Dr. Siegfried Gmelin

Biografie als PDF mit Quellen und Literatur:

Jurist, Direktor der Bausparkasse Wüstenrot

* 5. Jänner 1897 in Geislingen an der Steige, Württemberg

† 18. März 1976 in Salzburg

Straßenbenennung: Dr.-Gmelin-Straße, beschlossen am 5. November 1976

Lage: Maxglan; von der Peter-Pfenninger-Straße zur Altenbuchgasse, parallel zur Norbert-Brüll-Straße.

 

Als Sohn des evangelischen Pastors Eduard Ludwig Gmelin und seiner Frau Anna, die aus der berühmten Mathematiker-Familie Bernoulli stammte, kam Siegfried Bernhard Gmelin am 5. Jänner 1897 in Geislingen an der Steige im damaligen Königreich Württemberg zur Welt. Nach dem Besuch von drei Klassen der Volksschule und drei Klassen Lateinschule in Schorndorf – seit 1902 Wohnort der Familie und Arbeitsort des Vaters – absolvierte er 1911 ein Jahr Gymnasium in Cannstatt und sollte nach zwei Jahren am Karlsgymnasium in Stuttgart sein Abitur ablegen. Der Ausbruch des Ersten Weltkriegs verhinderte dies jedoch und unterbrach Gmelins weitere Ausbildung. Als Kriegsfreiwilliger trat der 17-Jährige am 24. August 1914 beim 10. Württembergischen Infanterie-Regiment 180 ein, er wurde am 20. September desselben Jahres vereidigt. Einen Tag später erhielt er per Ministerialerlass sein Reifezeugnis. Siegfried Gmelin war von 14. Oktober 1914 bis kurz vor Kriegsende – mit Unterbrechungen zur weiteren militärischen Ausbildung beim Ersatz-Infanterie-Regiment 180 in Tübingen – durchgängig am westlichen Kriegsschauplatz eingesetzt, davon mehrere Monate bei Stellungskämpfen in Artois. Vom 24. Juni bis 1. Juli 1916 kämpfte er an der Somme. Bereits am ersten Tag der „Schlacht an der Somme“, dem 1. Juli 1916, wurde er durch mehrere Schrapnellsplitter am Gesäß und am rechten Oberschenkel verwundet und in das Reservelazarett nach Göttingen transferiert. Eine Kommission befand ihn im Dezember 1916 für genesen, ab Februar 1917 stand Gmelin wieder im Feld. Er erreichte am 23. November 1917 den Rang eines Leutnants. Für seinen Einsatz im Ersten Weltkrieg erhielt er das Eiserne Kreuz II. Klasse, die Silberne und Goldene Württembergische Militärverdienstmedaille, das Verwundeten-Abzeichen in Schwarz (verliehen für ein- bis zweimalige Verwundung) und das Ehrenkreuz für Frontkämpfer mit Schwertern. Er wurde am 25. Jänner 1919 aus dem Militärdienst entlassen.

Im Anschluss an seine Kriegszeit sollte Siegfried Gmelin Theologie studieren und wie sein Vater Pastor werden, er entschied sich jedoch für ein Studium der Rechtswissenschaft an der Eberhard-Karls-Universität in Tübingen. An seinem Studienort trat er der konfessionslosen, burschenschaftlich ausgerichteten Verbindung Normannia bei. Nach eigenen Angaben im Zuge seiner Entnazifizierung gehörte er von Oktober bis zu ihrem Verbot in Folge des Hitlerputsches im November 1923 einige Wochen auch der NSDAP-Ortsgruppe im württembergischen Owen an und nahm an Veranstaltungen der dortigen SA teil. Nach zehn Semestern provomierte er 1924 zum Doktor der Rechtswissenschaften mit der 100 Seiten umfassenden Dissertation „Der Erwerb eigener Anteile durch eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung“. In der Folge arbeitete er für die Süddeutsche Discont-Gesellschaft in Kehl und für die Schuhfabrik Salamander in Kornwestheim. Am 8. Dezember 1925 heiratete er Else Lewke.

 

Promotor und Gründer der Bausparbewegung in Österreich

Nach Abschluss des Studiums kam Siegfried Gmelin mit Georg Kropp in Verbindung. Der Drogist Kropp, ehemaliger Methodistenprediger und Kriegsberichterstatter im Ersten Weltkrieg, hatte 1921 in Wüstenrot, einem kleinen Ort in Württemberg, die „Gemeinschaft der Freunde e. V. Wüstenrot bei Heilbronn“ gegründet. Kerngedanke dieses Vereins war die Finanzierung von Eigenheimen durch Ansparung und gegenseitige Darlehensgewährung mehrerer Privatpersonen bzw. Familien. Ab März 1925 arbeitete Siegfried Gmelin für Kropps Gemeinschaft als Rechtsrat und verbreitete die Idee des Bausparens auf Reisen im deutschsprachigen Raum. Am 30. November 1925 trat Gmelin erstmals in Salzburg auf, er hielt im Kurhaussaal einen Vortrag über die Bausparbewegung, denn sie wolle „ihre Tätigkeit nunmehr auch in Österreich aufnehmen“, wie die „Salzburger Chronik“ berichtete. Unter dem Titel „Jeder Familie ein Eigenheim“ sprach er bei freiem Eintritt „über die Einrichtung der Gemeinschaft der Freunde zur Beschaffung von Eigenheimen“. In der Annonce zum Vortrag hieß es: „Alle Wohnungslosen, Brautpaare, junge Ehepaare, sowie Dienstwohnungsinhaber, alle die aus unerquicklichen Zwangsmieteverhältnissen heraus sich nach einem Eigenheim sehnen, sind zu diesem Vortrag bestens eingeladen, bei dem es sich nicht um theoretische Erwägungen oder um langwierige Erringung gesetzgeberischer Maßnahmen handelt, sondern um die praktische, erfolgreiche Selbsthilfe der Gemeinschaft der Freunde, durch die jeder, der sich dieser gemeinnützigen Gesellschaft anschließt, in absehbarer Zeit zum Baugeld für ein Eigenheim kommt.“

