauben, denen zufolge er das Beitrittsdatum 1933 lediglich ins Spiel gebracht habe, „um auch von der Partei Aufträge zu bekommen, da er insbesondere von der DAF für grössere Arbeiten in Aussicht genommen war“. Auch Inhausers Erklärung, wonach wohl der zuständige Berliner Blockleiter für seine Aufnahme in die NSDAP 1942 alleinverantwortlich sei, er selbst nie einen Antrag gestellt und folgedessen auch keine Mitgliedskarte erhalten habe, schenkte der Richter Glauben, zumal der Angeklagte am 1. Mai 1942 zur Wehrmacht eingerückt war. „Da sohin kein sicherer Beweis dafür vorliegt, dass der Angeklagte von seiner Aufnahme in die NSDAP Kenntnis erlangt hat, sprach das Gericht den Angeklagten von der wider ihn erhobenen Anklage frei.“ Warum die Behörden keine Erkundungen über den von Inhauser angegebenen Waffen- und Munitionsbesitz bzw. deren Übergabe im Zusammenhang mit dem Juliputsch 1934 angestellt haben, geht aus den Akten nicht hervor. Am 1. April 1949 sandte Richter Marckhgott die Abschrift der „Eidesstattlichen Erklärung“ Inhausers aus dem Jahr 1936 an das Bundesministerium für Inneres nach Wien zur Rückordnung in den Gauakt retour. Das Verfahren war damit abgeschlossen.
Nachkriegszeit
Nachdem die Villa Schmederer nach dem Tod von Minka Schmederer im Dezember 1950 an ihre Schwester Friderica Derra de Moroda gegangen war, zog das Ehepaar Inhauser im Jänner 1952 von der Kreuzbergpromenade in die Richard-Strele-Straße, bereits einen Monat später erfolgte die Übersiedlung in die Gneisfeldstraße. Von dort führte sie ihr Weg nachweislich spätestens im Mai 1957 in die Walserfeldsiedlung. Ein Blick auf die öffentlichen Aufträge im Nachkriegsösterreich zeigt eindeutig, dass Friedrich Inhauser die Nähe zur SPÖ suchte, ohne jedoch der Partei beizutreten. Noch bevor die Untersuchungen wegen seiner unterlassenen NS-Registrierung begonnen hatten, übertrug ihm im Jänner 1948 der Magistrat Wien die Ausführung eines Großgemäldes der Stadt, das mit 4000,- S für damalige Verhältnisse durchaus ansehnlich bezahlt war. Am 5. Oktober 1948 stellte der Maler in Salzburg das Ansuchen um Aufnahme in den Bund Sozialistischer Akademiker, Intellektueller und Künstler (BSA), Fachverband Sozialistischer Künstler. Die Frage, ob er unter die Bestimmungen des Nationalsozialistengesetzes fiele, verneinte er. Von einer anderen Person wurde nachträglich auf dem Antrag vermerkt: „Lehnt Mitgliedschaft ab!“ Ob dieser Sinneswandel im Zusammenhang mit den beginnenden Erhebungen wegen seiner NS-Mitgliedschaft stand, lässt sich heute nicht mehr klären. Fakt ist, dass Inhauser Mitte der 1950er Jahre schließlich erneut einen Antrag um Aufnahme in den BSA stellte. Darin führte er auch kursorisch die Stationen seines Lebens an, wobei er über die Jahre von 1932 bis 1940 keine Angaben machte. Von 1940 bis 1945 sei er Soldat gewesen. Der Fragebogen liefert den nach derzeitigem Wissensstand einzigen Hinweis auf den von Inhauser geführten Professoren-Titel, der von den 1950er Jahren bis heute in der Literatur über den Künstler wiederholt angeführt wird. Inhauser selbst hielt dazu sehr unspezifisch fest: „1940 Professur für Leistungen auf dem Forschungsgebiet der vorerwähnten Meister [süddeutsche Malerei, v. a. Altdorfer und sein Kreis; Anm. d. Verf.] auf technischem Sektor.