Eduard Warwitz
Fabrikant, Firmeninhaber
* 12. Oktober 1885 in Ebenau
† 9. September 1973 in Salzburg
Straßenbenennung: Warwitzstraße, beschlossen am 1. Dezember 1975
Lage: Gnigl; Verbindung von der Bachstraße zur Schillinghofstraße.
Um 7 Uhr abends am 12. Oktober 1885 kam Eduard Warwitz in Ebenau zur Welt, er wurde am darauffolgenden Tag in der dortigen Pfarrkirche getauft. Seine Eltern Eduard und Anna, geborene Huber, stammten beide aus dem Bezirk Braunau in Oberösterreich und betrieben Ende des 19. Jahrhunderts ein Wirtshaus in Ebenau, den Hammerwirt bzw. Karnerwirt. Außerdem betätigte sich der Vater als Bauunternehmer in der Region, der wiederholt Schotterlieferungen für den Bau von Landesstraßen im Flachgau lieferte. 1894 erwarben die Eltern Schottergründe in der Gemeinde Gnigl, veräußerten diese aber wenig später an die Stadtgemeinde Salzburg. Auch eine Quelle auf dem Heuberg ging aus dem Besitz der Familie Warwitz an die Stadt. Im Jahr 1906 verkauften Eduard und Anna Warwitz das Gasthaus und die dazu gehörige Landwirtschaft in Ebenau und zogen nach Salzburg.
Gnigler Industrieller
Über die Kindheit, Jugend und (schulische) Ausbildung von Eduard Warwitz jun. sowie seiner beiden Brüder Matthias und Hans ist nichts bekannt. 1909 gründete Eduard Warwitz eine Holz- und Kohlenhandlung in Gnigl, 1917 kaufte er das bereits angrenzende „Dampfziegelwerk“ der Gebrüder Leube unmittelbar neben dem Gnigler Rangierbahnhof und baute es in den darauffolgenden Jahren aus. In diesem Zusammenhang genehmigte im März 1918 der Gemeinderat von Gnigl die Errichtung einer Fabrikskantine. Warwitz erweiterte den Betrieb kontinuierlich, so um eine „Tonwarenfabrik“, um ein Sägewerk und ein Wirtschaftsgebäude. In den 1920er Jahren bezeichnete er seine Firma daher als „Holz- und Ziegel-Industriewerke Warwitz“. Ab dem Frühjahr 1918 inserierte er regelmäßig in den Salzburger Tageszeitungen und warb um „Arbeiter und Arbeiterinnen“, die „gegen gute Entlohnung und Verpflegung, eventuell Unterkunft, sofort aufgenommen“ würden, aber auch Köchinnen, Dienstmädchen, Zimmermänner, Buchhalter, Stenotypistinnen etc. suchte er im Laufe der Jahre via Annoncen. Sowohl Eduard Warwitz als auch die Arbeiter*innen seiner Fabrik werden wiederholt als Spender größerer Summen für Sammlungen ab Anfang der 1920er Jahre genannt.
Als im Sommer 1920 Franz Wagner, im Brotberuf Baumeister, in seiner Funktion als für Bauangelegenheiten zuständiger christlichsozialer Gemeinderat anregte, die Stadtgemeinde solle für die Errichtung von Wohnhäusern ein eigenes Ziegelwerk betreiben, reagierte Eduard Warwitz umgehend und wandte sich in mehreren Zeitungsartikeln scharf gegen derartige Pläne. „Man soll nicht versuchen, anderen zu schaden, will man nicht selbst geschädigt werden“, so seine unmissverständlichen Worte in Richtung Wagner. Zwei Wochen später sah sich Warwitz zu einer Klarstellung und Abschwächung bzw. Präzisierung seiner Vorwürfe gezwungen.