Siegfried Gmelin, der seinen Hauptwohnsitz in der Zwischenzeit nach Aigen bei Salzburg verlegt hatte, engagierte sich auf mehreren Kanälen für die Bausparbewegung, zuvorderst in Form von öffentlichen Vorträgen. Mitte Februar 1926 etwa hielt die Gemeinschaft einen „Sprechabend“ im Gasthaus „Goldene Rose“ in der Auerspergstraße ab, zu dem „Bausparer und Freunde dieses Eigenvereins“ eingeladen waren und im Rahmen dessen Gmelin referierte. Ende der 1920er Jahre gab er mehrere Broschüren im Eigenverlag über das Wesen der Bausparbewegung heraus.

Dieser neuen Form der Hausbaufinanzierung standen jedoch nicht alle positiv gegenüber. Von Beginn der Tätigkeit der Gemeinschaft der Freunde an wurde immer wieder Kritik laut, unter anderem warfen Wissenschafter und Bürokraten Wüstenrot vor, die Einlagen der Sparer nicht (genug) vor Entwertung zu schützen. Ein anderer Kritikpunkt betraf die Rechtsform als Verein, die den Kritikern zu wenig transparent war. Im Zusammenhang mit einer Replik auf diese Punkte ließ Gmelin via „Salzburger Chronik“ im Februar 1926 die Leserinnen und Leser wissen, dass Wüstenrot zu diesem Zeitpunkt, also rund zweieinhalb Monate nach seinem ersten Auftreten in Salzburg, „bereits für 150 Eigenheime das Baugeld zur Verfügung gestellt“ habe. „Allein im Monat Februar wird sie für rund weitere 100 Eigenheime das Baukapital bereit stellen.“ 1928 sah Siegfried Gmelin sich gezwungen, in der 23-seitigen Broschüre „Die Eigenheimbewegung der Gemeinschaft der Freunde Wüstenrot (Württemberg) in der Abwehr!“ den Angriffen zu kontern. Den Kritiken zum Trotz war die Gemeinschaft der Freunde überaus erfolgreich. 1926, also bereits nach wenigen Monaten der geschäftlichen Aktivität in Salzburg, entstand in Hallein das erste Wüstenrot-Haus, Bauherr war Fritz Kaltner. Wie rasch Wüstenrot wuchs – ein Indikator für das Vertrauen der Sparer*innen in diese Veranlagungs- bzw. Finanzierungsform – beweisen die Auszahlungen an Bauwillige: Nachdem am 27. März 1929 die Zuteilung der 1.000 Bausparfinanzierung gefeiert worden war, erfolgte die 2.000 im September 1930 und die 3.000 exakt zwei Jahre danach. Wüstenrot war demnach Ende der 1920er Jahre als Institution der Finanzwelt in Österreich etabliert.

Eine Folge der Weltwirtschaftskrise einerseits und der Kritik an der bis dahin bestehenden Rechtsform von Wüstenrot andererseits – sie war ein vereinsrechtlicher Ableger des Stammsitzes in Wüstenrot bzw. später in Ludwigsburg – war, dass Siegfried Gmelin mit 28. Dezember 1929 die Bausparkasse als registrierte Genossenschaft in Österreich eintragen ließ. Dieser Tag gilt als offizielles Gründungsdatum von Wüstenrot Österreich, die Genossenschaft blieb aber im engen Verbund mit dem Mutterhaus. Die Bausparkasse bezog in der Folge das neue, repräsentative Verwaltungsgebäude in der Auerspergstraße 7. Im November 1934, ein halbes Jahr nach dem NS-Putschversuch und der Ermordung des österreichischen Bundeskanzlers Engelbert Dollfuß, feierte Wüstenrot das 500. Eigenheim im Land Salzburg, das mit Geldern der Bausparkasse ermöglicht wurde: Der pensionierte Hauswart des Mozarteums, Nikolaus Reich, bezog sein Haus in der Moserstraße in Maxglan. Bei der Zeremonie waren neben lokalen Würdenträgern auch Bauspar-Vertreter aus England und der Schweiz sowie aus der deutschen Zentrale von Wüstenrot anwesend. Direktor Wilhelm Flatz erinnerte „an Dr. Siegfried Gmelins Verdienste um die Eigenheimbewegung in Österreich und speziell in unserem Heimatlande. Vor neun Jahren sei Dr. Gmelin mit einem Koffer voll Flugschriften aus Deutschland zu uns gekommen. Die hätten zwar in der vergangenen Zeit auch andere getan, ‚die aber lieben wir nicht, weil sie auch Böller in ihren Koffern hatten‘“, so die Wiedergabe seiner Rede in der „Salzburger Chronik“. Dass der österreichische Zweig von Wüstenrot auch eine durchaus bedeutende Position in der globalen Bausparfinanzierung hatte, beweist die Tatsache, dass der V. Bausparkassen-Weltkongress 1935 in Salzburg abgehalten wurde. Siegfried Gmelin referierte dabei zum Thema „Fremdgeldfragen“.

