Jakob Hacksteiner

Biografie als PDF mit Quellen und Literatur:
Jakob Hacksteiner, um 1937

Tischlermeister, Bürgermeister von Morzg

* 12. September 1870 in Goldegg im Pongau

† 23. Juli 1962 in Salzburg

Straßenbenennung: Jakob-Hacksteiner-Weg, beschlossen am 10. Februar 1955

Lage: Morzg; verbindet die Morzger Straße und Gneiser Straße, nördlich des Nonnbergerhofes.

 

Jakob Hacksteiner kam am 12. September 1870 in Goldegg im Pongau als Sohn des Tischlermeisters Anton Hacksteiner und seiner Frau Magdalena, geborene Resch, zur Welt und wurde am gleichen Tag in der Pfarrkirche Goldegg katholisch getauft. Nach Besuch der Volksschule in seinem Heimatort machte er eine Lehre beim Tischler Eschbacher nahe Wagrain, danach arbeitete er in der Möbeltischlerei Meichelböck in der Stadt Salzburg. 1895 zog der 25-Jährige nach Morzg, eine damals eigenständige Gemeinde, die im Süden an die Stadt Salzburg grenzte, und gründete seine eigene Tischlerei. Am 13. April 1896 heiratete Hacksteiner in der Bürgerspitalkirche die gleichaltrige, in Vigaun geborene Köchin Theresia / Therese Hasiwether. Das Ehepaar wohnte in der Morzger Straße 34, an das Wohngebäude schloss sich direkt die Tischlereiwerkstätte an. Am 9. September 1909 erhielt Jakob Hacksteiner das Heimatrecht der Gemeinde Morzg verliehen. Durch die Eingemeindung am 1. Jänner 1939 wurde dieses von der Stadt Salzburg übernommen.

 

Bürgermeister von Morzg

Jakob Hacksteiner engagierte sich im politischen und im Vereinsleben von Morzg, so war er etwa Mitglied und zeitweiliger Obmannstellvertreter der Freiwilligen Feuerwehr, gehörte zum Vorstand der örtlichen Raiffeisenkasse, war Ehrenvorstand des Radfahrvereins „Sommerlust“ und Beirat des Deutschen Schulvereins Südmark. 1909 wurde er als christlichsozialer Mandatar im 2. Wahlkörper in den Gemeindeausschuss gewählt und 1912 wiedergewählt. Nach dem Ende der Monarchie wurde Hacksteiner 1919 Gemeinderat von Morzg, Gemeindevorsteher war der Sozialdemokrat Ignaz Eigenherr. Bei den Wahlen 1922, bei denen Eigenherr nicht mehr zur Verfügung stand, wurde Hacksteiner – er trat für die bürgerliche Wirtschaftspartei an – schließlich zum Bürgermeister der rund 2.200 Einwohner zählenden Gemeinde gewählt. Die Wahlen 1928 und 1931 bestätigten ihn in seiner Funktion. Als Bürgermeister von Morzg setzte sich Jakob Hacksteiner besonders für den sozialen Wohnbau (Bernardigasse) und den Bau der Wasserleitung in Morzg ein. Vor allem aber wandte er sich öffentlich gegen die Eingemeindung von Morzg zur Landeshauptstadt Salzburg. Anfang 1935 trafen sich mehrere von den Plänen betroffene Bürgermeister und formulierten eine Einschaltung in den Salzburger Zeitungen, wonach sie „auf das Entschiedenste gegen diese Gemeindereform“ wären „und zwar nicht nur aus wirtschaftlichen Erwägungen heraus, sondern hauptsächlich, da es jetzt nicht an der Zeit ist, die Bevölkerung wieder in Unruhe zu versetzen“. Die Unterzeichneten „ersuchen die Landtagsabgeordneten, die Wünsche der in Frage kommenden Gemeinden, speziell jetzt, in einer Zeit, wo Ruhe und Ordnung das dringendste Gebot für den Aufbau unserer Gesamtwirtschaft ist, zu berücksichtigen und im Landtage ihre Interessen zu vertreten“. Für seine Tätigkeiten wurde Jakob Hacksteiner 1933 die Ehrenbürgerschaft der Gemeinde Morzg verliehen, 1937 erhielt er anlässlich seines 15-jährigen Jubiläums als Bürgermeister von Bundespräsident Wilhelm Miklas die Goldene Verdienstmedaille zuerkannt. Nach 1945 gab er an: „Ich übte dieses Amt bis zum Jahre 1938 aus und hätte es auch behalten, wenn ich nicht von den Nazis dieses Amtes enthoben worden wäre. (…) Ich habe stets auf christlich sozialer Grundlage im öffentlichen Dienst gewirkt, dabei mit allen Parteien das Auskommen gefunden, da meine Anlagen den demokratischen Prizipien [sic] vollauf entsprochen haben.“ Dass Hacksteiner nach der Abschaffung der parlamentarischen Demokratie und dem Verbot sämtlicher Parteien in Österreich – ausgenommen die Vaterländische Front – ab 1934 eine politische Funktion im Rahmen einer autoritären Staatsform ausübte, spielte nach 1945 keine Rolle.