Auf der einen Seite musste Eduard Warwitz nach dem Ersten Weltkrieg Bestrebungen begegnen, die imstande waren, die wirtschaftliche Entwicklung seines Betriebes zu beeinträchtigen, auf der anderen Seite kam es gleichzeitig zu sozialen Spannungen in der Firma. Im Mai 1922 legten die Arbeiter*innen die Arbeit nieder. „Der Grund des Streiks war das protzige Benehmen des Herrn Warwitz, der auf die Forderungen seiner Arbeiter keine Antwort gab und dem Betriebsrat erklärte, mit der Organisation nicht zu unterhandeln und auch nichts zu bewilligen.“ Aus Solidarität mit den Ziegelarbeitern streikten auch die Beschäftigten des Sägewerks. Im Herbst desselben Jahres blickte die sozialdemokratische „Salzburger Wacht“ noch einmal auf die Streiks im Frühjahr in Salzburg zurück und notierte, dass bei der Firma Warwitz „nach kurzer Dauer ein Lohnvertrag abgeschlossen“ worden war. Nur drei Jahre später wurde Warwitz bei einer Arbeitslosenversammlung im Arbeiterheim erneut scharf angegriffen. Ein Herr Schachinger „schilderte die elenden Arbeitsverhältnisse in der Zündholzfabrik in Sam und bei der Firma Warwitz“. Auch Karl Emminger, führender Salzburger Sozialdemokrat und Gemeindevertreter von Gnigl, ging in seiner Rede auf die Situation bei der Firma Warwitz ein. Seiner Überzeugung nach „ist der Mangel an Organisation“ Schuld an der Situation. Dass die Arbeiter im Sägewerk trotz des gesetzlich festgelegten Acht-Stunden-Tages „fast durchwegs 12 Stunden“ zu arbeiten hätten, brachte Warwitz in den 1920er Jahren wiederholt mit dem Arbeitsinspektorat in Konflikt. „Die Firma Warwitz liefert hiefür den deutlichsten Beweis, da sie trotz mehrmaliger Anzeige immer noch 12 Stunden täglich arbeiten läßt“, so die „Salzburger Wacht“.
In der Nacht vom 9. auf den 10. April 1930 vernichtete ein Großbrand die Ziegelfabrik. „Die drei Stockwerke brannten bis auf die Außenmauern durch, die kostbaren, erst vor zwei Jahren im Mitteltrakt eingebauten Maschinenanlagen wurden fast völlig zerstört“, wusste das „Salzburger Volksblatt“ über die Katastrophe zu berichten. Ein Übergreifen der Flammen auf die angrenzenden Arbeiterwohnhäuser und die Lagerschuppen konnten die herbeigerufenen elf Feuerwehren aus der Stadt Salzburg, den Nachbargemeinden im Flachgau und aus Freilassing verhindern, einige Bewohner*innen der Arbeiterhäuser erlitten leichte Verletzungen. Eine Abteilung des Bundesheeres mit 72 Mann half bei den Aufräumarbeiten. „Die Brandursache ist unbekannt. Der Schaden ist enorm hoch und durch Versicherung bei weitem nicht gedeckt“, so das „Salzburger Volksblatt“ in seinem ausführlichen Bericht. Sowohl die Gemeindevorstehung von Gnigl-Itzling und die Landesregierung als auch Eduard Warwitz persönlich bedankten sich in Annoncen in den folgenden Tagen für den Einsatz der Feuerwehren und die Hilfsbereitschaft aller Beteiligten; Spendenaktionen unterstützten die Arbeiterfamilien, die ihre gesamte Habe verloren hatten. Am 5. Juli desselben Jahres folgte der nächste Brand, nunmehr im angrenzenden Sägewerk, bei dem ein Sägespäneturm teilweise niederbrannte. Eduard Warwitz ließ sich davon nicht beirren und innerhalb kurzer Zeit die Anlagen neu aufbauen. Er suchte weiterhin neue Angestellte via Zeitungsannoncen und im Mai 1931 inserierte er, dass nunmehr „Ziegelmehl für Tennisplätze (…) wieder laufend“ bei seiner Firma erhältlich sei.