 

Siegfried Gmelin, Wüstenrot und die Politik

Einige Jahre nach seiner Übersiedlung nach Salzburg hatte Siegfried Gmelin auch die österreichische Staatsbürgerschaft beantragt und sie 1932 auch erhalten, er war seit diesem Zeitpunkt Doppelstaatsbürger. Dieser Tatsache sollte in der Frage seiner Entnazifizierung nach 1945 eine zentrale Rolle zukommen, denn Gmelin wurde am 1. Dezember 1932, also noch vor der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten in Deutschland, in Owen in Württemberg erneut in die NSDAP aufgenommen, er erhielt die Mitgliedsnummer 1.406.077. Nach 1945 gab er an, keine Funktion in der dortigen Ortsgruppe ausgeübt zu haben, wohl da er seinen Hauptwohnsitz in Salzburg hatte und sich nur fallweise in Württemberg aufhielt. In Folge der Gründung der Vaterländischen Front trat Gmelin im April 1934 zudem der österreichischen Einheitspartei des „Ständestaates“ bei.

Nachdem die NSDAP in Österreich im Juni 1933 verboten worden war, agitierten die illegalen Nationalsozialisten im Verborgenen. Von Bedeutung waren verdeckte NS-Betriebszellen in größeren Betrieben, in denen sich politisch Aktive sammelten. Neben der Druckerei Kiesel und der Stiegl-Brauerei gehörte die Bausparkasse Wüstenrot zu einem der wichtigsten Stützpunkte nationalsozialistischer betrieblicher Propaganda. Unter den illegal tätigen Nationalsozialisten findet sich auch Fritz Kaltner, dem ersten Wüstenrot-Hausbauer 1926 aus Hallein. Kaltner wurde im Zusammenhang mit dem NS-Putsch in Lamprechtshausen vom Juli 1934 als SA-Führer des Flachgaus genannt. In den Berichten der Salzburger Sicherheitsdirektion scheint er als „Wüstenrotbeamter, Salzburg, wohnhaft Bayerhammerstraße“ auf. Kaltner war bis 1930 als Privatbeamter bei einer Versicherung in Hallein, wo er auch das Heimatrecht besaß, tätig. Dann wechselte er zu Wüstenrot nach Salzburg. Hier trat er im Jänner 1933 der NSDAP bei und war als SA-Sturmhauptführer aktiv. Aufgrund seiner Rolle im Juliputsch wurde er wegen Hochverrats und Sprengstoffbesitzes verhaftet und erst in Folge des Juliabkommens 1936 Anfang 1937 begnadigt. Nach dem „Anschluß“ stieg Fritz Kaltner zum Gauinspekteur in der Salzburger Gauleitung auf und wurde im Juni 1938 zum Vorsitzenden der Salzburger Gemeinnützigen Siedlungsgenossenschaft gewählt. Wie noch zu zeigen sein wird, hat Siegfried Gmelin dieses offensive Eintreten eines Teils der Angestellten von Wüstenrot für die illegale NSDAP nicht nur geduldet, sondern laut Zeugenaussagen auch finanziell maßgeblich unterstützt, wofür bislang jedoch keine schriftlichen Belege aufgefunden werden konnten. Auch personalpolitisch war Wüstenrot bereits vor dem „Anschluß“ nationalsozialistisch ausgerichtet. Günther G. Bauer zufolge wurde sein Vater Andrä/Andreas Bauer, der ab 1926 für Wüstenrot in Vorarlberg tätig gewesen und 1932 nach Salzburg als Leiter des Außendienstes in die Direktion geholt worden war, 1937 entlassen, da er sich als Mitglied des katholischen Cartellverbandes geweigert hatte, der NSDAP beizutreten.