 

NS-Zeit

Nach dem „Anschluß“ wurde Jakob Hacksteiner als Bürgermeister der Gemeinde Morzg abgesetzt, das Amt übernahm der „Altparteigenosse“ Peter Aschauer, Sohn einer Morzger Bauernfamilie und seit 1931 Mitglied der NSDAP und SA. Hacksteiner und Aschauers Vater kannten sich gut, beide waren in den 1910er Jahren im Spar- und Darlehenskassenverein und nach dem Ende der Monarchie als Gemeinderäte von Morzg aktiv. Der Landwirt Aschauer leitete die Amtsgeschäfte bis zur Eingemeindung am 1. Jänner 1939, er verhinderte laut eigenen Angaben Gewalttaten gegen politische Gegner und setzte sich für Jakob Hacksteiner ein, u. a. damit dieser sein Ehrenbürgerrecht behalten konnte. Inwiefern diese Aussagen zutrafen, kann archivarisch nicht belegt werden. Aschauer wurde nach der Eingemeindung zu einem der Ratsherren der Gauhauptstadt Salzburg bestellt.

Am 29. Jänner 1940, wenige Monate vor seinem 70. Geburtstag, beantragte Jakob Hacksteiner die Aufnahme in die NSDAP. Er wurde er per 1. April 1940 mit der Mitgliedsnummer 8.005.095 aufgenommen und der Ortsgruppe Morzg zugeteilt. Über die Gründe für seinen Aufnahmeantrag gab Hacksteiner nach Ende der NS-Herrschaft an: „Bald wurden neue Innungen geschaffen, so auch im Handwerke der Tischler. Von dieser wurde mir nun die Wegnahme der Tischlereimaschienen [sic], Werkstätte und des gesamten Holzvorrates angedroht, und als ich diesbezüglich Einspruch erhob, wurde mir ganz öffentlich erklärt, ich sei zur Führung des Geschäftes schon viel zu alt, könne daher die unter grössten Sorgen erworbenen Maschienen [sic] etz. nicht mehr ausnützen, sodass ich meinte, es drückten mich diese beschämenden unverdienten Zumutungen nieder. In meiner verzweifelten Verfassung frug ich einen mir nahestehenden Kollegen, was ich tun soll damit endlich diese Drohungen, ja sogar bevorstehenden Vollziehungen der Tatsache, ein Ende nehmen würde und ich weiterhin die Tischlerei als Meister betreiben könne. Dieser ebenfalls ein Christlichsozialer, gab mir den Rat ich soll um Aufnahme in die NSDAP ansuchen und er könne mir versichern, ich werde dann Ruhe haben. Nach längerer Überlegung und seelischen Kämpfen, siegte der Selbsterhaltungstrieb und ich entschloss mich der Partei beizutreten. Ich wurde im Jahre 1941 aufgenommen.“ Die Diskrepanz in der Datierung seiner Aufnahme in die NSDAP lässt sich möglicherweise mit der Übergabe der Mitgliedskarte erklären. Inwiefern Jakob Hacksteiner tatsächlich von der Entziehung seines Eigentums durch „neue Innungen“ bedroht war, ist nicht aktenkundig und kann nicht verifiziert werden. Von seiner Mitgliedschaft bei der NSDAP war in der kurzen Meldung im „Salzburger Volksblatt“ anlässlich seines runden Geburtstages nichts zu lesen: „Den 70. Geburtstag beging Jakob Hacksteiner, ehemals während vieler Jahre Bürgermeister von Morzg.“ Eineinhalb Jahre später verstarb Hacksteiners Ehefrau Therese am 16. Februar 1942 in Salzburg. Die Ehe war kinderlos geblieben.