Wirtschaftlich stand es jedoch schlecht um den Firmenkomplex Warwitz, was nicht nur auf den teuren Wiederaufbau der Firma und die Absatzschwierigkeiten im Zusammenhang mit der Weltwirtschaftskrise zurückzuführen war. Ende September 1932 starb der Geschäftsführer bzw. Fabriksdirektor Rudolf Hans Titz im Alter von 44 Jahren, er war seit 1924 für die Firma Warwitz tätig und entscheidend für den geschäftlichen Erfolg verantwortlich. Am 21. März 1933 meldeten die Salzburger Zeitungen schließlich den Konkurs der Firma „Holz- und Ziegelindustrie-Werke Eduard Warwitz“. Zum Masseverwalter wurde der Salzburger Rechtsanwalt Dr. Robert Lippert bestellt, der auch die öffentliche Versteigerung etlicher Mobilien, darunter ein Personenauto der Marke „Praga-Alfa“, am 2. November desselben Jahres leitete. Im September 1934 folgte die Löschung der Firma aus dem Handelsregister. An der auf 500.000,- Schilling geschätzten Immobilie selbst schien zunächst niemand interessiert zu sein, eine Versteigerung, die auf Betreiben des Masseverwalters für den 2. April 1936 anberaumt worden war, wurde mangels Bietern nicht durchgeführt. Im Sommer desselben Jahres hatte sich auf dem Firmengelände eine Kunstdüngerfabrik eingemietet, gegen die die Anrainer wegen der Geruchsbelästigung Protest liefen. Das Wohnhaus der Familie Warwitz, das die Postadresse Schillinghofstraße 42 trug, kaufte im Frühjahr 1937 der Gnigler Baustoffhändler Karl Hannak.
Privates
Das Privatleben von Eduard Warwitz lässt sich nur grob skizzieren: Im Mai 1920 gaben Eduard Warwitz und die aus Bozen stammende Anna Ebner ihre Verlobung bekannt, die Hochzeit fand am 18. Oktober 1920 in Bozen statt. Aus der Ehe gingen drei Söhne und eine Tochter hervor. Kurz vor der Hochzeit, am 11. September 1920, suchte Eduard Warwitz um das Heimatrecht der Gemeinde Gnigl an, das ihm mit Beschluss vom 15. September verliehen wurde und im Zuge der Eingemeindung 1935 auf die Stadt Salzburg überging. Im Jahr zuvor, am 28. August 1919, war seine Mutter verstorben, am 31. Mai 1924 starb sein Vater. Und nur wenige Monate später erlag der Bruder Matthias, der in der Firma von Eduard Warwitz tätig war und sich im Kaiserschützenbund engagiert hatte, an den Folgen eines Motorradunfalls.
NS-Zeit
Über das Leben und Wirtschaften von Eduard Warwitz nach dem Konkurs der Firma ist wenig bekannt. Wovon Warwitz, der zum Zeitpunkt des „Anschlusses“ 52½ Jahre alt war, lebte, bleibt unklar. Möglicherweise war er zu jener Zeit bereits im Holz- und Baustoffhandel seiner Nichte Hiltrud Draxler in der Bayrhamerstraße 12b tätig, denn er war bereits im Oktober 1937 dorthin gezogen und inserierte ab Sommer 1940 in den Salzburger Zeitungen wieder regelmäßig als Geschäftsführer bzw. Holzhändler dieses Betriebes. Im Herbst 1943 schied Hiltrud Draxler aus, Eduard Warwitz übernahm die Firma als Alleininhaber, die fortan unter der Bezeichnung „Eduard Warwitz, Holz- und Baumaterialien“ lief. In einem anderen Zusammenhang taucht sein Name weder in den Salzburger Zeitungen noch in offiziellen Unterlagen wie den Protokollen der Ratsherren und Beigeordneten der Gauhauptstadt Salzburg auf.
Über die politische Einstellung und das Verhalten von Eduard Warwitz in der NS-Zeit sind keine Informationen vorhanden. Auch eine NSDAP-Mitgliedskarte ist nicht erhalten, jedoch bestätigten sowohl er als auch seine Frau Anna nach 1945 selbst ihre Parteimitgliedschaft.