 

NS-Zeit

Im März 1938 erfolgte der „Anschluß“ Österreichs an NS-Deutschland. Während deutsche Nationalsozialisten nun in die „Ostmark“ entsandt wurden, um die Gleichschaltung voranzutreiben, musste der Doppelstaatsbürger Siegfried Gmelin laut eigenen Angaben nach Ende der NS-Herrschaft an seinem Hauptwohnsitz Salzburg erneut einen Antrag um Aufnahme in die Partei stellen, „da meine frühere Mitgliedszugehörigkeit zur NSDAP nicht anerkannt wurde, da ich nicht der Ortsgruppe meines Wohnsitzes beigetreten war. (…) Mein Ansuchen im Frühsommer 1938 wurde abgelehnt, weil ich mich für die Vaterländische Front sowie für die damalige österreichische Regierung eingesetzt hatte“, so Gmelin. „Auf Grund mehrerer Befürwortungen wurde ich im Spätsommer 1938 zur NSDAP als Mitglied aufgenommen. Ich erhielt die Mitgliedskarte und die Mitgliedsnummer[,] die ungefähr um 7,000.000 war.“ Über ein entsprechendes Aufnahmedatum und eine ähnlich hohe Mitgliedsnummer ist in den Akten kein weiterer Hinweis zu finden. Auch hinsichtlich der von Gmelin angeführten intervenierenden Fürsprachen sind keine Unterlagen überliefert, im Entnazifizierungsverfahren spielten diese keine Rolle. Seine Angaben in der „Parteistatistischen Erhebung 1939“ wichen jedoch eklatant von seinen Ausführungen nach 1945 ab. Im Fragebogen vom 1. Juli 1939 – Gmelin füllte ihn am 6. Juli 1939 in Salzburg aus – führte er sämtliche Mitgliedschaften in NS-Organisationen, angeschlossenen Vereinen und Verbänden an, zuvorderst seine Mitgliedschaft in der Partei. Er gab an, am 1. Dezember 1932 mit der Nummer 1.406.077 aufgenommen worden zu sein. Gmelin log also definitiv entweder 1939 oder 1947 bezüglich seiner Mitgliedschaft in der NSDAP. Er gab 1939 weiters an, Mitglied des Nationalsozialistischen Kraftfahrkorps (NSKK), der Deutschen Arbeitsfront (DAF), der NS-Volkswohlfahrt, des NS-Rechtswahrerbundes, des Reichsluftschutzbundes, des NS-Reichsbundes für Leibesübungen, des NS-Altherrenbundes d[er] D[eutschen] Studenten, des Kolonialbundes sowie des NS-Reichskriegerbundes zu sein. An anderer Stelle erklärte er, seit April 1938 Mitglied des NSKK zu sein, wo er 1939 den Rang eines Scharführers inne hatte. Ab Juli 1939 war er als Pressereferent des NSKK in Salzburg tätig. Siegfried Gmelin war also nicht nur Mitglied der Partei, sondern in mehreren Gliederungen der NSDAP vernetzt. Dass er in einer dieser Organisationen – das NSKK ausgenommen – eine Funktion übernommen hatte, ist nicht aktenkundig. Auch seine zweite Ehefrau Elisabeth Luise, geborene Staehler, die er am 26. Oktober 1935 geheiratet hatte, war laut ihren Angaben im Entnazifizierungsverfahren von „Herbst 1938 bis Kriegsende“ Mitglied der NSDAP.

Im Zuge der allgemeinen Mobilmachung Ende August 1939 wurde Siegfried Gmelin als Offizier der Reserve zur Wehrmacht einberufen und als Abwehroffizier in das Salzburger Generalkommando beordert. Hier tat er bis Kriegsende Dienst, über seine genaue Verwendung machte er keine Angaben.

 

Bausparen im Krieg

Die Bausparkasse Wüstenrot bildete einen zentralen Baustein in der NS-Finanzpolitik. Die anlässlich des 10-jährigen Bestehens der Bausparkasse als Genossenschaft in Österreich herausgegebenen Fest- und Werbebroschüre „Bausparen und Freundsparen bei Wüstenrot“ dokumentierte – zwar unter Verwendung der NS-Sprachregelungen, aber praktisch ohne NS-ideologische Einlassungen – die Erfolge von Wüstenrot in Österreich. „Am Beginn des Jahres 1940 hat der ostmärkische Zweig des Wüstenroter Werkes an etwa 7000 Bausparer in der Ostmark über 70 Millionen Reichsmark zugeteilt“, war darin zu lesen. 800 dieser Häuser waren im Bundesland/Reichsgau Salzburg finanziert. Wüstenrot blieb nicht nur ein wichtiges Instrument der Finanzpolitik, sondern war auch während der NS-Jahre ein Salzburger Vorzeigebetrieb, der für seinen „Leistungswillen“ von öffentlichen NS-Stellen ausgezeichnet wurde. Die Chronik der Gauhauptstadt vermerkte am 4. Mai 1941, dass „im Festspielhause eine ‚Feierstunde des Leistungswillens‘ abgehalten [wurde], bei der der Gaubeauftragte für den Leistungskampf der deutschen Betriebe Dr. Kolböck den 18 ausgezeichneten Betrieben des Gaues Salzburg das Gaudiplom für hervorragende Leistungen überreichte, darunter in der Gauhauptstadt dem Heeresbekleidungsamt, dem Hotel Gablerbräu, der Sternbrauerei, der Sport- und Modestrickerei Jupiter, der Bausparkasse ‚Wüstenrot‘, der Walzmühle Leopold Rauch & Söhne und der Zimmermeisterei Hans Lienbacher. Dann eröffnete Gauobmann der DAF Gaurat [Anton] Resch mit einer Ansprache den Leistungskampf der Betriebe 1941/42.“ Im April 1944 blickte die „Salzburger Zeitung“ auf „Zwanzig Jahre deutsches Bausparen“ zurück. Obwohl seit den 1930er Jahren mehrere Bausparkassen gegründet worden waren, wurde im Artikel lediglich auf Wüstenrot Bezug genommen. Der Darstellung berichtete kursorisch von der Entstehung in Wüstenrot bis zur damaligen Gegenwart, auf Salzburg bezogen hielt sie fest, dass die Zuteilungsrate der Darlehen vier Mal höher sei als der Reichsdurchschnitt, „wohl eine Folge davon, daß Salzburg der Ausgangspunkt der Bausparbewegung in den Alpen-Donaugauen ist“. Welche Funktion Siegfried Gmelin während des Zweiten Weltkriegs – also parallel zu seiner Verwendung in der Wehrmacht – bei Wüstenrot hatte, ist nicht bekannt und wurde in den Akten an keiner Stelle angesprochen.