“ Wer ihm diese Professur an welcher Institution verliehen habe, ließ Inhauser ungenannt. In den 1940er und 1950er Jahren entstanden in der Stadt Salzburg neben mehreren Arbeiten, die die unmittelbare Nachkriegszeit dokumentierten, darunter „Ruinen des Kurhauses“ und „Salzburgs Wiederaufbau der im Kriege zerstoerten Domkuppel MCMXLVIII“, das sich heute im Salzburg Museum befindet, etliche Arbeiten im öffentlichen Raum, beispielsweise die Fresken an der Kirche in Guggenthal, an einem Gemeindewohnhaus in Liefering oder an einem Ärztewohnhaus in Lehen. „Inhauser hat mit seinen dekorativen Arbeiten an Salzburger Häusern die typische, optimistisch stimmende Nachkriegs-Ästhetik ‚öffentlich‘ gemacht.“ Keines dieser Werke ist erhalten. Nicht zerstört, jedoch hinter einer Verkleidung verborgen ist ein Fresko im Gebäude der Salzburger Sparkasse am Alten Markt, das Inhauser im Auftrag des damaligen Direktors und späteren Salzburger Bürgermeisters Alfred Bäck (SPÖ) 1952 ausführte. Für das Lehrlingsheim der Kammer der gewerblichen Wirtschaft schuf er ein 42 m2 großes Wandgemälde, die Stadt Salzburg im 19. Jahrhundert darstellend. Nach seiner Übersiedlung nach Wals fertigte Inhauser ein Sgraffito an der dortigen Volksschule an, auf dem eine Szene am Walser Birnbaum dargestellt war. Eines der wenigen noch existierenden Werke Inhausers im öffentlichen Raum ist das Sgraffito im Eingang zum ehemaligen Gendarmerieposten in Wals-Siezenheim. Freischaffend entstanden in Inhausers letztem Lebensjahrzehnt v. a. großformatige Bilder auf Packpapier mit unterschiedlichen Motiven und in Zusammenarbeit mit seiner Frau Ellen an die 100 Gobelins.
Friedrich Inhauser starb am 27. Jänner 1970 in Wals-Siezenheim, er liegt am dortigen Friedhof begraben. In Erinnerung an den Künstler fand vom 12. bis 31. Mai 1971 eine Ausstellung mit 29 seiner Werke im Museumspavillon im Mirabellgarten statt. Ein Teil des (künstlerischen) Nachlasses ging 1979 an das Salzburger Museum Carolino Augusteum (heute: Salzburg Museum).
Straßenbenennung
Im Oktober 1975 bat die Kulturverwaltung der Stadt Salzburg die Berufsvereinigung der bildenden Künstler Österreichs, Landesverband Salzburg um Informationen zu Friedrich Inhausers Lebensweg und Werk, da eine Straße „in einem Neubaugebiet“ in Salzburg-Aigen nach dem Künstler benannt werden sollte. Der Landesverband antwortete am 4. November, dass Inhauser „nicht mehr Mitglied“ im Verband sei, „daher stehen uns keine Unterlagen zur Verfügung“, und verwies auf die Ausstellung im Museumspavillon. In zwei Sitzungen des Straßenbenennungsunterausschusses wurden am 18. September und am 7. November 1975 insgesamt 19 Vorschläge besprochen. Drei Tage nach der zweiten Sitzung legte das Kulturamt schließlich den Amtsbericht über Straßenneubenennungen vor, in dem das Gebiet „[n]ordwestlich des Runkweges nächst der Bahnunterführung ‚Ernst-Grein-Straße‘“ angeführt wurde, wo „mehrere Wohnblocks errichtet“ worden waren. Die „Benennung von drei Verkehrsflächen, von denen aus die Objekte zugänglich sind, ist nötig. Da der Runkweg bereits nach einem Maler benannt ist“, schlug das Amt die Benennung nach Alois Lidauer, Rudolf Emanuel Karsch und Friedrich Inhauser vor. Der Kulturausschuss stimmte diesem Vorschlag in seiner Sitzung vom 13. November 1975 einstimmig zu, ebenso der Stadtsenat am 24. November und der Gemeinderat (16 SPÖ, 12 ÖVP, 9 FPÖ) am 1. Dezember 1975.