 

Entnazifizierung

Ende Mai 1946 gab Jakob Hacksteiner das eigenhändig ausgefüllte Meldeblatt zur Registrierung der ehemaligen Nationalsozialisten bei der Kartenstelle Morzg ab. Darin erklärte er, von 1941 bis 1945 Mitglied der NSDAP gewesen zu sein. Im Begleitschreiben bat er um Befreiung von der Registrierung, „da ich mich nur dem Drange der Verhältnisse, wie Wegnahme meines Betriebes samt Maschienen [sic] und Materialien, folgend, um den Beitritt zur NSDAP bewerben musste“. Auf der Innenseite des Aktendeckels zum Akt Jakob Hacksteiner steht vermerkt: „Verfügung Minderbelastet 27. VIII. 47.“ Über den weiteren Lebensweg des damals bereits 76-Jährigen ist bislang nichts bekannt. Jakob Hacksteiner starb am 23. Juli 1962 im 92. Lebensjahr in der Stadt Salzburg.

 

Straßenbenennung

Im doppelten Sinne unüblich verlief die Benennung des Weges nach Jakob Hacksteiner. Einerseits war der Namensgeber zum Zeitpunkt der Benennung nach am Leben, andererseits folgte das politische Procedere nicht den üblichen Usancen. In der Sitzung des Stadtsenats vom 17. Jänner 1955 führte Bürgermeister-Stellvertreter Hans Donnenberg (ÖVP) aus: „Der Kulturausschuß hat sich schon mit dem Antrag beschäftigt, Jakob Hacksteiner, Altbürgermeister von Morzg und Bürger der Stadt Salzburg, durch die Benennung eines Weges in Morzg zu ehren. Nun findet aber am 22.1.1955 in Morzg eine Feier für Alt-Bürgermeister Hacksteiner statt und es wäre wünschenswert, Hacksteiner aus diesem Anlaß wenigstens mitzuteilen, daß der Stadtsenat einen entsprechenden Antrag an den Gemeinderat weitergeleitet hat. Nach Rücksprache mit dem Obmann des g.r. [gemeinderätlichen, Anm. d. Verf.] Kulturausschusses, Dr. Richter, stimmte dieser unter den gegebenen Verhältnissen zu, daß der g.r. Ausschuß II ausnahmsweise erst nachträglich von dem Beschluß des Stadtsenates in Kenntnis gesetzt wird. Referent stellt daher den Antrag, den Feldweg, der von der Morzgerstraße nächst dem Gasthof ‚Blauer Stern‘ abzweigt und zur Gneiserstraße führt und der keine Bezeichnung trägt, ‚Jakob-Hacksteiner-Weg‘ zu benennen.“ Donnenbergs Antrag wurde vom Stadtsenat einstimmig beschlossen. Zehn Tage später war u. a. dieser Punkt auf der Agenda des Kulturausschusses, die „Anwesenden nahmen die vom Vorsitzenden vorgebrachten Dringlichkeitsakte einstimmig nachträglich zur Kenntnis“. Schließlich beschlossen die Gemeinderätinnen und Gemeinderäte der Stadt Salzburg in ihrer Sitzung vom 10. Februar 1955 einstimmig die Benennung des rund 450 Meter langen Weges nach Jakob Hacksteiner.