 

Entnazifizierung

Nach Ende des NS-Regimes wurde Siegfried Gmelin von den US-amerikanischen Befreiern in Haft genommen. Von Mai 1945 bis 1. April 1947 war er zunächst im Lager Ludwigsburg und anschließend im Lager Marcus W. Orr in Glasenbach interniert. Nach ihrer Gründung trat er schließlich auch der Wohlfahrtsvereinigung der Glasenbacher bei, der er bis zu seinem Tod angehörte.

Am 21. April 1947 gab Siegfried Gmelin, wohnhaft im Wüstenrot-Eigenheim Reitgutweg 10 in Salzburg-Aigen, das ihm zu 5/8 gehörte, sein Meldeblatt zur Registrierung ehemaliger Nationalsozialisten bei der zuständigen Ortsstelle ab. Im Fragebogen führte er an, Mitglied der NSDAP „i. Österr. ab Sommer 1938 bis 1945“ gewesen zu sein, jedoch keine Funktion gehabt zu haben. Außerdem war er von „April 1938 bis 1945 Scharführer im NSKK“. Er habe weder um die Aufnahme in die SS angesucht noch eine Parteiauszeichnung erhalten. In zwei Beilagen machte er aufschlussreiche Angaben über die vergangenen Jahre. Beilage I behandelte zunächst seine Doppelstaatsbürgerschaft, die ihm mit Zustimmung des österreichischen Bundeskanzleramtes und des württembergischen Innenministeriums 1932 genehmigt wurde. Unmittelbar anschließend und mit dem Vorgenannten zusammenhängend nahm er bezüglich seiner Mitgliedschaft bei der NSDAP Stellung: „In meiner Eigenschaft als deutscher Staatsbürger gehörte ich von Dezember 1932 bis 1938 einer Ortsgruppe der NSDAP in Württemberg an, während ich in meiner Eigenschaft als österreichischer Staatsbürger von April 1934 bis 1938 Mitglied der vaterländischen [sic] Front in Österreich war. Dies war mit den damaligen staatspolitischen Verhältnissen durchaus vereinbar; ich habe dies auch bei Vorsprachen gegenüber dem damaligen Polizeidirektor von Salzburg, Hofrat Ingomar, erwähnt.“ Daraus folgerte Gmelin: „Ich bin nie ‚Illegal‘ gewesen, noch habe ich mich jemals, seit ich in Österreich wohne (seit 1925), aktiv politisch betätigt.“ Seine alte württembergische Mitgliedsnummer sei ihm im Zuge der Aufnahme in Österreich nicht weiter zuerkannt worden. „Ich erhielt damals eine neue Mitgliedsnummer (ca. 7,000.000). (…) Seit meiner Einberufung zur Wehrmacht im August 1939 ‚ruhte‘ meine Mitgliedschaft sowohl bei der NSDAP als auch beim NSKK.“ In dem Schreiben erwähnte Gmelin auch seine kurzzeitige Mitgliedschaft bei einer NSDAP-Ortsgruppe in Württemberg 1923 und die Teilnahme an Veranstaltungen der SA. Dieser Punkt taucht, da vom österreichischen Verbotsgesetz nicht betroffen, in den weiteren Unterlagen nicht mehr auf. Die Beilage II stellte das Gesuch um Abstandnahme von der Registrierung dar. Darin betonte er naturgemäß seine aufrechte Haltung. „Mein Beitritt zur NSDAP erfolgte seinerzeit deshalb, weil ich von der Durchführung des sozialen Programms der NSDAP eine allgemeine Lösung der sozialen Frage erhoffte.“ Als Geschäftsführer von Wüstenrot in Salzburg habe er sich seinen Angaben zufolge „der rassischen Verfolgung der Juden energisch und erfolgreich widersetzt“, indem er „die als Volljüdin geltende Angestellte unseres Betriebes, Charlotte Herzog, vor der Verschickung in den Osten bewahrte“. Darüber hinaus habe er den „jüdischen Mischling ersten Grades“ Julius Herzig auch nach dem „Anschluß“ im Betrieb belassen und den „jüdisch versippten“ Dr. Höllinger aus Freistadt neu eingestellt. Für den Kooperator Josef Spitzwieser in Aigen habe er an einer nicht genannten Stelle interveniert, damit dieser den Religionsunterricht erneut erteilen konnte. Außerdem beteuerte er, als Direktor der Bausparkasse Wüstenrot „diejenigen Angestellten, die dem Nationalsozialismus ablehnend gegenüberstanden, vor jeder Benachteiligung im Betrieb bewahrt“ zu haben „aus Achtung vor der Meinungs- und Gewissensfreiheit jedes Einzelnen“. Insgesamt fügte Gmelin ca. 20 Begleitschreiben von Personen an, die er in seiner Beilage erwähnte. Diese Persilscheine haben sich weder im Akt im Stadtarchiv Salzburg noch in jenem im Oberösterreichischen Landesarchiv erhalten, ihr Verbleib ist unklar, möglicherweise wurden sie Gmelin mit anderen persönlichen Dokumenten retourniert. Am interessantesten ist wohl jener Punkt seines Verteidigungsschreibens, in dem er auf die Umsiedlungspläne in der annektierten Untersteiermark Bezug nahm. „[N]achdem die Aussiedlungspläne des Reichsführers SS Himmler Ende Juni 1941 im Stabe des Generalkommandos bekannt wurden, habe ich sofort umfangreiches Material gesammelt, um die Ungerechtigkeit und militärische Unzweckmäßigkeit einer solchen Maßnahme nachzuweisen. Die von mir im Juli 1941 verfaßte Denkschrift gelangte, wie ich später erfuhr, bis zur höchsten Stelle und trug wesentlich dazu bei, daß die Aussiedlungsaktion wenige Wochen später abgestoppt wurde.“ Weder konnte das genannte Schreiben bisher gefunden werden noch ist ein Zusammenhang mit dem Ende der Umsiedlungsaktion erkennbar.