Entnazifizierung
Eduard und Anna Warwitz gaben am 1. Juni 1946 das Meldeblatt zur Registrierung ehemaliger Nationalsozialisten bei der Kartenstelle Neustadt ab, da beide seit 27. März 1945 in der Priesterhausgasse 22 wohnten. Als Beruf führte er „Holzkaufmann“ an, als früheren Wohnort die Bayrhamerstraße 12b. Seinen eigenen Angaben zufolge war er von „1938 oder 39 bis 1945“ Mitglied der NSDAP. Im Frühjahr 1948 gab er über seinen ausgeübten Beruf bis 1945 „Kaufmann“ an, führte dies jedoch nicht genauer aus. Ende September 1948 wurde Eduard Warwitz als minderbelastet eingestuft.
Über sein weiteres berufliches Leben ist nichts bekannt. Eduard Warwitz erwarb gemeinsam mit seiner Frau Anna im April 1954 eine Wohnung in der Stelzhamerstraße 4/I. Er starb am 9. September 1973 in Salzburg, seine Frau Anna am 24. Oktober 1993.
Straßenbenennung
Seit 1972 berieten die zuständigen Stellen die Neubenennung von vier Straßen im Gewerbegebiet von Gnigl. Mehrfach erreichten Schreiben von Anrainerfirmen das Kulturamt, in denen aufgefordert wurde, diesen Straßen, die als „Bachstraße 1 a-f“ geführt wurden, endlich eine eindeutige Bezeichnung zu geben, da sowohl bei Kunden als auch Lieferanten große Verwirrung herrsche. Von den Vorschlägen „Technikerstraße“, „Gewerbestraße“, „Handelsstraße“ und „Hannakstraße“ genehmigte der Gemeinderat in seiner Sitzung vom 28. Februar 1973 lediglich letztere. Damit waren die betroffenen Firmen alles andere als zufrieden, erneut wandten sie sich, nunmehr in bereits schärferem Ton, an das Kulturamt, das seinerseits im Herbst 1975 eine endgültige Lösung suchte. Amtsintern war geplant, das „Straßenstück, das von der Schillinghofstraße zur verlängerten Bachstraße führt“, in „Warwitz-Straße“ umzubenennen. Aus diesem Grund ersuchte das Kulturamt die Familie, „die Lebensdaten des seinerzeitigen Besitzers der Warwitzwerke sowie Angaben über sein Wirken zu übermitteln“. Die Witwe Anna Warwitz dankte „in meinem und im Namen meiner Söhne Eduard, Walter, Helmut, meiner Tochter Anya“ für diese öffentliche Anerkennung ihres verstorbenen Mannes und teilte dem Amt die Eckdaten seiner beruflichen Laufbahn mit. In zwei Sitzungen des Straßenbenennungsunterausschusses wurden am 18. September und am 7. November 1975 insgesamt 19 Vorschläge besprochen, drei davon betrafen die angesprochenen Straßenzüge in Gnigl. Im Amtsbericht der Kulturabteilung vom 10. November 1975 findet sich unter „Vorgang 3“ die Neubenennung einer Straße, die aus der Umnummerierung der Bachstraße resultierte. „An dieser Straße befindet sich nur ein Objekt (derzeit Bachstraße 2), das sich in Privatbesitz befindet. Die Umbenennung dieses Straßenstückes würde keinerlei Schwierigkeiten mit den Anrainern nach sich ziehen. Da diese Straße im Gebiet der ehemaligen Warwitzwerke verläuft, schlägt das Amt vor, es (sic) ‚Warwitzstraße‘ zu benennen.“ Der Kulturausschuss stimmte diesem Vorschlag in seiner Sitzung vom 13. November 1975 einstimmig zu, ebenso der Stadtsenat am 24. November und der Gemeinderat (16 SPÖ, 12 ÖVP, 9 FPÖ) am 1. Dezember 1975.