Im Zuge der Neufassung des Registrierungsgesetzes 1947 wiederholte Siegfried Gmelin seine Angaben, der Stadtmagistrat Salzburg als Registrierungsbehörde I. Instanz stufte ihn zwei Monate später mit Verfügung vom 23. Juni 1947 als „minderbelastet“ ein. Mitte Juli desselben Jahres übermittelte der Magistrat eine Abschrift des NS-Aktes an die Bundespolizeidirektion Salzburg „zur allf[älligen] Kenntnisnahme“.

Während in Salzburg das Verfahren gegen Siegfried Gmelin damit ein für den angesehenen Finanzmann erfreuliches Ende gefunden hatte, ermittelten die Behörden in Linz weiter. Unter Berufung auf die Angaben Gmelins in der „Parteistatistischen Erhebung 1939“ erhob die Staatsanwaltschaft Linz am 22. Jänner 1948 Anklage nach § 8 des Verbotsgesetzes wegen Falschregistrierung – Gmelin habe seinen 1932 erfolgten Parteibeitritt und die damit verbundene Mitgliedsnummer verschwiegen – und nach § 10 Verbotsgesetz wegen Hochverrates – er war folgerichtig zwischen 1. Juli 1933 und 13. März 1938 Mitglied der NSDAP und daher im Sinne des Verbotsgesetzes „Illegaler“. Dass sich Gmelin auf seine Doppelstaatsbürgerschaft und die Nichtanerkennung der „alten“ Parteimitgliedschaft berief, wertete die Staatsanwaltschaft in ihrer Begründung als „leere Ausrede“.

Das Landesgericht Linz als Volksgericht bat in der Folge den Magistrat Salzburg als Registrierungsbehörde I. Instanz um Übersendung einer Kopie des Registrierungsblattes. Der Magistrat kam der Aufforderung innerhalb von neun Tagen nach. Gleichzeitig fragte das Landesgericht auch beim Bundesministerium für Inneres, Generaldirektion für die öffentliche Sicherheit, an, ob ein Gauakt über Gmelin vorliege. Die Generaldirektion verneinte und führte ergänzend aus, dass über Gmelin ein Akt bei der Bundespolizeidirektion Salzburg einliege, der die bekannten Informationen beinhalte. „Andere Aufzeichnungen liegen über den Genannten dzt. ho. [derzeit hierorts, Anm. d. Verf.] nicht vor.“ Mitte März 1948 erreichte schließlich ein zweites Schreiben des Magistrats Salzburg das Landesgericht Linz, da die in der ersten Sendung zitierten Beilagen irrtümlicherweise in Salzburg liegen geblieben waren. Im Begleitschreiben wies der Leiter der Salzburger Registrierungsbehörde, Dr. Norbert Klaffenböck, die Behörden in Linz darauf hin, dass nach seiner Ansicht „kein Tatbestand nach § 8 des VG 1947“ vorliege, „da Gmelin, wie aus den Beilagen ersichtlich, seine Zugehörigkeit zur NSDAP in den Anlagen zum Registrierungsblatt gemeldet“ habe.

Das Landesgericht Linz setzte für den 14. Februar 1949 die Hauptverhandlung gegen Siegfried Gmelin an. Anfang des Monats reichten jedoch Gmelins bevollmächtigte Rechtsvertreter in Linz einen Antrag beim Volksgericht ein, in dem sich Gmelin noch einmal gegen den Vorwurf wandte, unrichtige Angaben seine Parteizugehörigkeit betreffend gemacht zu haben. Er legte zudem weitere Dokumente über seine Doppelstaatsbürgerschaft bei. Gemäß einer Entscheidung des Obersten Gerichtshof vom 21. September 1946 „falle ich nicht unter den Kreis der Illegalen, da ich als reichsdeutscher Staatsbürger einer im Ausland bestandenen Ortsgruppe der NSDAP als Mitglied angehörte. Nach dieser Entscheidung des Obersten Gerichtshofes gelten lediglich jene Personen als illegal, die während der Verbotszeit einer in Österreich bestandenen Organisation der NSDAP oder einem ihrer Wehrverbände angehörten bezw. sich darin betätigten.“ Er ersuchte daher das Gericht, „die Anklage nochmals einer Prüfung zu unterziehen“. Erneut fragte das Landesgericht als Volksgericht bei den Polizeidirektionen in Linz und Salzburg nach, ob gegen Gmelin Belastendes aus der Zeit des Parteiverbotes vorläge. Beide Behörden verneinten. Auch das Bundesministerium in Wien, Generaldirektion für die öffentliche Sicherheit, wurde via Bundespolizeidirektion Salzburg noch einmal um Auskunft ersucht. Die Antwort aus Wien brachte nunmehr völlig Neues, das die Einstufung von Gmelin als „Illegaler“ durchaus ermöglicht hätte. Unter anderem war in dem Fernschreiben zu lesen: „zur unterstuetzung der nsdap hat er gegen 7.000 s aus persoenlichen ersparnissen bezahlt. er hat die bausparkasse wuestenrot auch in der systemzeit im ns. sinne geleitet (zeugen: landesrat springenschmid, gau. insp. kaltner, gaupropagandaleiter ing. salcher u. a. m.)“ Möglicherweise war also zwischen März 1948 und Februar 1949 doch ein Gauakt über Siegfried Gmelin aufgetaucht. Die Salzburger Polizeibehörde erreichte dieses Schreiben mit seinen neuen Informationen am 14. Februar 1949, es sollte aber keine Folgen mehr haben, denn bereits drei Tage zuvor hatte die Staatsanwaltschaft in Linz beschlossen, das Verfahren gegen Gmelin nach §§ 8, 9 gemäß § 227 Strafprozessordnung (Rücktritt von der Anklage durch die Staatsanwaltschaft) einzustellen. Die Staatsanwaltschaft teilte diesen Schritt dem Stadtmagistrat Salzburg als Registrierungsbehörde I. Instanz mit, der wiederum am 28. Februar 1949 das Landesgericht Linz als Volksgericht darüber informierte.

 

Nachkriegszeit

Nach seiner Entlassung aus der US-amerikanischen Haft war Siegfried Gmelin erneut für Wüstenrot tätig, aufgrund seiner NS-Vergangenheit konnte er jedoch zunächst nicht mehr die Geschäftsführung übernehmen. Er kehrte zu seinen Anfängen in Salzburg zurück, indem er in der Arbeiterkammer, dem Wirtschaftsförderungsinstitut und diversen Salzburger Gaststätten über das Bausparen informierte. Der erste annoncierte „Lichtbilder-Vortrag über Wüstenrot-Eigenheime“, bei dem Gmelin referierte, fand am 30. September 1947 im Gasthof „Kaiser Karl“ in Maxglan statt, also ein halbes Jahr nach seiner Entlassung aus Glasenbach. Im April 1949 konnte Gmelin bereits berichteten, dass in den zurückliegenden zwölf Monaten 600 Wüstenrot-Eigenheime in Salzburg finanziert worden waren und in der Alpenstraße der Bau von 60 Häusern in einer „Bausparersiedlung“ angelaufen sei. Außerdem beriet er 1947/48 im Rahmen des Internationalen Forschungsinstituts für Ein- und Auswanderungspolitik, Franz-Josef-Straße 12, Interessierte in Fragen der Auswanderung aus Österreich. Ob er sich selbst während seines laufenden Entnazifizierungsverfahrens mit einem derartigen Gedanken getragen hatte, ist nicht bekannt.

In den 1950er Jahren engagierte sich Siegfried Gmelin auch abseits der Bausparbewegung wirtschaftspolitisch. Er wurde vom Wirtschaftsbund für den Gemeinderatsklub der ÖVP nominiert. Nach den Gemeinderatswahlen vom 18. Oktober 1953 verhandelten Vertreter der ÖVP mit Funktionären des Verbandes der Unabhängigen (VdU), um mit Hans Donnenberg einen nichtsozialistischen Bürgermeister in der Landeshauptstadt zu installieren. Eine Annäherung zwischen ÖVP und VdU hatte bereits in den Monaten vor der Wahl stattgefunden. Der VdU-Nationalratsabgeordnete Gustav Zeilinger fertigte ein Gedächtnisprotokoll einer Unterredung mit den ÖVP-Verhandlern vom 4. November 1953 an, wonach seitens der ÖVP erklärt wurde, „dass wir im Fall Donnenberg verlangen könnten, dass bei der ÖVP, die Leute, die ebenfalls liberalfreiheitlich wären (Bojer und Gmelin) unbedingt nachrücken müssen. Nach seiner Meinung wäre die ÖVP dazu bereit. Dann wären im ÖVP-Klub 4 Leute, mit denen wir gut zusammenarbeiten könnten, Binder (Glasenbacher) [Dr. Franz Binder, Besitzer des Hotels Pitter, Anm. d. Verf.], Reinthaler (Burschenschafter) [Alois Reinthaler, Baumeister, Anm. d. Verf.], Bojer (Glasenbacher) [Artur Boyer, Anm. d. Verf.], Gmelin (Protestant). Nach Ansicht Bojers hätten wir dann genügend Sicherheiten, dass die ÖVP dann keinen einseitigen Kurs betreiben könnte.“ Nach einer Unterredung mit dem ÖVP-Landtagsabgeordneten Herbert Glaser am darauffolgenden Tag notierte Zeilinger: „Von einem Nachrücken Bojer und Gmelin war nicht die Rede.“ Die Pläne von ÖVP und VdU scheiterten schließlich an der Personalie Hans Donnenberg, der für den VdU untragbar war. Bürgermeister blieb der SPÖ-Mann Stanislaus Pacher, der das Amt bereits Anfang 1952 vom krankheitsbedingt zurückgetretenen Anton Neumayr übernommen hatte.

Siegfried Gmelin schied 1963 mit 65 Jahren aus dem Vorstand von Wüstenrot, dem er formell seit der Gründungsversammlung 1929 ununterbrochen angehört hatte, aus. Er saß von 1966 bis 1969 im Aufsichtsrat der Genossenschaft und wurde zum Ehrenmitglied der Bausparkasse Wüstenrot auf Lebenszeit ernannt. Die Stadt Salzburg ehrte ihn 1970 mit der Verleihung des Bürgerbriefs und im Dezember 1975 mit dem Ring der Stadt Salzburg. Letzterer konnte ihm aus Krankheitsgründen nicht mehr überreicht werden, Siegfried Gmelin starb am 18. März 1976 in Salzburg, er wurde auf dem Kommunalfriedhof beigesetzt.

 

Straßenbenennung

Die österreichische Siedlungsgemeinschaft Bausparerheim wandte sich Ende März 1976 an das Kulturamt des Magistrats Salzburg, da sie „in Maxglan (Duschenwiese) ein Bauvorhaben mit etwa 38–40 Reihenhäusern bzw. auch Mietwohnungen“ errichtete. „Wie uns Herr Arch. Soyka mitteilt, soll in diesem Siedlungsgebiet eine Straße neu benannt werden. Wir gestatten uns nun den Antrag, diese Straße ‚Dr. Siegfried Gmelin-Straße‘ zu benennen.“ Die Siedlungsgemeinschaft verwies auf Gmelins Rolle in der Begründung des Bausparwesens in Österreich und seine langjährige Tätigkeit als Direktor der Bausparkasse Wüstenrot, in der er „äußerst viel für die Eigenheimbewegung getan“ habe. „Es wäre daher gerade das Siedlungsgebiet ‚Duschenwiese‘, in dem eine große Anzahl Reihen- und Hakenhäuser errichtet werden, die passende Gelegenheit für die Namensgebung.“ Ein Unterstützungsschreiben kam auch vom Vorstand der Bausparkasse Wüstenrot selbst, die „diese Namensgebung vor allem im Hinblick auf die großen Verdienste begrüßen [würde], die sich Herr Dr. Siegfried Gmelin als Pionier der österreichischen Bausparbewegung und Gründer der Bausparkasse Wüstenrot in Österreich um die Eigenheimbewegung erworben hat“. Zwei Wochen später reichte Wüstenrot auf Bitte von Dr. Richard Lepuschitz aus der Kulturabteilung einen Lebenslauf von Gmelin nach.

Am 21. Juni 1976 legte die Magistratsabteilung II einen Amtsbericht mit acht Vorschlägen für Straßenbenennungen in der Stadt Salzburg vor, unter „Vorgang 2“ hielt das Amt fest: „Von der Klessheimer-Allee zweig gegenüber der Rosa Hofmann-Straße in nordöstlicher Richtung die Favoritagasse ab, quert die Girlingstraße und macht dann einen scharfen Knick nach Nordwesten. Durch die Errichtung von mehreren großen Wohnanlagen auf der Duschenwiese ist eine Verlängerung des nördlichen Astes der Favoritagasse nach beiden Seiten erforderlich geworden. Nach dem Prinzip, daß die Benennung von Straßen nur in geradem Verlauf zweckmäßig ist, wäre nunmehr eine Neubenennung dieses nördlichen Astes und seiner Verlängerung notwendig. Nach einem Vorschlag der österreichischen Siedlungsgemeinschaft Bausparerheim vom 30. März 1976, die 40 Reihenhäuser bzw. Mietwohnungen auf der Duschenwiese errichtet, soll die an diesen Objekten vorbeiführende Straße nach Dr. Siegfried Gmelin, dem Begründer des Bausparwesens in Österreich, ‚Dr.-Gmelin-Straße‘ benannt werden.“ Nach einstimmigem Votum im Kulturausschuss am 14. und im Stadtsenat am 18. Oktober beschloss der Gemeinderat der Stadt Salzburg in seiner Sitzung vom 5. November 1976 einstimmig (16 SPÖ, 13 ÖVP, 9 FPÖ) die Benennung der „Dr.-Gmelin-Straße“.